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Landeskundliche Anmerkungen

L

 

München, Donnerstag, 1. Dezember

 

"Wunderbar, wunderbar, Frau Hintersbefger, sehr gut, die Einladungskarte gefällt mir. Sehr elegant, vornehm, dis­kret. Doch, doch, ich bin zufrieden. Wie laufen sonst so die Vorbereitungen?"

Der Kunstmäzen und Börsenspezialist Florian Quarz ist sehr zufrieden. Er sitzt in einem bequemen Ledersessel in seinem Büro und unterhält sich mit Maria Hintersberger. Diese Dame wurde ihm von einem Bekannten aus dem bayerischen Adel empfohlen als hervorragende Organisa­torin von Veranstaltungen, Festen und Kunstausstellungen. Sie soll die nächste Vernissage vorbereiten. Diesmal muß alles besonders gut laufen. Die Preise für Kunstobjekte sind sehr gestiegen. Deshalb muß dieses Mal auch ein bißchen Show mit dabei sein. Frau Hintersberger hat ihm ein wun­derbares Programm zusammengestellt. Bekannte Künstler werden für die Unterhaltung sorgen. Außerdem hat es Maria Hintersberger geschafft, eine königliche Schirmher­rin zu organisieren, die persönlich die Vernissage eröffnen wird.

"Alle Vorbereitungen laufen planmäßig, Herr Quarz. Aller­dings muß ich Sie bitten, mir noch einen weiteren Vorschuß von 200.000 DM zu geben. Die ersten 200.000 DM sind praktisch verbraucht. Die Künstleragenturen wollen Ga­rantiehonorare im voraus, das Hotel Bayerische Jahreszei­ten will ebenfalls für die Zimmerreservierungen und die Saalmiete eine Vorauszahlung. Außerdem muß ich eine ganze Reihe Flugtickets für unsere Ehrengäste kaufen."

"In Ordnung, Frau Hintersberger. Wie steht's denn mit der Liste der Ehrengäste? Haben wir schon Zusagen von den wichtigsten Leuten?"

"Ja, Herr Quarz, alles läuft gut. Der Oberbürgermeister hat zugesagt, die Vorsitzenden der großen Parteien kommen, wir haben eine Reihe von Vertretern der Wirtschaft, natür­lich auch Schauspieler, Musiker, Galeristen und so weiter. Insgesamt über 200 Gäste."

"Und die Prinzessin Stephanie von Luxemburg kommt auch wirklich?"1

"Natürlich, Herr Quarz. Allerdings will sie 100.000 DM Honorar. Aber das ist eine gute Investition. Die Presse ist ebenfalls schon informiert. Alle Münchner Zeitungen warten auf Stephanie. Dazu machen wir noch ein Exklusiv­interview mit einer Illustrierten. Der 'Regenbogen' will uns 80.000 DM dafür bezahlen."

"Wunderbar, wunderbar. Ich hoffe nur, daß sich diese Inve­stition auch lohnt. Bitte informieren Sie mich weiter täg­lich. Ach, hier ist der Scheck über 200.000 DM. Bitte seien Sie so freundlich und unterschreiben bei meiner Sekretärin die Empfangsbescheinigung."

"Selbstverständlich, Herr Quarz. Sonst noch etwas?"

"Nein, vielen Dank, das ist alles. Bis morgen also. Auf Wiedersehen, Frau Hintersberger."

"Auf Wiedersehen, Herr Quarz."



Auch Maria Hintersberger ist zufrieden. Der Plan funktio­niert hervorragend. Es war nicht einfach, ein gutes Empfeh­lungsschreiben zu fälschen und an diesen Quarz zu schik-ken. Schließlich mußte sie Referenzen angeben, Namen und Adressen von früheren Auftraggebern. Aber alles hat gut funktioniert. Florian Quarz hat Vertrauen zu ihr und hat ihr schon 400.000 DM gegeben. Etwas von diesem Geld muß sie natürlich auch ausgeben. Aber nur sehr wenig. Den Rest wird sie selbst behalten. Und das Honorar für die Stephanie von Luxemburg dazu. Und das Geld für das Exklusivinterview ebenfalls. Denn diese Stephanie wird gar nicht kommen. Und das Interview wird es auch nicht geben.

Jetzt muß Maria noch zwei Tage weiter so tun, als sei sie wirklich eine Organisatorin von Vernissagen, damit der Quarz keinen Verdacht schöpft. Dann muß sie noch die Clothilde Krumm treffen und den Transport von den Schmuckstücken organisieren. Aber diese Schmuckstücke werden nicht ins 'Hotel Bayerische Jahreszeiten' gebracht, sondern per Expreß nach Singapur geschickt. Maria freut sich schon auf die Gesichter der Ehrengäste, wenn die Vernissage eröffnet wird und kein Schmuck da ist, keine Stephanie von Luxemburg und natürlich keine Maria. Schade, daß sie nicht dabei sein kann. Der Flug nach Singapur ist bereits reserviert, das Flugticket gekauft, ein falscher Paß organisiert.

 

 

Berlin, 1. Dezember

 

Der Privatdetektiv Helmut Müller sitzt mit seiner Sekretä­rin vor dem automatischen Anrufbeantworter in seinem Büro. Seit einer halben Stunde versuchen beide, einen Text auf das Band zu sprechen.

"Nein, Chef, das ist zu lang, was Sie da sagen wollen. So eine Ansage muß kurz und informativ sein. Zum Beispiel können wir sagen: 'Hier ist die Nummer 235 45 45 in Berlin.Wir sind nicht da. Sprechen Sie jetzt.' Wie finden Sie das?"

Das klingt aber sehr unhöflich. Wir sollten beginnen mit einem Satz wie 'Hier ist die Detektei Müller. Wir bedauern sehr, daß unser Büro zur Zeit nicht besetzt ist, da wir beruflich unterwegs sind!' Na?"

"Aber Chef, daß das Büro nicht besetzt ist, merkt doch der Anrufer, wenn er den Anrufbeantworter hört. Das braucht man doch nicht extra zu sagen. Und warum wir nicht da sind, geht doch niemanden etwas an."

"Aber irgend etwas müssen wir doch sagen, Bea!"

Schließlich einigen sich die beiden auf folgenden Text, den Bea dann auf den Anrufbeantworter spricht:

"Detektei Müller. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Wir rufen zurück."

Müller ist nicht zufrieden. Aber er will nicht mit Bea Braun streiten. In solchen Dingen weiß sie besser Bescheid als er. Und wichtiger als dieser dumme Apparat ist die Reise nach München. Er hat den Auftrag bekommen, eine Vernissage von wertvollen künstlerischen Schmuckstücken und Edel-stein-Collagen zu überwachen. Bea Braun und er müssen die Einladungen überprüfen, die Gäste unauffällig kontrol­lieren und natürlich aufpassen,, daß keine Ausstellungsob­jekte verschwinden. Bea ist ganz aufgeregt, weil bei dieser Vernissage bekannte Künstler und berühmte Leute aus Wirtschaft und Politik anwesend sein werden und außer­dem auch Stephanie von Luxemburg, Ihre Majestät Prin­zessin Stephanie von Luxemburg!

Den Auftrag hat die Detektei Müller von einem Münchner Kollegen vermittelt bekommen. Es ist ein Auftrag für einen Tag und eine Nacht und sehr gut bezahlt. Morgen fliegen beide nach München. Übermorgen früh haben sie den ersten Termin im 'Hotel Bayerische Jahreszeiten'. Dort werden sie mit dem Direktor und dem Hoteldetektiv spre­chen und den Sicherheitsplan erstellen. Morgen früh muß Müller zu einem Kostümverleih, um sich einen Smoking auszuleihen. Bea Braun wird sich ein kleines schwarzes Kostüm kaufen, um sich so unauffällig unter die Gäste .zu mischen.

"Also, Bea, wir treffen uns morgen um 12 Uhr 20 am Flug­hafen, direkt am Lufthansa-Schalter für den Flug nach München.O.K.?"

"O.K., Chef, bis morgen."

 

 

München, Freitag, 2. Dezember, 10 Uhr

 

Das Atelier der Künstlerin Clothilde Krumm liegt in einer Seitenstraße der Leopoldstraße im Münchner Stadtteil Schwabing2. Maria Hintersberger nimmt den Fahrstuhl und steigt im Dachgeschoß aus. Sie klingelt, und Clothilde Krumm öffnet die Tür.

"Hallo, Frau Krümm. Mein Name ist Hintersberger. Ich or­ganisiere die Vemissage morgen abend im Hotel Bayeri­sche Jahreszeiten. Ich habe Sie gestern angerufen, erinnern Sie sich?"

"Oh, ja, natürlich, Maria heißen Sie, nicht wahr? Ich bin Clothilde, sagen Sie doch Clothi zu mir. Meine Freunde nennen mich alle Clothi. Kommen Sie rein."

Das Atelier ist sehr groß. Im Dach sind riesige Fenster, die viel Licht in 'das Atelier lassen. Überall stehen kleine Skulpturen, halbfertige Schmuckstücke, Metall- und Edel­steincollagen.

"Wunderschön haben Sie es hier, Clothi. Ein herrliches Atelier. Ich bewundere Ihre Arbeiten. Wirklich herrlich, Ihre Sachen."

Während sich Maria Hintersberger mit der Künstlerin un­terhält, schaut sie sich gründlich im Atelier um. Die Aus­stellungsobjekte sind zum Teil schon verpackt, einige ste­hen noch in Regalen oder liegen auf einem kleinen Marmor­tisch. Schließlich sagt Maria:

"Also, Clothi, morgen früh komme ich persönlich mit einem Transporteur, um die Objekte abzuholen. Wir pak-ken das Ganze in Spezialkisten und bringen alles ins Hotel Bayerische Jahreszeiten. Ich kümmere mich persönlich um die Organisation und den Aufbau der Ausstellung. Und jetzt kommt das Beste: Bis zur Ausstellungseröffnung am Abend werden wir alle Objekte mit weißen Tüchern zu­decken, damit niemand die Kunstwerke vor der Eröffnung der Vernissage sieht. Stephanie von Luxemburg wird dann eine kleine Rede halten, dann spricht Florian Quarz einige Worte, und schließlich werden die Objekte enthüllt. Na, wie finden Sie die Idee?"

"Ach, einfach großartig. Wirklich sehr originell. Ich freue mich riesig auf morgen. Bis dann, meine Liebe, tschüs, bis morgen früh."

 

 

Samstag, 3. Dezember

 

Als Helmut Müller und Bea Braun im Hotel Bayerische Jahreszeiten ankommen, ist es 12 Uhr. Das Gespräch mit dem Hoteldirektor und dem Hoteldetektiv dauert eine knappe halbe Stunde. Der Hoteldetektiv erklärt den beiden an­schließend, in welchen Räumen die Vernissage stattfinden wird. Dann überprüfen sie die Gästeliste, die ihnen der Hoteldirektor gegeben hat. Als Müller nach den Exponaten fragt, antwortet der Hoteldetektiv:

"Die Ausstellung wurde schon heute früh von der Organi­satorin persönlich aufgebaut. Sie hat auch den Transport hierher betreut. Eine sehr fleißige und sympathische Dame. Als besonderer Effekt wurden die Schmuckstücke alle mit weißen Tüchern bedeckt, so daß die Kunstwerke erst bei der Eröffnung besichtigt werden können."

"Und? Haben Sie die Sachen gesehen?" fragt Bea Braun neugierig.

"Nein, nein. Das lief alles ganz diskret ab. Niemand von uns hat die Schmuckstücke gesehen. Das wurde alles ganz phantastisch von der Organisatorin abgewickelt."

"Na, dann haben wir ja bis heute abend nichts zu tun", sagt Müller. "Wir könnten ja ein bißchen in der Stadt Spazie­rengehen. München ist in der Vorweihnachtszeit immer be­sonders schön."

"Prima Idee, Chef. Ich muß auch noch ein Geschenk für meine Mutter kaufen. Vielleicht finden wir was auf dem Christkindlmarkt am Marienplatz."

"Einen Moment noch, meine Kollegen. Wir sollten kurz den Zeitplan für heute abend durchsprechen. Außerdem fände ich es gut, wenn Sie kurz mit der Organisatorin sprechen würden. Ich habe sie heute vormittag informiert, daß Sie mit der Überwachung der Ausstellung betreut sind. Hier ist die Telefonnummer von ihrem Büro." Der Hotelde­tektiv gibt Müller eine Visitenkarte.

 

M. Hintersberger Ausstellungen • Feste Veranstaltungen   München • Paris • New York

 

Auf der Rückseite steht in Handschrift eine Telefonnum­mer. 24 25 56.

Müller steckt die Visitenkarte in seine Jacke. Dann spre­chen die drei über den Zeitplan des Abends. Bea Braun macht sich kurze Notizen.

 

Als Müller und Bea Braun das Hotel verlassen, ist es genau 13 Uhr. Bis zum Arbeitsbeginn haben sie noch vier Stunden Zeit.

 

 

Samstag, 3. Dezember, 15 Uhr

 

Bea Braun ist begeistert vom Münchner Christkindlmarkt.3 Der ganze Marienplatz steht voller kleiner Buden, die Christbaumschmuck verkaufen. Es gibt auch Stände mit Spezialitäten aus verschiedenen Regionen Süddeutschlands und Österreichs, sogar aus Südtirol4 sind einige Händler angereist. Überall riecht es nach Weihnachtsgebäck und Glühwein. Tausende von Menschen, die hier ihre Weih­
nachtseinkäufe machen, schlendern durch die kleinen Gassen. Helmut Müller und Bea Braun kaufen etwas Gebäck und machen eine kleine Pause an einem Stand, an dem es auch etwas zu trinken gibt.

"Ach, übrigens, Chef, haben Sie diese Organisatorin ange­rufen?"

"Wen? Ach, die Organisatorin... Nein, habe ich vergessen. Mist. Wo habe ich denn die Visitenkarte ,'.. Ah, hier. Haben Sie einige Zeteipfennigstücke, Bea?"

Müller und Bea gehen zu einer Telefonzelle. Der Detektiv nimmt den Hörer ab und wählt.

"Komisch", sagt er zu Bea. "Hintersberger hieß eine Ju­gendliebe von mir. Wir haben zusammen hier in München studiert. Allerdings wählte sie dann einen anderen Beruf als ich. Sie wurde zu einer international gesuchten Diebin und Betrügerin. Erinnern Sie sich, Bea, ich habe sie mal im Flugzeug von Berlin nach München getroffen. Anschlie­ßend hat sie in dem Hotel, in dem ich wohnte, die Brillanten einer Opernsängerin gestohlen. Das gab vielleicht Ärger. Selbst die Polizei glaubte, ich hätte mit ihr zusammengear­beitet. Oh, Maria ..."5

Am anderen Ende der Leitung hört Müller nur ein TUUT -TUUT - TUUT.

"Wie spät ist es, Bea?" fragt Müller.

"Wie spät? Es ist jetzt Viertel nach drei, Chef. Wahrschein­lich ist Frau Hintersberger unterwegs zum Flughafen, um die Stephanie abzuholen. Wir müssen jetzt sowieso ins Hotel. Umziehen, alles vorbereiten, und dann ist ja um 19 Uhr die Pressekonferenz."

"Hm, ja, ja, Sie haben recht. Außerdem gibt es sicherlich viele Frauen, die 'M. Hintersberger' heißen. Marta, Magda-lena, Myriam, Mathilde ... Trotzdem, ich will sicherheits­halber mal Herrn Quarz anrufen. Der hat ja die Dame engagiert. Haben Sie die Telefonnummer zur Hand?"

Bea gibt ihm die Nummer.

'Tag, Herr Quarz, mein Name ist Müller. Ich bin der Privat­detektiv, der die Veranstaltung heute abend überwacht. Entschuldigen Sie, äh ..., eine Frage: Kennen Sie Frau Hintersberger gut? Ja, ja ... Wie? Natürlich, Referenzen, Zeugnisse, alles in Ordnung ... ja, ja ... Können Sie sie mir kurz beschreiben, Äußeres, Haare, Größe... Aha,... nein... nein, nur eine reine Sicherheitsüberprüfung ..., und wie heißt sie mit Vornamen?... Ja, ja, vielen Dank, auf Wieder­hören, Herr Quarz. Und entschuldigen Sie die Störung." Müller geht aus der Telefonzelle. Er ist jetzt sehr nervös. "Bea, hier stimmt etwas nicht. Die Beschreibung, die mir Herr Quarz gegeben hat, paßt genau auf Maria. Und die Dame heißt auch Maria mit Vornamen. Er sagt zwar, daß sie ausgezeichnete Zeugnisse hat und Referenzen von ihm persönlich bekannten Herrschaften aus dem bayerischen Adel, aber ich weiß nicht, ich weiß nicht, solche Zeugnisse kann man fälschen."

"Dann sollten wir jetzt zwei Sachen machen, Chef. Erstens die Flughafenpolizei anrufen. Vielleicht ist die Hintersber­ger schon am Flughafen, um Stephanie von Luxemburg abzuholen. Zweitens rufen wir den Hoteldetektiv an, daß er die Ausstellung bewacht. Dann kann doch nichts passieren, oder?"

Müller ist einverstanden. Sie rufen am Flughafen an, aber dort weiß man nichts von der Ankunft der Prinzessin.

"Wahrscheinlich reist sie incognito", sagt Bea.

"Also, Bea, wir ändern unseren Plan. Ich fahre zum Flugha­fen, und Sie gehen ins Hotel. Wir treffen uns dann um 19 Uhr im Ballsaal. Vielleicht ist es ja wirklich nur ein Zufall, daß die Organisatorin so ähnlich aussieht wie Maria. Aber sicher ist sicher. Ich versuche sie am Flughafen zu treffen. Bis später!"

 

 

Samstag, 3. Dezember, 16 Uhr

 

Am Flughafen geht Müller zur Ankunftshalle und schaut auf den Monitor, der die landenden Flugzeuge anzeigt. Gerade ist eine Maschine aus Paris gelandet, um 16 Uhr 20 kommt ein Flugzeug aus London, dann noch ein verspäte­ter Flug aus Mailand. Müller schaut sich unter den warten­den Menschen um. Nichts. Keine Maria weit und breit. Er beschließt, zum Informationsschalter in der Abflughalle zu gehen.

"Entschuldigen Sie, könnten Sie mir bitte helfen? Ich bin mit jemandem verabredet und kann die Person nicht finden. Vielleicht könnten Sie sie ausrufen lassen? Es handelt sich um eine Dame mit Namen Maria Hintersberger."

"Selbstverständlich. Einen Moment bitte", sagt die junge Frau am Informationsschalter. Kurz darauf hört Müller eine Stimme aus dem Lautsprecher: "Frau Maria Hintersberger, bitte melden Sie sich am Informationsschalter der Lufthan­sa in der Abflughalle. Frau Hintersberger, bitte!"

Als Maria ihren Namen hört, erschrickt sie. Sie steht in der Schlange vor der Paßkontrolle. Bisher hat doch alles prima geklappt. Als sie heute vormittag den Anruf des Hotelde­tektivs erhielt, glaubte sie schon, daß alles verloren sei. Er sagte ihr, daß sie sich mit dem Detektiv, der mit der Überwachung der Ausstellung beauftragt ist, treffen müsse. Als sie dann den Namen hörte - Helmut Müller aus Berlin -, war sie alarmiert. Ausgerechnet Helmut, ihr alter Freund von früher. Sie mußte unbedingt verhindern, daß sie sich treffen. Sie beschloß, zwei Stunden früher als geplant zum Flughafen zu fahren. Und jetzt dieser Aufruf. Sicher ist es Helmut, der versucht, sie zu rinden. Nervös reicht sie dem Zollbeamten ihren Ausweis. Der Beamte schaut gleichgül­tig und gelangweilt in den Paß.

"Ihre Bordkarte, bitte!"

"Oh, Entschuldigung, hier, bitte!"

"In Ordnung, Frau Berger. Guten Flug!"

Erleichtert geht sie weiter. Der Beamte hat nicht gemerkt, daß der Paß gefälscht war. Jetzt heißt sie Maria Berger und fliegt als Touristin nach Singapur. Sie hat es geschafft.

 

 

Müller wartet am Informationsschalter. Nach zehn Minu­ten gibt er auf. Er fährt zum Hotel "Bayerische Jahreszei­ten". Dort trifft er Bea und den Hoteldetektiv. Zusammen gehen sie in den Ballsaal. Dort sind schon die Journalisten und Fotografen. Alle warten gespannt auf die Prinzessin. Herr Quarz ist ganz nervös und schaut dauernd auf die Uhr. "Wo bleiben die beiden Damen nur?.Die sollten doch längst, hier sein. Ich verstehe das nicht. Bisher hat alles perfekt geklappt. Die müssen jetzt einfach kommen!"

Auch Müller und Bea sind jetzt nervös. Schließlich be­schließt Müller, mit dem Hoteldetektiv in den Ausstel­lungsraum zu gehen. Müller hat einen schrecklichen Ver­dacht. Der Hoteldetektiv schließt den Raum auf. Müller geht an den ersten Tisch und hebt das Tuch hoch. Dann wird sein Gesicht ganz weiß.

"Oh Gott, das darf nicht wahr sein! Das hier ist ganz billiger Christbaumschmuck! "6

Sie decken alle anderen Tische ab. Überall Christbaum­schmuck, Plastikkugeln, Lametta, einige Krippenfiguren 'made in China', sonst nichts.

Sie gehen aus dem Raum und suchen Herrn Quarz. Er steht bei den Presseleuten und unterhält sich mit einigen Repor­tern. Müller geht zu ihm.

"Herr Quarz, einen Moment bitte, kann ich Sie kurz spre­chen? Es tut mir leid, Ihnen mitzuteilen, daß Sie auf eine Betrügerin hereingefallen sind. Der gesamte Schmuck aus der Ausstellung ist verschwunden. Ich glaube, daß Sie nicht mehr auf Frau Hintersberger zu warten brauchen. Sicher kommt auch keine Stephanie von Luxemburg."

Tja, und so war es auch. Die Pressekonferenz wurde abge­sagt, die Vernissage fiel aus, und München hatte seinen vor­weihnachtlichen Skandal. Maria Hintersberger war schlau­er als alle anderen und saß bereits im Flugzeug nach Singapur, um dort die Kisten mit den echten Schmuckstük-ken abzuholen.

 

 

Berlin, 10. Dezember

 

Heute erhielt Müller einen Brief aus Singapur. Er öffnete ihn und las:

 

 

Landeskundliche Anmerkungen

 

1 Alle Namen und Personen in dieser Geschichte sind frei er­ funden.

 

2 Schwabing ist ein Stadtteil im Norden von München. Dort lebten früher viele Künstler. Heute gibt es in diesem Viertel rund um die Universität viele Kneipen.

 

3 Der Münchner Christkindlmarkt beginnt am ersten Advent und dauert bis zum 24. Dezember. Der größte Markt ist am Marien­ platz im Zentrum von München, aber auch viele andere Stadtteile
haben eigene Märkte.

 

4 Südtirol: An Österreich grenzende Provinz Italiens. In vielen Städten und Dörfern dieser Alpenregion spricht man Deutsch.

 

5 "Oh Maria ..." ist der Titel eines anderen Falls von Helmut Müller in der Reihe: Leichte Lektüren (Stufe 1).

 

6 In Deutschland wird der Christbaum von Region zu Region unterschiedlich geschmückt: Die Tanne oder Fichte wird am häufigsten mit bunten Glaskugeln, Kerzen und Lametta (goldene oder silberne Metallfäden) behängt Manche Familien hängen aber auch Äpfel, Nüsse und Strohsterne an den Baum.

 

 


Date: 2016-03-03; view: 1198


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