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Der Ordnungsrahmen der Wirtschafts- und Währungsunion

Die Politiker, die die Wirtschafts- und Währungsunion schufen, folgten zwei Leitgedanken: Zum einen sollten die Vorteile einer Währungsunion nutzbar gemacht werden, zum anderen aber sollten die nationalen Parlamente und Regierungen der Mitgliedstaaten weiterhin für die Finanzpolitik zuständig sein. Als Ergebnis ist die Geldpolitik in der Währungsunion zentralisiert, während die Finanzpolitik dezentral ausgeübt wird – wobei allerdings mehrere institutionalisierte Verfahren für eine Koordination sorgen sollen. Dieser Ordnungsrahmen wurde jüngst als Reaktion auf die Finanz- und Staatsschuldenkrise in mehrfacher Hinsicht weiterentwickelt und gestärkt.

Die Vorteile einer Währungsunion liegen auf der Hand: Mit der Einführung einer einheitlichen Währung entfallen Wechselkursschwankungen. Das schafft Planungssicherheit, reduziert Kosten und führt zu mehr Wettbewerb und Wirtschaftswachstum in Europa. Die Anfälligkeit gegenüber weltweiten Störungen an den Devisenmärkten wird geringer. Allerdings stellen sich die Vorteile des größeren Währungsraums nur dann ein, wenn die gemeinsame Währung in ihrem Wert stabil ist. Nur dann bleiben die Zinsen niedrig und der Außenwert der Währung gegenüber anderen Währungen stabil. Die Teilnahme an einer Währungsunion verlangt ferner, dass sich die Wirtschafts-, Finanz- und Lohnpolitiken jedes Mitgliedslandes an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Denn wenn ein Land der Währungsunion beigetreten ist, kann es keine eigene Zins- und Wechselkurspolitik mehr verfolgen. Deshalb sollten die Tarifparteien beispielsweise bei Lohnerhöhungen die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit beachten. Denn in einer Währungsunion kann ein Land einem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit – zum Beispiel aufgrund überhöhter Lohnsteigerungen – nicht mehr dadurch entgegenwirken, dass es die eigene Währung abwerten lässt.

Zu den Risiken einer Währungsunion zählt auch, dass sich finanzpolitische Fehlentwicklungen in einem Land negativ auf die anderen Mitgliedstaaten auswirken können. Preisstabilität kann auf Dauer nämlich nur erreicht und gesichert werden, wenn die staatliche Finanzpolitik in allen Mitgliedsländern stabilitätsorientiert geführt wird. Insbesondere bei hohen und schnell steigenden Schuldenquoten können Konflikte zwischen Finanzpolitik und einer stabilitätsorientierten Geldpolitik entstehen: Kurz- bis mittelfristig ist bei einer zu expansiven Fiskalpolitik die Geldpolitik zu einem restriktiveren Kurs gezwungen, um Preisstabilität zu gewährleisten. Langfristig steigt bei einer hohen Verschuldung des Staates der Anreiz für die Finanzpolitiker, die Geldpolitiker zu einer lockeren Geldpolitik mit niedrigen Zinsen zu drängen, um die Lasten des hohen Schuldenstandes zu verringern.



Eine Währungsunion verstärkt die Anreize zur Defizitfinanzierung noch. Bei nationaler Geldpolitik müssen Länder mit hohen Haushaltsdefiziten und Staatsschulden mit vergleichsweise härteren Konsequenzen rechnen – weil die Finanzmärkte als Kompensation für das gestiegene Inflations- und Abwertungsrisiko typischerweise höhere Zinsen verlangen. Bei einer gemeinsamen Geldpolitik hat der verursachende Mitgliedstaat dagegen diesbezüglich nur noch die Auswirkungen zu tragen, die aus seinem Verhalten für den Euroraum insgesamt entstehen und von denen daher auch die Staaten mit einer soliden Finanzpolitik betroffen sind. Das gilt erst recht, wenn letztere für die Schulden eines Mitgliedslandes, das überschuldet ist, gegenüber dessen Gläubigern haften müssen.

Um die Risiken der Europäischen Währungsunion mit ihren speziellen Bedingungen zu begrenzen, setzten die politischen Gründer auf eine Doppelstrategie: Zum einen sollten rechtliche Vorschriften den Spielraum der nationalen Politiken einschränken, zum anderen sollten „Sanktionen durch den Markt“ disziplinierend wirken. Niedergelegt wurden diese Vorschriften zunächst im Vertrag über die Europäische Union („Maastricht-Vertrag“) und im Stabilitäts-und Wachstumspakt. Beide Regelwerke wurden im Laufe der Zeit mehrfach verändert. So wurde der Maastricht-Vertrag zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU) weiterentwickelt. Insbesondere in Reaktion auf die Staatsschuldenkrise wurden die Regelwerke um weitere Abkommen ergänzt sowie neue Institutionen geschaffen.


Date: 2016-01-14; view: 926


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