Der substantivische Begriff wird zum ersten Mal erwähnt oder ist dem Sprecher unbekannt:
Ich habe einen Jungen gesehen. Ich kenne ihn nicht.
Der substantivische Begriff ist bekannt, bestimmt.
Der Begriff kann konkretisiert werden:
F durch die wiederholte Nennung:
An der Tür ist ein neues Schild angebracht, und auf dem neuen Schild steht deutlich zu lesen: „Palfy".
F durch ein kontextuales Synonym: Monika lernt gut. Das Mädchen ist sehr fleißig.
F durch ein genaues Merkmal:
Nicht jeder Attributsatz konkretisiert den Begriff genau:
Ich traf einen Bekannten, den ich jahrelang nicht gesehen habe (ich könnte mehrere Bekannte jahrelang nicht gesehen haben).
a) in der Form eines Attributsatzes:
Lotte hält den Kranz, den sie eben gebunden hat, ...
b) in der Form eines Adjektivs im Superlativ: Es ist der schönste Wagen im ganzen Kreis.
Manchmal ist der unbestimmte Artikel zulässig: eine dritte Person (= eine fremde Person), auch bei der Aufzählung: Da kommt eine zweite, eine dritte Straßenbahn, aber mein Freund ist noch immer nicht da.
c) in der Form eines Ordnungszahlworts: Das erste, zweite Haus.
Der Artikel kann bei übertragener Bedeutung ausbleiben: etwas aus dritter Hand erfahren.
d) in der Form eines Attributs, das den Ort oder die Zeit angibt:
Sehen Sie das Haus rechts?
F Der substantivische Begriff kann situationsmäßig bestimmt werden. In der gegebenen Situation handelt es sich um einen ganz bestimmten, gut bekannten Einzelbegriff:
Sie kauften ein Haus. Die Fenster sind groß und lassen viel Licht ins Haus. Die Zimmer sind sehr geräumig und komfortabel. Ist der Rektor schon gekommen?
Benennungen für Körperteile und Kleidungsstücke stehen mit dem bestimmten Artikel, wenn ihre Zugehörigkeit aus der Situation oder aus dem Satzzusammenhang klar ist: Der Mann streckte die Hand aus.
In Sätzen mit nominalem Prädikat steht
das prädikative Substantiv mit dem unbestimmten Artikel: Die Schlange ist ein Reptil.
GWenn das Prädikativ einen Charakterzug, eine Eigenschaft des Menschen nennt, darf der Artikel nicht fehlen, vgl.: Er ist Schauspieler(es ist sein Beruf). Er ist ein Schauspieler, (a) es ist sein Beruf; b) er spielt anderen etwas vor
das Subjekt gewöhnlich mit dem bestimmten Artikel: Die Tanne ist ein Nadelbaum.
das prädikative Substantiv im Plural mit dem Nullartikel: Die Tanne und die Kiefer sindNadelbäume
GWenn das Prädikativ einen Beruf, eine nationale oder soziale Zugehörigkeit bezeichnet, so fehlt der Artikel: Er ist Arzt (Ukrainer, Parteimitglied)
In einem Vergleich gebraucht man das Substantiv im Singular mit dem unbestimmten Artikel: Er weinte wie ein Kind. Sie singt wie ein Vogel.
In einem Vergleich gebraucht man das Substantiv im Plural mit dem Nullartikel: Sie weinten wie Kinder.
Nach den Verben haben, brauchen und nach es gibt steht das Substantiv im Singular mit dem unbestimmten Artikel:
Haben sie einen Bruder? Es gibt einen Stuhl, einen Tisch…
Nach den Verben haben, brauchen und nach es gibt steht das Substantiv im Plural mit dem Nullartikel:
Haben sie Brüder? Es gibt Stühle, Tische…
UNIKA
Der unbestimmte Artikel erscheint nur als ein stilistisches Mittel in der schöngeistigen Literatur, um irgendein neues, ungewöhnliches Merkmal dieser Gegenstände hervorzuheben, um sie in einem neuen Licht darzustellen:
Der Mond hing über dem Horizont. Ein Mond, kreidig und unbarmherzig wie in jener letzten Nacht.
Zuerst steht der Mond als Bezeichnung des Himmelskörpers. Im nächsten Satz erscheinen Attribute, die dem Mond ein ungewöhnliches, seltsames Gepräge verleihen.
In der Regel stehen die Unika (Benennungen für einzigartige Naturerscheinungen) mit dem bestimmten Artikel:
die Erde, die Sonne, der Mond, der Himmel, die Luft usw.
STOFFNAMEN
Stoffnamen in ihrer allgemeinen Bedeutung werden entweder ohne Artikel oder mit dem bestimmten Artikel gebraucht
Der unbestimmte Artikel erscheint in folgenden Fällen:
a) wenn es sich um eine bestimmte Sorte, Art handelt:
Das ist ein ausgezeichneter Kaffee (= Kaffeesorte).
b) wenn der Stoffname eine Portion oder einen Teil bezeichnet:
Geben Sie mir noch ein Bier (einen Kaffee).
c) wenn sich infolge des Bedeutungswandels der Stoffname in einen Gattungsnamen verwandelt:
Auf dem Tisch stand ein dünnes geschliffenes Glas.
Wird der Stoffname konkretisiert oder wiederholt, so erscheint der bestimmte Artikel. Die Konkretisierung erfolgt mit Hilfe von Attributen, Attributsätzen, oder auf Grund der Situation:
Ich esse mein Brot mit Margarine und Pflaumenmarmelade. Die Marmelade ist gut, sie stammt aus den Vorräten von Mutter Kroll. Die Margarine ist ranzig, aber das macht nichts.
Wir greifen zu Wurst und Käse.
F In den Fügungen Mitbestimmung + Stoffname bleibt der Stoffname in der Regel artikellos, sogar wenn ein adjektivisches Attribut hinzutritt:
ein Kilo Zucker, eine Menge Wasser, zwei LöffelSalz; ein Haufen alten Eisens (auch altes Eisen, sehr selten des alten Eisens)
ABSTRAKTA
Die Abstrakta nennen meist allgemeine unzählbare Begriffe. Deshalb fehlt oft der Artikel
Der unbestimmte Artikel erscheint vor den Abstrakta, wenn ein besonderes Merkmal an dem Begriff betont werden soll (ähnlich bei Unika, bei Eigennamen):
Eine leise, angenehme Trauer überkam ihn.
Der unbestimmte Artikel wirkt emotional, wenn er betont wird und einen hohen Grad bei der Bezeichnung eines Gefühls, eines Zustandes oder eines Vorgangs ausdrückt:
Ist das aber eine Freude! (= eine große Freude)
Das nenn' ich eine Überraschung! (= eine große Überraschung)
ü Bei allgemeiner Bedeutung des Wortes kann der bestimmte Artikel erscheinen: Studmann ist die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeitselbst.
ü Der bestimmte Artikel kann zum Zweck der Kasusangabe stehen (im Genitiv und Dativ): Der Kranke bedarf der Ruhe (aber: Er braucht Ruhe).
ü Wenn ein Abstraktum genauer bestimmt wird (durch Attribute), so ist der Artikelgebrauch obligatorisch: Der Kampf um den Frieden vereint alle Völker.
FDer Artikel fehlt immer in den Präpositionalgruppen vor, aus, wegen + Abstraktum: vor Freude, aus Angst, wegen Betrug.
GManche Abstrakta sind vieldeutig. Sie bezeichnen nicht nur einen allgemeinen abstrakten Begriff, sondern auch einen Einzelfall, eine einzelne Handlung, z. B. Taktlosigkeit, Entschuldigung, Kritik. Bei dieser teilweisen Individualisierung wird der Artikel ebenso wie bei den Gattungsnamen gebraucht:
Die Mutter schrieb dem Sohn eine Entschuldigung für den Lehrer.
Der Schriftsteller war bekannt, er bekam immer gute Kritiken.
GEin Abstraktum kann infolge des Bedeutungswandels zu einem Gattungsnamen werden:
Ich mache dich mit einer Berühmtheit bekannt (= einer berühmten Person)
Er sagte ein paar Höflichkeiten (= höfliche Worte).
FZu den Abstrakta zählt man die Zeitbegriffe
Der Artikel wird gesetzt, wenn es eine Präposition gibt:
Ich verreise in der nächsten Woche, am nächsten Montag, am Ende des Monats (gegen das Ende des Monats)
Der Artikel fehlt bei Zeitangaben ohne Präposition:
Ich verreise nächste Woche, nächsten Montag, Ende (Anfang, Mitte) Mai.
EIGENNAMEN
Der unbestimmte Artikel steht vor den Eigennamen in folgenden Fällen:
a) wenn vollständige Uninformiertheit in bezug auf die genannte Person ausgedrückt werden soll:
Der bestimmte Artikel erscheint vor den Eigennamen in folgenden Fällen:
a) zur Gestaltung einer Wortgruppe, wenn zu dem Eigennamen ein Attribut hinzutritt, das moderne Berlin, das Moskau von heute, der große Puschkin.
Bestimmte Arten von Eigennamen werden in der Regel artikellos verwendet:
®Städte- und Ländernamen Neutra
® Personennamen
In Erfurt befindet sich die berühmte Internationale Gartenbauausstellung.
Die Herrschaft stellte auf Beckers Empfehlung ein neues Hausmädchen ein, eine Emma, die Schwester einer Berta.
Anmerkung: Vor den unflektierten Attributen ganz und halb setzt man den Artikel nicht: ganz Moskau, halb Moskau.
Peter ist der fleißigste Schüler.
b) wenn man das ungewöhnliche, veränderte, neue Wesen einer gut bekannten Person betonen will (ähnlich bei den Unika): Und da war Therese, eine Therese, wie sie keiner gekannt hatte.
Mit derselben Bedeutung verwendet man den unbestimmten
Artikel vor den Städte- und Ländernamen: Ende der fünfziger Jahre war ein neues, ein revolutionäres Kuba geboren.
c) wenn ein Personenname als Gattungsname verwendet wird, erfüllt der unbestimmte Artikel generalisierende Funktion: Sie tanzt wie eine Wolotschkowa.
b) zur Bezeichnung des grammatischen Geschlechts der Länder und Städtenamen, die nicht Neutra sind: die Schweiz, die Krim, die Moldau, der Haag u. a.
c) bei den Benennungen der Flüsse, Meere, Seen, Berge, Wüsten, Planeten u. a.: der Don, die Wolga, der Rhein, das Eismeer, die Dardanellen, der Brocken, die Sahara, der Orion, die Venus u. a.
Die Benennungen von Straßen, Plätzen, Boulevards stellen oft Zusammensetzungen mit einem Gattungsnamen als Grundwort dar. Sie stehen mit dem bestimmten Artikel: der Schiller platz, der Alexanderplatz, die Kastanienallee.
Bei der Angabe einer Adresse kann der Artikel ausbleiben: Er wohnt Rosa-Luxemburg-Straße 20.
d)zur Angabe der obliquen Kasus bei den Personennamen weiblichen Geschlechts: die Rede der Dolores Ibarruri.
e) in der Umgangssprache gebraucht man den bestimmten Artikel vor den Personennamen teils zur Angabe des Geschlechts und des Kasus, teils um der Aussage eine familiäre Ungezwungenheit zu verleihen: Die Bachmann sagte zu der Wallau… „Den Wallau hat gar nichts verändert" Herr Gabele öffnet: „Oh, die Luise!"
Der Artikel vor dem Familiennamen kann eine abschätzige Bedeutung haben: Ich kenne den Hans! Ein fauler Bursche!
Der Artikelgebrauch bei der Verwandlung von Personennamen in Gattungsnamen
Der Name eines Menschen, der sich durch irgendein Merkmal auszeichnet, wird zur Bezeichnung dieses Merkmals. Gewöhnlich sind es weltberühmte Persönlichkeiten oder handelnde Personen eines berühmten literarischen Werkes oder eine mythologische Gestalt: Aber er fühlte die Berufung in sich, und es war möglich, dass er einst ein amerikanischer Balzac oder Dickens werden würde. Er ist ein zweiter Chlestakow.
Der Name eines Dichters, Künstlers, Komponisten oder Meisters wird auf Grund der Metonymie auf sein Werk übertragen: Dort hängt ein Rembrandt. In der Gemäldegalerie betrachtete er lange den Raffael.
Der Personenname dient zur Bezeichnung einer Rolle oder eines Theaterwerkes: Gestern gab man den „Eugen Onegin".
Personennamen gebraucht man als Benennungen für Schiffe, Sterne, Planeten u. a.: die „Potemkin", die Venus, der Merkur.
GIn allen diesen Fällen unterliegt der Artikelgebrauch denselben Regeln, wie bei den Gattungsnamen.
Der Artikelgebrauch bei der Verwandlung von Gattungsnamen in Personennamen
1) Im Stil der Alltagsrede, besonders häufig in der Kindersprache, gebraucht man Personennamen anstatt Verwandtschaftsnamen artikellos: Vater ist verreist, Mutter kommt gleich, Omastrickt, Großvater (Opa)liest eine Zeitung.
2) In Märchen, Balladen und Volksliedern kann ein Gattungsname personifiziert und als Eigenname artikellos gebraucht werden: Hähnchen antwortete... Strohhalmsprach... (Grimm, Märchen). Tannenbaum mit grünen Fingern pocht ans niedere Fensterlein (H. Heine). Knabe sprach... Röslein wehrte sich... (J. W. Goethe).
Der Artikelgebrauch vor den Personennamen mit einem Titel
Selten erscheint der unbestimmte Artikel, um zu betonen, dass die betreffende Person dem Sprecher oder dem Hörer völlig unbekannt ist:
Haben Sie vielleicht zufällig einen Bekannten von mir, einen Architekten Schwedenklee getroffen?
ü Bei Titeln mit einem Attribut steht der bestimmte Artikel: der verdiente Lehrer des Volkes Müller.
ü Bei Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen steht gewöhnlich der bestimmte Artikel: die Schriftstellerin Anna Seghers, der Maler Dürer, der erste Kosmonaut Gagarin.
ü Bei nachgestellter Apposition steht der bestimmte Artikel: Franz Schulze, der Direktor, hielt eine Rede.
FOft bilden der Titel und der Personenname eine so enge Einheit, dass der Artikel fehlt. Das ist der Fall bei Anredeformen: Kollege (Genosse, Frau, Herr, Fräulein)Müller, Professor, Dozent, Doktor (Dr.) Schulze; Direktor Schulze; Geheimrat Schulze, MajorWaldorf.
F Verwandtschaftsname + Personenname werden in der Umgangssprache artikellos gebraucht: Tante Amalie, Onkel Oskar.
F Personennamen mit / ohne Titel werden oft als Anrede gebraucht; in der Anrede fehlt immer der Artikel. Diese Regel erstreckt sich über alle Unterklassen der Substantive, die als Anrede gebraucht werden:Hans (lieber Hans, lieber Freund), wann wirst du mich besuchen? Kollege Müller, ich möchte Sie sprechen.
Der Artikelgebrauch bei der Aufzählung
FDer Artikel fehlt oft, wenn alle aufgezählten Substantive im Plural stehen:
Hinter den Feldern beginnt der Wald mit Bächen, Teichen und Lichtungen. Ich habe dort als Junge Fische, Molche und Schmetterlinge gefangen.
FDer Artikel kann vor dem ersten Substantiv stehen und alle nachfolgenden Substantive vereinigen:
Auf den Autos, Wagen, Karren saßen Hunderte.
FDer Artikel erscheint vor jedem Substantiv, falls:
a) die aufgezählten Substantive verschiedene Zahlformen haben: Die Mutter und die Schwestern sind ausgegangen.
b) jedes Substantiv hervorgehoben werden soll: Da lag eine rote Wolljacke, ein buntes Kleid, ein Märchenbuch, ein Bilderbuch, Buntstifte und auch eine wunderschöne Puppe. Um den Bushalteplatz waren Läden gestellt, ein Photogeschäft, ein Konsum, ein kleiner Industrieladen, dahinter eine Gaststätte, und… eine Bäckerei.