Home Random Page


CATEGORIES:

BiologyChemistryConstructionCultureEcologyEconomyElectronicsFinanceGeographyHistoryInformaticsLawMathematicsMechanicsMedicineOtherPedagogyPhilosophyPhysicsPolicyPsychologySociologySportTourism






Literatur nach 1945

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sprach man von einem literarischen Nullpunkt. Die „Trümmerliteratur“ beschrieb eine zusammengebrochene Welt, bald besann man sich aber darauf, versäumte Entwicklungen der Weltliteratur nachzuholen, erst jetzt, über zwanzig Jahre nach seinem Tode, wurde Franz Kafka entdeckt. In Westdeutschland formierte sich die Gruppe 47, deren lose assoziierten Mitglieder tonangebend in der Nachkriegsliteratur waren. Die Wiener Gruppe praktizierte innovative Formen der Lyrik.

Mit dem Entstehen neuer deutscher Staaten entstanden unterschiedliche Bedingungen für die Literatur. Im Folgenden werden die deutsche Literatur der BRD, der DDR, Österreichs und der Schweiz getrennt dargestellt, die Unterschiede sollten aber nicht überbewertet werden: Immerhin handelt es sich um eine gemeinsame Sprache und, mit Ausnahme der DDR, um einen gemeinsamen Markt.

Unmittelbar nach 1945 wurden der Schrecken des Krieges und die Situation der Heim-gekehrten dargestellt. Eine neu entdeckte Form dafür war die Kurzgeschichte, etwa von Heinrich Böll. Nach dem Einsetzen des deutschen Wirtschaftswunders, konzentrierte man sich auf die Gegenwart, so in den Romanen von Wolfgang Koeppen, Siegfried Lenz, Christine Brückner und Martin Walser. Ein wichtiger Lyriker der Zeit war Günter Eich, der auch Hörspiele schrieb, ein damals sehr populäres Genre. 1952 bis 1956 erschien Werner Riegels und Peter Rühmkorfs Zeit-schrift Zwischen den Kriegen, und der dort debütierende Rühmkorf wurde zu einem einpräg-samen lyrischen Autor für zwei Generationen. Konkrete Poesie stammte u. a. von Eugen Gom-ringer und Helmut Heißenbüttel. Günter Grass, Literaturnobelpreisträger des Jahres 1999, schrieb Die Blechtrommel, einen Schelmenroman, der die jüngere deutsche Geschichte behand-elte und auch international hohes Ansehen errang.

Autoren, die sich nur schwer einer bestimmten Richtung zuordnen lassen, sind der exper-imentierfreudige Arno Schmidt, Uwe Johnson und der vom Nouveau roman geprägte Ror Wolf. Wolfgang Hildesheimer schrieb absurde Dramen zu einer Zeit, als die Theaterlandschaft noch immer von Bertolt Brecht geprägt war. Ab 1962 bildete sich um die Zeitschrift pardon die Neue Frankfurter Schule mit v. a. F. W. Bernstein, Robert Gernhardt und F. K. Waechter heraus, die nicht nur als Lyriker stilistische Innovatoren wurden. Mit dem Vietnamkrieg und der 68er-Bewegung besann man sich auf das politische Gedicht (Hans Magnus Enzensberger, Erich Fried) und das politische Drama (Peter Weiss, Rolf Hochhuth). Eine dem entgegengesetzte Tendenz war die „Neue Subjektivität“, die Beschäftigung mit privaten Themen (u. a. Jürgen Theobaldy). Herausragender deutschsprachiger Pop- und Underground-Lyriker der 70er Jahre war Rolf Dieter Brinkmann. In den 80er Jahren traten Botho Strauß (Drama) und in der Lyrik Ulla Hahn und später Durs Grünbein hervor.



Die DDR definierte sich selber als „Literaturgesellschaft“ (der Begriff stammt von Johannes R. Becher), sie kämpfte gegen die „Poesiefeindlichkeit“ des Westens und gegen die Ghettoisierung einer Hochkultur. Eine Demokratisierung sollte auf Ebene der Produktion, der Distribution und der Rezeption durchgeführt werden. Allerdings wurde durch die Zensur der Begriff der Demokratisierung ad absurdum geführt, da der Staat versuchte, die Literatur zu instrumentalisieren und für seine Zwecke, d.h., für die des Realsozialismus, zu verwenden.

Gefördert wurde eine Literatur auf der Grundlage des Sozialistischen Realismus, ein darauf aufbauender Plan wurde als „Bitterfelder Weg“ bekannt. In den 1970er Jahren lässt sich wie in der BRD eine Tendenz zur „Neuen Subjektivität“ feststellen. Viele Autoren mussten oder durften die DDR verlassen, so Wolf Biermann, Jurek Becker, Reiner Kunze, Günter Kunert, Sarah Kirsch und schon früher Peter Huchel und Uwe Johnson. Von den systemnahen Autoren sind vor allem Hermann Kant und Stephan Hermlin zu erwähnen, mehr oder weniger große Distanz zum Staat hielten Volker Braun, Christa Wolf, Heiner Müller, Irmtraud Morgner und Stefan Heym oder Wolfgang Hilbig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bemühten sich insbesondere die Wiener Gruppe um Ger-hard Rühm (*1930) und H. C. Artmann sowie Autoren wie Albert Paris Gütersloh und Heimito von Doderer um Anknüpfpunkte an die durch den Austrofaschismus und die Nazi-Zeit verschüttete moderne Tradition. Die Affinität zum Sprachspiel ist eine Konstante in der Literatur Österreichs, zu den bekannteren Vertretern gehören Ernst Jandl und Franzobel. Wichtige Lyrik-erinnen waren Friederike Mayröcker und Christine Lavant. Der Lyriker Paul Celan lebte 1947/48 einige Monate in Wien, ließ sich dann aber in Paris nieder. Erich Fried emigrierte nach Groß-britannien. Eine Blüte erlebte die Literatur in Österreich in den 60er und 70er Jahren, als mit Autoren wie Peter Handke, Ingeborg Bachmann und Thomas Bernhard die deutsche Literatur-landschaft nachhaltig verändert wurde. In dieser Tradition arbeiten auch bedeutende zeitgenöss-ische Autoren wie beispielsweise Ruth Aspöck, Sabine Gruber, Norbert Gstrein, Elfriede Jelinek, Christoph Ransmayr, Werner Schwab und O. P. Zier.

Anders als in Deutschland oder Österreich gab es mit 1945 keinen grundlegenden Ein-schnitt in der deutschen Literatur der Schweiz. Die wichtigsten Deutschschweizer Autoren sind Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch. Beide schrieben Romane und Dramen, Frisch eher intell-ektuell, Dürrenmatt eher pointiert-grotesk. Weitere bekannte Schweizer Autoren, die oft im Schatten der beiden großen standen, sind etwa Peter Bichsel, Hugo Loetscher, Adolf Muschg oder Urs Widmer. Die wichtigste literarische Vereinigung der Schweiz war die bis 2002 be-stehende Gruppe Olten.


Date: 2015-12-24; view: 1550


<== previous page | next page ==>
Nationalsozialismus und Exilliteratur | Deutschsprachige Literatur der Gegenwart
doclecture.net - lectures - 2014-2024 year. Copyright infringement or personal data (0.009 sec.)