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Petrarkismus und Manierismus

Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Beschreibung vollkommener Schönheit

Ein haar so kühlich trotz der Berenice* spricht /Ein mund / der rosen führt und perlen in sich heget /Ein zünglein / so ein gifft vor tausend hertzen träget / Zwo brüste / wo rubin durch alabaster bricht / Ein hals / der schwanen-schnee weit weit zurücke stichtZwey wangen / wo die pracht der Flora sich beweget /Ein blick / der blitze führt und männer niederleget / Zwey armen / derer krafft offt leuen hingericht / Ein hertz / aus welchem nichts als mein verderben quillet / Ein wort / so himmlisch ist / und mich verdammen kan / Zwey hände / derer grimm mich in den bann gethan / Und durch ein süssen gifft die seele selbst umhüllet / Ein zierrath / wie es scheint / im paradieß gemacht / Hat mich um meinen witz und meine freyheit bracht.Arbeitsanregung:Beweisen Sie mit Metaphern, Allegorien, Symbolen, Pathosformeln und Pointe den manieristischen Charakter des Gedichtes.

 

* Berenike lebte von etwa 270 bis 221 v. Chr. und war die Gemahlin des ägyptischen Königs Ptolemaios III. Als dieser in den Krieg zog, versprach sie der Liebesgöttin Aphrodite ihr prachtvolles Haar zu opfern, sollte ihr Gemahl siegreich und unversehrt heimkehren. Ptolemaios siegte, Berenike schnitt ihr Haar ab und brachte es in einem Tempel dar. Als der Haarschopf am nächsten Tag verschwunden war, erklärte der Hofastronom Konon, die Götter seien über das Opfer so erfreut gewesen, dass sie die Haarpracht am Himmel verewigt hätten.

Das Haar der Berenike ist ein unauffälliges Sternbild am Frühlingshimmel zwischen den markanten Konstellationen Löwe und Bärenhüter

Petrarkismus und Manierismus

Das Sonett "Beschreibung vollkommener schönheit" entstammt dem Werk des "reifen" Hoffmannswaldau. Dieses wurde neben dem Werk Daniel Casper von Lohensteins stilistisch prägend für den barocken Manierismus, den üppig wirkenden, häufig negativ als "schwulstig" und "gekünstelt" charakterisierten Sprachstil des Spätbarock. Manieristische Lyrik zeichnet sich demnach lediglich dadurch aus, daß sie die Kunstgriffe ihrer Gestaltung im Sinne sprachlicher (und auch inhaltlicher) "Artistik" überhöht und sichtbar macht; das Vergnügen des Lesers an der Geschicklichkeit des Dichters im Umgang mit der Sprache, am überraschenden Ausdruck und am Anspielungsreichtum ist Teil der künstlerischen Absicht.

So steht Hoffmannswaldaus Sonett "Beschreibung vollkommener schönheit" sowohl inhaltlich als auch in bezug auf die rhetorischen Mittel in der Traditionslinie des Petrarkismus; was Hoffmannswaldaus Sonett vom Petrarca selbst unterscheidet, ist die verstärkte Funktion der sprachlichen und inhaltlichen Ausgestaltung, auf die im Sonett präsentierte Virtuosität und Erfindungskunst zu verweisen.



"Sonnet. Beschreibung vollkommener schönheit."

Hoffmannswaldaus "Beschreibung vollkommener schönheit" beschreibt in einer asyndetisch gereihten enumeratio in der Weise des petrarkistischen Schönheitspreises die einzelnen Elemente der Schönheit einer geliebten Dame. Diese Aufzählung mündet in eine Schlußfeststellung, die nur den letzten Vers umfaßt und in pointenhafter Weise das Ausgeliefertsein des Sprechers an die Schönheit der Geliebten konstatiert.

Hoffmannswaldaus Sonett besteht nur aus einem einzigen langen Satz, dessen Subjekt von einer sich über 13 Verse erstreckenden Aufzählung gebildet wird und dessen Vollendung und syntaktische Vervollständigung erst im letzten Vers gegeben wird. Dabei weisen die einzelnen parallelistisch gebauten Glieder der Aufzählungsreihe durchgehend dieselbe syntaktische Struktur auf: jedes beschriebene Element wird zunächst durch ein Zahlwort ("ein" oder "zwei"), dann durch einen Relativsatz bestimmt. Diese strenge Form wird durchgehalten, auch wo dies der Grammatik zuwiderläuft: Das Zahlwort (bzw. der unbestimmte Artikel) "ein" ist mit der Stoffbezeichnung "Haar" in Vers 1 unüblich konstruiert. Die Gegenstände der Aufzählung in Vers 1 bis 12 finden zum Schluß des Sonetts eine Zusammenfassung im Ausdruck "zierrath" in Vers 13, wobei hier ein weiterer Kunstgriff der formalen Gestaltung sichtbar wird: Vers 13 und 14 bilden aufgrund des Reimschemas und der inhaltlichen Zusammenfassung einen abschließenden Zweizeiler mit dem pointenhaften Charakter eines Epigramms.


Date: 2016-03-03; view: 988


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