Das System der Konsonantenphoneme des Althochdeutschen
Die zahlreichen Abstufungen der zweiten Lautverschiebung von Süden nach Norden erschweren eine Gesamtdarstellung des althochdeutschen Konsonantensystems. Hier wird der Konsonantenstand des Ostfränkischen gegeben, der dem Konsonantenstand der Literatursprache am nächsten steht.
Die graphischen Varianten k und c (akar, ackar, accar, acchar 'Acker'), f und v (filu, vilu 'viel') sind durch Nachahmung des lateinischen Schrifttums zu erklären; ebenso pf und ph (pfad, phad 'Pfad').
Auf die Unsicherheit der orthographischen Regeln und auf den Mangel an Graphemen, die dem althochdeutschen phonologischen System gerecht wären, sind Doppelschreibungen wie th und dh, d (ther, dher, der 'der') zurückzuführen sowie die Bezeichnung zweier verschiedener Phoneme mit einem Graphem, z.B. z (1. der Frikativlaut [s], der durch Verschiebung von t> z (zz) entstanden war: wazzar 'Wasser', thaz 'das'; zu Lehrzwecken wird z geschrieben; 2. die Affrikata [ts], die auch infolge der Verschiebung von t>z entstanden war, z.B. zît 'Zeit', herza 'Herz'); ähnlich h (1. der stimmlose velare Frikativlaut [x]; intervokalisch wird später hh und ch geschrieben, z.B. suohhen, suochen 'suchen'; 2. der faringale Laut [h], der nicht nur im Wortanlaut, sondern auch am Anfang der Silbe im Wortinlaut vorkommt, z.B. hano 'Hahn', sehan 'sehen').
Graphische Varianten sind auch: w und uu (u) bezeichnen den bilabialen Laut wie engl. water, z.B. ahd. uuintar 'Winter', uueg 'Weg', uuerdan 'werden', uuerfan 'werfen'.
Das System der Vokalphoneme des Althochdeutschen
Kurze Vokale: a, ë, e, i, o, u:
a
ahto 'acht', tag 'Tag';
ë (=germ. e)
erda 'Erde', berg 'Berg';
e (umgelautetes a)
alt - Komp. eltiro 'älter', gast - Pl. gesti 'Gäste';
i
ih 'ich', bintan 'binden';
o
ofto 'oft', honag 'Honig';
u
unsêr 'unser', turi 'Tür'.
In den althochdeutschen Handschriften werden die beiden e-Laute meistens nicht unterschieden, vgl. erda (e) und gesti(e); doch ist anzunehmen, daß das e geschlossener gesprochen wurde als das ë, so daß man sie als zwei verschiedene Phoneme betrachten soll. Neben der Schreibung e sind für beide Phoneme auch die Schreibung ae anzutreffen, z.B. aerdha 'Erde', aerbio 'Erbe'.
Lange Vokale: â, ê, î, ô, û:
â
âno 'ohne', slâfan 'schlafen';
ê
êra 'Ehre', sêo 'See';
î
îs 'Eis', mîn 'mein';
ô
ôra 'Ohr', hôh 'hoch';
û
ûf 'auf', tûba 'Taube'.
Die Länge der Vokalphoneme wurde manchmal durch Verdoppelung, z.B. gitaan 'getan', leeran 'lehren', durch den Zirkumflex oder den Akut, z.B. gitân, lerân; gitán, lerán wiedergegeben. Meist werden sie aber in den althochdeutschen Handschriften überhaupt nicht angegeben.
Diphthonge: ei (ai), ou (au), iu, io (eo, ie), uo (ua, oa), ia (ea, ie):