Es bestehen folgende Wege der Entstehung von Synonymen:
1. Die Wortbildung schafft manche Synonyme. So sind auf Grund der Zusammensetzung und Ableitung Opernglas und Operngucker entstanden.
2. Die Veränderung der Form führt auch manchmal zur Bildung von Synonymen, z. B. Aar — Adler. Das letztere entstand aus dem mhd. adelar, eigentlich 'edler Aar'. In Folge der Reduktion der Zusammensetzung adelar wurde ein neues Wort gebildet, das als Synonym zu Aar aufgefaßt wird.
3. Synonyme können auch durch Entlehnung entstehen. Auf diese Weise sind solche Synonyme entstanden wie kurieren zu heilen, Armee zu Heer, Bukett zu Strauß.
4. Die Bildung von Verdeutschungen hat auch zur Entstehung von Synonymen geführt; so sind solche Synonyme entstanden wie Rundfunk zu Radio, Zeitwort zu Verb, Schaffner zu Kondukteur, Abteil zu Coupe u. v. a.
5. Der Bedeutungswandel zieht auch die Entstehung von Synonymen nach sich. Auf diese Weise sind solche Synonyme entstanden wie schlecht zu schlimm (Degradierung der Bedeutung) u. a. Stube tritt in eine Synonymenreihe mit Zimmer auch infolge des Bedeutungswandels des Wortes (Metonymie und Erweiterung der Bedeutung — ahd. stuba bedeutete ursprünglich 'Ofen', dann 'Raum mit einem Ofen', 'heizbares Gemach', jetzt 'ein beliebiges Zimmer'). Heutzutage gehört auch Gemach zu dieser synonymischen Gruppe, was auch auf Grund des Bedeutungswandels vor sich gegangen ist. Das mhd. gemach bedeutete 'Ruhe', 'Bequemlichkeit', 'Pflege' (daher — gemächlich 'ruhig', 'bequem').
Dann bezeichnete Gemach infolge der metonymischen Übertragung auch 'den Ort, wo man seine Bequemlichkeit hat'.
6. Euphemistische Umschreibungen schaffen auch zahlreiche Synonyme: Beinkleider zu Hosen, phantasieren zu lügen, der Böse zu Teufel u. v. a.
7. Die Entwicklung von stehenden Wortverbindungen führt zur Bildung von Synonymenreihen: es ist mir ganz egal, gleich; Kisten und Kasten voll haben, in Hülle und Fülle leben, reich sein; einer Meinung beistimmen, mit jemandem einverstanden sein, derselben Meinung sein; auf die Minute, pünktlich usw.
8. Synonyme entstehen auch als Folge der Entwicklung von Neologismen, z. B. Stachanowarbeiter entsteht als Synonym zu Stoßarbeiter, Henneckearbeiter tritt als Synonym zu diesen beiden, infolgedessen entwickelt sich die Synonymenreihe Stoßarbeiter, Stachanow-
arbeiter, Henneckearbeiter; auf diese Weise ist auch die knappe 4Bezeichnung Sichtfüller für einen Füllfederhalter entstanden, das ist ein Füllfederhalter, der durchsichtig ist und den Tintenvorrat sehen läßt.
9. Das Eindringen von Dialektismen, Jargonismen und Argotismen in die allgemeine Nationalsprache schafft auch Synonyme: die süddeutschen Wörter Samstag, Mädel, Orange treten neben den norddeutschen Sonnabend, Mädchen, Apfelsine auf; neben dem norddeutschen Wort Blaubeeren stehen das süddeutsche Schwarzbeeren und das gemeindeutsche Heidelbeeren. Neben dem süddeutschen Rahm ist auch das norddeutsche Sahne im Gebrauch.
Backfisch aus dem Studentenjargon wird als Synonym zum Ausdruck ein junges Mädchen aufgefaßt.
Die Schule schwänzen stammt aus dem Jargon der Schüler als Synonym zu die Schule nicht besuchen; aus dem Argot (Rotwelsch) kommt blechen als Synonym zu bezahlen.
Die Synonymie ist eine historische Erscheinung. Neben der Entstehung von Synonymen ist auch ein entgegengesetzter Prozess, nämlich das Verschwinden von Synonymen zu bemerken, besonders wenn es sich um vollständige Synonyme handelt, denn die Sprache duldet völlig gleichbedeutende Wörter nicht.