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Mittel der Bildlichkeit (îáðàçíîñòü)

VII. Stilfiguren. Theoretische Grundsätze.

1.Der Stil der schönen Literaturwird durch die Verbindung von kommunikativen und ästhetischen Faktoren in einem so hohen Maße gekennzeichnet, wie sie keinem anderen Stil eigen ist. Kein anderer funktionaler Stiltyp gestattet eine solche Fülle und Weite von Ausdrucksmöglichkeiten.

Mittel der Bildhaftigkeit (íàãëÿäíîñòü)

Das Hauptmittel ist die treffende Wortwahl. Alle Wörter des Sprachsystems, die Gegenstände, Vorgänge und Erscheinungen der wahrgenommenen Realität lebendig und plastisch in unserem Bewusstsein reproduzieren, rufen Gesichts-, Gehörs-, Geruchs-, Geschmacks- und Tastempfindungen hervor. Semantische und stilistische Bedeutungselemente verleihen klare Details. In Kleinkontexten wird der Inhalt logisch und expressiv präzisiert, zum Beispiel:

Wir fuhren an privaten Stegen vorbei, an denen Ruderboote vertäut waren, und dort, wo ein öffentlicher Wanderweg neben dem Kanal hinlief, stieß Ludmila das Paddel auf einmal so kraftvoll ins Wasser, bremste so energisch ab, dass das Kanu alsbald still lag. Sie deutete voraus, auf ein geschichtetes, ringförmiges Schwannennest, vor dem ein zottiger schwarzer Hund stand, geduckt, anscheinend zum Angriff bereit. Der Schwan stand auf dem Nest, stand da mit flach gerecktem Hals und stieß kurze klickende Laute aus – Warnlaute. Sobals der Hund – wie zur Probe – einen Sprung nach vorn machte, öffnete der Schwan seine Schwingen, wuchs breit und drohend auseinander, und da der Hund sich nicht abschrecken ließ, machte er ein paar peitschende Bewegungen, die ein hohes Pfeifgeräusch hervorriefen. Meine Versuche, den Hund durch Gesten und harte Befehle zu vertreiben, waren erfolglos, unterbrachen nicht seine wütende Angriffslust. Wie sehr ich mir einen Stein, einen Knüppel wünschte!

Plötzlich, nie werde ich´s vergessen, erklang neben mir ein Ton, ein dunkler, elegischer Heulton, ein Ton der Klage und des resignierten Verzichts, und ich sah, wie der Hund schreckhaft erstarrte. Der klagende Ton schwoll an, jetzt schien er etwas bekanntzugeben, schien zu fordern, und während mir ein Schauer über den Rücken lief, glaubte ich ein weites Schneefeld unter dem Mond zu sehen, über das gedrungene Schatten zu einem Wald flohen. Der Hund warf auf einmal den Kopf zurück, brachte aber keinen Ton hervor; nach einem Augenblick, in dem er wie gebannt dastand, klemmte er den Schwanz ein und zog sich zurück. Nachdem sich der Schwan auf dem Nest niedergelassen hatte – achtsam, plusternd und so unerregt, als sei nichts Bemerkenswertes geschehen – , wandte ich mich Ludmila zu. In meine wortlose Verblüffung hinein sagte sie lächelnd: Ist ihre Ursprache; alle großen Hunde verstehen sie. … (S. Lenz. Ludmila.)

Das Epitheton bestimmt ein Substantiv, er konkretisiert oder schätzt den Begriff emotional ein. Durch konkretisierende Epitheta entsteht im Bewusstsein des Lesers / Hörers die Vorstellung von Farbe, Form, Klang, Geruch und anderen Sinnesempfindungen, aber auch eine logische Schlussfplgerung auf wesentliche Merkmale und Eigenschaften. Der Grad ihrer Bildhaftigkeit – je nach dem Kontext – bald stärker, bald geringer, z.B.: Er schenkte ihr eine herrlich duftende gelbe Teerose . – Festliche Vorbereitungen zur Jubiläumsfeier haben schon angefangen.



In der schönen Literatur zeigen bewertende, emotionale Epitheta die persönliche Eeinstellung des Sprechenden an. Sie offenbaren Sympathie und Antipathie zum Gegenstand der Rede, Empörung und Leidenschaft, Begeisterung und Enttäuschung u.a.m. Die sogenannten unerwarteten Epitheta (metaphorische Epitheta) beruhen auf übertragener Bedeutung und sind nur im Kontext determinierbar. Zum Beispiel:

 

Kaum betrat diese Frau den Boden ihrer Heimat, wurde aus der perfekt gepflegten, steifen Barbiepuppe ein lebendiges kicherndes, zu lauter Unsinn aufgelegtes Wesen. Sie tauschte mit dem Taxifahrer leicht anzügliche Witze aus, fing an laut zu singen, hielt ihren Kopf aus dem Fenster, dass ihre Frisur zerstört wurde und die Haare im Wind nur so flatterten. (D.Dörrie. Trinidad.) – Hier wird eine wundersame Verwandlung der Protagonistin deutlich durch epitheta offenbart.

 

Mittel der Bildlichkeit (îáðàçíîñòü)

 

Die Hauptmittel der Bildlichkeit sind die Metapher und ihre Abarten (die Personifizierung, die Entpersonifizierung, die Allegorie, das Symbol, die Synästhesie, die Periphrase, der Euphemismus, die Litotes, die Hyperbel / die Übertreibung, Untertreibung, Vergleiche). Dazu gehören auch die Metonymie und ihre Abarten (die Synekdoche / Teil für das Ganze / pars pro toto, die Bahuvrihi, die Verwendung des Eigennamens für den Gattungsnamen).

 

Metaphern kann man im allgemeinen als Übertragung zur

Bezeichnung noch nicht benannter Sachverhalte betrachten. Ihre eigentliche Bedeutung gewinnen Metaphern erst im Kontext. Bei der Metapher wird mehr oder weniger die semantische Kongruenz gestört, dann entsteht eine semantische Unverträglichkeit (d. h. Unvereinbarkeit, Kontrast), z.B.:

- Es roch stark nach Fruchtbarkeit und Verwesung, nach dem ABC des Lebens. (S.Lenz. Es waren Habichte in der Luft.)

 

- Niemand bemerkte ihn, niemand störte ihn, als er nach einer Weile den Kopf hob und langsam in das grüne, frühlingsmatte Schweigen hineinkroch; die Blätter wisperten lange, der freundliche Himmel dehnte die blaue Brust und die Sonne, die glühende Krankenschwester, trocknete das Blut. (ebenda)

 

- Er hatte noch ein Jahr Zeit, bis er fünfzig würde und Bilanz ziehen müsste. Aber die Posten im Buch seines Lebens würden bis dahin keine anderen werden. (B. Schlink.Zuckererbsen.)

 

3. Woher stammen Metaphern? Vieles entstammt der antiken, biblischen, christlischen Metaphorik, vieles der mittelalterlichen Rechtssprache, der Sprache des Kriegshandwerks, der Ritter, Bauern, Bürger, Handwerker, Jäger, Bergleute, Seefahrer, der Welt der Technik, dem Sport. Das sind verschiedene „Weltansichten“, die auf diese Weise in der deutschen Sprache ihren Niederschlag gefunden haben. Die deutsche Sprache ist voll von lebendigen, verblassenden und veblaßten Bildern:

- „Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, spricht Gott der Herr, der da ist und da war und der da kommt, der Allmächtige.“ So hat Martin Luther die Offenbarung des Johannes übersetzt. Alpha und Omega, der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets, Anfang und Ende aller Dinge. Wenn man sagt, bei irgendeinem Ding oder Tun sei etwas das A und O, so meint man das Wichtigste, das Entscheidende bei der ganzen Angelegenheit. Diese Metapher ist in vielen europäischen Sprachen bis auf den heutigen Tag lebendig. Aber es ist eine ihres einstigen christlichen Sinnes völlig entleerte europäische Formel:

 

e. the alfa and omega fr. l´alpha et lómega

it. l´alfa e l ómega sp. el alfa y omega

 

Zum Beispiel: Eine Formel ist das A und O jeden Parfüms… Sie ist ein Rezept, wenn du dieses Wort besser verstehst…

Aus dieser allumfassenden Metapher Gottes ist im Deutschen eine ganz gewöhnliche, ganz alltägliche Redensart geworden, deren Herkunft man völlig vergessen hat. Das deutsche Alphabet reicht ja von A bis Z, was man im Deutschen ja auch gelegentlich als Redensart gebraucht, z.B.: Mein Vater Kiest seine Lieblingszeitung von A bis Z.

 

- „Schließlich hing ihm ja der Himmel voller Geigen. Demnächst wird er promovieren….“ (=Er hatte eine märchenhafte Zukunft). „Himmel voller Geigen“ geht wahrscheinlich auf die Malerei der späten Gotik bzw. Frührenaissance zurück, als man den Himmel mit musizierenden Engeln darstellte.

 

4. Die Personifizierung ist die Übertragung menschlicher Eigenschaften, Merkmale und Handlungen auf tierische und pflanzliche Organismen sowie auf Nichtlebewesen. Pragmatischer Effekt der Personifizierung ist vornehmlich Bildkraft, aber auch Humor und Satire, z.B.:

 

- …Es ist ganz merkwürdig, dass die Alleebäume – wenn man der Ygdrasilovic-Studie glauben darf – übermüdete, schlafende, oder betrunkene Autofahrer offenbar von weitem schon erkennen. Mit ganz besonderer Vorliebe springen die Alleebäume solchen Fahrern in den Weg, die ja viel langsamer reagieren als andere, also gegen die Tücken der Allebäume so gut wie wehrlos sind. … (H. Rosendorfer. Die springenden Alleebäume. Erzählungen.)

 

- Vor dem Mond standen Nebelwolken, feucht und kalt. Zwei drei Sterne bemühten sich ehrgeizig, ihr zitterndes Licht hinabzuschicken. (S. Lenz. Es waren Habichte in der Luft.)

 

5. Die Entpersonifizierung erfolgt mit Hilfe des sächlichen Geschlechts:

Genaues lässt sich nicht ermitteln, aber ein Bursche wie Terenz kommt nicht um, dazu ist er zu gering; um so Geringes kümmern sich die Götter nicht. (L.Feuchtwanger. Der falsche Nero)

 

Auch wenn die Mehrzahl für die Einzahl steht: Wie haben wir geschlafen? * Jetzt bekommen wir eine Wunderspritze.

 

 

6. Die Allegorie ist die körperhafte Verbildlichung von Ideen und Begriffen, von Naturgeschehen und Naturgewalten.

die Sonne = Die Marie / die Liesel scheint.

 

7. Das Symbol ist ein Ding oder ein Zeichen, das für etwas anderes (z.B. Idee) steht:

 

- Die fünf Ringe sind das Symbol für die Olympischen Spiele.

- Der Löwe gilt als ein Symbol der Stärke.

- Die Lilie ist das Symbol für Sanftmut und Unschuld, das Veilchen für Bescheidenheit, die Rose für Schönheit.

 

8.Die Synästhesie ist die Verschmelzung verschiedener Sinnesempfindungen, wobei eine von ihnen übertragene Bedeutung annimmt, z.B.: eine hohe / tiefe Stimme; schreiende Farben; tiefe Stille

 

- Ludmila dachte einen Augenblick nach und sagte dann: Alles, was Tim erfindet und schön auf den Teller bringt, es ist gedacht für Leute, die schon satt sind. Armut will nur satt werden, aber das gilt nicht für Tim. Er arbeitet für die, die mit den Augen essen, er ist Appetitmacher für Leute ohne Hunger. (S. Lenz. Ludmila.)

 

Aufgabe 10. Welche Mittel der Bildlichkeit kommen in folgenden Textauszügen vor? Erläutern Sie das.

 

- Sie schwiegen. Die Dämmerung kündigte einen neuen Tag an. Das andere Ufer war nicht mehr fern. Verschlafen blies der Wind die Nebel auseinander. Der hoffnungslose Lockruf eines Seevogels hallte über das Wasser. Erkki setzte die Riemen leiser ein. Der Nebel schlich sich davon wie eine gewaltige Katze. (S. Lenz. Es waren Habichte in der Luft.)

 

- Stenka fühlte, wie seine Füße immer schwerer wurden. Hinter der Stirn fühlte er ein dumpfes Brausen, ein schwaches Gewitter der überanstrengten Nerven. (ebenda)

 

- Die Grenze: Hohe Mauer vor dem Sandkasten der Hoffnung, das Rasiermesser an der Kehle der Wünsche,… (ebenda)

 

- Der Riese sah sich bereits auf dem Glatteis der Gedanken hilflos herumschlittern. Mühsam versuchte er zu lächeln, aber dieses Lächeln war wie ein Selbstgeständnis der Stupidität. (ebenda)

 

- Stenka schloss die Augen. Das Wasser murmelte am Bug Unverständliches, zumindest etwas für ihn ganz und gar Rätselhaftes. Das Wasser murmelte eine uralte Geschichte, es wollte ein Geheimnis an den Mann bringen. Der Lehrer verstand diese Sprache aber nicht, er wollte einen Flecken, einen gefährlichen Flecken hinter sich lassen, er wollte den Raum verlassen, ihn ungültig machen, der Mann auf dem Floß glaubte, dass man die Welt von sich abschütteln könne, wenn man nur in Bewegung bliebe. Irgendwann sollte man ja doch das Ende des Raumes erreichen: das Ende des Wassers, das Ende der Nacht, die Grenze der Gefahr. (ebenda)

 

- Der Binnensee, von Anlagen eingefasst, mit Schwänen und pünktlichen Motorbooten besetzt, war das Auge der Stadt, ihr öffentlich zugängliches Kleinod. Die Wimpern dieses teuren Auges gleichsam bildeten traditionsreiche Ruderhäuser, bildeten Tennisplätze und an einigen Stellen melancholisch sinnende Villen, die in nobler Zurückgezogenheit, verdeckt von Hecken und Zäunen, über ihren wachsenden Grundstückswert nachzudenken schienen. (S. Lenz. Der Mann im Strom.)

 

- Die Auffahrt zum Rathaus war gesperrt. Gutgelaunte Polizisten bügelten die Vorsprünge der Menschenmauer aus, die sich vor dem Portal eingefunden hatte, und es strömten immer neue Leute herbei, … (ebenda)

 

- …er liebe die Gedichte Niembschs, bekannte er nach einer knirschenden Pause. (P. Härtling. Niembsch oder der Stillstand.)

 

- Die fremden Orte nahm er in den Mund wie Weinproben; München schmeckte nicht, Ulm schmeckte; Stuttgart und Frankfurt schmeckten ihm nicht, Mainz: er nickte. Der Rhein war gut, sehr gut war er; er blieb am Fenster stehen, solange der Zug am Rhein entlang fuhr; gut, er nickte vor sich hin und rauchte; bei Koblenz (schmeckte nicht) wurde es dunkel, er ging ins Abteil zurück und schlief, bis ihn ein Ruf weckte, der wie ein Schuss klang: Bonn. Er lachte und nahm einen Zug aus seiner Weinflasche. (H. Böll. Er kam als Bierfahrer.)

 

- Bald liege ich neben ihr, und wir geben uns beide einem wohligen Mittagsschläfchen hin. Anneliese will am Nachmittag probeweise das Bett verlassen und am Abend ein Süppchen essen. (I. Noll. Ladylike.)

 

- Doch da schob die Verkäuferin schon den Vorhang zur Seite, schlüpfte zu ihr in die Kabine, drehte Charlotte mit beiden Händen resolut zum Spiegel und zog ihr die Träger auf dem Rücken zurecht. „Der sitzt doch wie für Sie gemacht“, sagte sie zufrieden, „nehmen wir den?“ (D.Dörrie. Für immer und ewig.)

 

- Unten im Hof schrie das Kind. Seine spitzen, hohen Schreie drangen zu uns in den vierten Stock hinauf wie Pfeile. (D.Dörrie. Sonntag Nachmittag.)

 

- Lena kichert. Robert wiehert wie ein Pferd und galoppert mit ihr ins Kinderzimmer. Ich sehe ihm fassungslos nach. Der steife, phantasielose, stumme Robert. Wer hätte das gedacht? (D.Dörrie. Der Mann im Supermarkt.)

Die Metonymie ist ein Austausch zweier Begriffe aus unterschiedlichen Sinnbereichen aufgrund räumlicher, zeitlicher, stofflicher und logischer Beziehungen. z.B.: Das ganze Haus wurde aus dem Schlaf geschreckt.

 

Die Synekdoche / Teil für das Ganze / pars pro toto: anstelle des Ganzen wird ein wichtiger oder auffallender Teil genannt, z.B.:

Mein Fuß betritt dein Haus nie mehr. (mein Fuß = ich)

Der Eintritt kîstet 5 Euro pro Kopf. (pro Kopf = pro Person)

 

Die Bahuvrihi (altindischer Terminus bedeutet wörtlich: ein Mann, der viel Reis besitzt) charakterisieren gewöhnlich ein Lebewesen durch einen wesentlichen oder auffallenden Teil. Sie wirken emotional und expressiv.

Teerjacke (Seemann), Langohr (Esel). Wenn die Stilfigur Teil für das Ganze etwas Unwesentliches, Lächerliches oder Herabsetzendes heraushebt, dient sie als Mittel von Spott und Satire, z.B.:

Die Aktentasche / der Eischädel / der Glatzkopf eilte durch die Straße.

Die Verwendung des Eigennamens für den Gattungsnamen, z.B.: Er ist ein Paganini (= Er ist ein Violinvirtuose).

 


Date: 2016-01-03; view: 2480


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