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Verwaltungsvorschriften

Verwaltungsvorschriften sind administrative Bestimmungen, die nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben.

Ihr Inhalt hat sich darauf zu beschränken, Auslegungshilfe von Normen zu sein, Ermessen zu lenken oder Beurteilungsspielräume auszufüllen.

Sie sind von der Willensbildung des parlamentarischen Gesetzgebers weitgehend unbeeinflusst (BVerwG 2 C 50.02).

Verwaltungsvorschriften im weiteren Sinne sind also allgemeine Anordnungen der Ministerialebene oder einer übergeordneten Behörde gegenüber nachgeordneten Behörden, um eine einheitliche Verwaltungspraxis zu bewirken. Die Bezeichnungen sind unterschiedlich, z.B.

  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften (AVV)
  • Verwaltungsvorschriften VV
  • Erlasse
  • Polizeidienstvorschriften (PDV)
  • Richtlinien
  • Durchführungsbestimmungen / Ausführungsvorschriften

Inhaltlich können durch Verwaltungsvorschriften vor allem Gesetze ausgelegt, Tatbestände konkretisiert, Organisationsfragen geregelt oder eine Entscheidungsrichtung vorgeben werden.

Verwaltungsvorschriften im engeren Sinne sind die AVV oder VV.

Es handelt sich um Vorschriften, die in der Regel auf Grund eines Gesetzes von einem Minister oder mit Zustimmung eines weiteren Ministers zu einem Gesetz erlassen worden sind.

Im Gegensatz zu Rechtsnormen haben Verwaltungsvorschriften grundsätzlich keine unmittelbare Außenwirkung. Sie richten sich an Amtswalter und sind von diesen mit dem Ziel zu beachten, auf eine zweckmäßige und einheitliche Auslegung und Handhabung gesetzlicher Vorschriften hinzuwirken (Selbstbindung der Verwaltung).

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG haben Verwaltungsvorschriften jedoch mittelbare Außenwirkung, sofern es sich um normkonkretisierende Vorschriften handelt.

Sofern Verwaltungsvorschriften Auslegungshilfen für Tatbestände sind, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 34, 280) sie als verbindliche Auslegungsrichtlinien qualifiziert, weil sie ... "über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung der durch sie angewiesenen nachgeordneten Behörden hinaus im Wege der sogenannten Selbstbindung der Verwaltung auch eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger zu begründen vermögen".

Gleiches gilt für ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften (BVerwG 19, 48).

Beispiel
Auf der Umgehungsstraße haben sich in letzter Zeit schwere Verkehrsunfälle ereignet, weil die zugelassene Höchstgeschwindigkeit (50 km/h) nicht eingehalten wurde. Ein Polizeibeamter erteilt deshalb bei Radarkontrollen zur Hebung der Verkehrsdisziplin Verwarnungsgelder in Höhe von 25 Euro, sobald innerer 55 km/h gemessen werden.

Die Erforschung und Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Erteilung von Verwarnungsgeldern liegt im Ermessen der Polizei (§§ 47, 56 OwiG). Indem der Polizeibeamte für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 5 km/h 25 Euro erhob, hat er den von § 56 Abs. 1 OWiG vorgegebenen Rahmen eingehalten. Für Verkehrsordnungswidrigkeiten gilt jedoch die Besonderheit, dass gemäß § 27 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) der Bundesminister für Verkehr allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen hat (Verwarnungsgeldkatalog). Diese Regelungen gelten bundeseinheitlich und haben die Funktion, das Ermessen der Anwender im Interesse des Gleichbehandlungsgebotes festzulegen.



Nach den zurzeit gültigen Sätzen können mit einem Verwarnungsgeld geahndet werden:

  • Geschwindigkeitsüberschreitungen bis 10 km/h = 20 Euro
  • Geschwindigkeitsüberschreitungen von 11-15 km/h = 25 Euro

Die Erhebung eines Verwarnungsgeldes von 25 Euro für eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 5 km/h ist danach nicht vorgesehen.

Der Verwarnungsgeldkatalog (Verwaltungsvorschrift) ist eine verbindliche Ermessensrichtlinie. Weil der Polizeibeamte dagegen verstoßen hat, waren die Verwarnungen wegen Ermessensfehlgebrauchs rechtswidrig.

Der Ermessensfehler wird auch nicht durch das Einverständnis der Verwarnten geheilt. Zwar wird (allgemein) die Erteilung von Verwarnungsgeldern als "Verwaltungsakt auf Unterwerfung" qualifiziert; eine Unterwerfung heilt einen rechtswidrigen Verwaltungsakt aber nur, wenn sich der Adressat in Kenntnis der möglichen Rechtswidrigkeit unterworfen hat. Ein Irrtum darf nicht ausgenutzt werden.

Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften können jedoch nicht nur zur Rechtswidrigkeit hoheitlicher Maßnahmen führen. Ein Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift ist zugleich auch eine Dienstpflichtverletzung i.S.v. § 36 Beamtenstatusgesetz NRW.

Da Verwaltungsvorschriften keine Rechtsnormen sind, können daraus keine Eingriffsbefugnisse abgeleitet werden.

Allerdings gibt es Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung und deshalb mit quasi normativem Charakter (BVerwG 2 C 38.02)

So genügen z.B. die Beihilfevorschriften des Bundes nach Ansicht des BVerwG nicht mehr den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts. Die wesentlichen Entscheidungen über die Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit habe der Gesetzgeber selber zu treffen. Für eine Übergangszeit seien die Beihilfevorschriften jedoch noch anzuwenden (BVerwG 2 C 50.02).

In NRW ist die Gewährung von Beihilfen in der Beihilfenverordnung geregelt. Es handelt sich um eine Rechtsverordnung des Landes, die den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts genügt.


Date: 2016-01-03; view: 840


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