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Die Modellierung in der Wortbildung

 

Wie es schon gesagt wurde, definiert man das Wortbildungsmodell als «stabile Struktur, die über eine verallgemeinerte lexikalisch-kategoriale Bedeutung verfügt und geeignet ist, mit verschiedenem lexikalischem Material ausgefüllt zu werden». Es muss betont werden, dass ein Modell einen weiteren und einen engeren Kreis von Strukturen umfassen kann, was davon abhängt, von welchem Grad der Verallgemeinerung und Abstraktion man ausgeht. Hier sind 13 Grundwortbildungsmodelle der deutschen Gegenwartsprache festgelegt.

 

Erläuterung der Symbole:

M1..., M2... Grundmodelle der Wortbildung
L2 ... sekundärer Stamm (Stamm des zu analysierenden Wortes)
L1 ... primärer Stamm oder Basis (der Stamm, der in den Bestand des sekundären Stammes eingeht).
l1 ... primärer Stamm mit gesetzmäßiger Veränderung des Wurzelmorphems
DP ... Derivationspräfix (lexikalisches Präfix)
DS ... Derivationssuffix (lexikalisches Suffix)
R ... Restelement oder Pseudowurzel

 

Aufzählung der Modelle

 

Die Modelle werden mit Hilfe der UK-Analyse bestimmt, d.h., dass die UK den maximalen Segmenten der sekundären Stämme entsprechen.

 

M1:L1 = L1 - Modell der Wurzelstämme: Frau, gut, hier, geh(en)
  M2 : L2 = L1 oder   - Modell der impliziten Ableitung – des Wortartwechsels:
L2 = L1+Gr grün – das Gün; leben -das Leben
   
M3 : L2 = l1 - Modell der impliziten Ableitung – des Wortartwechsels – mit Veränderung des Wurzelmorphems: Krank-kränken; treiben – der Trieb
   
M4 : L2 =DP + L1 - Modell der präfixalen Ableitung: die Urzeit – Zeit; unschön – schön; erfinden – finden
M5 : L2 = DP + l1 - Modell der präfixalen Ableitung mit Veränderung des Wurzelmorphems: das Gehölz – Holz; betrunken – trinken
M6 : L2 = L1 + DS - Modell der suffixalen Ableitung: die Achtung – acht(en); gleichsam – gleich; endingen – end(en)
M7 : L2 = l1 + DS – Modell der suffixalen Ableitung mit veränderter Wurzel: der Gärtner – Garten; gründlich – Grund; lächeln – lachen
M8 : L2 = DP + L1 + DS - Modell der präffixalen Ableitung: das Gelaufe – laufen; gestiefelt – Stiefel; beerdigt – Erde
M9 : L2 = DP + l1 + DS - Modell der präfixal-sufixalen Ableitung mit veränderter Wurzel: das Gehäuse – Haus; gehörnt – Horn
M10 : L2 = L1 + L1 - Modell der Determinativkomposita: das Landhaus – Land, Haus; kirschrot – Kirsche, rot, weggehen – weg, gehen
M11 : L2 = L1 +L1 +L1 - Modell der nicht-determinativen Komposita: das Vergissmeinnicht – vergiß mein- (er) nicht; grünweißrot – grün, weiß, rot; der Ohnebart – ohne Bart; ohnedies – ohne, dies.
M12 : L2 = L1 + R R + L1 - Modell der Komposita mit einem Restelement: die Nachtigall – die Nacht...; die Himbeere – ... beere
M13 : L2 = DP + R R + DS - Modell der affixalen Ableitung mit einem Restelement oder einer Pseudowurzel: Demut – ... mut; Löffel – ... – el; studieren – ... – ier (en)
     

 



Wortbildungsstrukturen als Varianten der Grundmodelle

 

Initial- und Kurzwörter. Sowohl die Initialwörter im eigentlichen Sinne dieses Terminus als auch verschiedene Arten von Kurzwörtern entstehen aus sprach-ökonomischen Gründen als eine Art Reaktion gegen die Bildung schwerfälliger, mehrgliedriger Zusammensetzungen. Die Initialwörter bestehen aus aneinander gereihten Großbuchstaben, die die Anfangslaute der Vollform bezeichnen. Die Aussprache der Initialwörter folgt am häufigsten den Benennungen der Buchstaben: BRD. Der letzte Bestandteil erhält einen etwas stärkeren Druckakzent.

Auch können (was aber seltener zu beobachten ist) die den Initialbuchstaben entsprechenden Laute einheitliche Lautkomplexe bilden wie iga [i: ga] = «Internationale Gartenbau-Ausstellung». Eine dritte Unterart bilden «Silbenwörter», in denen Anfangssilben oder andere (willkürlich gewählte) Wortteile gekoppelt werden: Spowa = «Sportwarenhaus», Nirosta = «nicht rostender Stahl» u.a.; hier fällt


der stärkste Druckakzent meist auf die erste Silbe (falls es die Silbe oder ein anderer Anfangsteil eines Substantivs ist).

Die Initialwörter erhalten in der Fachliteratur verschiedene Deutung. M.D. Stepanowa meint: man kann sie zur peripheren Schicht der Wurzelwörter zählen (d.h. zu M1), denn sie lassen sich in keine Morpheme zerlegen.

Eine Übergangsgruppe zwischen den Initialwörtern und den determinativen Zusammensetzungen (d.h. zwischen M1 und M10) bilden Lexeme, die aus einem Wortteil und einem Wortstamm bestehen: U-Bahn «Untergrundbahn».

Zur peripheren Schicht der Wurzelwörter gehören ebenfalls Kurzwörter, die durch Kürzung des Wortendes («Kopfwörter») oder des Wortanfangs («Schwanzwörter») gebildet werden: Auto «Automobil», Labor «Laboratorium», Lok «Lokomotive», Bus «Omnibus», Schirm «Regenschirm» u.a.m. Auch die Mitte eines Wortes kann getilgt werden: Motel «Motorhotel».

Die Modelle der Initial- und der Kurzwörter sind – das betrifft speziell die Substantive – in der Gegenwartssprache recht produktiv.

Zusammenbildungen. Den Terminus «Zusammenbildung» (im weiteren und engeren Sinne) gebrauchten schon Vertreter der klassischen Germanistik. Am deutlichsten wird er von O. Behaghel definiert, der die «Zusammensetzung» als eine besondere Art von Wortbildung neben «Zusammenbildung» und «Abteilung» aussondert. Hierzu gehören Abteilungen, die von Wortgruppen ausgehen, «die durch syntaktische Beziehungen zusammengehalten werden» (Typ Hofhaltung aus «Hof halten»). In diesem Fall (wie auch in anderen Fällen) ist die morphologische und semantische Motivation maßgebend. Die Zusammenbildung gehört zu den suffixalen Modellen (M6 und M7); ihre Besonderheit besteht aber darin, dass der primäre Stamm (die 1.UK) keine Ganzheit, sondern eine freie (oder feste) Wortfügung ist, deren Glieder bei der Verbindung «abgeschlifften» werden können. Zu den Zusammenbildungen gehören Substantive – Typ Eisbrecher zu «Eis brechen», Besserwisser zu «besser wissen», Stubenhocker zu «in der Stube hocken», Inbetriebsetzung zu «in Betrieb setzen» und Adjektiv – Typ rotbäckig zu «rote Backen», zweibeinig zu «zwei Beine», frühmorgentlich zu «früher Morgen», wasserhaltig zu «Wasser (ent)halten» u.a.m. In diesen Beispielen entsprechen die von den ersten Gliedern der Zusammenbildungen getrennten Teile -brecher, -wisser, -setzung, -bäckig, -beinig u.a. keinen Wortstämmen. Aber es muss hier die semantische Motivation in Betracht gezogen werden; d.h., dass auch «Schnelläufer»und «viereckig» Zusammenbildungen, obgleich Läufer und eckig selbständige Lexeme sind, denn diese Strukturen werden durch «schnell laufen» und «vier Ecken» motiviert.

Die suffixalen Zusammenbildungen berühren sich teilweise mit Ableitungen von zusammengesetzten primären Stämmen, sind aber von ihnen zu unterscheiden; man vgl.: Eisenbahner (eisenbahn + er), planökonomisch (planökonomie + isch). Auch Komposita mit einer Wortfügung als erste UK: Siebenmeilenstiefel, Tagundnachtgleiche zählt man zu den determinativen Zusammensetzungen, nicht aber zu den Zusammenbildungen, denn hier fehlt das Merkmal der Ableitung.

Eine besondere Art von Strukturen, die man ebenfalles «Zusammenbildungen» nennen kann, stellen Substantivierungen ganzer Wortbildungen dar, mit einem Infinitiv als 2. und einem oder mehreren von ihm abhändigen Lexemen als 1. UK., z.B. das Abschiednehmen, das Alleinsein, das Gerufenwerden, das Türöffnen, das AN-den-Türen-Kleben, das Dem-anderen-sich-vors-Gesicht-setzen u.a.m. Solche Zusammenbildungen können eine einfache und eine komplezierte Struktur haben: manche bringen ganze Situationen zum Ausdruck, was einen besonderen stilistischen Effekt verursacht. Die infinitivischen Zusammenbildungen werden zu M2 (d.h. zum Modell der impliziten Ableitung, und zwar zu der sogenannten Transfiguration). Die erste Komponente kann als Zusammenrückung betrachtet werden.

Strukturen mit «Halbaffixen»und «Kompomemten mit hoher Frequenz». Das vielumstrittene Problem der «Halbaffixe», das bis jetzt noch keine eindeutige Lösung erhalten hat, betrifft solche sprachlichen Faktoren, die man weder leugnen noch umgehen kann. Es handelt sich um das Vorhandensein von Kompositionsgliedern der Komposita, die nicht vereinzelt, sondern serienweise gebraucht werden, und somit die Funktion der Wortbildungsmittel erfüllen, ohne dabei ihre lautliche wie auch partielle semantische Verbindung mit den ihnen entsprechenden Lexemen zu verlieren.

Das Vorhandensein der «Halbaffixe» in der Sprache zeugt von den Berührungen einzelner Wortbildungsmodelle miteinander. Zweifellos stehen die einen den Komponenten der Zusammensetzungen, die anderen den Affixen näher. Weitere Untersuchungen müssen die einzelnen Fragen klären. Vorläufig muss aber – in erster Linie aus praktischen Gründen – der Grundsatz angenommen werden, dass bestimmte Kriterien «die Halbaffixe» im großen und ganzen als Wortbildungselemente von den übrigen Wortbildungselementen unterscheiden. Zu solcen Kriterien der Halbaffixe gehören:

1. der Seriencharakter der Lexeme, die sie enthalten.

2. ihre formelle Identität und etymilogische Verwandschaft mit frei gebrauchten Wörtern.

3. Semantische Verschiebungen, denen sie als Wortbildungselemente unterliegen, ohne dass die semantische Verwandschaft mit freien Wurzelmorphemen vollständig verlorengeht.

In den letzten Jahren ist der Begriff der «Komponenten mit hoher Frequenz» entstanden. Es sind erste und zweite Komponenten der determinativen Komposita, die in großen Serien von Lexemen erscheinen, sich dabei von den Halbaffixen dadurch unterscheiden, dass sie keine (oder eine nur geringe) Bedeutungsverschiebung aufweisen. Handelt es sich um mehrdeutige Lexeme, so entspricht die Bedeutung der Komponente einer der Bedeutungen oder der allgemeinen Bedeutung des Lexems, die immer vorhanden ist. So erscheint – stelle als «Komponente mit hoher Frequenz» mit lokaler Bedeutung in den Komposita Arbeits-, Landungs-, Melde-, Annahmestelle u.a.m.; nicht in den Komposita Nichtachtung, -fachmann, -metall, -raucher; nichtantagonistisch, -linear, arbeitend, rostend u.a., wobei es die Verneinung zum Ausdruck bringt. Von besonderer

Bedeutung sind die 2. Komponenten mit hoher Frequenz bei den determinativen Verben, z.B. -halten, -heben, -stehen, -wollen, -legen, -bleiben und viele andere: sie sind aufgrund ihrer selbstständigen Stellung im Satz in finiten Formen nicht als «Halbaffixe» zu betrachten, auch wenn eine Bedeutungsverschiebung vorhanden ist.

So erscheint das Modell der determinativen Komposita als Merkmal des dynamischen Charakters der synchronen Wortbildung. Man kann es folgenderweise zusammenfassen: Komponenten der Bestimmungskomposita – Komponenten mit hoher Frequenz – Halbaffixe – Affixe (wenn sie als vollständige Homonyme der ihnen entsprechenden Lexeme zu betrachten sind, wie z.B. kreuz- in kreuzbrav). Die Grenzen zwischen den einzelnen Arten sind fließend und lassen sich nicht deutlich definieren.

 

Zweierlei Gliederung der Ableitungen und Zusammensetzungen.

 

Nicht immer läßt sich ein Nicht-Wurzelwort einheitlich zergliedern. Es gibt Fälle, wo die UK-Analyse Varianten zuläßt, wobei auch verschiedene Modelle zum Vorschein kommen können. In solchen Ableitungen wie «brettern», das sich auf zweierlei Weise zerlegen läß t- «bret+ern» und «bretter + (e)n)», handelt es sich um das suffixale Modell. Anders steht es beim Kompositum «Veilchensträußchen»: Veilchen/sträußchen ist ein Kompositum; Veilchenstrauß/chen – ein suffixales Wort, auch beim Adjektiv «unglücklich»: un + glücklich gehört zum präfixalen, unglück + lich zum suffixalen Modell. Häufig läßt sich auch ein Kompositum oder ein Derivat auf zweierlei Arten teilen, wenn die Wortmotivation nicht entscheidet, z.B. Briefträger = Briefe tragen + er (Zusammenbildung), Briefe + träger (Kompositum); erfinderisch = erfinden + erisch, erfinder + isch (in beiden Fällen affixale Abteilungen, aber mit verschiedenen Basen und verschiedenen suffixalen Varianten).

Die beschriebenen 13 Grundwortbildungsmodelle der deutschen Gegenwartsprache umfassen den ganzen strukturellen Bestand ihrer lexikalischen Stämme. Diese Wortbildungsmodelle können «Wortbildungsmodelle 1.Stufe»genannt werden. Die meisten von ihnen lassen sich aber, von verschiedenen Prinzipien ausgehend, weiter teilen in «Modelle 2. Stufe».

 

Semantische Analyse der Wortbildungskonstruktionen (WBK)

Die Semananalyse in der Wortbildung

Die Semananlyse in der Wortbildung geht von folgender Grundthese aus: «Die semantische Komponente (weiter «Sem» genannt) ist das kleinste Bedeutungselement im Bestand der Information einer sprachlichen Einheit. Vom Morphem unterscheidet sich das Sem dadurch, dass es an keine materielle Hülle gebunden ist. Das Morphem kann mehrere Seme enthalten, andererseits kann ein und dasselbe Sem in mehreren Morphemen vorhanden sein.

 

Mit Hilfe der Semananalyse können verschiedene Aspekte der Wortbildung geklärt werden. Die Semananalyse trägt zur Erschließung der Wortmotivation bei. So kann die Motivation des Substantivs «der Dreißiger» folgenderweise erschlossen werden: «ein Mann von dreißig Jahren». Das Alter wird durch die 1. UK dreißig bestimmt, die 2.UK – das Suffix -»er»- gibt folgende Information: «Gegenständlichkeit, Lebenwesen, Person männlichen Geschlechts». Die Motivation des Wortes «Schwarzbeere» entspricht den Grundsemen der UK: schwarz und -beere («eine Beere von schwarzer Farbe»); des Adjektivs «unschön» dem Sem der Verneinung, das un- enthält, und dem Sem der positiven Eigenschaft schön («nicht schön») u.a. Die Semananlyse hilft ebenfalls die Grenzen des Wortnestes des Kernwortes zu bestimmen. So ist das Sem des Lehrprozesses in den Ableitungen vom Verb «lehren» vorhanden – Lehrer, Lehrling, belehren u.a.m.

Von bedeutendem Interesse ist die Semanalyse bei der Bestimmung der Information der Wortbildungsaffixe. Das Sem als minimales Bedeutungselement im Bestand einer Information ist eine diskrete Einheit, die sich nicht weiter teilen lässt, es kann sich aber bei seiner Aktualisierung in jedem konkreten Fall in einer hierarchischen Beziehung zu anderen Semen befinden, d.h., dass die Seme als über- oder untergeordnete Glieder einer Rangordnung zu betrachten sind. Die Affixe können auch wie andere sprachliche Einheiten mehrdeutig sein, d.h., dass sie potentielle Seme enthalten, die unter verschiedenen Bedingungen aktualisiert werden.

Die Semanalyse kann ebenfalls zur Feststelleung der semantischen Beziehungen zwischen einzelnen Wortbildungselementen dienen. So erscheinen die adjektivischen Suffixe -lich und -bar bei der Aktualisierung des Sems des passiven Zustandes als Synonyme: erklärlich, erklärbar; dasselbe gilt für das Suffix -er als Berufsbeziehung, das dem Grundsem des Halbsuffixes -mann entspricht, wie auch für die substantivischen Suffixe -chen und -lein mit dem ihnen eigenen Grundsem der «Verkleinerung». Auch können einige Wortbildungselemente als Antonyme betrachtet werden, denn sie enthalten Seme, die einander ausschließen: so die verbalen Präffixe be- (bei der Aktualisierung des Sems des «Versehens») und ent- mit dem Sem der «Aufhebung» (man vgl. bekleiden – entkleiden); die adijektivischen Halbaffixe -reich, -voll einerseits und -arm, -leer andererseits (man vgl. wasserreich – wasserarm u.a.). Bei gleichen primären Stämmen bilden solche Wortbildelemente auch synonyme oder antonyme Lexeme, was aber ihre kategorialen Beziehungen, die auch bei unterschiedlichen Wortstämmen zum Ausdruck kommen, als solche nicht ausschließt, z.B. in den Wortpaaren: Arbeiter und Arbeitsmann (Kategorie des Berufs); bekohlen und entkohlen (Kategorie des Versehens und der Aufhebung) u.a.m.

 

Onomasiologische Funktion der Wortbildungskonstruktionen (WBK)

 

Jede WBK ist in erster Linie ein Lexem, d.h. ein Wort mit einer ihm eigenen nominativen Funktion. Es muss aber betont werden, dass die nominative Bedeutung sowohl der Komposita als auch der affixalen Derivata Besonderheiten aufweist, die

dem Wurzelwort nicht eigen sind. Sie bestehen aus Einheiten – Wortstämmen und Affixe – die an und für sich bedeutungstragend sind; auch sind Beziehungen zwischen den UK der WBK in Betracht zu ziehen. Das heißt, dass die WBK motiviert sind (selbstverständlich solche, deren Motivation nicht vollständig verdunkelt ist). Dabei haben sie auch, ebenso wie jedes Wurzelwort, eine sie überlagernde lexikalisch-grammatische Bedeutung der Wortart, zu der sie gehören. Auch ihre stilistische Färbung hat spezifischen Charakter. Daraus folgt, dass die onomasiologische und kommunikative Funktion der WBK speziell zu betrachten ist.

Wir beginnen mit der Analyse der Komposita, die den Wortfügungen am nächsten stehen.

Sie können grob in vier Untergruppen eingeteilt werden.

1. Gruppe. Das sind Komposita, deren Motivation vollständig verdunkelt ist: Fähnrich, Junggeselle, zufrieden, überhandnehmen u.a.

2. Gruppe. Das sind bildliche Komposita, die wie man annehmen könnte, zwei Bedeutungen haben: eine buchstäbliche und eine übertragene, z.B. der Wassermantel (bei einem Motor), der Seehund, das Tischleindeckdich, faustdick, himmelhoch, schiefgehen, zugrundegehen u.a.m.

3. Gruppe. Sie erscheint als Gegensatz zur ersten: das sind Komposita, die einer Wortfügung deutlich entsprechen, z.B. Wohnungsaustausch «Austausch von Wohnungen», Familienmitglied «Mitglied der Familie», schneevermischt «mit Schnee vermischt», kissenbelegt «mit Kissen belegt» pflegebedürftig «der Pflege bedürftig»u.a.m.

4. Gruppe. Zu dieser Gruppe gehören die meisten Komposita des Deutschen. Sie sind nicht idiomatisiert und haben eine bestimmte Motivation, dennoch unterscheiden sie sich von den Wortfügungen, in die sie zerlegt werden können. So ist Großbauer kein «großer Bauer», «Zahnrad nicht bloß «ein Rad mit Zähnen», halbhell ist nicht die «Häfte von hell», freisprechen enthält nicht nur die Seme der «Freiheit» und des «Sprechens», sondern die Bedeutung des «Freisetzens» u.a.m. Auch muss immer in Betracht gezogen werden, dass die Komponenten der Komposita mehrdeutig sind und verschiedene Seme zum Ausdruck bringen können, was den Sembestand der zu bildenden Lexeme beeinflusst. So hat «Himmel» eine direkte und eine übertragene Bedeutung, man vgl.: Himmelskarte und Himmelsgeduld, «schwarz» hat nicht nur die Bedeutung der Farbe, sondern noch mehrere andere Bedeutungen, darunter auch «illegal» – man vgl.: schwarzäugig und Schwarzarbeit; «bleiben» nicht nur lokale, sondern auch die Bedeutung des Zustandes, man vgl.: hierbleiben und festbleiben u.a. So ist auch der Semstand dieser Lexeme unterschiedlich; bei Himmelsgeduld enthält die 1. Komponente das Sem der Verstärkung, bei festbleiben verliert die 2. Komponente das Sem des «Hierseins»u.a.m.

Auch die Ableitungen lassen sich vom Standpunkt ihrer Semantik in gleiche Gruppen einteilen.

Die Besonderheiten der Semantik der Komposita und der Ableitungen bilden den Grund ihrer onomasiologischen Wirkung. Nur die Bildungen, deren Motivation
vollständig verdunkelt ist, entsprechen in dieser Hinsicht Wurzelwörtern. In allen übrigen Fällen lässt sich ihr lexikalischer Bestand mehr oder weniger fühlen.

Die kommunikative Funktion der Komposita und der Derivata ist mit ihren onomasiologischen Besonderheiten verbunden. Einerseits sind es Benennungen von Gegenständen und Erscheinungen der reelen Welt wie auch die Wurzelwörter, andererseits erscheinen in ihrem Bestand UK, die eine bestimmte Rolle in Kontext spielen je nach den semantischen Besonderheiten dieser UK.

 


Date: 2015-12-17; view: 3313


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