Home Random Page


CATEGORIES:

BiologyChemistryConstructionCultureEcologyEconomyElectronicsFinanceGeographyHistoryInformaticsLawMathematicsMechanicsMedicineOtherPedagogyPhilosophyPhysicsPolicyPsychologySociologySportTourism






Schriftbeispiele für die Fraktur

Die Frakturschrift wurde in Deutschland in ausgewählten Publikationsbereichen Ende des 19. Jahrhunderts von der Antiqua abgelöst. So änderten im Zuge der Internationalisierung wissenschaftlich-technische Zeitschriften ihre Typographie, zum Beispiel bereits 1872 die Zeit-schrift des Vereines Deutscher Ingenieure. In anderen Bereichen war Frakturschrift bis nach dem ersten Weltkrieg üblich, danach begann sich im Zuge der Neuen Typographie allmählich die Antiqua durchzusetzen. Zur Zeit des Nationalsozialismus erlebte die Fraktur insbesondere als Auszeichnungs-, aber auch als Textschrift zunächst eine Renaissance, da sie als deutsche Schrift betrachtet wurde. Man berief sich u.a. auf Cäsar Flaischlen, der Vom Herrenrecht unserer deutschen Schrift gedichtet hatte. Ein Erlass des NSDAP-Regimes von Januar 1941, in welchem Martin Bormann in Hitlers Auftrag die der Fraktur ähnliche Schwabacher als „Judenschrift” be-zeichnete, erklärte dann jedoch die Antiqua zur „Normalschrift“; Schwabacher und Fraktur galten fortan als unerwünscht, so dass NSDAP-treue Zeitungen und Verlage, insbesondere solche mit Auslandsgeltung, zum durchgehenden Gebrauch der lateinischen Schrift, insbeson-dere der Antiqua, übergingen. Der Duden erschien 1941 letztmalig in Fraktur.

Auch nach 1945 wurden noch Bücher in Fraktur gedruckt. Der Autor Hermann Hesse bestand noch lange nach dem Krieg darauf, dass seine Werke in Fraktur gedruckt würden. Auch viele Klassiker fanden in den 1950er Jahren als Frakturausgaben noch sehr guten Absatz, so eine Theodor-Storm-Gesamtausgabe von 1953. Die evangelischen Kirchen hielten noch längere Zeit an der „deutschen Schrift” fest. So erschienen viele deutschsprachige Bibel-Übersetzungen bis in die 1960er Jahre in Fraktur. Die katholische Kirche hatte für lateinische Texte traditionell die lateinische Schrift verwendet und vollzog daher die Umstellung auch für deutschsprachige Texte früher. Bis in die 1980er Jahre wurden in Deutschland einzelne Gesetzestexte, z.B. das Wechsel-gesetz im „Schönfelder“, in Fraktur gedruckt.

Außerdem wurden Frakturbuchstaben noch in der Mathematik zur Bezeichnung von Vektoren, Matrizen und Tensoren benutzt sowie als Zeichen für den Real- und Imaginärteil einer komplexen Zahl. Vereinzelt wurden auch die hyperbolischen trigonometrischen Funktionen sowie in der Physik vektorielle und tensorielle Größen teilweise durch Fraktur gekennzeichnet. Insbesondere Ideale werden auch heute noch in modernen Lehrbüchern zur Unterscheidung von anderen Variablen mit Frakturbuchstaben bezeichnet.

Die Neue Zürcher Zeitung wurde seit ihrer Gründung 1780 bis zum Jahr 1946 komplett in Fraktur gesetzt. Seit der Umstellung 1946 verwendet sie, wie auch einige andere deutsch-sprachige Zeitungen (u. a. Frankfurter Allgemeine bis zur Layoutumstellung im Oktober 2007, die südtiroler Tageszeitung Dolomiten), Fraktur als Auszeichnungsschrift.



In der Gegenwart werden Frakturschrift oder andere gebrochene Schriften in der Werb-ung, zur Beschriftung verschiedener Artikel und für Straßenschilder verwendet. Auf Warenver-packungen, insbesondere bei Lebensmitteln, signalisiert die Frakturschrift ein Produkt von alt-hergebrachter Art und Qualität. Bei Gaststätten signalisiert die Hausinschrift in Fraktur einen mit Liebe geführten Traditionsbetrieb, zumindest aber Gemütlichkeit. Schließlich ist die Fraktur-schrift, meistens die im angelsächsischen Raum verbreitetere gotische Schrift, in Musik- und Jugendkulturen wie Metal, Punk oder Gothic beliebt. Gotische Schriften sind einerseits derzeit in der Mode verbreitet, andererseits werden sie trotz der schließlichen nationalsozialistischen Frak-turablehnung auch von Neonazis verwendet.

Allerdings werden die Schreibregeln bezüglich des langen s bei Massenprodukten und Kneipenschildern aus Kunststoff inzwischen seltener oder überhaupt nicht mehr angewandt. Gleiches gilt für die Ligaturen ch, ck, tz und st. Selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die bis zum 4. Oktober 2007 Meinungsartikelüberschriften in Fraktur gesetzt hat, hatte dort schon zweieinhalb Jahre früher das lange s aufgegeben.

Kurrentschrift

Die deutsche Kurrentschrift (lat. currere „laufen“) ist eine Laufschrift; sie war etwa seit Beginn der Neuzeit bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die allgemeine Verkehrs-schrift im gesamten deutschen Sprachraum. Typografisch gehört sie zu den gebrochenen Schriften. Umgangssprach-lich werden fälschlicherweise oft alle deutschen Schreib-schriften als Sütterlinschrift bezeichnet.

Die deutsche Kurrentschrift unterscheidet sich durch spitze Winkel („Spitzschrift“) von der runden, „lateinischen“ Schrift. Mit geringen Abwandlungen wurde sie auch in Skandinavien – in Dänemark und Norwegen als Gotisk skrift bezeichnet – bis 1875 verwendet.

Die deutsche Kurrentschrift war lange Zeit die übliche Verkehrsschrift im gesamten deutschen Sprachraum. In Österreich etablierte sich Kur-rent auch als Amts- und Protokollschrift. Bis 1952 gab es noch die „Schulschrift Kurrent, schöne Schreibschrift, mit Feder“ parallel zu erlernen. Die entscheidende Veränderung im Kurrent wurde in Preußen durch den Grafiker Ludwig Sütterlin eingeleitet. Er entwickelte 1911 eine sehr ähnliche, aber eigenständige Schriftart. Diese Neuerung zog in Deutschlands Schulen ein, doch in Österreich konnte Kurrent lange Zeit überleben. Die deutsche Schreibschrift von Sütterlin wurde in Deutschland sehr forciert (weil sie technisch viel einfacher zu schreiben ist als die vorher übliche Variante der deutschen Kurrentschrift) und bald kam der Begriff Kurrent außer Gebrauch. 1941 kam es durch den Normalschrift-Erlass dazu, dass im großdeutschen Reich beide deutschen Schriften zugunsten einer einheitlichen lateinischen Schrift, der „deutschen Nor-malschrift“, abgeschafft wurden.

Durch Martin Bormanns Erlass vom 3. Januar 1941 wurden zunächst nur die gebroch-enen Druckschriften verboten. Mit einem zweiten Rundschreiben vom 1. September 1941 wurde auch die Verwendung der deutschen Schreibschriften untersagt. Damit war auch die bis dahin übliche deutsche Kurrentschrift sowie die erst in den 1920er Jahren eingeführte deutsche Sütter-linschrift verboten. Seit Beginn des Schuljahres 1941/42 durfte an den deutschen Schulen nur noch die so genannte „deutsche Normalschrift“ verwendet und gelehrt werden (die ebenfalls auf einen Entwurf von Ludwig Sütterlin zurückgeht), während bis dahin die „lateinische Schrift“ zusätzlich zur Sütterlinschrift unterrichtet worden war.

In der Schweiz wurde die deutsche Kurrentschrift während des 19. Jahrhunderts als Ver-kehrs-, Amts- und Protokollschrift gebraucht. Die Kurrent-Kleinbuchstaben wurden noch bis ins späte 20. Jahrhundert gerne in der Mathematik zur Bezeichnung von Vektoren verwendet.


Date: 2015-12-24; view: 1274


<== previous page | next page ==>
Herkunft der Umlautbuchstaben und des Eszett | Offenbacher Schrift
doclecture.net - lectures - 2014-2024 year. Copyright infringement or personal data (0.006 sec.)