Im XVII. Jahrhundert bestimmten das politische Geschehen zwei Mächte: der absolutistische Staat und die wiedererstärkte absolutistische Kirche. Kirche und Fürstenhof - dies waren zugleich Träger einer gewandelten Kultur, der Kultur des Barock.
Der Schatten des Dreißigjährigen Kriegs liegt über der Dichtung des Barock; die Vergänglichkeit der Welt und die Herrlichkeit des Himmels sind ihre thematischen Pole.
Als Zeitalter des Barock wird die Stilepoche zwischen Renaissance und Klassizismus bezeichnet, die etwa von 1575 bis 1770 währte. Kunstgeschichtlich wird sie in Frühbarock (ca. 1600–1650), Hochbarock (ca. 1650–1720) und Spätbarock oder Rokoko (ca. 1720–1770) unterteilt.
Die Ruhe und Klarheit der Renaissance verwandelte sich in Bewegung und Pracht.
Der Stil änderte sich zuerst in romanischen Ländern. Rom war das Zentrum der Gegenreformation; in Italien hatte der große Maler und Architekt Michelangelo die neue Kunst eingeleitet.
Residenz in Würzburg
Besonders stark war der italienische Einfluss in Süddeutschland und Österreich. Dort entstanden prächtige Kirchenbauten wie der Salzburger Dom, die Theatinerkirche in München, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen in Franken.
Versailles, die Residenz des französischen Königs, war das Vorbild zahlreicher Fürstenschlösser: das Schloss Nymphenburg in München, die Residenz in Würzburg, die kaiserliche Hofburg in Wien.
In den Jahrzehnten nach 1700 klingt die Kunst des Barock in den leichteren und zierlicheren Formen des Rokoko aus. Die Wieskirche in Oberbayern, erbaut von Domenikus Zimmermann, ist das schönste Beispiel dieses Stils.
Johann Sebastian Bach im Jahre 1746, mit Rätselkanon.
Ölgemälde von Elias Gottlob Haußmann.
Im katholischen Süden drückte sich der Geist des Barock und des Rokoko besonders in der bildenden Kunst aus, in Architektur, Plastik und Malerei. Im protestantischen Norddeutschland dagegen blühte neben der Dichtkunst vor allem die Musik.
Johann Sebastian Bach (1685-1750) gilt als einer der größten Meister dieser Kunst. Von der Geburtsstadt Eisenach in Mitteldeutschland führte sein Weg über den Fürstenhof in Weimar nach Leipzig, wo er 1750 als Kantor der Thomaskirche starb. Man hat seine polyphonen Werke, seine Orgelmusik, Kantaten und Passionen als „gotische Kathedralen in Tönen“ bezeichnet, in denen sich rationale Klarheit mit tiefer, mystischer Religiosität vereint.
Der zweite Höhepunkt der Musik des Barock ist das Werk Georg Friedrich Händels (1685-1759). 1712 verließ er den Fürstenhof in Hannover, um nach London zu ziehen. Durch sein Schaffen wurde diese Stadt zu einem Zentrum der Musik. Seine „Wassermusik“ erinnert an den festlichen Glanz und die Pracht der Fürstenhöfe und Kirchen jener Zeit.
Gottfried Wilhelm Leibniz (Gemälde von Bernhard Christoph Francke)
Anfang des XVIII. Jahrhunderts kamen die ersten Salons des Bürgertums auf, die einerseits höfische Zirkel nachahmten, andererseits als Konversations- und Lesegesellschaften den Intellektuellen eine Bühne boten, auf der sich eine unabhängige „öffentliche Meinung“ artikulieren konnte.
Die Mathematik, Naturwissenschaft und Philosophie des Barock fand ihren Gipfel in Werk des universalen Gelehrten Gottfried Wilhelm von Leibniz (1646 - 1716). Nach seiner Lehre besteht die Welt nicht aus toten Atomen, sondern aus belebten Kraftzentren, die er „Monaden“ nannte. Sein Bemühen um Toleranz und sein Weltbürgertum weisen bereits über das Barock hinaus und verbinden ihn mit einer neuen Zeit, der Zeit der Aufklärung und der Klassik, der Generation Lessings, Kants und Goethes.