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Begriff und Ursachen des Bedeutungswandels.

Vorlesung 7.

Wortschatzerweiterung durch Bedeutungswandel (semantische Derivation)

1. Wege der Wortschatzerweiterung

2. Begriff und Ursachen des Bedeutungswandels.

3. Arten des Bedeutungswandels.

a) Bedeutungserweiterung und Bedeutungsverengung

b) Wertsteigerung und Wertminderung der Bedeutung

c) Bedeutungsübertragung (Metapher, Metonymie)

d) Übertreibung und Abschwächung der Bedeutung (Hyperbel, Litotes)

e) Euphemismen

Wege der Wortschatzerweiterung

Der Wortschatz ist ein dynamisches System und befindet sich in ständiger Entwicklung. Einige Wörter verschwinden, neue Wörter entstehen, bereits existierende Wörter bekommen neue Bedeutungen. Man unterscheidet 3 wichtigste Wege der Wortschatzerweiterung:

1) Bedeutungswandel

2) Wortbildung

3) Entlehnung

Begriff und Ursachen des Bedeutungswandels.

Bedeutungswandel / semantische Derivation – Bedeutungsveränderung der Wörter im Laufe der Zeit, bedingt durch Wesen und Charakter der Sprache als soziales Phänomen.

Zu den wichtigsten Ursachen des Bedeutungswandels gehören:

1) gesellschaftliche Entwicklung (neue Begriffe und Erscheinungen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, sozialem System lassen ständig neue Nominationen entstehen)

2) Sachwandel, wissenschaftlich-technischer Fortschritt (neue Erfindungen im Wissenschaft und Technik – neue Bezeichnungen)

3) Wechselbeziehungen z/n dem Allgemeinwortschatz und den Sonderwortschätzen

4) kommunikativ-pragmatische Tätigkeit (die psychischen Ursachen: Tendenz zur Sprachökonomie, Höflichkeit, Ironie, Bildhaftigkeit usw.)

§3. Arten des Bedeutungswandels.

a) Bedeutungserweiterung und Bedeutungsverengung

Bedeutungserweiterung / Generalisierung der Bedeutung / semantische Expansion – Prozess, demzufolge sich die alte, engere Bedeutung auf neue Gegenstände, Prozesse usw. dehnt. Die Bedeutung entwickelt sich vom Konkreten zum Allgemeinen:

machen: kneten (russ. ìåñèòü, ìàçàòü) ® in Ordnung bringen, zurechtmachen ® das Wort mit erweiterter semantischer Grundlage

fliegen: Fortbewegung durch Flügel (über Vögel) ® schnelle Bewegung (über Flugzeug, Rakete, kosmische Körper)

Öl: Olivenöl ® verschiedene Arten von fettiger Flüssigkeit

Bedeutungsverengung / Spezialisierung der Bedeutung / semantische Reduktion – Prozess, demzufolge sich der ursprünglich weite Bedeutungsumfang verengt. Die Bedeutung entwickelt sich vom Allgemeinen zum Konkreten:

Fahren: jede Art der Bewegung ® Fortbewegung mit einem Verkehrsmittel

Hochzeit: ein kirchliches oder weltliches Fest ® mit der Eheschließung verbundenes Fest

Ehe: Recht, Gesetz ® gesetzlich [u. kirchlich] anerkannte Lebensgemeinschaft von Mann u. Frau

b) Wertsteigerung und Wertminderung der Bedeutung

Wertsteigerung– der Prozess, demzufolge das Wort eine neue, bessere Bedeutung bekommt:



Arbeit: schwere körperliche Anstrengung, Mühsal, Not ® zweckmäßige Beschäftigung

 

Marschall: Pferdeknecht ® hoher militärischer Dienstgrad

Minister: Diener, Gehilfe ® Mitglied der Regierung eines Staates

Wertminderung - der Prozess, demzufolge das Wort eine neue, in seinem Wert verminderte Bedeutung bekommt:

gemein: allgemein, gemeinsam ® in empörender Weise moralisch schlecht; niederträchtig;

 

schlecht: eben, glatt ® mangelhaft, minderwertig, schlimm

 

Gift: jede beliebige Gabe ® schädlicher chemischer Stoff

Dirne: Mädchen ® Prostituierte

Die Wertminderung hat eine größere Verbreitung als die Wertsteigerung.

c) Bedeutungsübertragung (Metapher, Metonymie)

Bei der Bedeutungsübertragung werden neue Gegenstände und Sachverhalte mit bereits vorhandenen Formativen auf Grund einer Ähnlichkeit oder Assoziation benannt. Metaphorische Übertragung beruht sich auf Grund der Ähnlichkeit, metonymische – auf Grund der logischen Beziehungen.

Metapher – Übertragung der Namensbezeichnung auf Grund einer äußeren und inneren Ähnlichkeit.

Schlange – lange Reihe hintereinander stehender , wartender Menschen / Autos

Man unterscheidet poetische / stilistische und lexikalische / sprachliche Metaphern. Stilistische M-n sind sehr bildhaft und ausdrucksvoll und werden in Stilistik erforscht. Lexikalische M-n schaffen neue Bedeutungen der Wörter und ermöglichen Bezeichnung neuer Gegenstände durch schon existierende Wörter.

Je nach dem Typ der Ähnlichkeit unterscheidet man mehrere Abarten der M-n:

1) Ähnlichkeit der Form: Tischbein, Zahn eines Rades, Augapfel;

2) Ä der Farbe: Scharlach: grellroter Wollstoff ® Kinderkrankheit; Karfunkel: kleine glühende Kohle ® Edelstein; Furunkel

3) Ä der Funktion: Wagen

4) Ä der Charakterzüge oder des Äußeren: (Namen der bekannten Personen aus Geschichte, Literatur, Mythologie): Apollo – ein schöner Mann; Venus – eine schöne Frau; Krösus – ein reicher Mann, Othello – ein eifersüchtiger Mann)

5) Tiermetaphern: Schimpfwörter: Esel, Schwein, Kamel…

6) Übertagung vom Konkreten zum Abstrakten: Stamm eines Baums ® Stamm eines Wortes; Zweig eines Baums ® Zweig einer Wissenschaft

Man unterscheidet einige besondere Arten der M.:

Personifizierung – Ausstattung unbelebter Erscheinungen mit Eigenschaften, Gefühlen, Handlungsweisen der Lebewesen (Übertragung „belebt“ –„unbelebt“): die Uhr geht, der Tag erwacht.

Synästhesie - Übertragung aus einem Sinnbereich auf einen anderen (akustisch « optisch usw.): schreiende Farben, helle Stimme, harte Worte, saftige Witze

Allegorie / Symbol – symbolisch-verhüllende oder lehrhafte Bildung: Winter – der alte Mann; Frühling – ein lieblicher Jüngling; Taube – Frieden.

Metonymie– Übertagungder Namensbezeichnung auf Grund mannigfaltiger logischer (räumlicher, zeitlicher, stofflicher, kausaler usw.) Beziehungen: die ganze Stadt =die Einwohner der Stadt.

Man unterscheidet poetische / stilistische und lexikalische / sprachliche Metonymie.

Eine der verbreitesten Abarten der M. ist die Synekdoche –Namensübertragung auf Grund der Beziehung z /n dem Ganzen und dessen Teil: Mein Fuß (=ich) wird nie deine Schwelle betreten! Er ist ein kluger Kopf (=Mensch). Man unterscheidet 2 Abarten der Synekdoche:

a) die Übertragung vom Teil auf das Ganze (pars pro toto): Dummkopf, Schreihals

b) die Übertragung vom Ganzen auf den Teil (totum pro parte): die gestrige Gesellschaft (=einige Leute) war sehr interessant. Diese Abart der S. ist weniger verbreitet.

Je nach dem Typ der logischen Beziehungen unterscheidet man mehrere Abarten der Metonymie:

1) Namensübertragung vom Raum auf die Person: Auditorium (Raum und Zuhörer)

2) N /ü vom Behälter auf den Inhalt: Glas, Tasse, Flasche statt Tee, Bier usw. (er trinkt schon die zweite Flasche)

3) N / ü vom Kleidungsstück auf den Körperteil und umgekehrt: Sohle ïîäîøâà íîãè è îáóâè (ursprünglich: der untere Teil des Schuhes); Kragen (ursprünglich: Hals).

4) N / ü vom Ort auf das Produkt: Mosel (Wein und Fluss); Boston (Kartenspiel, Walzer, Stadt); Mokka (Stadt und Kaffeesorte)

5) N / ü vom Namen des Schöpfers auf sein Werk: Röntgen (Physiker, Entdecker der Röntgenstrahlen und Einheit der Bestrahlungsdosis); Diesel (Ingenieur, Erfinder des Dieselmotors und der Motor); Ampere(Physiker und Einheit der Stromstärke); Ich lese Kafka (=seine Werke) gern. Ich mag Dürrer.

6) N / ü vom Stoff auf den Gegenstand: Glas, Aquarell, Brille (wurde früher aus Beryll hergestellt)

7) N / ü von der Handlung auf das Resultat: Übersetzung, Sammlung

8) N / ü von der Eigenschaft auf ihren Träger: Er ist aber ein großes Talent! Sie ist eine außergewöhnliche musikalische Begabung. Sie war schon als Kind eine kleine Schönheit.

d) Übertreibung und Abschwächung der Bedeutung (Hyperbel, Litotes)

Hyperbel – übertriebene Darstellung der Gegenstände, Eigenschaften und Vorgänge: die Augen ausweinen, vor Langeweile sterben, tausend Grüße und Küsse, tausend Dank, ein Meer von Tränen, es regnet in Strömen. Infolge des häufigen Gebrauchs erblassen manche Hyperbeln und verlieren ihren übertriebenen Charakter: federleicht, endlos.

Litotes – übertriebene Abschwächung einer Aussage: seine sieben Sachen zusammennehmen; ein paar Worte, eine Handvoll Menschen, es ist nur ein Katzensprung (ganz nah), einen Augenblick bitte!

Hyperbeln und Litotes färben die Sprache emotional und bereichern den Wortschatz.

e) Euphemismen

Euphemismus – eine verhüllende, verschönernde, mildernde Umschreibung für ein unangenehmes Wort (und entsprechende Begriffe): sterben – entschlafen, ableben, heimgehen (etwa 400 schonende Umschreibungen)

Je nach der Herkunft und der kommunikativ-pragmatischen Intention lassen sich die E-n in vier Gruppen einteilen:

1) Religiöse E-m entstanden aus Aberglauben und Furch vor natürlichen und unnatürlichen Wesen in alter Zeit (ehemalige Tabuwörter)

Teufel: der Böse, der Schwarze, der Versucher, Widersacher, Kuckuck, Geier, Daus, Henker, Popanz

2) Sozial-moralische E-n werden durch ethische Normen der Gesellschaft bedingt. Sie beziehen sich auf negative soziale Erscheinungen (Trinken, Diebstahl, Prostitution usw.)

ins Gefängnis kommen: zu Vater Philipp kommen, auf Wasser und Brot gesetzt werden;

im Gefängnis sitzen: hinter schwedischen Gardinen sitzen; staatliche Entfettungskur durchmachen;

stehlen: lange Finger haben, englisch einkaufen, Mein und Dein verwechseln

Prostituierte: ein Mädchen von der Straße, leichtes Mädchen, Asphaltblume, Dame der Halbwelt

3) Gesellschaftlich-ästhetische E-n entstehen als Reaktion auf das Unangenehme. Man gebraucht keine direkten Bezeichnungen für physiologische Prozesse und Gegenstände. Aus Rücksichtnahme und Ästhetik gebraucht man andere Wörter: schwitzen – transpirieren; stinken – riechen. Aus sozial bedingten Gründen werden neue Bezeichnungen für Nationalität, Beruf, Gesundheitszustand usw. gebraucht: Neger – Afrikaner; Juden – Semiten, Zigeuner – Sinti, Roma; Straßenreiniger – Betriebshelfer, Frisör – Haarstylist, Dienstmädchen – Hausangestellte; Krüppeln – Behinderte.

 

4) Politische E-n: dienen zur Verschleierung der tatsächlichen Sachverhalte: Preiserhöhung – Preisanpassung; Angriff – Aktion; Atommüll - Sondermüll; töten – neutralisieren; entlassen – freisetzen.


Date: 2015-12-17; view: 6401


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