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I. Zur Forschungsgeschichte

Vorwort

 

Bewaffnungsstücke oder im allgemeinen Teile militärischer Ausrüstungen gehören zweifelsohne zum meistgeschätzten und aufsehenerregendsten Waffen- und musealen Austellungsmaterial; dieser Umstand läßt sich auch dadurch erklären, daß die Waffen schon immer mit Heldentaten oder hervorragenden Persönlichkeiten der Geschichte, mit den Märchen der Kindheit oder der Lektüre der Jugendzeit in Verbindung gebracht wurden und durch ihr von Tod und Unheil geprägtes Wesen Eindruck erweckt und folglich die geschichtliche Entwicklung der Menschheit geprägt haben. Die Geschichtsforschung wird mutmaßlich nie mit Gewißheit feststellen können, ob die ersten vom Urmenschen benützten Gegenstände (gewöhnliche, unbehauene Steine oder Teile von Ästen) als Werkzeug oder Waffen bezeichnet werden können, da man nicht weiß, zu welchem Zweck sie benutzt wurden. Ein gewöhnlicher Stein kann zu einem Werkzeug werden, wenn man damit die Schale einer harten Frucht zerschlägt; oder zu einer Waffe, wenn man damit ein anderes Lebewesen angreift, mit der Absicht, es zu erlegen oder handlungsunfähig zu machen. Wenn diesbezüglich keine Primordialität festgelegt werden kann, gelangt man zur Schlußfolgerung, daß zwischen Werkzeugen und Waffen ursprünglich ein Dualitätsverhältnis bestanden haben muß. Zieht man jedoch die ersten Beschäftigungen der Urmenschen in Betracht, das Pflücken und die Jagd, zu denen erst später der Ackerbau und das Verarbeiten von Rohstoffen hinzukommt - Tätigkeiten, die vom ständigen Kampf fürs Überleben begleitet waren (wobei der Gegner häufig viel kräftigere, wilde Tiere waren, die von Natur aus mit effizienten Mitteln zum Kampf versehen sind) - kann behauptet werden, daß die Waffen ständige Begleiter des Menschen waren und daß sie es vermutlich auch in Zukunft noch über lange Zeit hinweg bleiben werden.

Infolgedessen sind die Waffen ein zum allgemeinen Bild der Entwicklungsgeschichte und zur Geschichte der Menschheit gehörender Bestandteil, der des öfteren zum Klären der damit verbundenen Fragen beigetragen hat. Die Kriege haben die Geschichte in bedeutend höherem Maße geprägt - und tun dieses auch heute noch - als andere gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Ereignisse dieses zu tun vermocht haben; dadurch bestimmten sie das Aufeinanderfolgen bedeutender geschichtlicher Entwicklungsetappen, das Auftreten und den Untergang hervorragender Persönlichkeiten, den Aufschwung oder Verfall ganzer Gemeinschaften in gewissen Gebieten, ihre Wanderung entlang ausgedehnter geographischer Flächen. Die Waffen haben demnach in der Auffassung der Menschen aller Zeiten eine Sonderstellung eingenommen, da, während der geschichtlichen Entwicklung der Gesellschaft, des öfteren die Gewalt über die Vernunft siegte und die Herrschaft über ein Gebiet oder eine Gruppe von Menschen schon immer von der Kampffähigkeit und -bereitschaft der verschiedenen Gemeinschaften abhängig war. Infolgedessen erweckten die Waffen einerseits Angst, verliehen andererseits jedoch Sicherheit, wobei in der älteren und auch in der jüngeren Geschichte das Verhältnis zwischen diesen beiden Zuständen häufig das Verhältnis der gesellschaftlichen und politischen Macht mitbestimmte. Dieser Dualität entspringt in den meisten Fällen auch das häufig subjektiv bedingte Unterscheiden zwischen dem defensiven bzw. offensiven Charakter der aktiven Waffen.



Andererseits spiegeln die Waffen den Entwicklungsstand der Technik des Zeitalters, in dem sie geschaffen wurden, am besten wider. Die Menschen haben im Laufe der verschiedenen Zeitalter und Etappen geschichtlicher Entwicklung einen Großteil ihrer Kreativität und Erfindungsgabe auf diesem Gebiet zum Einsatz gebracht, mehr noch, es ist durch die dem Bereich der Bewaffnung (Aufrüstung) gestellten Erfordernisse ein Aufschwung in der Entwicklung gewisser Zweige der Wissenschaft und Technik festzustellen. Es gibt kaum einen produktiven Bereich oder Sektor, der ein höheres finanzielles und menschliches Potential gefordert hat, wie jener, der mit Waffen in Verbindung steht; dieser Umstand ist ursprünglich auf die Notwendigkeit der Verteidigung und des Kampfes für das Überleben zurückzuführen, wobei dieses wiederum die beiden, wiederholt angeführten Argumente sind, die als Rechtfertigung für diese Entwicklung gedient haben.

Tatsächlich kann die Aufrüstung (Bewaffnung) aus dem Prozeß der allgemeinen Entwicklung nicht ausgeschlossen werden, da dadurch das eigene Existenzrecht der ersteren in Frage gestellt wäre.

Die oben genannten Überlegungen sind bloß einige allgemeine Beweisgründe, die zu einer systematischen Untersuchung der mittelalterlichen Bewaffnung gehören; aus dem breiten Umfang dieses Fragenkreises werden wir uns in der vorliegenden Arbeit auf eine begrenzte, aber aufschlußreiche Kategorie von Waffen beschränken, und zwar jene der Schwerter und Säbel. Vom chronologischen Gesichtspunkt betrachtet wird die Zeitspanne vom 9. bis 14. Jahrhundert untersucht, da es in dieser Zeit im Bereich der genannten Waffengattungen zu großen Veränderungen gekommen ist, die von den sich in Mitteleuropa und folglich auch in Siebenbürgen zugetragenen geschichtlich-militärischen Ereignissen hervorgerufen worden sind; chronologisch gesehen handelt es sich hier um die Zeitspanne, die von folgenden Ereignissen begrenzt wird: das Vordringen der landnehmenden Madjaren und die wachsende Türkengefahr.

Die ersten Anregungen zu einer solchen Untersuchung über die mittelalterlichen Schwerter habe ich dem inzwischen leider verstorbenen Wissenschaftler, Herrn Prof. Radu, zu verdanken. Er leitete meine ersten Erforschungen in diesem Bereich an und war der erste Betreuer der vorliegenden Dissertation.

Hiermit sei auch Herrn Dr. Paul Niedermaier für seine freundliche Unterstützung und die Betreuung der Arbeit Dank ausgesprochen sowie meinen ehemaligen Hochschulprofessoren Dr. Thomas Nägler, Dr. Iuliu Paul und Dr. Nicolae Branga, sämtlichen Mitarbeitern des Forschungsinstituts für Geisteswissenschaften / Hermannstadt, jenen der "Lucian-Blaga"-Universität und des "Brukenthal"-Museums in Hermannstadt, die mir - so oft es notwendig war - mit ihren Fachkenntnissen und ihrem guten Rat helfend zur Seite standen. Gedankt sei auch allen Mitarbeitern und Freunden aus den siebenbürgischen und Banater Museen, Instituten und Universitäten, die mir das zu untersuchende Material sowie eigene Informationen freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben; ohne sie wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Dank gebührt auch den Herren Professoren Dr. Bernhard Hänsel von der Freien Universität / Berlin, Dr. Dr. Dr.HC. Harald Zimmermann von der Universität / Tübingen und Dr. Axel Azzola von der Universität / Darmstadt, den deutschen Kollegen Dr. Uwe Fiedler, Dr. Nikolaus Boroffka, Dr. Brigitte Krull und Dr. Svend Hansen, die mir während meiner drei, durch Stipendien gewährten Studienaufenthalte mit ihrer Gastfreundschaft und Kollegialität ihre Unterstützung zuteil werden ließen.

Schließlich, doch nicht zuletzt, sei auch meiner Familie gedankt, für das Verständnis, das sie mir auch in diesem Unterfangen entgegengebracht haben.

 

I. Zur Forschungsgeschichte

 

Das Interesse für die historischen Waffen wurde erstmals bereits zur Zeit des Mittelalters bekundet und äußerte sich durch das Aufstellen von einschlägigen Sammlungen oder dem Einrichten von Waffensälen in den verschiedenen Herrschaftshäusern, Adelsresidenzen oder in den freien Städten; dieses geschah mit der Absicht, die ruhmreiche militärische Vergangenheit der privilegierten Stände aufzuzeigen. Dabei wurde verständlicherweise den Zeremoniewaffen, die symbolhaften Charakter besaßen, ein größeres Augenmerk geschenkt. Diese Waffen stehen bereits im 18. Jahrhundert im Mittelpunkt der einschlägigen Studien einiger Forscher. Noch früher, im 15. bis 16. Jahrhundert, wurden die ersten Fechtabhandlungen verfaßt, in denen die Benutzungweise der Schwerter und Säbel sowie die dazugehörenden Kampfausrüstungen beschrieben werden. Diese Werke sind für das Rekonstituieren der Art und Weise wie derartige Stücke im Kampf gehandhabt wurden von größter Bedeutung.

Im modernen Zeitalter nahm das Interesse für die historischen Waffen zu, ein Umstand, der auf die neue Art der Geschichtsdeutung und auf die verstärkte Zuwendung zur Geschichte der einzelnen Völker zurückzuführen ist. Außerdem wurden derartige Beschäftigungen auch durch den Einfluß der romantischen Strömung, die sich für eine Neuwertung der Kultur und der Bräuche des Mittelalters einsetzte, angeregt. Zum gleichen Zeitpunkt wurden umfangreiche Sammlungen von mittelalterlichen Waffen angelegt, und es entstanden, um eine genauere Einschätzung derselben zu gewährleisten, die ersten einschlägigen Synthesearbeiten enzyklopädischen Charakters.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die erste "Gesellschaft für historische Waffen- und Kostümkunde" gegründet, und 1879 brachte dieser Verein in Dresden seine erste Fachzeitschrift heraus, die "Zeitschrift für Historische Waffenkunde"; diese Veröffentlichung erscheint heute noch (in ihrer dritten Auflageserie) in Berlin und enthält Studien namhafter Fachleute aus ganz Europa.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die ersten typologischen Arbeiten wissenschaftlichen Charakters herausgegeben, die die mittelalterlichen Waffen, vorzugsweise die Schwerter des 9. bis 11. Jahrhunderts, untersuchen. Als Wegbereiter und Bezugsmodell gilt heute der Forscher Jan Petersen mit seiner im Jahre 1919 erstellten Typologie; letztere bewirkte, daß sich die Forschung den fränkischen und nordischen Waffen zuwandte und hatte das Erarbeiten zahlreicher, von Forschern aus nahezu allen Ländern West- und Mitteleuropas durchgeführter einschlägiger Untersuchungen sowie die Herausgabe wertvoller Studien zur Folge.

Während der Nachkriegszeit war ein bedeutender quantitativer und qualitativer Aufschwung der Beschäftigungen betreffend die mittelalterlichen Waffen zu verzeichnen. In den meisten europäischen Ländern wurden Typologien der verschiedenen Waffengattungen aufgestellt, wobei die Anzahl der Fachstudien und -artikel beeindruckend hoch ist. A. Bruhn von Hoffmayer, R. E. Oakeshott, O. Gamber, J. Leppäaho, A. N. Kirpicnikov, M. Glosek, A. Nadolski, A. Ruttkay, K. Bakay, G. Laszlo, W. Menghin, D. C. Nicolle, A. Geibig - sind nur einige Namen von Persönlichkeiten, die sich mit der Erforschung der mittelalterlichen Waffen auseinandergesetzt haben.

Bereits gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts kann man von einschlägigen Forschungen in Siebenbürgen sprechen, die zu jenen in West- und Mitteleuropa gleichzeitig verliefen. Die jüngeren Untersuchungen jedoch beschränken sich auf das Veröffentlichen von Fundstücken, die bei archäologischen Ausgrabungen oder auch nur zufällig entdeckt worden sind; ganz selten werden in Museen untergebrachte Sammlungen untersucht oder Synthesestudien erstellt, so daß es bis heute keine für eine Gruppe oder Gattung von mittelalterlichen Waffen erarbeitete Typologie gibt.

Schlußfolgernd kann behauptet werden, daß die Beschäftigungen der Forscher betreffend die mittelalterlichen Waffen von Land zu Land unterschiedlich sind, je nach der Häufigkeit mit der dieses Material vorhanden war. In Gebieten wie die Skandinavische Halbinsel oder die Pannonische Ebene, die zu Beginn des Mittelalters von solchen Bevölkerungen besiedelt waren, die ihre Toten rituell mit Waffen versahen, sind infolge archäologischer Untersuchungen zahlenmäßig mehr derartige Fundstücke ausgegraben worden als dies auf dem Gebiet der Balkanhalbinsel der Fall ist, wo, im byzantinischem Raum, infolge der frühzeitigen Bekehrung zum Christentum nur selten - und wenn, dann nur in der nichteinheimischen Bevölkerung zugeordneten Gräbern - Waffen zutage treten. Derartige Beschäftigungen spiegeln sich auch in den allgemeinen Richtlinien der Geschichtsschreibung der verschiedenen europäischen Länder wider. So stellt man fest, daß in Ländern, wo die aus der Zeit der griechisch-römischen Antike stammenden Funde selten sind oder gänzlich fehlen, sich die geschichtliche und archäologische Forschung in größerem Maße dem Zeitalter der Völkerwanderung und des Mittelalters zuwendet; dieses ist bei den Skandinavischen Ländern der Fall, wo auch die umfassendsten Studien über die mittelalterlichen Waffen insgesamt und über die Schwerter im speziellen durchgeführt wurden. Der gleiche Stand der Dinge ist auch im Falle jener Länder und Völker zu verzeichnen, bei denen die Anfänge ihrer völkischen Geschichte mit der Völkerwanderungszeit übereinstimmen oder für die das Mittelalter die Blütezeit ihrer politisch-militärischen Entwicklung und ihrer territoriellen Ausdehnung darstellte, wie beispielsweise im Falle Ungarns oder Polens. In diesem Zusammenhang muß festgestellt werden, daß das Erforschen derartigen Materials in Rumänien sich erst im Anfangsstadium befindet und daß diesbezüglich ein großer Nachholbedarf besteht. Das Erforschen der mittelalterlichen Waffen ist infolgedessen eine der Prioritäten der rumänischen geschichtlichen und archäologischen Forschung.

 

 


Date: 2015-12-24; view: 899


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