Kurzer Überblick über die Geschichte der deutschen Lexikografie
Vorlesung 15-16. Lexikologie und Lexikografie. Typologie der Wörterbücher
Gliederung:
1. Lexikografie als besonderer Zweig der Lexikologie. Forschungsgebiete der Lexikografie
2. Kurzer Überblick über die Geschichte der deutschen Lexikografie
3. Wörterbuchtypologie. Haupttypen von Wörterbüchern
4. Problem- und Aufgabenkreis der modernen Wörterbuchpraxis. Moderne Tendenzen der lexikografischen Erfassung und Darstellung des Lexikons
Lexikografie als besonderer Zweig der Lexikologie. Forschungsgebiete
Der Lexikografie
In enger Beziehung zur Lexikologie steht die Lexikografie,die es mit Theorie und Praxis der Wörterbuchschreibung zu tun hat. Einerseits wendet sie Ergebnisse der lexikologischen Forschungsarbeit an, andererseits ist ihr Gegenstand weiter gefasst und erfordert die Einbeziehung von Ergebnissen verschiedener Disziplinen, z. B.: der Grammatik (bei der Erarbeitung der Valenzwörterbücher), der Sprachgeschichte (für alle historischen und etymologischen Wörterbücher), derStilistik (Stilwörterbücher),der Literaturgeschichte, der Dialektologie/Mundartenforschung usw.
Man unterscheidet drei Hauptforschungsgebiete der Lexikografie:
1. Die Metalexikografieoder Theorie der Lexikografie,die sich mit theoretischen Grundsätzen der Zusammenstellung von Wörterbüchern befasst. Die Wörterbuchkritik ist eine der Grundlagen der theoretischen und praktischen Lexikografie.
2. Kritische und systematische Wörterbuchforschung,wobei existierende Wörterbücher beschrieben, klassifiziert und beurteilt werden.
3. Historische Wörterbuchforschung,wo die Geschichte der Lexikografie als ein relativ selbständiger Forschungsgegenstand betrachtet.
Kurzer Überblick über die Geschichte der deutschen Lexikografie
Wenn man die Geschichte von Lexikologie und Lexikografie vergleicht so stellt man ständige wechselseitige Beeinflussung fest. Wortuntersuchungen gingen von den Bedürfnissen der Wörterbuchpraxis aus. Man brauchte Kriterien zur Auswahl, Erklärung und Anordnung der Wörter. Oft eilte die Praxis der Theorie voraus. Bevor einsprachige deutsche Wörterbücher erschienen, gab es zwei- oder mehrsprachige Wörterbücher mit Griechisch oder Latein als Ausgangs- und Zielsprache. Sie dienten den Klöstern und Schulen als Lehrstoff zur Aneignung der klassischen Sprachen des Altertums, besonders bei der Auslegung der Bibel.
Die kontinuierliche Entwicklung der Lexikografie beginnt im 17. Jh. H. H e n n e unterscheidet drei historische Abschnitte der Wörterbuchschreibung in Deutschland:
1. die Epoche des 15. und 16. Jhs.,in der die deutsche Volkssprache zum Gegenstand der Wörterbucharbeit wird.
2. die Epoche des 17. und 18. Jhs.,die das große deutsche Wörterbuch anstrebt;
3. die Periode des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jhs.,die geprägt ist durch das „Deutsche Wörterbuch“ von J. und W G r i m m. Die erste Lieferung des Wörterbuchs von J. und W.Grimm erschien 1854, vollendet wurde es 1960, zur Zeit wird eine neue Ausgabe von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen vorbereitet. Dies ist ein Werk mehrerer Generationen von Germanisten, ein historisches Wörterbuch von Format, das etymologische Angaben, Kontexte, Quellenhinweise, Bedeutungsvarianten und Gebrauchsweisen, grammatische Eintragungen und Wortbildungen enthält.
Nach dem „Deutschen Wörterbuch“ erschienen andere allgemeine Wörterbücher des Deutschen, das bedeutendste ist dabei das „Deutsche Wörterbuch“ von H. Paul. Im 19. Jh. wurden auch Wörterbücher älterer Sprachstadien veröffentlicht. Seit dem 19. Jh. kamen zahlreiche etymologische Wörterbücher heraus, vor allem das Wörterbuch von Fr. Kluge. Die Metalexikografie begann sich vor allem mit der Erarbeitung von Wörterbüchern verschiedener Typen zu befassen, denn damit entfaltete sich die Diskussion um die Methoden der Wortschatzdarstellung. Seit dem 19. Jh. entwickelt sich der Typenreichtum der Wörterbücher und mit ihm die Theorie der Lexikografie.