Die Eigennamen sind eine ganz besondere strukturell-semantische Subklasse von Substantiven. Auch hinsichtlich der Artikelverwendung weisen sie eine große Eigenart auf.
Die Personennamenwerden in der Regel ohne Artikel verwendet:
Marie schlug das Herz schneller, wenn sich die Tür in der Wirtschaft öffnete, (Seghers)
Die artikellose Verwendung der Personennamen erklärt sich dadurch, dass die Personennamen keine verallgemeinernde Funktion haben (ein und derselbe Name bezeichnet viele Menschen, fasst sie aber nicht nach irgendeinem wesentlichen Merkmal zusammen, vgl. S. 174 ff.) — daher ist den Personennamen auch die Kategorie der Bestimmtheit und der Unbestimmtheit fremd.
Der Artikel kann aber beim Personennamen in folgenden Fällen stehen:
1. Der bestimmte Artikel wird häufig vor Eigennamen umgangssprach lich verwendet:
Wolfgang erblickte ihn zuerst, sprang auf und eilte ihm entgegen, „Der Frank!" rief er erfreut aus. „Seht an, der Frank." (Kellermann)
2. Der bestimmte Artikel kann in Verbindung mit dem Personennamen verschiedene formelle Funktionen erfüllen;
a) Er gibt den Kasus an:
Klemm befahlßr Becker ein ordentliches Zimmer und dunkles Bier. Das freute den Becker. (Seghers)
, b) Der bestimmte Artikel und das Plural-s zeige.n, dass der Eigenname fiine ganze Familie bezeichnet:
Abends, als die Hardekopfs um den Mittagstisch saßen, erzählte Mutter
Pauline,.. (Bredel)
Aber: Buddenbroob (Titel des Romans von Th.Mann) u. Ä.
c) Der bestimmte Artikel steht beim Familiennamen einer weiblichen Person:
Sie, die Bachmann, hatte damals zu der Wallau gesagt: „ Weißt du, Hilde, das hat die Männer, auch unsere, ganz verändert." (Seghers)
d) Der bestimmte Artikel begleitet regelmäßig eine attributive Wortfü gung mit dem Personennamen als Kernwort:
Sie war höchst niedlich, die kleine Tony Buddenbrook, (Th.Mann)
Der unbestimmte Artikel kann zur Hervorhebung des Neuen (des Rhemawertes) verwendet werden*.
Klemm war in den Stab eines Majors Waldorf befohlen. (Seghers)
Personennamen sowie Gattungsnamen werden regelmäßig mit dem bestimmten Artikel gebraucht, wenn sie als Namen von Schiffen, Hotels, Zeitungen u. Ä. verwendet werden:
Die „Minna Woermann" lag, beladen mit Maschinen und Geräten, im Hafen und sollte um die Mittagsstunde ihre Fahrt nach Afrika antreten. (Bredel)
Photographien und Zeitungsausschnitte wirbelten in seinem Kopf herum aus dem „Vorwärts" und aus der „Arbeiter-Illustrierten". (Seghers)
In der „Krone" zu Klausthal hielt ich Mittag, (Heine).
Geografische Namen werden hinsichtlich der Anwendung des Artikels in zwei Gruppen eingeteilt:
a) Bei Länder-, Städte- und Gebietsnamen fehlt der Artikel, ausgenom men, wenn vor ihnen ein Attribut steht: Italien, Frankreich; Berlin, Leipzig, Paris; Sachsen, Thüringen, Westfalen; aber: das heutige Leipzig-
Nichtneutra haben den Artikel: die Sowjetunion, die Niederlande, die Türkei, die Schweiz è. a.; die Pfalz, die Bretagne, der Kaukasus, der Haag u.a.
b) Flussnamen, Meere, Seen, Gebirge, Sterne u. a. haben immer den be stimmten Artikel: der Rhein, der Baikal, das Eismeer, der Stille Ozean, die Dardanellen, der Harz, der Ural, der Grunewald, die Sahara, die Krim, der Mars, die Kassiopeia u. a.
Weiteres zum Artikel bei Eigennamen s.: [74,119].
§ 69. Artikelgebrauch als Transpositionsmittel aus einer