Uuml;BERSETZUNGSTHEORETISCHE ANSÄTZE IM FRÜHEN CHRISTENTUM
Eine der herausragendsten Persönlichkeiten des Altertums war Hieronymus, später bekannt als hl. Hieronymus (ca. 331– ca. 420). Hieronymus ist als Verfasser der Vulgata, der als authentisch anerkannten lateinischen Bibel, bekannt. Er wurde als Sohn christlicher Eltern in einer Stadt im Grenzgebiet zwischen Dalmatien und Pannonien, geboren. Später wurde er zum Studium nach Rom geschickt. Während der Jahre, die er dort verbrachte, erwarb er Kenntnisse in klassischer Literatur (insbesondere Vergil, Horaz und Cicero), orientalischer Philosophie und Recht.
Nach einiger Zeit gab er seine Beamtenlaufbahn im Dienste des Römischen Reiches auf, trennte sich von seinen irdischen Gütern und zog nach Osten. Während seines Aufenthalts in Antiochia, wo er mit dem Studium der griechischen Sprache begann, entdeckte er die christliche Literatur. Er zog weiter in die Wüste, in das Gebiet des heutigen Syrien, und verbrachte dort zwei Jahre in Buße. Er widmete sich dem Studium christlicher Literatur und der Bibel und erweiterte seine Kenntnisse des Hebräischen. Schließlich kehrte er nach Antiochia zurück, wo er in den Priesterstand aufgenommen wurde.
Im Jahre 382 kehrte Hieronymus nach Rom zurück, wo er als Sekretär, Dolmetscher und theologischer Berater für Papst Damasus I. tätig war. Da er sich zu dieser Zeit bereits einen Namen als Philosoph und dreisprachiger Gelehrter gemacht hatte, der mit dem Hebräischen, Griechischen und Lateinischen gleichermaßen vertraut war, beauftragte ihn der Papst mit der Übersetzung und Revision der Bibel. Hieronymus begann mit der Übersetzung des Neuen Testaments und der Psalmen, wobei er anerkannte griechische Texte als Ausgangsmaterial verwendete.
Hieronymus schrieb zu seiner Übersetzungsmethode:
„Ich […] bekenne es frei heraus, dass ich […] nicht ein Wort durch das andere, sondern einen Sinn durch den anderen ausdrücke“.
Nach Damasus' Tod im Jahre 384 fiel Hieronymus in Ungnade. Er zog sich nach Bethlehem zurück und setzte dort seine Übersetzertätigkeit fort. Nachdem er eine Übersetzung des Alten Testaments aus dem Griechischen vollendet hatte, übersetzte er es aus dem Hebräischen noch einmal neu. Er ist dafür bekannt, als erster das Alte Testament direkt aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzt zu haben,und nicht ausgehend von der Septuaginta, einer früheren griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel. Trotz einigen Widerstands gegen Hieronymus' Übersetzungen wurde die lateinische Vulgata mit seiner Übersetzung des Alten und des Neuen Testaments jahrhundertelang von der römisch-katholischen Kirche verwendet.
Hieronymus war maßgeblich an der Annäherung zwischen der klassischen Kultur und dem Christentum beteiligt. Zeit seines Lebens war er eine umstrittene Figur, hatte aber auch seine Anhänger. Seine Heiligsprechung erfolgte im 8. Jahrhundert. Der Kult um seine Person wurde während einiger Zeit vernachlässigt, erfuhr aber zur Zeit der Renaissance einen erneuten Aufschwung. Er war einer jener christlichen Heiligen, die zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert der Malerei und der Kunst im allgemeinen am häufigsten als Quelle der Inspiration dienten. Seit 1992 feiert die Federation Internationale des Traducteurs (FIT) am 30. September den Hieronymustag, den internationalen Tag der Übersetzung.