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Aesthetik. 2 page

Der Wille, im Zustand der reinen Contemplation, athmet so leise, wie das glatte, sonnige Meer.

Auf der zweiten Stufe wird der Wille durch einen Vorgang in der Welt, oder durch die Kunst, in entsprechende Schwingungen versetzt: es ist der Zustand der Mitempfindung, des Mitvibrirens. Wohnen wir einer erschütternden Scene in einer Familie bei, ohne unmittelbar von ihr berührt zu werden, ist sie für uns interesselos, aber interessant, so werden wir die Ausbrüche der Leidenschaft, das innige Flehen um Schonung etc. in uns nachempfinden. Ebenso wirkt Poesie und Musik, jedoch viel reiner als die realen Vorgänge, und man kann sagen: bei der Contemplation hat die Natur, bei dem aesthetischen Mitgefühl die Kunst den Vorrang.

Auf dieser Stufe ist das Objekt (Willensqualitäten und Zustände, dargestellt in Worten und Tönen) dem Raum und der Materie enthoben, aber ganz in der Zeit, und Mitempfindung ist ganz Succession.

Ich muß sonach das willenlose Erkennen geradeso verwerfen, wie die Ideenlehre Schopenhauer’s. Der aesthetische Zustand betrifft lediglich den Willen, der in diesem Zustand das Objekt, seinem individuellen Wesen nach, erkennt.

Hierdurch wird auch eine Schwierigkeit gelöst, welche Schopenhauer’s feinem Geiste nicht entgangen ist, welche er aber nicht aus dem Wege räumen konnte.

Zu jener postulirten Veränderung im Subjekt und Objekt ist nun aber die Bedingung, nicht nur, daß die Erkenntnißkraft ihrer ursprünglichen Dienstbarkeit entzogen und ganz sich selbst überlassen sei, sondern auch, daß sie dennoch mit ihrer ganzen Energie thätig bleibe, trotzdem, daß der natürliche Sporn ihrer Thätigkeit, der Antrieb des Willens, jetzt fehlt.

(Parerga II. 449.)

i505 Er fügt hinzu: »Hier liegt die Schwierigkeit und an dieser die Seltenheit der Sache.« Wäre der Wille gar nicht betheiligt, so würde überhaupt ein aesthetisches Erkennen nie möglich sein. – Die Seltenheit der Sache muß ich in Abrede stellen. Eine einigermaßen gut ausgestattete Natur versinkt leicht und oft in die aesthetische Contemplation.

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Das dritte Gebrechen der Aesthetik Schopenhauer’s entspringt aus der falschen Eintheilung der Natur, deren verklärte Spiegelung der Zweck aller Kunst ist. Wie wir wissen, löschte er alle besonderen Wirkungsarten der unorganischen Kräfte gewaltsam aus und erschlich sich auf diese Weise eine objektive Materie, an der sich die untersten Objektivationen des Willens offenbaren. Diese wechseln in der Aesthetik nur den Namen und heißen jetzt die untersten Ideen. Er spricht von der Idee der Schwere, der Starrheit, der Cohäsion, der Härte u.s.w. und legt der Baukunst, als schöner Kunst, keinen anderen Zweck unter, als einige von jenen Ideen zu deutlicher Anschauung zu bringen.

Ich verwerfe das Eine und das Andere. Meine Philosophie kennt nur Ideen des Eisens, Marmors u.s.w. und hat gewiß die Wahrheit auf ihrer Seite. Zweitens ist das Material eines Gebäudes nicht die Hauptsache, sondern die Form, wie ich gleich ausführen werde.



Im Reich der Pflanzen und Thiere sind die Ideen bei Schopenhauer identisch mit dem Gattungsbegriff, was ich bereits gerügt habe. Nur die höheren Thiere haben, nach Schopenhauer, hervorstechende, dem Einzelnen eigenthümliche Eigenschaften und sind »in gewissem Sinne« besondere Ideen. Dagegen ist jeder Mensch als eine besondere Idee anzusehen.

Der Charakter jedes einzelnen Menschen kann, sofern er durchaus individuell und nicht ganz in dem der Species begriffen ist, als eine besondere Idee, entsprechend einem eigenthümlichen Objektivationsakt des Willens, angesehen werden.

(W. a. W. u. V. I. 188.)

Im Menschen tritt die Individualität mächtig hervor: ein Jeder hat einen eigenen Charakter.

(W. a. W. u. V. I. 141.)

Als er diese letzteren Resultate seiner Beobachtungen zog, war sein Blick frei und klar.

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i506 Ein viertes wesentliches Gebrechen der Aesthetik Schopenhauer’s, welches nicht aus seiner Physik, sondern aus seiner mangelhaften Erkenntnißtheorie hervorgegangen ist, ist die unterlassene Scheidung des Schönen in

1) das Subjektiv-Schöne,

2) den Grund des Schönen im Ding an sich,

3) das schöne Objekt.

Diese Sonderung habe ich sehr scharf in meiner Philosophie ausgeführt und glaube ich, daß erst durch meine Zurückführung des Subjektiv-Schönen auf ideale, auf Grund apriorischer Formen und Functionen bewerkstelligte Verbindungen unseres Geistes die Aesthetik zu einer Wissenschaft im strengen Sinne Kant’s geworden ist, welcher ihr bekanntlich diesen Charakter gänzlich absprach. Er sagt:

Die Deutschen sind die Einzigen, welche sich jetzt des Worts Aesthetik bedienen, um dadurch das zu bezeichnen, was Andere Kritik des Geschmacks heißen. Es liegt hier die verfehlte Hoffnung zum Grunde, die der vortreffliche Analyst Baumgarten faßte, die kritische Beurtheilung des Schönen unter Vernunftprincipien zu bringen und die Regeln derselben zur Wissenschaft zu erheben. Allein diese Bemühung ist vergeblich. Denn gedachte Regeln oder Kriterien sind ihren vornehmsten Quellen nach bloß empirisch und können also niemals zu bestimmten Gesetzen a priori dienen, wonach sich unser Geschmacksurtheil richten müßte.

(Kk. der reinen Vern. 61.)

Schopenhauer kennt nur das schöne Objekt und bestimmt es wie folgt:

Indem wir einen Gegenstand schön nennen, sprechen wir dadurch aus, daß er Objekt unserer ästhetischen Betrachtung ist, welches zweierlei in sich schließt, einerseits nämlich, daß sein Anblick uns objektiv macht, d.h. daß wir in der Betrachtung desselben nicht mehr unserer als Individuen, sondern als reinen willenlosen Subjekts des Erkennens uns bewußt sind; und andererseits, daß wir im Gegenstande nicht das einzelne Ding, sondern eine Idee erkennen.

(W. a. W. u. V. I. 247.)

i507 Die Folge hiervon würde sein, daß wir jedes Ding, da sich eine Idee in ihm offenbart, in unserer aesthetischen Betrachtung schön finden müßten, und spricht dies auch Schopenhauer geradezu aus:

Da einerseits jedes vorhandene Ding rein objektiv und außer aller Relation betrachtet werden kann; da ferner auch andererseits in jedem Dinge der Wille, auf irgend einer Stufe seiner Objektität, erscheint, und dasselbe sonach Ausdruck einer Idee ist; so ist auch jedes Ding schön.

(W. a. W. u. V. I. 247.)

Ferner sagt er:

Schöner ist aber Eines als das Andere dadurch, daß es jene rein objektive Betrachtung erleichtert, ihr entgegenkommt, ja gleichsam dazu zwingt, wo wir es dann sehr schön nennen.

(ib.)

Schopenhauer erging es bei dieser Betrachtung wie Kant bei der Causalität. Wie Dieser die Aufeinanderfolge zum einzigen Kriterium des Causalitätsverhältnisses machte, während zwar alles Erfolgen ein Folgen, aber nicht alles Folgen ein Erfolgen ist, so ist bei Schopenhauer alles schön, weil es aesthetisch betrachtet werden kann, während es heißen muß: Das Schöne kann nur im aesthetischen Zustande des Subjekts erkannt werden, aber nicht Alles, was in diesem Zustand betrachtet wird, ist schön.

Schopenhauer geht so weit, daß er auch jedem Artefakt unbedingt Schönheit zuspricht, weil sich in seinem Material eine Idee ausdrücke, welche das Subjekt objektiv machen könne, was grundfalsch ist. Denken wir uns z.B. zwei Gegenstände von Bronce, etwa zwei Gewichte, von denen das eine ein regelmäßiger, polirter, das andere ein rauher, ungenau gearbeiteter Cylinder ist. Beide drücken, nach Schopenhauer, die Ideen der Starrheit, Cohäsion, Schwere u.s.w. aus und können uns objektiv machen, folglich sind sie beide schön, was aber Niemand zu behaupten unternehmen wird. Hier entscheidet nur die Form, die Farbe, Glätte etc. und all’ dieses ist eben das Subjektiv-Schöne, das Schopenhauer nicht kennt.

Das Subjektiv-Schöne, welches auf

1) der Causalität,

2) dem mathematischen Raum,

i508 3) der Zeit,

4) der Materie (Substanz)

beruht, habe ich ausführlich in meinem Werke behandelt, und verweise ich darauf. Es ist das Formal-Schöne und der unerschütterliche apriorische Grund, von wo aus das Subjekt bestimmt, was schön ist, was nicht. Wie das Subjekt im Allgemeinen Nichts außer sich anerkennt, was keinen Eindruck auf seine Sinne macht, was es also seinen Formen gemäß weder gestalten, noch denken kann, so erkennt es auch nichts in der Natur als schön an, dem nicht erst von ihm die Schönheit zugesprochen worden ist.

Die Fähigkeit des Menschen, dem Formal-Schönen gemäß zu urtheilen, ist der Schönheitssinn. Jeder Mensch hat ihn, wie Jeder Urtheilskraft, Jeder Vernunft hat. Aber wie sehr viele Menschen nur sehr kurze mentale Verbindungen zu Wege bringen und ihren Gesichtskreis nur wenig erweitern können, während Einige die ganze Natur und ihren Zusammenhang mit ihrem Geiste gleichsam umschließen, so ist auch der Schönheitssinn in Vielen nur als Keim, in Anderen voll entwickelt vorhanden. Der gesetzgebende Schönheitssinn kann erworben werden, weil er als Keim Allen angeboren ist und deshalb bloß Pflege und Ausbildung verlangt. Man betrachte nur die kunstsinnigen Italiener und Franzosen, die ihren Geist täglich in einem Meer von Schönheit, resp. von Grazie, baden können.

Den Einen kann eine flache Seeküste, den Anderen eine andalusische Landschaft, einen Dritten der Bosporus individuell am meisten ansprechen. Weil dies der Fall ist, meinte Kant, aesthetische Urtheile enthielten so wenig Nothwendigkeit in sich, wie Geschmacksurtheile. Dies ist aber ein ganz einseitiger Standpunkt. In Sachen der Schönheit kann nur der mit entwickeltem Schönheitssinn Begabte Richter sein, und da die Urtheile solcher Richter nach Gesetzen gesprochen werden, welche apriorischen Grund in uns haben, so sind sie verbindlich für Alle. Es ist durchaus gleichgültig, ob der Eine oder der Andere dagegen protestirt und sich auf seine Persönlichkeit steift, die nicht zustimmen könne. Er bilde erst seinen Schönheitssinn aus, dann wollen wir ihm Stimmrecht geben.

Entspricht ein Gegenstand der Natur oder der Kunst allen Gestaltungen des Formal-Schönen, so ist er vollendet schön. Man |

i509 prüfe z.B. Goethe’s Iphigenie unter den Bedingungen des Subjektiv-Schönen, das bei einer Dichtung in Betracht kommt, also des Schönen der Causalität, der Zeit und der Substanz, immer ist sie makellos. Oder man blicke auf den Golf von Neapel, etwa von Camaldoli oder San Martino aus, und prüfe nach dem Formal-Schönen des Raums und der Materie, und wer würde an den Farben, an den Linien der Küste, am Duft der Ferne, an der Gestalt der Pinien im Vordergrund, kurz an irgend etwas auch das Geringste ändern wollen? Nicht der Schönheitssinn des genialsten Malers würde hier etwas fortnehmen, dort etwas hinzusetzen wollen.

Die vollendet schönen Natur- und Kunstwerke sind sehr, sehr selten; dagegen entsprechen viele einer oder zwei Arten des Formal-Schönen. Ein Drama kann allen Gesetzen des Subjektiv-Schönen der Zeit und Substanz entsprechen, aber in Hinsicht auf das Schöne der Causalität ganz verfehlt sein.

Schopenhauer hat die Nothwendigkeit des Subjektiv-Schönen gefühlt, da seinem feinen Kopfe nicht so leicht etwas entging, aber er versuchte vergeblich, der Sache auf den Grund zu kommen und versank (wie leider so oft!) im Mysticismus. Er sagt:

Woran soll der Künstler ihr (der Natur) gelungenes und nachzuahmendes Werk erkennen und es unter den mißlungenen herausfinden; wenn er nicht vor der Erfahrung das Schöne anticipirt? Hat überdies auch jemals die Natur einen in allen Theilen vollkommen schönen Menschen hervorgebracht? – – – Rein a posteriori und aus bloßer Erfahrung ist gar keine Erkenntniß des Schönen möglich: sie ist immer, wenigstens zum Theil, a priori, wiewohl von ganz anderer Art, als die uns a priori bewußten Gestaltungen des Satzes vom Grunde.

(W. a. W. u. V. I. 261.)

Daß wir Alle die menschliche Schönheit erkennen, wenn wir sie sehen, im echten Künstler aber dies mit solcher Klarheit geschieht, daß er sie zeigt, wie er sie nie gesehen hat, und die Natur in seiner Darstellung übertrifft; dies ist nur dadurch möglich, daß der Wille, dessen adäquate Objektivation, auf ihrer höchsten Stufe, hier beurtheilt und gefunden werden soll, ja wir selbst sind.

(ib. 262.)

i510 Hieran knüpfte er eine ganz falsche Erklärung des Ideals.

Diese Anticipation ist das Ideal: es ist die Idee, sofern sie, wenigstens zur Hälfte, a priori erkannt ist und, indem sie als solche dem a posteriori, durch die Natur Gegebenen ergänzend entgegenkommt, für die Kunst practisch wird.

Das Ideal erzeugt der Künstler in anderer Weise. Er vergleicht die lebenden ähnlichen Individuen, erfaßt das Charakteristische, scheidet das Unwesentliche und Zufällige aus und verbindet das gefundene Wesentliche. Das so entstandene Einzelwesen taucht er dann in das Subjektiv-Schöne, und es erhebt sich aus diesem Bade, wie die schaumgeborene Göttin, verklärt und in idealer Schönheit. Die griechischen Künstler hätten ihre idealen, für alle Zeiten mustergültigen Bildwerke nicht hervorbringen können, wenn sie nicht in ihrem Volke gute Modelle gefunden hätten und es gilt allerdings, was Kant gesagt hat:

Ganz anders verhält es sich mit denen Geschöpfen (Idealen) der Einbildungskraft, darüber sich Niemand erklären und einen verständlichen Begriff geben kann, gleichsam Monogrammen, die nur einzelne, ob zwar nach keiner angeblichen Regel bestimmte Züge sind, welche mehr eine im Mittel verschiedener Erfahrungen gleichsam schwebende Zeichnung, als ein bestimmtes Bild ausmachen.

(Kk. d. Vern. 442.)

Die Einbildungskraft läßt ein Bild gleichsam auf das andere fallen und weiß, durch die Congruenz der mehreren von derselben Art, ein mittleres herauszubekommen, welches Allen zum gemeinschaftlichen Maße dient. – – – Die Einbildungskraft thut dies durch einen dynamischen Effekt, der aus der vielfältigen Auffassung solcher Gestalten auf das Organ des inneren Sinns entspringt.

(Kk. d. Urtheilsk. 80.)

Hier möge auch folgende Schwierigkeit zur Sprache kommen. Schon Kant hatte richtig bemerkt, daß ein Neger nothwendig eine andere Normalidee der Schönheit der Gestalt haben müsse, als ein Weißer, der Chinese eine andere, als der Europäer (Kk. d. Urth. 80) und Schopenhauer sagte:

Die Quelle alles Wohlgefallens ist die Homogeneität: schon dem Schönheitssinn ist die eigene Species, und in dieser wieder die eigene Rasse, unbedenklich die Schönste.

(Parerga II. 492.)

i511 Dies steht fest. Aber es beweist Nichts gegen das Subjektiv-Schöne. Sollte je ein schwarzer Phidias in Africa geboren werden, so wird er Gestalten, die den Negertypus tragen, erschaffen; jedoch nicht anders können, als, innerhalb dieser Grenzen, ganz nach den für alle Menschen gültigen subjektiven Schönheitsgesetzen zu bilden. Er wird die volle Wade, die knappe, kräftige Rundung des Leibes, die gewölbte Brust, das ovale Gesicht, die regelmäßigen Züge, nicht eine flache Wade, magere oder aufgedunsene Glieder, ein Vollmondsgesicht u.s.w. bilden.

Wie mächtig überhaupt das Subjektiv-Schöne des Raumes, besonders die Symmetrie, die Plastik beherrscht, beweist mehr als alles Andere der Umstand, daß es keinem griechischen Künstler eingefallen ist, eine Amazone mit nur einer Brust zu bilden, obgleich jeder Grieche glaubte (ob mit Recht oder Unrecht, lasse ich dahingestellt) daß den Amazonen, behufs leichterer Handhabung der Waffen, eine Brust zerstört würde. Man denke sich eine Amazone mit einer Brust und der aesthetische Genuß wird wesentlich beeinträchtigt sein.

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Schopenhauer wurde also mystisch, als er das Subjektiv-Schöne, das er aus der Ferne sah, erklären wollte. Es ist übrigens sonderbar, daß er nicht bis zu demselben gelangt ist, denn seine Aesthetik enthält treffende schöne Gedanken in Menge, welche zur Sache gehören. Ich wähle die folgenden aus:

Wir sehen im guten antiken Baustil jeglichen Theil, sei es nun Pfeiler, Säule, Bogen, Gebälk oder Thüre, Fenster, Treppe, Balcon, seinen Zweck auf die geradeste und einfachste Weise erreichen, ihn dabei unverhohlen und naiv an den Tag legend.

(W. a. W. u. V. II. 472.)

Die Grazie besteht darin, daß jede Bewegung und Stellung auf die leichteste, angemessenste und bequemste Art ausgeführt werde und sonach der rein entsprechende Ausdruck ihrer Absicht, oder des Willensaktes sei, ohne Ueberflüssiges, was als Zweckwidriges, bedeutungsloses Handtieren, ohne Ermangelndes, was als hölzerne Steifheit sich darstellt.

(ib. II. 264.)

Mangel an Einheit in den Charakteren, Widerspruch derselben |

i512 gegen sich selbst, oder gegen das Wesen der Menschheit überhaupt, wie auch Unmöglichkeit, oder ihr nahekommende Unwahrscheinlichkeit in den Begebenheiten, sei es auch nur in Nebenumständen, beleidigen in der Poesie ebenso sehr, wie verzeichnete Figuren, oder falsche Perspektive, oder fehlerhafte Beleuchtung in der Malerei.

(ib. I. 297.)

Menschliche Schönheit drückt sich aus durch die Form: und diese liegt im Raum allein etc.

(ib. 263.)

Der Rhythmus ist in der Zeit, was im Raume die Symmetrie ist.

(ib. II. 516.)

Das Metrum, oder Zeitmaß, hat, als bloßer Rhythmus, sein Wesen allein in der Zeit, welche eine reine Anschauung a priori ist, gehört also, mit Kant zu reden, bloß der reinen Sinnlichkeit an.

(ib. 486.)

Ein ganz besonderes Hülfsmittel der Poesie sind Rhythmus und Reim.

(ib. I. 287.)

Die Melodie besteht aus zwei Elementen, einem rhythmischen und einem harmonischen. Beiden liegen reine arithmetische Verhältnisse, also die der Zeit zu Grunde: dem einen die relative Dauer der Töne, dem anderen die relative Schnelligkeit ihrer Vibrationen.

(ib. II. 516.)

Die Farben erregen unmittelbar ein lebhaftes Ergötzen, welches, wenn sie transparent sind, den höchsten Grad erreicht.

(ib. I. 235.)

Gemaltes Obst ist zulässig, da es als weitere Entwicklung der Blume und durch Form und Farbe als ein schönes Naturprodukt sich darbietet.

(ib. I. 245.)

Der Malerei kommt noch eine für sich gehende Schönheit zu, welche hervorgebracht wird durch die bloße Harmonie der Farben, das Wohlgefällige der Gruppirung, die günstige Vertheilung des Lichts und Schattens und den Ton des ganzen Bildes. Diese ihr beigegebene, untergeordnete Art der Schönheit befördert den Zustand des reinen Erkennens und ist in der Malerei Das, was in der Poesie die Diktion, das Metrum und der Reim ist.

(ib. II. 480.)

i513 Es finden sich bei allen Völkern, zu allen Zeiten, für Roth, Grün, Orange, Blau, Gelb, Violett, besondere Namen, welche überall verstanden werden, als die nämlichen, ganz bestimmten Farben bezeichnend; obschon diese in der Natur höchst selten rein und vollkommen vorkommen: sie müssen daher gewissermaßen a priori erkannt sein, auf analoge Weise, wie die regelmäßigen geometrischen Figuren. – – Jeder muß also eine Norm, ein Ideal, eine Epicurische Anticipation der gelben und jeder Farbe, unabhängig von der Erfahrung, in sich tragen, mit welcher er jede wirkliche Farbe vergleicht.

(Ueber das Sehn 33.)

Mit diesen vortrefflichen Stellen vergleiche man nun die folgenden:

Causalität ist Gestaltung des Satzes vom Grunde: Erkenntniß der Idee hingegen schließt wesentlich den Inhalt jenes Satzes aus.

(W. a. W. u. V. I. 251.)

Für die Architektur sind die Ideen der untersten Naturstufen, also Schwere, Starrheit, Cohäsion, das eigentliche Thema; nicht aber, wie man bisher annahm, bloß die regelmäßige Form, Proportion und Symmetrie, als welche ein rein Geometrisches, Eigenschaften des Raumes, nicht Ideen sind, und daher nicht das Thema einer schönen Kunst sein können.

(W. a. W. u. V. II. 470.)

und man wird wieder nicht sonderbar finden, daß Schopenhauer das Subjektiv-Schöne nicht bestimmen konnte. Es sind immer und immer wieder dieselben alten Fehler aus der Erkenntnißtheorie die sich ihm entgegenwarfen und ihn auf falsche Bahnen drängten.

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Ich habe oben gesagt: schön sei nur, was den formalen Bedingungen des Subjektiv-Schönen entspreche. Hieraus ergiebt sich, daß dem Ding an sich, unabhängig von unserer Wahrnehmung, Schönheit als solche nicht beigelegt werden darf. Nur ein Objekt kann schön sein, d.h. der in die subjektiven Formen eingegangene Wille. Dies darf jedoch nicht mißverstanden und etwa dahin ausgelegt werden, daß das Subjekt aus eigenen Mitteln die Schönheit im Objekt producire. Hierdurch würde der empirische Idealismus – diese absurdeste, aber für die Entwicklung der menschlichen |

i514 Erkenntniß allerwichtigste und bedeutendste philosophische Richtung – in die Aesthetik getragen werden. Wir erinnern uns, daß nur durch die Materie das Objekt sich vom Dinge an sich unterscheidet. Die subjektive Form Materie drückt zwar ganz genau die Qualitäten des Dinges an sich aus, aber auf eine ganz eigenthümliche Weise: das Wesen des Willens ist von dem der Materie toto genere verschieden. Deshalb kann ich nicht sagen, der Wille ist blau, roth, schwer, leicht, glatt, rauh, aber ich muß geradezu sagen: im Wesen des Willens liegt Das, was so auf das Subjekt wirkt, daß es das Objekt blau, roth, schwer, leicht, glatt, rauh wahrnimmt. In ganz derselben Weise ist die objektive Schönheit zu erklären. Nicht das im schönen Objekt Erscheinende, der Wille, ist schön, aber im Wesen des Willens liegt Das, was das Subjekt im Objekt schön nennt. Dies ist das leicht faßliche, klare Ergebniß des echten transscendentalen Idealismus, auf die Aesthetik angewandt.

Warum wir trotzdem von einer schönen Seele sprechen dürfen, habe ich in meiner Aesthetik erklärt. Wir nennen eine Seele schon wegen ihrer gleichmäßigen Bewegung, wegen des harmonischen Verhältnisses, in dem ihr Wille zum Intellekt steht. Sie ist eine maßvolle, taktvolle Seele. Sie hat keine absolut gleichmäßige, aber eine überwiegend gleichmäßige Bewegung, denn erstere ist nicht möglich. Die schöne Seele ist der Erschlaffung sowohl, als der leidenschaftlichen Erregung fähig, aber sie wird stets bald das Gleichgewicht wieder finden, den Punkt, wo Wille und Intellekt in die harmonische Bewegung übergehen, welche weder von der Erde ab, noch nach ihrem Schlamm gerichtet ist.

Schopenhauer sagt:

Während Einige durch ihr Herz, Andere durch ihren Kopf excelliren, giebt es noch Andere, deren Vorzug bloß in einer gewissen Harmonie und Einheit des ganzen Wesens liegt, welche daraus entsteht, daß bei ihnen Herz und Kopf einander so überaus angemessen sind, daß sie sich wechselseitig unterstützen und hervorheben.

(W. a. W. u. V. II. 601.)

Schiller charakterisirt die schöne Seele wie folgt:

Eine schöne Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen endlich bis zu dem Grade versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft, mit den Entschei|dungen

i515 desselben in Widerspruch zu stehen. – In einer schönen Seele ist es also, wo Sinnlichkeit und Vernunft, Pflicht und Neigung, harmoniren, und Grazie ist der Ausdruck der Erscheinung.

(Ueber Anmuth und Würde.)

Diese schöne Seele wird nun auch, durch die Augen und Gesichtszüge, in die äußere Form hereinscheinen und selbst das häßlichste Gesicht in einer Weise verklären, daß man nur die Seele sieht, nur sie, nicht die mangelhafte Form, an der sie sich offenbaren muß.

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Die Kunst ist die verklärte Spiegelung der Natur. Da nun die Natur nicht lauter schöne Objekte aufweist – ob diese gleich alle aesthetisch betrachtet werden können – so ist schon hieraus ersichtlich, daß die Kunst nach zwei Richtungen auseinander treten muß. Geht sie nur darauf aus, schöne Objekte und die Regungen der schönen Seele wiederzugeben, so ist sie die ideale Kunst. Spiegelt sie dagegen vorzugsweise die hervorstehenden Eigenthümlichkeiten, die charakteristischen Merkmale der Individuen, so ist sie die realistische Kunst, die neben der idealen mit gleichem Rechte steht, und zwar keinen Zoll höher, keinen Zoll tiefer; denn wenn die letztere auch das Subjekt wesentlich glücklicher und ruhiger stimmt als die andere, so offenbart dagegen die realistische Kunst das wahre Wesen des Willens, seine unersättliche Habsucht, seinen namenlosen Jammer, sein Hangen und Bangen, seinen trotzigen Uebermuth und sein erbärmliches Verzagen, seine Verrücktheit und Ueberschwänglichkeit u.s.w. und der Mensch spricht erschrocken wie Hamlet’s Mutter:

Thou turn’st mine eyes into my very soul;

And there I see such black and grained spots,

As will not leave until tinct.

(Du kehrst die Augen recht in’s Innre mir,

Da seh’ ich Flecke, tief und schwarz gefärbt,

Die nicht von Farbe lassen.)

Beide Kunstgattungen ziehen den Menschen auf das ethische Gebiet hinüber, die eine durch Klarlegung seines Wesens, die andere durch Erzeugung des Wunsches: immer so glücklich, selig und ruhig sein zu können, für dessen Erfüllung nur die Ethik das Mittel angeben kann. Und hierin liegt die hohe Bedeutsamkeit der Kunst überhaupt, ihr inniger Zusammenhang mit der Moral.

i516 Nur eine Forderung muß der Aesthetiker an die realistische Kunst stellen, die nämlich: daß ihre Werke in die reinigende Fluth des Subjektiv-Schönen untergetaucht werden. Sie muß das Charakteristische idealisiren. Sonst ist sie keine Kunst mehr, und jeder Feinfühlende wird weit lieber das reale Leben unmittelbar beobachten, als seine Zeit vor unfläthigen, bedeutungslosen, wenn auch fleißig ausgearbeiteten Werken verirrter Künstler verlieren.

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Wir wenden uns jetzt zum Erhabenen und Komischen.

In Betreff des Erhabenen habe ich zuerst von Kant zu reden. Kant warf einen sehr klaren Blick in das Wesen des Erhabenen und hat nicht nur dessen zwei Arten richtig erkannt, sondern hat es auch richtig auf das Subjekt eingeschränkt. Nach ihm empfindet der Mensch das Gefühl des Erhabenen, wenn er sich entweder von der Größe eines Objekts zu Nichts verkleinert fühlt, oder sich vor der Macht einer Naturerscheinung fürchtet, diesen Zustand der Demüthigung aber überwindet, sich gleichsam über sich selbst erhebt und in die freie objektive Contemplation eintritt.

Hierauf gründet Kant seine Eintheilung des Erhabenen in

1) das Mathematisch-Erhabene,

2) das Dynamisch-Erhabene.

Zugleich bemerkt er, daß wir uns unrichtig ausdrücken:

Wenn wir irgend einen Gegenstand der Natur erhaben nennen, ob wir zwar ganz richtig sehr viele derselben schön nennen können.

(Kk. d. U. 94.)

Die wahre Erhabenheit muß nur im Gemüth des Urtheilenden, nicht im Naturobjekte, dessen Beurtheilung diese Stimmung desselben veranlasst, gesucht werden.

(ib. 106.)

Schopenhauer adoptirt die Eintheilung und legt auch das Erhabene nur in’s Subjekt, aber er spricht den Objekten, welche das Subjekt erhaben stimmen, Schönheit zu, was nicht ganz richtig ist. Er sagt:

Was das Gefühl des Erhabenen von dem des Schönen unterscheidet, ist dieses: Beim Schönen hat das reine Erkennen ohne Kampf die Oberhand gewonnen; hingegen beim Erhabenen ist jener Zustand des reinen Erkennens allererst gewonnen durch ein bewußtes und gewaltsames Losreißen von den als ungünstig er|kannten

i517 Beziehungen desselben Objekts zum Willen, durch ein freies, von Bewußtsein begleitetes Erheben über den Willen und die auf ihn sich beziehende Erkenntniß.


Date: 2014-12-29; view: 537


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