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Die Hauptverhandlung

Eine Hauptverhandlung vor dem Strafgericht findet grundsätzlich in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten statt. Die Verfahrensbeteiligten sind: ein, zwei oder drei Berufsrichterinnen und -richter. Wer die Verhandlung leitet, ist der „Vorsitzende Richter“ oder die „Vorsitzende Richterin“. Daneben können noch zwei Schöffinnen oder Schöffen mitwirken. Das sind Frauen und Männer, die das nicht beruflich machen. Sie sollen ihren Gerechtigkeitssinn und ihre unterschiedlichen Lebenserfahrungen benutzen, um zu beurteilen, was sie hören. Ihre Stimme hat bei der Entscheidung genauso viel Gewicht wie die der Berufsrichterinnen und -richter, neben denen noch eine Protokollführerin oder ein Protokollführer sitzt. Auf der anderen Seite neben dem Gericht sitzt die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt, und gegenüber der Verteidiger mit dem oder der Angeklagten. Neben den bereits aufgezählten Personen können sich auch Dolmetscherinnen, Sachverständige und Wachtmeister im Gerichtssaal befinden. Hinten im Zuschauerraum sitzen meistens Zuhörerinnen und Zuhörer.

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache, das heißt: Alle Prozessbeteiligten – oder auch: Verfahrensbeteiligten – werden in den Gerichtssaal gebeten. Nachdem das Gericht festgestellt hat, ob alle geladenen Personen erschienen sind, werden die Zeuginnen und Zeugen gebeten, den Saal wieder zu verlassen und draußen zu warten, bis sie einzeln aufgerufen werden. Als erstes wird der oder die Angeklagte zu den eigenen persönlichen Verhältnissen wie Alter, Beruf, Familienstand, usw. befragt. Dann liest die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt die Anklageschrift vor. Der oder die Angeklagte erhält Gelegenheit, etwas dazu zu sagen. Er oder sie kann aber auch schweigen oder sogar lügen. Denn nach dem deutschen Recht ist niemand verpflichtet, an der Beweisführung gegen ihn mitzuwirken oder gar seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss Angeklagten die vorgeworfene Tat nachgewiesen werden, damit sie verurteilt werden können. Nachdem der oder die Angeklagte Gelegenheit hatte, auszusagen, werden die Zeuginnen und Zeugen nacheinander in den Saal gerufen und einzeln vernommen. Zeuginnen und Zeugen werden nur selten vereidigt. Wer jedoch vom Gericht vereidigt wird, muss die Hand heben und schwören, dass er oder sie die Wahrheit gesagt hat.

Die meisten Gerichtsverhandlungen finden öffentlich statt. Das heißt, es kann grundsätzlich jede interessierte Person in den Gerichtssaal gehen, sich auf die dafür vorgesehenen Plätze setzen und zuhören. Dadurch haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit zu sehen, wie ein Gericht arbeitet. Es ist aber nicht erlaubt, während der Verhandlung zu filmen oder etwas per Tonband aufzunehmen.

Wenn alle Zeuginnen und Zeugen vernommen worden sind und alle weiteren Beweise wie Sachverständigengutachten, Fotos oder andere Gegenstände, die bei der Tat eine Rolle gespielt haben, angesehen worden sind, beendet das Gericht die Beweisaufnahme. Es folgen die Schlussvorträge (Plädoyers) und die Anträge der Staatsanwältin und des Verteidigers.



Anschließend hat der oder die Angeklagte das „letzte Wort“. Jeder Angeklagte kann an dieser Stelle sagen, was er zu sagen hat, und darf nicht unterbrochen werden. Er oder sie darf aber auch niemanden beleidigen, kränken oder ausfallend werden.

Danach beraten die Richterinnen und Richter – gemeinsam mit den Schöffen, falls welche mitwirken – in einem anderen Raum über das Urteil. Die Beratung ist immer geheim. In ihr wird ohne die anderen Verfahrensbeteiligten alles besprochen und über Schuld oder Unschuld des oder der Angeklagten entschieden. Falls er oder sie schuldig ist, wird in der Beratung auch die Art und Höhe der Strafe festgelegt. Nachdem alle Fragen geklärt sind, werden die anderen Verfahrensbeteiligten zur Urteilsverkündung wieder in den Gerichtssaal

gerufen.

Das Gericht verkündet nun das Urteil. Das beginnt mit dem bekannten Satz: „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil.“ Dabei müssen alle Anwesenden im Gerichtssaal aufstehen. Das Urteil kann auf Freispruch lauten oder bei erwachsenen Angeklagten Verurteilung zu einer Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe (Gefängnisstrafe) bedeuten, die in bestimmten Fällen zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Richterinnen und Richter müssen von der Schuld eines oder einer Angeklagten überzeugt sein. Deshalb müssen sie ihn oder sie freisprechen, wenn sie Zweifel an seiner oder ihrer Schuld haben. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass ein Mensch, der tatsächlich unschuldig ist, dennoch verurteilt wird. Es gilt: „Im Zweifel für den Angeklagten“.

Wenn sie mit dem Urteil nicht einverstanden sind, können Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft innerhalb einer Woche dagegen vorgehen. Dagegen vorzugehen heißt: Rechtsmittel einlegen. Ein Rechtsmittel ist eine gesetzlich vorgeschriebene Form von Beschwerde, die zu einem anderen Ergebnis als dem vom Gericht gesprochenen Urteil führen soll.

Es gibt zwei Arten von Rechtsmitteln. Sie heißen: Berufung und Revision. Wird das Urteil nicht innerhalb einer Woche angefochten, dann bleibt das Urteil so wie am Ende der Hauptverhandlung vom Gericht verkündet. Es heißt dann: Das Urteil wird rechtskräftig.

 

Aufgabe 10. Beantworten Sie folgende Fragen:

1. Wann hat der Angeklagte das letzte Wort? 2. Wann kann der Verurteilte gegen das Urteil Berufung einlegen? 3. Wann verkündet der Vorsitzende das Urteil?

 

Aufgabe 11. Suchen Sie nach Synonymen für:

1) verletzen; 2) Staatsanwalt; 3) Rechtsanwalt; 4) Verantwortlichkeit; 5) beschuldigen; 6) Prozeß; 7) Rechtsprechung; 8) schützen; 9) Straftat.

vernehmen, Verfahren, Schuldige, Rechtsordnung, verstoßen, richten, Ankläger, Mandant, Verantwortung, Vollstreckung, Klage, anklagen, Anzeige, verdächtigen, Verteidiger, Verteidigung, Rechtspflege, verteidigen, Verbrechen, Freiheit, Pflicht, Recht.

 

Aufgabe 12. Suchen Sie nach Antonymen für:

1) Rechtsanwalt; 2) anklagen; 3) Gesetzlosigkeit; 4) Recht; 5) Befehl; 6) einhalten; 7) schuldlos.

Durchsuchung, Amt, Zuständigkeit, verteidigen, Verbot, Staatsangehörigkeit, wachen, verletzen, Beschlagnahme, schuldig, Schuld, Staatsanwalt, Richter, Briefgeheimnis, Pflicht, Beschwerde, Gesetzlichkeit, Freizügigkeit, unverletzlich, Angeklagte, Würde.

 

Aufgabe 13. Was bedeutet das Wort «der Schöffe»?

 

Auf dieser Zeichnung sieht man, wer sich bei einer Hauptverhandlung, wenn diese vor dem Landgericht stattfindet, im Gerichtsaal befindet und wo die Personen sitzen.

 

a Vorsitzender Richter bBesitzende Richterinnen cSchöffe/Schöffin dStaatsanwältin eProtokollführerfNebenklagevertreterin

gVerteidiger hAngeklagter iZeuge/Zeugin

jZuschauer/Zuschauerinnen

Aufgabe 14. Machen Sie sich mit der folgenden Zeichnung vertraut und entscheiden Sie, welche Verben und Redewendungen zu welchen Personen passen.

Anklage erheben, Fragen stellen, beeiden, sich verteidigen, gegen j-n/ für j-n aussagen/ Aussagen machen, Fragen beantworten, das Urteil verkünden, die Anklageschrift vorlesen, verteidigen, Rechtsmittel einlegen, über das Urteil beraten, die Verhandlung leiten, vernehmen.

Aufgabe 15. Lesen Sie und übersetzen Sie den folgenden Text.

Der Verteidiger sagte: «Man muß, wenn man ein gerechtes Urteil fällen will, die Kindheit und Jugendheit des Angeklagten kennen. Als dieser vier Jahre alt war, starb seine Mutter. Sein Vater war ein stadtbekannter Trinker. Der Angeklagte hat noch drei Jahre mit seinem Vater zusammengelebt. Eine Tante, die den Haushalt führte, mochte ihn nicht und schlug ihn oft. Als der Angeklagte sieben Jahre alt war, nahm man den ganz verwahrlosten Jungen aus dem Haushalt senes Vaters und steckte ihn in ein Waisenhaus, wo er bis zu seinem 15. Lebensjahr blieb. Nach seiner Entlassung kehrte der Junge zu seinem Vater zurück. Dieser veranlasste den Jungen immer wieder zu Diebstählen in Warenhäusern und Lebensmittelgeschäften. Mit 16 Jahren wurde der Jugendliche zum ersten Mal wegen Diebstahls vor Gericht gestellt und von diesem in eine Jugendstrafanstalt eingewiesen. So hat der Angeklagte nie ein normales, geregeltes Leben kennengelernt, er hat den Schutz und die Nestwärme nie erfahren, die eine Familie einem Heranwachsenden im Allgemeinen bietet. Das muß bei der Verurteilung des Angeklagten berücksichtigt werden».

 

Aufgabe 16. Was halten Sie von der Information aus dem oben angeführten Text? Soll das Gericht Ihrer Meinung nach die Rede des Verteidigers berücksichtigen? Äußern Sie sich dazu.

 

 

5. Fräulein Liebnitz

(der Auszug aus dem Roman «Wenn das Herz spricht» von Marie Louise Fischer)

Die Angeklagte saß auf der schmalen Holzbank, das Taschentuch vor die Augen gepreßt, und schluchzte.

Der Vorsitzende und die beiden Schöffen waren aus dem Beratungszimmer zurückgekehrt. Die Anwesenden erhoben sich von den Bänken. Nur die Angeklagte blieb sitzen, blind und taub für alles, was um sie herum geschah.

Rechtsanwältin Dr. Thea Oslar trat auf sie zu und berührte leicht ihre Schulter. «Sie müssen jetzt aufstehen, Fräulein Liebnitz», mahnte sie.

Die Angeklagte fuhr hoch und warf einen erschrockenen Blick durch den großen, hellen Verhandlungsraum. Drüben saß Staatsanwalt Dr. Hellmer, schlank, drahtig, ein kaum merkliches spöttisches Lächeln auf den Lippen. Er sah zu der jungen Verteidigerin herüber. Acht Monate Gefängnis hatte er beantragt. Wegen Unterschlagung, Paragraph 246 StGB.

Amtsgerichtsrat Dr. Meyerbaum hatte sein Barett schon aufgesetzt. Er wartete geduldig, bis sich das Mädchen ein wenig beruhigt hatte. Dann sagte er: «Die Angeklagte wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens werden der Staatskasse auferlegt. Und nun zur Urteilsbegründung…».

Der Richter setzte sich, und alle folgten seinem Beispiel. Während er mit monotoner Stimme die Begründung des Urteils aus seinen Notizen ablas, beugte sich die Angeklagte aufgeregt zu Thea Oslar hinüber. Ihre Tränen waren plötzlich versiegt. «Ist es wirklich wahr?» flüsterte sie. «Bin ich tatsächlich…»

Thea Oslar nickte ihr zu und legte warnend den Finger auf die Lippen. Ihre kühlen grauen Augen leuchteten. Dies war einer der wenigen Momente in ihrer beruflichen Laufbahn, in denen sie glücklich war.

Unwillkürlich suchte ihr Blick den Staatsanwalt. Sie kannte Konrad Hellmer gut, sie hatten zusammen studiert. Er saß unbewegt da, die Arme übereinandergeschlagen, die Hände in die weiten Ärmel seiner Robe gesteckt. Mit hochgezogenen Augenbrauen hörte er dem Richter zu.

«… und deshalb mußte das Gericht den Hinweisen der Frau Verteidigerin folgen. Die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, daß, allen Indizien zum Trotz, auch ein anderer als die Angeklagte die Unterschlagungen begangen hat. Wir konnten deshalb nicht umhin, den alten juristischen Wahlspruch in dubio pro reo gelten zu lassen: im Zweifel für den Angeklagten».

Der Amtsgerichtsrat räusperte sich und trank einen Schluck Wasser. Dann sagte er: «Die schriftliche Urteilsbegründung folgt in Kürze. Ich denke, Fräulein Liebnitz, Sie nehmen das Urteil an?».

Das Mädchen sprang auf, suchte nach Worten. «Natürlich!» stieß sie endlich hervor. Im Zuschauerraum wurde leise gelacht.

«Und Sie, Herr Staatsanwalt?» wandte sich der Richter an Dr. Hellmer. Mit kalter Stimme, ohne eine Miene zu verziehen, antwortete Hellmer: «Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf weitere Rechtsmittel».

«Die Verhandlung ist geschlossen». Amtgerichtsrat Dr. Meyerbaum klappte die Akten zu.

Aufgabe 17. Erzählen Sie den oben angeführten Text kurz nach.

Aufgabe 18. Übersetzen Sie folgende Sätze und Wendungen:

1. Die Hauptverhandlung fand vor dem Schwurgericht statt. 2. Der Richter belehrte die Zeugen über die Folgen einer Eidesverletzung. 3. Als erster Zeuge wurde der Gerichtsarzt hereingerufen. 4. Ich werde als Zeugin vernommen. 5. Die Untersuchungshaft wird ab sofort aufgehoben. 6. Ihm wurde 2 Morde zu Last gelegt. 7. blutige Vergeltung; 8. jmds. Interessen wahrnehmen; 9. sich verdächtig machen; 10. eine Rowdyhandlung begehen.

6. Lügendetektoren

 

Aufgabe 19. Ergänzen Sie die fehlenden Wörter aus dem Kasten.

die Angelegenheit die Aussage Daten den Fall vor Gericht Psychologen der Richter der Umgangsrecht den Vorwürfen die Wahrheit

Seit zwei bis drei Jahren wollen Richter und __________ immer häufiger durch Lügendetektoren der Wahrheit auf den Grund kommen. Dabei geht es beispielsweise um __________ eines achtjährigen Jungen geschiedener Eltern, der vor der Mutter behauptete, sein Vater würde ihn misshandeln. Die Mutter verbot daraufhin dem Vater, seinen Sohn zu sehen, und wollte ihm __________ entziehen. Die Sache ging __________. Der Vater stritt alle Vorwürfe ab. __________ war sehr unklar und auch __________ war ratlos, da ihm der Vater im Grunde glaubwürdig schien. Da kam ihm die Idee, __________ des Vaters, falls dieser einverstanden war, mit einem Lügendetektor überprüfen zu lassen. Der Vater akzeptierte.

Auf gezielte Fragen zu __________ antwortete er, während ein Ring um den Brustkorb, ein Blutdruckmessgerät und Elektroden an den Fingern __________ sammelten über den Puls, Blutdruck, Hautfeuchtigkeit und Atemfrequenz.

Es stellte sich heraus, dass der Vater __________ sagte.

 

Aufgabe 20. Lesen Sie dazu folgenden Auszug aus einem Zeitungsbericht und äußern Sie dann Ihre Meinung:können die Lügendetektoren von der Polizei eingesetzt werden?

Wenn deutsche Juristen auf den Lügendetektor angesprochen werden, runzeln sie die Stirn und blicken skeptisch drein. Mit der automatisierten Wahrheitssuche wollen die meisten von ihnen nichts zu tun haben. Amerikanische Kollegen, die den Polygrafen ganz selbstverständlich als eines von vielen Instrumenten der Verteidigung einsetzen, dienen ihnen nicht als Vorbild. Das Gerät ist hierzulande zur Rechtsfindung verboten. Warum also darüber nachdenken? Der Münchner TV-Kriminalreporter Dagobert Lindlau ermunterte vor einigen Tagen in einer Magazinsendung zum Umdenken. «Der Lügendetektor soll nicht als Schuldbeweis eingeführt werden. Er soll einen fälschlich Verdächtigten schon in der Phase der polizeilichen Ermittlungen vom Verdacht befreien. Gerade der unterprivilegierte Verdächtigte, der sich nicht herausredenund keinen teuren Anwalt bezahlen kann, hat es schwer, aus der Mühle der Justiz herauszukommen. Außerdem spart die Polizei dann Arbeit Zeit und kann sich auf die Verfolgung der tatsächlichen Täter konzentrieren.»

Aufgabe 21.Wählen Sie die richtige Variante. Benutzen Sie dabei das Wörterbuch.

1. eine weiße Weste haben

- saubere Kleidung tragen

- unschuldig sein

- bewaffnet sein

2. eine heiße Spur verfolgen

- konkrete Hinweise untersuchen

- einer Ölspur nachgehen

- mit dem Auto schnell fahren

 

Den Braten riechen

- einen Verdacht haben

- eine Mahlzeit kochen

- die Verfolgung aufnehmen

 


Date: 2015-12-24; view: 1543


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María Rosaria | Exercise 3. Give the plural oi the following nouns.
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