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er|sprieß|lichDUW: <Adj.> [zu veraltet ersprießenÿ= von Nutzen sein] (geh.): nutzbringend, fruchtbar: eine -e Zusammenarbeit. (29) Meine Frau und ich waren einmal in sein Haus nach Wewelsfleth eingeladen. Er kochte besser als all unsere Fernsehköche von Clemens Wilmenrod bis Alfred Biolek. Er gab uns fünf Radierungen mit auf den Heimweg, nach zwei Tagen tauchte eine Rechnung über 15000 Mark auf. Wir schickten zwei davon zurück, bezahlten aber für die drei anderen die gebührenden 9000 Mark. Ersprießlichwar das nicht. WDG: ersprießlich: /Adj/ geh.gedeihlich, fruchtbar: etw. ist für jmdn. e.; eine e. Unterhaltung; e. Gedanken haben; sich zu einer e. Zusammenarbeit, Tätigkeit zusammentun; das ist ja wenig e.! Fach|sim|peln DUW: <sw.ÿV.; hat> [aus Fach (4 a) u. veraltet simpelnÿ= einfältig werden] (ugs.): sich ausgiebig über rein fachliche, rein berufliche Angelegenheiten unterhalten. (30) Die beiden Mächtigsten im Staat sind derzeit beide ungewöhnlich populär, aber auf unterschiedliche Weise. Den ungestümen Chirac, der mit stämmigen Auvergne-Bauern über Viehzucht fachsimpelnkann oder bei Ordensverleihungen eigenhändig alte Damen und deren Enkel fürs Erinnerungsfoto in Positur bringt, finden bis zu 74 Prozent der Bürger sympathisch. (31) Jeden Montag, morgens um elf, treffen sich die Vorstände der Volkswagen AG zu ihrer routinemäßigen Sitzung. Seit kurzem geht der Lagebesprechung ein immer gleiches Ritual voraus: Die Topmanager fachsimpelnüber die Leistungen, die die Fußballprofis des VfL Wolfsburg am Wochenende vollbracht haben. (32) Auch die von Heydrich erwähnten Gaswagen wurden verbessert – in einer Expertise vom 5. Juni 1942 fachsimpelteder zuständige SS-Offizier über die technischen Probleme, Begriffe wie „Beschickung“ und „Stückzahl“ umschreiben Juden: „Die Beschickung der Wagen beträgt normalerweise 9 – 10 pro m 2 . Bei großräumigen Saurer-Spezialwagen ist eine Ausnutzung in dieser Form nicht möglich, weil dadurch zwar keine Überlastung eintritt, jedoch die Geländegängigkeit sehr herabgemindert wird. (33) Auch beim Fachsimpelnüber die allwöchentlichen Berichte des „Kicker“ und der „Fußball-Woche“ vergessen die beiden eine Zeitlang den Terror um sie herum. Peter Fröhlich wird zum Fan von Arsenal London, der damals schon berühmten Mannschaft aus dem Mutterland des Fußballs. (34) Dragan & Alder gammeln meistens auf Parkplätzen herum und fachsimpelnüber Autos: „Hey, Dragan, hab isch Cabrio gemacht mit Flex.“ Richie verbringt seine Zeit am liebsten in Spielhöllen. Erkan und Stefan hängen im Eiscafé ab und ordern „Döner-Eis mit ohne Sahne und vier Kugel Schtratella“, erzählen, wie man einen „krassen Shanghai-Döner“ (Fladenbrot mit Fleisch und Sojasoße) macht, und rätseln darüber, wo die „Dönertiere“ leben, die angeblich den Rohstoff für ihre Leibspeise, den Döner Kebab, liefern. (35) Abends um 20 Uhr parkt er seinen klapprigen Renault 4 neben der Piste des Flugplatzes Bienenfarm, rund 60 Kilometer von Berlin. Auf dem Privatflugplatz im Havelland, umgeben von riesigen Rapsfeldern, ist Bodo S. als begeisterter Pilot bekannt, der häufig Maschinen chartert, gern mit anderen Fliegern fachsimpelt. (36) Der Verfasser des neuen Stalingrad-Buches kreidet allerdings Paulus einen anderen Fehler an: Er sei ohne Phantasie gewesen, was seine rückwärtigen Stellungen anbelangt. Hier kann man nur fachsimpeln. Aber ein anderes, auch von der Nazipropaganda häufig vorgebrachtes Argument ist nicht ganz falsch: Die 6. Armee habe Kräfte des Feindes gebunden, der sonst an einem größeren Frontabschnitt hätte angreifen können. WDG: fachsimpeln: Nicht angeführt. Ha|ge|stolz DUW: der; -es, -e [mhd. hagestolz, volksetym. umgedeutet aus älterem hagestalt < ahd. haga-, hagustalt; 2.ÿBestandteil zu einem germ. Verb mit der Bed. »besitzen«, also eigtl. = Hagbesitzer, Besitzer eines (umfriedeten) Nebengutes, dessen Kleinheit einen Hausstand nicht erlaubte] (veraltet): älterer, eingefleischter, etwas kauziger Junggeselle. (37) Den Frauenmangel auf den Äußeren Hebriden will die Europäische Union mit finanzieller Hilfe beseitigen: Das wettergehärtete Archipel vor der Westküste Schottlands, wegen großen Männerüberschusses als „bachelor country“, als Reich der Hagestolze, verschrien, soll künftig für weibliche Bewohner attraktiver werden. Mit rund zwei Millionen Mark aus dem Brüsseler Fonds für die „Überlebensfähigkeit von Kommunen in Randgebieten“ sind vor allem passende Arbeitsplätze für Frauen vorgesehen. WDG: Hagestolz: der; -es, -e spött.älterer etwas wunderlich gewordener Junggeselle: da er ich nie zur Heirat entschließen konnte, war aus ihm schließlich ein H. geworden; er war der Typ des Hagestolzes Hoch|not|pein|lich DUW: <Adj.> [Verstärkung von veraltet hochpeinlich = unter Anwendung verschärfter Foltermethoden] (altertümelnd scherzh.): sehr streng: eine -e Untersuchung. (38) Weihnachtliche Stimmung Nr. 49/1999, Affären: Dieter Baumann – Dopingsünder oder Komplottopfer? Obwohl ein Dopingfall im Normalfall sehr einfach dargestellt wird, werden im Ausnahmefall Dieter Baumann alle möglichen vorhandenen oder auch nicht vorhandenen Register gezogen. Und nun wird dieser als Sonderfall dargestellte und bereits als Kriminalfall deklarierte Fall Baumann als hochnotpeinlicheingestuft und zerredet. Die Dinge nehmen auch in diesem Fall ihren Lauf und werden mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kürze durch eine noch bessere und hoffentlich etwas glaubhaftere, wenn schon nicht humorvollere Doping-Geschichte ersetzt. Und, Familie Baumann, man muss das Unmögliche so lange anschauen, bis es eine leichte Angelegenheit wird. Das Wunder ist eine Frage des Trainings, so oder so. Pirna (Sachsen) Heinz Gliniorz Briefe (39) Der Gastgeber, notierten die Offiziere, habe „fanatisch und mit voller Hingabe“ einen Text von Wolf Biermann rezitiert. Anschließend habe dieselbe Person „heftig mit der Lengsfeld“ diskutiert, „da diese von ihrer Absicht berichtete, Marxismus-Leninismus zu studieren“. Ein anderer Party- Gast, so erfuhren die Stasi-Leute von Lengsfeld und ihrer Freundin, habe erklärt: „In der DDR ist alles Scheiße.“ Lengsfeld erinnert sich an die „hochnotpeinliche Befragung“. (40) Auch für einen anderen Stasi-Altfall ist das Papier aus dem Schnipsel-Sack hochnotpeinlich: Die Liste der „Inoffiziellen Mitarbeiter mit Feindverbindung“ wird darin angeführt von „IMB Sekretär“. Unter diesem Decknamen führte die Stasi Manfred Stolpe – seine Kategorie: „IM zur Beeinflussung bzw. Zersetzung“. Stolpe dagegen will „nur im Kircheninteresse gewirkt“ haben. (41) Am Mittwoch dieser Woche wird nun Premiere sein. Dann singen und spielen die Kinder nicht mehr im muffigen Theatersaal des Kulturhauses Spandau, sondern in Berlin- Mitte, im nobel restaurierten Konzerthaus am Gendarmenmarkt, das in der Hauptstadt als erste Adresse gilt, eine 25 Meter breite Bühne hat und bis zu 1700 Zuhörer faßt. Dann ist das alles kein Kinderspiel mehr, sondern ein Politikum, sogar mit makabrem Hintergrund und – aktuell – mit hochnotpeinlicher Begleitmusik. (42) Dass es sich bei ihr obendrein um eine Deutsche handelt, und zwar vom Jahrgang 1935, führt in den USA zu diskreten, Hochnotpeinlichen Nachfragen in einer bestimmten Richtung. (43) Aus all diesem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so etwas wie Literatur entstehen. Aber dazu wären Schriftsteller nötig, nicht parfümierte Popschnösel, die sich der Vergreisung nähern, bevor sie überhaupt jemals jung waren. Unfreiwillig erinnerte dieses hochnotpeinlicheQuintett an verschworene Tischgemeinschaften in Altersheimen, deren Gespräche sich schon am frühen Morgen um die Frage drehen, wie die Verdauung war und was es am Abend zu essen geben wird – gefüllte Paprikaschoten, kalte Frikadellen oder Sülze in Aspik. WDG: hochnotpeinlich: /Adj./ 1. /meist attr./ scherzh. sehr streng: jmdm. H. Fragen stellen; die Eltern stellten mit dem Jungen ein h. Verhör an 2. hist.ein h. Gericht (mittelalterliches Gericht, das die Todesstrafe aussprechen konnte) Kärr|ner DUW: der; -s, - [zu 1Karre] (veraltet): Arbeiter, der harte körperliche Arbeit verrichten muss. (44) Doch zugleich werfen ihm Kritiker vor, er vermenge die erlittenen Kränkungen mit seinen inhaltlichen Offerten. Den nimmermüden Kärrner,der sich rühmt, seit 1982 „mehr ins Gesetzblatt gebracht zu haben als die Hälfte der Minister des Kabinetts Helmut Kohl“, treiben erkennbar auch andere Gelüste. (45) Schröders niedersächsische Stammgruppe zählte, als sie sich anschickte, den Bonner Apparat zu übernehmen, auf Steinmeier, der sich wie Friedrich Bohl zu Zeiten Kohls auch in Bonn als unprätentiöser Kärrnererwies. Hombach dagegen zog von Anfang an die öffentliche Pose dem lästigen Detailkram vor. (46) Herbert Wehner *1906 †1990 Er war der Vulkan im Bonner Parlament, bei Freund und Feind gefürchtet. Er sah sich als Kärrnerseiner SPD, der oft genug den Karren aus dem Dreck ziehen oder polarisieren mußte; deshalb konnte er zu höchsten staatlichen Aufgaben nicht gelangen. Sein Job war Strategie und Taktik der SPD, die Umformung der sozialistischen zur modernen Volkspartei, die er in der Großen Koalition 1966 zur Regierungsfähigkeit führte. WDG: Kärrner: der; - s, - veraltendFuhrknecht, Tagelöhner: O, leben, draußen, als ein Taglöhner, ein Kärrner B. FRANK Trenck 259 Kon|ter|ban|de die; - [frz. contrebandeÿ= Schmuggelware < ital. contrabbando, zusgez. aus: contra bandoÿ= gegen die Verordnung]: 1.(Völkerrecht) für eine Krieg führende Macht bestimmte kriegswichtige Güter, die verbotenerweise von neutralen Schiffen mitgeführt werden. 2.(veraltend) Schmuggelware. (47) Die sogenannte Task Force Border (Einsatzgruppe Grenze) der Oldenburger Fallschirmjägerbrigade 31 soll im karstigen Gebirge an der Grenze zu Albanien „illegale Grenzübertritte verhindern“ und dazu die auf keiner Landkarte verzeichneten Trampelpfade auskundschaften, auf denen Schmuggler und UÇK-Kämpfer heimlich Konterbande und womöglich weiterhin Waffen und Munition ins Land schleusen. (48) Der stellvertretende Bürgermeister von Shenyang soll mehr als sieben Millionen Mark in den Kasinos von Macau verspielt haben, während er offiziell in der Zentralen Parteischule paukte. Der Chef der Anti-Schmuggel- Sondereinheit, Li Jizhou, den Freunde „Sherlock Holmes“ nennen, hat angeblich Lizenzen für 70 000 geschmuggelte Autos ausgestellt. Die Konterbande gelangte auch auf Schiffen der Volksmarine ins Land. (49) Die nächtliche Übergabe kulinarischer Konterbandean der ersten Raststätte südlich von Heilbronn – die Polizei hatte das seltsame Treiben schon länger beobachtet und sich auf die Lauer gelegt fand allwöchentlich statt: Die Frischwaren, am Morgen desselben Tages in den Pariser Markthallen eingekauft, waren bestimmt für zwei Spitzenköche in Deutschland, Lothar Eiermann in Friedrichsruhe und Eckart Witzigmann in München; um Zeit zu sparen, wurde gleich an der Autobahn umgeladen. Nur so, mit einem selbstorganisierten privaten Lieferdienst, ließen sich die hochwertigen Küchenprodukte damals herbeischaffen WDG: Konterbande: die; -, /ohne Pl./ <franz.> zollgesetzwidrig aus- oder eingeführte Ware, Schmuggelware, Bannware: Ihr Toren, die ihr im Koffer sucht! / Hier werdet ihr nichts entdecken! / Die Konterbande, die mit mir reist, / Die hab’ ich im Kopfe stecken HEINE 2,433 (Wintermärchen); /übertr./ verbotene Fracht, Ware: Jeder Brief war Konterbande, ingeniös und aufregend aus dem Lager geschmuggelt A. NEUMANN Es waren iher sechs 297 Kurz|weil DUW: die; - [mhd. kurz(e)wile, auchÿ= kurze Zeit] (veraltend): lustiger, angenehmer Zeitvertreib: [allerlei] K. treiben; etw. nur zur/aus K. machen. (50) Der Mann hat sich wie immer den Plot ausgedacht, alles übrige solide recherchiert ein Handwerker der Literatur. De Winters Art zu schreiben hebt sich wohltuend von den komatösen Zustandsbetrachtungen und Einblicken in das Innere leerer Räume ab, mit denen uns andere Dichter strapazieren. Auch ein langer de Winter ist kurzweilig,sogar nach 400 Seiten möchte man gerne wissen, wie die Geschichte weitergeht, sie ist zwar zu Ende erzählt, aber nicht beendet. Was wird aus Sokolow, der in seinem Universum herumgestoßen wird? Ist Lesjawa wirklich tot? Oder hat er seinen Abgang nur inszeniert, um Sokolow reinzulegen? (51) Die Zuschauer glucksen begeistert. Selten dürfte eine Sitzung des „Arbeitskreises Information, Technik und Gesellschaft“ des CDU-Wirtschaftsrats, Landesverband Hessen, so kurzweilig verlaufen sein: Fische schnappen den Politikern nach der Nase, Haie paddeln gelangweilt vorüber, Rochen segeln majestätisch durch den Raum, schillerndes Licht spielt durch die Unterwasserwelt. (52) Landläufige Oper, wie auch anders, geht hier nicht: kein Plot mit rotem Faden, kein dramatisches Crescendo, weder Konflikt noch Kollaps und schon gar kein Happy- End. Gemessen an all dem, was die Vertonung der thesenreichen Textvorlage erschwert, erweist sich das multimediale Projekt gleichwohl als durchaus taugliches, zeitgemäßes und zeittypisches Stück Musiktheater: Es nimmt sich wichtig, erhebt den Zeigefinger und schafft mit Vorwitz und Firlefanz dennoch eine kurzweiligeRevue über Geschmack und Geschmacklosigkeit moderner Werbeästhetik – hörens-, sehens- und diskussionswert. WDG: Kurzweil: die; -, /ohne Pl./ veraltendZeitvertreib, angenehme Unterhaltung, Scherz: (viel, allerei, mancherlei) K. treiben, haben; dieses Spiel hatte er zur K. erdacht; Alle Götter und Göttinnen... rief er ins Leben zurück und bevölkerte damit sich zur Kurzweil die Landschaft G. KELLER 6,390 (Liebesbriefe) Nach|ma|lig DUW: <Adj.> (veraltend): später (I b): der -e Präsident. (53) Willy Millowitsch, 90. Das gleichnamige Volkstheater existiert seit 1895 in Köln, und sein nachmaligerBesitzer herrschte hier als Prinzipal fast sechs Jahrzehnte lang. (54) Nicht wenige wünschen sich, dass Brandt bei der Bundestagswahl 1990 noch einmal als Kanzlerkandidat antreten könnte. „Wär der Willy doch nur“, sagt einer wehmütig, „zehn Jahre jünger – das wär’s.“ Unter dem Dach des Internationalen Congress Centrums klat-schen ergriffen auch junge Sozialdemokraten aus der DDR: „Ja“, versichert in ihrem Namen Pfarrer Markus Meckel, SDP-Mitbegründer und nachmaliger Außenminister der DDR, „wir werden für den deutschen Einigungsprozess eintreten.“ (55) Der Dandy aus reichem, in den Grafenstand erhobenen Hause, dessen schöne britische Mutter Umgang mit dem Preußenkönig und nachmaligenKaiser Wilhelm I. gepflegt hatte und den haltlose Gerüchte sogar zum leiblichen Sproß des Monarchen erklärten, besaß Geist und Geld genug, sein Kunstprogramm schon einmal als Privatsammler vorzuexerzieren. WDG: nachmalig: Nicht angeführt. Pos|sier|lich DUW: <Adj.> [zu veraltet possieren = sich lustig machen, zu Possen]: (meist von kleineren Tieren) durch bestimmte Verhaltensweisen, durch die Art, sich zu bewegen, belustigend wirkend; niedlich; drollig: ein -es Äffchen; p. aussehen. (56) Es war nicht sehr mutig, aber durch die Umstände geboten, einen kleinen Schlenker zu machen und sich scheinbar in die Auslagen des Zoo-Ladens zu vertiefen. Klopfenden Herzens versenkte ich mich in den Anblick eines possierlichenGoldhamsters, der unbeeindruckt an den metallenen Gitterstäben seines Käfigs nagte. (57) Frau Susan, die große Naive, habe „sämtliche Vereinbarungen nicht eingehalten und dem Projekt nur geschadet“, zürnte der deutsche Hollywood-Produzent Christian von Bentheim: „Jetzt ist Schluß.“ Mitleidig ächzte „Bild“: „Ach, Frau Stahnke …“, und die deutschen Medien trauerten den schönen lustigen Tagen nach, an denen sie ihre Klatsch-Artikel und Sendungen mit unfreiwillig possierlichenAuftritten und dem besinnungslosen Geplapper von „Susan Stänky“ füllen konnten. Denn seit die Ex-„Tagesschau“-Sprecherin in Straps und Mieder für eine Illustrierte posierte und anschließend lauthals verkündete, sie werde eine gediegene Rolle in „The Populist“ spielen, war sie unangefochten die Lachnummer eins der Nation. (58) Der wünschte „der schrecklichen deutschen Sprache“, sie möge „zu den toten Sprachen gestellt werden, denn nur die Toten haben genügend Zeit, um sie zu lernen“. Dabei wirkt deutsches Wortgut überaus possierlich, wenn es sich beispielsweise ins Japanische einnistet. (59) Hemmungslos, so müssen vor allem Frettchen-Novizen schmerzhaft erfahren, beißen diese possierlichenTiere in freudiger Vergeltung liebevoller Pflege die Hand, die sie füttert – das Wehklagen der blutigen Anfänger erfüllt die inzwischen auf einige tausend Seiten angewachsenen Frettchen-Sites im Internet. Auf einer von ihnen kündigt Dr. med. vet. Marion Wiese Neulingen weiteres Mißgeschick an: „Eine hundertprozentige Stubenreinheit ist beim Frettchen leider selten.“ WDG: possierlich: /Adj./ durch eine kleine, niedliche Art spaßig, drollig wirkend: das Kätzchen, der kleine Hund ist ein p. Tierchen; Kinder tanzten... in possierlichen, anmutigen Bewegungen einen Walzer BREDEL Väter 189; die kleinen Äffch waren sehr p.; etw. sieht p. aus, ist p. anzusehen; die Eichkätzchen sprangen p. von Baum zu Baum Recht|schaf|fen DUW: <Adj.> [eigtl.ÿ= recht beschaffen] (veraltend): 1.ehrlich u. anständig; redlich: ein -er Mann; r. sein, handeln; <subst.:> etwas Rechtschaffenes (Ordentliches) lernen. 2. a)groß, stark, beträchtlich: einen -en Hunger haben; b)<intensivierend bei Adj. u. Verben> sehr, überaus, stark: r. müde, satt sein; sich r. plagen müssen. (60) Gott sei Dank, endlich ist er entlarvt, unser ehemaliger Kanzler. Alle, die geglaubt haben, dass er so rechtschaffenund anständig war, sind wie ein Blitz aus heiterem Himmel eines Besseren belehrt worden. Das „System Helmut Kohl“ ist zusammengebrochen wie ein Kartenhaus. Wie muss es nur den treuen Anhängern ergehen? Loffenau (Bad.-Württ.) Dieter Koch (61) Der Gedanke, man könnte im neuen Jahrtausend eventuell zum alten Eisen gehören, kann ja nur ein ganz besonders verzicktes Gehirn umtreiben. Der rechtschaffende Kunstgewerbler geht am besten seinem Tagwerk nach und kümmert sich nicht darum, ob und wie seine Erzeugnisse später noch jemand kratzen. (62) King zeigt, wie das verdrängte Böse als Fluch der Vergangenheit hervorbricht und erst durch mutige Konfrontation bewältigt werden kann. Schuld und Sühne, Liebe und Vergebung – King zeigt sich so moralisch und rechtschaffen, wie seine Fans ihn lieben. WDG: rechtschaffen: /Adj./ ehrlich und anständig, redlich: ein r. Mann: r. Leute; [ein anderer] würde entweder verlegen werden oder rechtschaffen die Wahrheit sagen St. ZWEIG Balzac 261; /übertr./ umg. Einen r. (großen) Hunger haben; er hat sich r. (sehr) plagen müssen, ist r. müde Schel|misch DUW: <Adj.> [frühnhd.ÿ= schurkisch]: 1.in der Art eines Schelms; schalkhaft; verschmitzt. 2.(veraltet) schurkisch; betrügerisch, verbrecherisch, böse. (63) SPIEGEL: Läuft seine Zeit nicht langsam ab? Eisner: Wie wäre so etwas denkbar? Zeigen Sie einem drei Monate alten Baby eine Mickey Mouse, und es fängt an zu lächeln. Ich weiß auch nicht, warum das passiert, aber die Maus lieben alle Amerikaner, Franzosen, Chinesen. Es ist nicht nur die Figur, sondern ihre Kultur, dieses schelmische und dennoch ehrliche und gutherzige Wesen. Wir machen gerade eine neue Fernsehserie mit Mickey, Pluto, Donald und Goofy. Es wird keinen Nachfolger für Mickey geben, die Maus ist unsterblich. (64) Immer war es der Schelmmit Zweireiher und Fliege, der die Programme ausdachte und auch gleich werbewirksam ausposaunte. „Wir sind heute der am besten ausgelastete Konzertsaal der Welt“, brüstet sich dieser Intendant, „wir haben inzwischen die größte Kammermusik-Gemeinde des Kontinents.“ Die Kölner besäßen „den einzigen Klassik-Saal der Welt, der keine Sommerpause macht“ und im Schubert-Jahr 1997 an 38 Abenden sämtliche Lieder des Romantikers geboten habe, „eine weltweit einmalige Sache“. Ohnesorg, der Bäckerssohn aus dem oberbayerischen Weilheim, backt keine kleinen Brötchen. (65) Rolf Ludwig, 73. Er gehörte zu den Schauspielern, die aus Instinkt und mit perfekter Einfachheit spielten. An sein Talent glaubte er selbst nicht. Ludwig brillierte in Shakespeares „Maß für Maß“ als kauziger Häftling, der sich partout nicht zur Hinrichtung bereitfinden will, oder als stets betrunkener Amtsdiener in Gerhart Hauptmanns „Biberpelz“. In britischer Kriegsgefangenschaft entdeckte Ludwig das Theater. Berühmt wurde er in der DDR durch zwei Rollen: den Truffaldino in Goldonis „Diener zweier Herren“ und die Hauptrolle in „Der Drache“ von Jewgenij Schwarz. Defa-Regisseur Egon Günther drehte mit ihm „Der Dritte“ (1972) und „Lotte in Weimar“ (1976). Doch erst „Stein“ (1991), die Geschichte eines alternden Schauspielers im Widerstand, wird für Ludwig „zum Film seines Lebens“. In Italien erhielt er dafür den Fellini-Preis, in Deutschland ging der Film unter. „Einen der letzten Schelmedieser Welt“ nennt Intendant Thomas Langhoff den Schauspieler, der wie nur wenige Komik und Abgrund in einem verbinden konnte. Exzesse gehörten mit zu seinem Leben. (66) Unter der Decke windet sich ein Labyrinth schwarz gestrichener Laufstege. Manchmal steht Scott Trowbridge, 33, hier oben und freut sich über die spitzen Schreie, die im Minutentakt zu ihm hinaufgellen. „Ist das nicht ein herrliches Geräusch?“, fragt er mit schelmischem Grinsen. (67) „Balzac – ein Leben voller Leidenschaft“ riskiert optisch weniger, ohne je unansehnlich zu sein. In diesem europäischen Angriff auf die alte Zeit regieren das Vertrauen auf große Schauspieler und die Kraft der Dialoge. Wie Obelix erwatschelt sich Depardieu den Balzac-Part, schelmisch,täppisch, aber voller Ehrfurcht für den großen Poeten. Und er wird konterkariert von seiner kalten Mutter, die die Moreau souverän hinlegt. Sie spielt, als schaute das alte Europa voller Skepsis, aber auch mit liebender Weisheit auf seine großen Dichter. WDG: schelmisch: /Adj./ 2. veralt. betrügerisch hinterhältig, verlogen: sei der schelmische Friedländer zu schlau gewesen RIC. HUCH Dreißigjähr. Krieg 2,217 Schlech|ter|dings DUW: <Adv.> [aus älterem: schlechter Dinge] (veraltend): geradezu, überhaupt, einfach: das ist s. unmöglich. (68) Es gibt ein Leid, von dem Hölderlin sagt, daß es aus der Zeit falle und in dem sich Anfang und Ende schlechterdings„nicht mehr reimen lassen“. Geschichten neigen zum Gegenteil – ihre Hauptgefahr ist die Tendenz, Auschwitz zu einem Erlebnis der Katharsis, der Reinigung, zu erklären. (69) Psychiater Schumacher erklärte ihn für psychisch gesund und „uneingeschränkt aussagefähig“. Undeutsch versicherte, es sei „schlechterdingsnicht menschenmöglich“, dass Nonne die komplexe und in sich stimmige Geschichte frei erfunden habe. Dazu hätte es einer „erzählerischen Meisterleistung“ bedurft. Die Bundesanwaltschaft behandelte daraufhin Nonne als Kronzeugen und weigerte sich, den vermeintlichen RAF-Helfershelfer wegen Beihilfe zum Mord an Herrhausen anzuklagen. (70) So gibt es Eintragungen zu lesen wie die vom 18. März 1945, schlechterdingsunverfilmbar in ihrer Ambivalenz zwischen Verzweiflung und Ironie: Die Klemperers sind durch die Bombardierung Dresdens fürs Erste den Häschern der Gestapo entronnen, aber noch nicht in Sicherheit. WDG: schlechterdings: /Adv.; partikelhaft, ohne eigentliche Bedeutung; dient als Verstärkung/ umg.einfach, geradezu: das ist s. unmöglich; es ist s. unvorstellbar, dass...; bei ihr kann man sich s. über alles Rat holen; in Berlin, wo man schlechterdings alles finden konnte SEGHERS 6,145 (Die Toten) Trut|zen DUW: <sw. V.; hat> [mhd. (md.) trutzen] (veraltet): trotzen (1). trot|zen<sw. V.; hat> [mhd. tratzen, trutzen, zu Trotz]: 1.(geh.) in festem Vertrauen auf seine Kraft, sein Recht einer Person od. Sache, die eine Bedrohung darstellt, Widerstand leisten, der Herausforderung durch sie standhalten: den Gefahren, den Stürmen, der Kälte, dem Hungertod, dem Schicksal t.; er wagte es, dem Chef zu t.; Üdiese Krankheit scheint jeder Behandlung zu t. (71) Strahlend lauschte Regierungschef Bülent Ecevit in seinem trutzigenAmtssitz der milden Botschaft. Die Türken nehmen Fischer sein moralisches Engagement durchaus ab, deshalb sind sie auch bereit, sich seine moderate Kritik anzuhören und seinen Besuch bei Menschenrechtsgruppen zu akzeptieren. Bei Kohl hatten sie stets das Gefühl, die Deutschen benutzten Menschenrechte nur als taktisches Instrument, um sich die Türken vom Leibe zu halten. (72) Jahrzehntelang hatten die Dortmunder mit Superlativen gelebt. Bierstadt Nummer eins, die Fußballer vom BVB waren die ersten deutschen Gewinner des Europacups der Pokalsieger, wahrscheinlich stammt der Name Dortmund ab vom Althochdeutschen „throtmani“ was „trutzige Männer“ heißen soll. WDG: trutzen: Trutz, der; - es /ohne Pl./ veralt.Gegenwehr, Widerstand: um sein bleibend selbst damit zu verteidigen und Trutz zu bieten dem Fremden TH. MANN 7,662 (Lotte); dazu trutzig /Adj./ Un|ter|setzt DUW: <Adj.> [zu veraltet untersetzenÿ= stützen, festigen, mhd. undersetzen, also eigtl.ÿ= gestützt, gefestigt]: (in Bezug auf den Körperbau) nicht besonders groß, aber stämmig; pyknisch: ein -er Typ. (73) Und das ist nur ein kleiner Teil des eu-ropaweitenChaos, das die Festnahme des untersetztenLandarbeitersohns mit dem markanten Schnäuzer ausgelöst hat. In der vergangenen Woche brach auf, was sich seit Jahrzehnten angestaut hatte. Denn der Kurdenkonflikt ist nicht nur ein seit Jahrhunderten schwelendes regionales Problem, er birgt Sprengstoff mit internationaler Durchschlagskraft. (74) Der kräftige, untersetztwirkende Beamte gilt als Einzelgänger. Ein Mann, der seine Gefühle hinter robustem Auftreten versteckt, der keine Schwächen zeigen kann. Von dem bekannt ist, dass er bei Einsätzen schon mal hart zupackt. (75) Blond, untersetzt, der Blick etwas einfältig so war er damals, als er untertauchte. „Ungehobelt, ein Analphabet“, erinnert sich Buscetta an den jungen Mann. (76) Christine Ney, die Dritte, hüpft von einem Bein aufs andere. Die 24-Jährige aus Ensdorf, klein und untersetzt, beobachtet hinter ihrer Brille nervös die Reaktionen in der Menge, fühlt sich offenbar unsicher. Ab und zu errötet sie. (77) Der untersetzteMann mit den tiefen Schatten unter den Augen war sieben Jahre lang Castros Privatsekretär. Im Mai setzte der Comandante ihn überraschend an die Stelle von Roberto Robaina. „Robertico“, 43, lange der potenzielle Kronprinz, hatte mit seinen Gesprächspartnern in den USA und Europa offenbar zu nachgiebig verhandelt. (78) Eigentlich tut das nur einer: Gerd Schuchardt, Vizepremier und Wissenschaftsminister in der Großen Koalition der Mann, der Dewes nach Thüringen holte. Dem Ostpolitiker einem 1,94-Meter- Hünen, der als Präzisionstechniker bei VEB Carl Zeiss Jena mit Anstand über die DDR-Jahre kam sind die PDS-Avancen des untersetzten, wendigen Dewes zuwider. Bei den beiden, die wie Don Quichotte und Sancho Pansa gegeneinander und miteinander kämpfen, gibt es allerdings einen Unterschied zum Roman: In Erfurt ist Sancho Pansa Dewes unbestritten der Boß. WDG: untersetzt: /part. Adj. Vgl. untersetzten/ von nicht sehr großem, aber stämmigen Körperbau, gedrungen: ein u., breitschultriger, kräftiger Mann; Er war untersetzt und von beinahe athletischem Körperbau NOSSAK Spirale 57; Ein Mensch von u. Gestalt, Statur, Figur Ver|brie|fen DUW: <sw. V.; hat> [mhd. verbrieven] (veraltend): schriftlich, durch Urkunde o.ÿÄ. feierlich bestätigen, zusichern, garantieren: jmdm. ein Recht v.; <häufig im 2.ÿPart.:> verbriefte Rechte, Ansprüche haben. (79) Die beiden Konzernherren haben mit Brüssel ähnliche Probleme: Die EU-Wettbewerbshüter beschuldigen beide Unternehmen, den EU-Bürgern über Jahre hinweg systematisch das verbriefteRecht beschnitten zu haben, ihre Autos in jenem Mitgliedstaat zu kaufen, in dem sie am billigsten sind. (80) SPIEGEL: Reizt Sie die Macht? Thielemann: Als Generalmusikdirektor trägt man Verantwortung, und um die zu übernehmen, braucht man die vertraglich verbriefteKompetenz dazu. Radunski hatte mir seinerzeit sogar angeboten, hier auch alleiniger Künstlerischer Leiter zu werden. (81) Die neueste Forderung aus Jerusalem lehnt Beirut denn auch empört ab. Angeblich, so verlautet aus Geheimdienstquellen, verlangt Barak, dass die libanesische Regierung die etwa 360 000 Palästinenser einbürgert, die seit ihrer Vertreibung aus Israel zum Großteil in elenden Lagern auf ihre Rückkehr warten. Von dem durch die Uno-Resolution verbrieftenRecht auf Rückkehr der Flüchtlinge will Jerusalem nichts wissen. (82) Der fast völlig von Kraus allein geschriebenen „Fackel“ und ihrem Autor widmet das Schiller-Nationalmuseum in Marbach jetzt seine große Jahresschau (bis 31. Oktober). Neben Widmungsbänden, Druckvorlagen in winziger Kritzelschrift und einem von Kraus-Fan Arnold Schönberg eigenhändig gebundenen „Fackel“-Band hat Ausstellungsmacher Friedrich Pfäfflin weitere Überraschungen zu bieten: Manuskripte, in denen der Satiriker schon 1923 vor Hakenkreuzlern warnte, seltene Fotos, Plakate von Lesungen, aber auch den Reisepaß, in dem der Wortwächter sich am 8. Mai 1933 eine mögliche „Reise nach den Vereinigten Staaten von Amerika“ verbriefen ließ. „Das ist schon ein Hammer“, meint der Museumschef, der selbst die Urhe berrechte an Kraus’ Werken verwaltet und sich mit dieser Ausstellung souverän vom Marbacher Amt verabschiedet. Nur mit List konnte er dem Wiener Jüdischen Museum, das vom 23. Juni an ebenfalls eine Kraus-Ausstellung zeigen will, den Paß abjagen: „Ich habe einfach so viel Material bestellt, daß er darunter nicht mehr auffiel.“ (83) Er konnte schon unheimlich skrupellos sein, dieser Johann Wolfgang von Goethe erst recht, wenn keine Freundschaft auf dem Spiel stand. Da hatte etwa 1816 der liberale Biologie-Professor Lorenz Oken aus Jena die eben verbrieftePressefreiheit genutzt und in seiner Zeitschrift „Isis“ kritische Anmerkungen zur fürstlichen Verfassung des kleinen Staates Sachsen-Weimar-Eisenach gedruckt. Prompt riet Minister Goethe seinem Chef, dem Herzog Carl August, zu knallharten Gegenmaßnahmen: Um „die Krankheit auszurotten“, müsse das Blättchen umgehend verboten werden. Demokraten wie Oken seien „nicht zu belehren und nicht zu bändigen“. (84) Diverse Forschungsaktivitäten und Nebentätigkeiten schlagen sich aber auch schlicht auf dem Konto nieder. Die im Grundgesetz verbriefteFreiheit der Forschung und das geltende Recht auf Nebentätigkeit eröffnen ungeahnte Möglichkeiten: florierende Büros von Architektur-Hochschullehrern, lukrative Beraterverträge mit Verbänden und Konzernen, hochdotierte Gutachten von Chemie-Professoren. (85) Auch Erdbebenrisi-ken in Tokio und im kalifornischen San Francisco sind mittlerweile als Anleihe „verbrieft“und werden an der New Yorker Börse gehandelt. Deutsche Versicherungen haben ebenfalls mehrere Anleihen bei Fondsgesellschaften oder anderen Versicherungen platziert. Demnächst sollen auch Privatanleger diese Formen der Geldanlage beziehen können. (86) In dem Brief fordert der Anwalt den Dresdner Oberbürgermeister sowie den Stadtkämmerer auf, den Gläubigern die verbriefteSchuld samt Zinsen zurückzuzahlen. Denn seit 1939 hat Dresden die Anleihe nicht bedient und obendrein Stücke im Wert von insgesamt 299 400 Pfund Sterling nicht zurückgekauft oder getilgt. „Um alle ausstehenden Papiere abzulösen, muß die Stadt knapp fünf Millionen Mark bezahlen“, versichert der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Historische Wertpapiere Hans-Georg Glasemann. Er hält die Forderungen für berechtigt. (87) E N S C H E N Lob und Tadel Bundeskanzler Gerhard Schröder will China bei seinem Besuch in dieser Woche für historische Verdienste loben, um die Regierung in Peking vorsichtig zu stärkerer Achtung der Menschenrechte zu bewegen. Zu Tausenden hatten deutsche Juden während der Hitler-Diktatur Zuflucht in China gefunden; am Donnerstag wird Schröder deshalb die ehemalige Synagoge in Schanghai besuchen. Dieser „Anknüpfungspunkt“ werde Gelegenheit geben, so ein Kanzlerberater, über Chinas heutiges Verhalten in der Menschenrechtsfrage zu sprechen. Der Kanzler, von einer großen Unternehmerdelegation begleitet, will harte Kritik jedoch meiden, um die erhofften Erfolge bei den deutsch-chinesischen Wirtschaftskontakten nicht zu gefährden. Aus der Menschenrechtsfrage, so ein Spitzendiplomat, sei „die Luft raus“. Antje Vollmer, mitreisende grüne Vizepräsidentin des Bundestags, möchte in Peking das heikle Thema des besetzten Tibet ansprechen. Bereits 1995 hatte sie den ersten offiziellen Empfang für den Dalai Lama, das geistige Oberhaupt der Tibeter, im Bundestag veranstaltet. Ihr Vorschlag: Die Chinesen sollten allen Religionen verbriefteRechte einräumen. SIPA PRESS Vollmer, Dalai Lama 1995 in Bonn WDG: verbrieft: /oft im Part. Prät./ verbriefte Ansprüche, Rechte Ver|lus|tig DUW: [mhd. verlustecÿ= Verlust erleidend]: in den Wendungen einer Sache v. gehen(Amtsdt.; etw. einbüßen, verlieren): er ist seiner Privilegien, seiner Stellung v. gegangen; jmdn. einer Sache für v. erklären(Amtsdt. veraltend; jmdm. etw. absprechen, nehmen): er wurde der bürgerlichen Ehrenrechte für v. erklärt. (88) Dem von internen Machtkämpfen geschüttelten Vorstand der Deutschen Bahn AG sind nicht nur die Planungen für Tunnel und Lehrter Zentralbahnhof entgleist. Auch ihr Berliner Führungspersonal ging reihenweise verlustig. (89) Heute sind die Kulturhäuser der osteuropäischen Staaten verwaist, die Dissidentenzirkel arbeitslos und ihrer Aura verlustig. (90) Prinz Philipp, 78, Ehemann der britischen Königin, soll seines Postens als Kanzler der Universität Cambridge verlustiggehen. Dem Präsidenten der Cambridge Students Union sind die Sprüche des Prinzgemahls längst zu politisch unkorrekt, um ihn länger auf dem Posten zu halten, den er auf Grund königlicher Huld 1977 erhielt. Besonders missfielen den Studenten die blaublütigen Redensarten über „schlitzäugige“ Chinesen und inkompetente „indische Elektriker“. WDG: verlustig: /nur in den Wendungen/ papierdt. einer Sache v. gehen, werden etw. verlieren, einbüßen: jmd. geht eines Rechtes, Vorteils, Amts v.; er hat gekündigt und ist dadurch der Prämie v. gegangen; jmdn. einer Sache (für) v. erklären erklären, dass jmd. etw. verloren, eingebüßt hat: der König wurde seines Throns v. erklärt Ver|ma|le|dei|en DUW: <sw. V.; hat> [mhd. vermal(e)dien, zu maledeien] (veraltend): verfluchen, verwünschen: jmdn. v.; <meist im 2. Part.> (ugs.) dieses vermaledeite Auto springt wieder nicht an. (91) Der einzige Skipper, der während der Kanonade sein Steuerhaus nicht geräumt hat, ist Rentner Albert Konicek aus Wien. Er sagt, die Serben hätten ihm sein Boot damals tüchtig vermaledeit. „Sie hockten da oben auf den Bergen und machten Zielschießen auf Luxusjachten, wenn sie besoffen waren.“ WDG: vermaledeit: /Adj./ <franz.> veralt.verflucht, verwünscht: dieses dreimal v. Rheuma! Ver|schro|ben DUW: <Adj.> [eigtl. mundartl. stark gebeugtes 2. Part. von veraltet verschraubenÿÿ= verkehrt schrauben] (abwertend): (in Wesen, Aussehen od. Verhalten) absonderlich anmutend: ein -er Kauz; -e Ansichten; ein wenig v. sein. (92) Die Eingangsformel der „Kaiserlichen Botschaft“, die Reichskanzler Otto von Bismarck am 17. November 1881 vor dem Reichstag in Berlin verlas, war so altertümlich und verschroben wie eh und je: „Wir, Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc., thun kund und fügen hiermit zu wissen …“ WDG: verschroben: /Part. Adj./ absonderlich, seltsam, schrullig, wunderlich: eine etwas v. alte Dame; v. Ansichten haben; er war kein schlechter Kerl, nur durch und durch verworren und v.; seine Begründung erschien uns seltsam und v. Vor|schub DUW: der; -[e]s, Vorschübe [zu vorschieben]: 1.(veraltet) Begünstigung, Förderung, Unterstützung: *jmdm., einer Sache V. leisten/(geh. auch:) tun(die Entwicklung einer Person, Sache begünstigen): der Umweltzerstörung, dem Verbrechen, dem Radikalismus, der Diktatur V. leisten. 2.(Technik) Vorwärtsbewegung eines Werkzeugs od. Werkstücks [während eines Bearbeitungsablaufs u. der dabei zurückgelegte Weg]. 3.(EDV) (bei einem an eine Datenverarbeitungsanlage angeschlossenen Drucker) Transport des Papiers bis zu einer bestimmten Stelle, an der das Drucken fortgesetzt werden soll. (93) Das Bündnis war eine Allianz des Mißtrauens. Jeder Kontakt mit den Sowjets wurde argwöhnisch belauert. Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, verdächtigte 1978 Kanzler Schmidt, mit seiner Ostpolitik einer „Finnlandisierung“ der Bundesrepublik Vorschubzu leisten. (94) „Es drängt sich der Schluß auf, daß die Globalisierung und ihre sozialen Folgen eher autoritären als demokratischen Verfassungen Vorschubleisten. “ Ralf Dahrendorf in der „Zeit“ vom 14. November 1997 (95) Die Amerikaner und die Nato ihrerseits bestehen im Kosovo auf einem multiethnischen Protektorat, das folgerichtig auch eine multinationale Friedenstruppe mit russischer Beteiligung in der ganzen Provinz erfordert. Nur hatte die Nato dummerweise, als sie ihre ursprüngliche Kosovo- Friedenstruppe in national getrennte Sektoren aufteilte, im Grundsatz dem russischen Konzept Vorschub geleistet. (96) Denn: Der Besitz der Welfen, der nach 1945 auf Anordnung der russischen Besatzungsmacht im heutigen Sachsen-Anhalt enteignet worden war und um dessen Rückübertragung sich der Prinz bemüht, ist Aberhunderte von Millionen wert. Gebunden ist die Freigabe der Besitztümer jedoch an zwei gesetzliche Bedingungen: ¹ Rückgeführt werden können nur „Mobilien“ wie Antiquitäten, aber weder Grundbesitz noch Immobilien – Ausnahme: Der Enteignete war Ausländer; der Anspruch auf Rückgabe der Kunstgegenstände erlischt, falls der einstige Besitzer „dem nationalsozialistischen System Vorschubgeleistet“ hat. (97) M. WITT S E X UA L I TÄT Einfühlsamer Pinsel Von allen intimen menschlichen Körperteilen war bisher die weibliche Brust unbezweifelbar der am häufigsten abgebildete. Doch nun erobert sich scheu, aber stetig der Penis einen Platz in den Medien. Filme wie die britische Männerstrip-Komödie „Ganz oder gar nicht“ leisteten der Entwicklung Vorschub, zeitgleich mit dem amerikanischen Präsidenten und jenen Prominenten, die sich mit überraschender Ehrlichkeit als Viagra-Konsumenten outeten. (98) Der Flick-Manager bestätigt 1985 vor dem Landgericht Bonn, dass Frau Weber „schon mal für Herrn Kohl Geld empfangen hat“. Mindestens vier Mal, so steht fest, hat Kohls Vertraute bis zu 50 000 Mark abgeholt. „In der Ära Kohl“, so von Brauchitsch in seinen Memoiren, „gab es gesetzliche Bestimmungen, die unseriösen Praktiken Vorschubgeleistet haben.“ (99) Zu ihrem vielarmigen Zangenangriff gehörten der Kapitalismus und, in absurder Nachbarschaft dazu, der Bolschewismus, die Demokratie und der Pazifismus eben so wie die Kriegstreiberei sowie überhaupt jene verderbliche Botschaft von der Gleichheit aller Menschen, die einer universellen „Bastardisierung“ Vorschubleistete. Wo immer man den Verhältnissen auf den Grund ging, kam der „Weltvergifter der Völker“ zum Vorschein, der sich gleichsam außerhalb der für alle geltenden Regeln gestellt und folglich jedes Daseinsrecht verwirkt hatte. (100) Dann jedoch kann das Gesamtschulsystem eine zukunfts- und international wettbewerbsfähige Alternative zum gegliederten Schulwesen werden; eine Alternative, die gesellschaftlichen Zerfallsprozessen zumindest keinen Vorschubleistet. (101) Intern rechtfertigte May damals die Verweigerung seiner Unterschrift mit der Begründung, er habe einer versteckten Parteienfinanzierung keinen Vor-schub leisten wollen. Die Quittung bekam er wenig später: May musste gehen. Die Abfindung – rund 180 000 Mark musste er mit Weyrauch aushandeln. WDG: Vorschub: der; - (e)s, Vorschübe 1. /nur in der festen Verbindung/ jmdm, einer Sache V. leisten jmdm. bei einer tadelnswerten Sache, etw. Tadelnswertes begünstigen: mit seinem sorglosen Verhalten hat er dem Gegner V. geleistet; eine geschwächte Konstitution kann der Krankheit V. leisten. 2. Techn.Vorwärtsbewegungeines Werkzeugs oder Werkstücks bei der spanabhebenden Bearbeitung An Werkzeugmaschinen: ein großer, kleiner V.; der automatische V. arbeiten; einen bestimmten V. einschalten. Vor|witz DUW: der; -es [mhd. vor-, virwiz, ahd. furewizze, firiwizzi, eigtl.ÿ= das über das normale Wissen Hinausgehende; Wunder, zu Witz in dessen alter Bed. »Kenntnis, Wissen« u. einer alten Nebenf. von ver- im Sinne von »hinüber, über etw. hinaus«] (veraltend): 1.[leichtsinnige] Neugierde: der Vorwitz der Jugend gegenüber allem, was neu ist. 2.(meist in Bezug auf Kinder) vorlaute, naseweise Art. (102) Desgleichen hinderten die USA andere Staaten – Nordkorea etwa, Irak, aber auch Russland – daran, sich militärische Kapazitäten zuzulegen, welche die Überlegenheit der eigenen Streitkräfte womöglich gefährden könnten. Sogar Verbündeten gegenüber erklärten die USA eigenes Recht für verbindlich und drohten ausländischen Firmen, die vorwitzigmit Kuba Handelsbeziehungen aufnahmen, Sanktionen an. (103) Landläufige Oper, wie auch anders, geht hier nicht: kein Plot mit rotem Faden, kein dramatisches Crescendo, weder Konflikt noch Kollaps und schon gar kein Happy- End. Gemessen an all dem, was die Vertonung der thesenreichen Textvorlage erschwert, erweist sich das multimediale Projekt gleichwohl als durchaus taugli-ches, zeitgemäßes und zeittypisches Stück Musiktheater: Es nimmt sich wichtig, erhebt den Zeigefinger und schafft mit Vorwitzund Firlefanz dennoch eine kurzweilige Revue über Geschmack und Geschmacklosigkeit moderner Werbeästhetikhörenssehens- und diskussionswert. WDG: Vorwitz: der; - es, /ohne Pl./ vorlautes Wesen, das sich in unangemessener Neugier, keckem Besserwissen äußert: er tadelt den V. des Kindes; sein V. treibt ihn dazu, kann ihm verhängsnisvoll werden; er nannte den Mount Everest, der dem Vorwitz des Menschen bis dato eisige Ablehnung entgegengesetzt habe TH. MANN 2,983 (Zauberb.) Wohl|weis|lich DUW: [auch: 'þ'þÿþ] <Adv.>: aus gutem Grund: etw. w. tun, unterlassen; w. nicht auf etw. eingehen. (104) Je mehr sich Schlömer – durchaus legitim und willkommen – von Wagners szenischen Wegweisern absetzt, um so hektischer arrangiert er einen personalen Dauerlauf zwischen Unterwelt und Götterburg, die der Komponist Wagner durch Verwandlungsmusiken wohlweislichgetrennt hat. Und wenn schon: Schlömer macht alles eins und lädt an seinem Brunnen vor dem Tore zur Rushhour. (105) Ihre Artikel erwecken den Eindruck, als ob in der Kommission ausschließlich korrupte Politiker sitzen, die die europäischen Bürger (oder wollen Sie eigentlich sagen: das deutsche Volk?) ausbeuten. Dem muß, durchaus mit Rückendeckung des Sachverständigenberichts, widersprochen werden. Hier heißt es nämlich in den wohlweislich ignorierten Teilen: ,,Der Ausschuß fand keine Fälle, in denen ein Kommissar direkt und persönlich in betrügerische Aktivitäten verwickelt gewesen wäre. (Allerdings fand er Fälle, in denen Kommissare oder die Kommission insgesamt die Verantwortung für Fälle von Betrug, Unregel- mäßigkeiten tragen ...) Darüber hinaus keinen Beweis dafür, Kommissar durch Betrug, Unregelmäßigkeiten oder Mißmanagement einen finanziellen Vorteil verschafft hätte.“ (106) Vorsicht: Stolpergefahr! Während Duchamp Kinderspiele in der Galerie anregte (und der Eröffnung fernblieb), müssen Rhoades und seine Helfer selbst auf der Hut sein. Denn ihr aus Dreiecksplatten zusammengesetzter Garten Eden hat kein Geländer, doch bedrohliche Klüfte. Wer hinunterfällt, erlebt einen wahren Sünden-Fall und bricht sich leicht den Hals. Plastikschlangen winden sich halbhoch durchs Gerüst; unten liegen schlaffe Puppen herum wie Abgestürzte. Wohlweislichwird dringend empfohlen, sich anzuseilen. (107) Gleichheit hervor. Im wohlklingenden Dreiklang von Liberté, Egalité und Fraternité war diese Gleichheit schnell die alles übertönende Posaune. An die Stelle eines wohlweislichvage formulierten Glücksversprechens trat ein Ideal materieller Gleichheit, das die Gesellschaft de facto auf eine Art Familienverbund zurückschraubt: Alle Menschen sind Brüder, und wehe dem, der da aus der Reihe tanzt. WDG: wohlweislich: /Adj./ aus gutem Grund, nach gründlicher Überlegung: jmd. schweigt w.; sich etw. w. überlegen; er vermied es w., seine Bedenken laut werden zu lassen; er behielt seine Meinung w. für sich; er hütete sich w., seinen Verdacht zu äußern; w. verriet er seine Absicht nicht; 3.2.2 Markierungen im Kontext Die in Liste F angeführten insgesamt 107 Kontextbelege betreffen nur 29 von den 84 untersuchten Wörtern und hierbei, wegen der Beschränkung auf < 10 Kontexte, den Teil, der relativ gering belegt ist ( ³ 0.1 % ). Alle 29 Untersuchungswörter haben im DUW die Zeitmarkierung „veraltet“ oder „veraltend“. Über diese Zeitmarkierungen hinaus finden sich weitere Markierungen im DUW und WDG, die etwas über angebliche oder konventionalisierte Gebrauchspräferenzen aussagen und mit anderen derartigen Markierungen (z. B. im WDG) verglichen werden können. Da die Markierungspraxis in deutschen Wörterbüchern aber noch keineswegs standardisiert ist,146 die Angaben oft spontan, aber nicht systematisch vergeben zu sein scheinen, soll hier über die Zeitmarkierungen hinaus eine vereinfachte Typologie von Gebrauchsmarkierungen erstellt werden, die sich an den stilistischen Funktionen orientiert, die in der Forschung diskutiert werden (vgl. oben 1.4.2 und 2.1).147 Prinzipiell lässt sich eine Gruppe von Verwendungsweisen von Archaismen, die positive Effekte haben (Aufwertung), von solchen Verwendungsweisen abheben, die negative Effekte mit sich bringen (Abwertung). Dazwischen könnte eine eher neutrale Verwendungsweise stehen, die lediglich eine historisierende Funktion hat. Bei der Gruppe der aufwertenden Verwendungen kann man zwischen einer sehr starken Aufwertung durch Ritualisierung, einer relativ hohen pathetischen Aufwertung und einer poetischen Aufwertung unterscheiden. Bei den abwertenden Funktionen kann man vielleicht zwischen einer niedrigen Form der Abwertung durch Distanzierung, einer stärkeren Abwertung oder Infragestellung durch Ironie und einer massiven Abwertung in Form einer Karikatur trennen. Diese hypothetische Funktionstypologie, die auf das Belegmaterial anzuwenden ist, kann daher wie folgt schematisch dargestellt werden: 146 Vgl. dazu auch Ludwig (1991), S. 47 ff. 147 Vgl. auch Cherubim (1995), S. 35 f. Verwendungsfunktionen von Archaismen rituell pathetisch + aufwertend poetisch historisierend ± neutral distanziert ironisch - abwertend karikierend Betrachtet man jedoch die hier zusammengestellte Auswahl von 107 Kontextbelegen zu den 29 Stichwörtrern näher, so lassen sich spezielle stilistische Funktionen im unmittelbaren Kontext nicht ausmachen. Vielmehr wird man in den meisten Fällen aus der dominanten Stilhaltung des Mediums generell (vgl. oben 3.2) auch auf die Verwendungscharakteristik in den einzelnen Belegen schließen können; es sei denn, es finden sich ausdrückliche Hinweise / Markierungen, die sich in einer bestimmten Weise interpretieren ließen. Aber auch die Gebrauchshinweise der Wörterbücher (DUW, WDG), die dazugestellt wurden, liefern selten mehr als eine (konventionelle?) semantische Paraphrase und weitere, häufig literarische Belege. So überwiegt der Eindruck eines vorwiegend „preziösen“, kritisch-distanzierenden Gebrauchs, der zusätzlich durch die Häufung stilistisch auffälliger Wörter (z. B. bei Backfisch148, Hagestolz, Kärrner, kurzweilig, possierlich, rechtschaffen, schelmisch, verlustig) oder durch pointierende Verwendung (z. B. bei Befflissenheit, Vorschub [leisten], wohlweislich) verstärkt wird. Da wo die Wörterbuchinterpretamente einen stilistischen Hinweis geben (z. B. „papierdeutsch“ bei Behuf, [sich ins] Benehmen [setzen]), erweist es sich für die vorliegende Verwendung eher als unpassend. 148 Im Falle des Belegs (6) b) wird außerdem noch mit Remotivierung (Backfisch ~ Fisch) durch Setzung eines entsprechenden Attributs (krosser B.), also mit einem Wortspiel gearbeitet. D. Auswertung der Ergebnisse Der hier vorgelegte Versuch einer explorativen Materialanalyse zum Phänomen der Historisierung von einzelnen Sprachen oder Sprachmitteln macht viele Probleme deutlich, die dringend weiterer Untersuchungen bedürfen. Historisierung von sprachlichen Mitteln z. B. zeigt sich auf zwei Ebenen: Der Ebene des Sprachgebrauchs und der Ebene des Sprachbewusstseins. Auf beiden Ebenen Date: 2015-12-17; view: 1042
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