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Worschatzerweiterung

durch semantische Derivation bzw. Bedeutungswandel

Plan:

 

1) Die Definition des Bedeutungswandels (der semantischen Derivation);

2) Die Ursachen des Bedeutungswandels;

3) Die Arten des Bedeutngswandels;

4) Der Bedeutungswandel und das lexikalisch-semantische System.

Unter dem Bedeutungswandel oder der semantischen Derivation versteht man die Bedeutungsveränderung der Wörter, die sich im Laufe der Zeit bei den sprachlichen Zeichen einstellt, bedingt durch das Wesen und den Charakter der Sprache als gesellschaftlichen Phenomens.

Die Teildisziplin der Lexikologie, die die Bedeutung der Wörter und die Wandlung der Bedeutung der Wörter erforscht, heißt Semasiologie oder Semantik. Der Terminus Semantik ist griechischer Herkunft: semantikos – eigentlich „der Bezeichnende“, „der Bedeutende“. Die Semantik des Wortes ist also die Bedeutung des Wortes. Der Bedeutungwandel gehört zu einem der Hauptwege der Bereicherung des Wortschatzes der Sprache.

Die Bedeutung des Wortes läßt sich nicht als etwas Konstantes, Beständiges, als etwas für alle Zeiten Stabiles betrachten. Die Bedeutung des Wortes kann sich ändern. Das geschieht oft gleichzeitig mit der Veränderung der Denotate (Gegenstände und Erscheinungen).

Die Gegenstände und Erscheinungen der Wirklichkeit befinden sich in einem Zustand dauernder Veränderung, deshalb tritt der Bedeutungswandel gesetzmäßig in Zusammenhang mit dem Sachwandel ein.

z.B.: Bleistift bedeutet heute einen von Holz umschlossenen Grafitstift zum Schreiben. Die im 17. Jahrhundert belegte ursprüngliche Form Bleystefft zeugt davon, dass die Stifte zum Schreiben aus einem anderen Material hergestellt wurden. Die Form blieb unverändert, obwoh sich der Gegenstand (und damit auch teilweise die Bedeutung) verändert hatte.

Außer diesem Bedeutungswandel gibt es eine Veränderlichkeit der Bedeutung von einer viel komplizierteren Art. Das geht aus der Analyse alter Sprachdenkmäler deutlich hervor. In der Zeit von Vogelweide (im 12. Jahrhundert) bezog sich das Verb fließen auf die Fische, heute – nur aufs Wasser.

Auch in der Gegenwart entstehen die Bedeutungsveränderungen, die mit den Veränderungen im gesellschaftlichen Leben zusammenhängen. So etwickelte sich auf Grund der älteren (religiösen) Bedeutung des Lexems Pate (jemand, der bei der Taufe eines Kindes als Zeuge anwesend ist und für die christliche Erziehung des Kindes mitverantwortlich ist) eine neue, zusätzliche Bedeutung. z.B.: Ehrenpate, Klassenpaten, Ehepate.

 

Ein weiteres Beispiel: So ist Huhn nicht nur Bezeichnung einer Geflügelart, sondern auch einer Person mit salopper Bedeutung.

z.B.: Dieser Mensch ist ein dummes, verdrehtes, verrücktes Huhn.

Waschlappen ist nicht nur ein Stück Stoff (zum Waschen, Wischen, Polieren), sondern eine umgangsprachliche abwertende Bezeichnung für einen feigen, energielosen, charakterschwachen, weichlichen Menschen.



Die Ursachen des Bedeutungswandels

 

Die meisten deutschen Wörter haben mehrere Bedeutungen und sehr oft entstehen neue Bedeutungen eines Wortes durch den Bedeutungswandel, der durch viele Ursachen bedingt ist. Was diese Ursachen anbetrifft, spricht man von linguistischen (sprachlichen) und extralinguistischien (außersprachlichen : historischen, sozialen und sogar psychischen) Gründen. Zu den wichtigsten Gründen kann die Sprachökonomie gezählt werden. Die Zahl der Denotate (Gegenstände und Erscheinungen der Wirklichkeit) ist unendlich, die Zahl der Wörter ist dagegen begrenzt, deshalb erhalten die Wörter neue Bedeutungen.

Die extralinguistischen Ursachen können verschiedener Natur sein. Am häufigsten ist es historisch-kultureller Wandel im Leben der Menschen, der zur Entwickling neuer Begriffe führt. Die Veränderung von Denotaten (Gegenständen) kann auch zum Bedeutungswandel führen. Viele Wörter werden zunächst nur von einer engeren sozialen oder beruflichen Gruppe als sozialbeschränktes Wort oder Fachausdruck gebraucht. Später können diese Wörter in die allgemeine Sprache übergehen. Auch der Wunsch, den sprachlichen Eindruck zu verstärken oder zu mindern, kann eine Ursache des Bedeutungswandels sein (das Streben nach Ausdrucksverstärkung oder Affekt und das Streben nach Ausdrucksabschwächung oder Euphemismus).

Die allerwichtigste Ursache des Bedeutungswandels ist in der Divergenz (im Widerspruch) zwischen begrenzter Wortzahl und Unendlichkeit der Erscheinungen zu suchen.

Unter den wichtigsten extra- und intralinguistischen Ursachen sind folgende zu nennen:

1) Die gesellschaftliche Entwicklung lässt neue Begriffe entstehen;

2) Der Sachwandel ruft in sprachlichen Zeichen den Bedeutungswandel hervor;

3) Das Ziel der sprachlichen Tätigkeit:

a) Das Streben nach Ausdrucksverstärkung (nach dem Affekt),

b) Das Streben nach Ausdrucksabschwächung (Euphemismus),

4) Die Wechselbeziehungen zwischen dem allgemeinen Wortschatz und dem Fach- und

Sonderwortschatz :

a) Spezialisierungder Bedeutung beim Wechsel eines Wortes aus der Allgemeinsprache in

die Gruppensprachen,

b) Generalisierung(Verallgemeinerung)der Bedeutung beim Übergang eines Wortes aus

der Berufsprache in die Allgemeinsprache.

Die Arten des Bedeutungswandels

 

Es gibt zwei Systeme der Gliederung des Bedeutungswandels, ein logisches und ein psychologisches. Die logische Klassifikation basiert auf dem quantitativen Vergleich der Bedeutungen eines Wortes vor und nach dem Bedeutungswandel. Die psychologische Gliederung geht von Assoziationen aus. Die logische Klassifikation wird von Linguisten bevorzugt, weil sie einfacher ist und alle Fälle des Bedeutungswandels umfaßt. Nach dieser Klassifikation lassen sich folgende Arten des Bedeutungswandels unterscheiden:

  1. Bedeutungserweiterung;
  2. Bedeutungsverengung;
  3. Metaphorische Übertragung der Namensbezeichnung;
  4. Metonymische Übertragung der Namensbezeichnung;
  5. Wertsteigerung (Melioration) und Wertminderung (Pejoration) der Bedeutung;
  6. Euphemismus;
  7. Übertreibung der Wortbedeutung (Hyperbel);
  8. Abschwächung der Wortbedeutung (Litotes).

Der Bedeutingswandel ist nicht nur in einzelnen Wörtern, sondern auch in Wortverbindungen zu finden.

 

Gehen wir auf die Arten des Bedeutungswandels ein :

I) Die Bedeutungserweiterung meint die Erweiterung des Bedeutungsumfanges eines Wortes nach dem Prozess des Bedeutungswandels. Der parallele Terminus ist die Generalisierung der Bedeutung. Anders gesagt ist die Erweiterung der Bedeutung das Resultat der Entwicklung des semantischen Umfangs des Wortes vom Einzelnen zum Allgemeinen, vom Konkreten zum Abstrakten. Die Bedeutung des Wortes erweitert sich, und das Wort selbst beginnt einen weiteren Begriff zu bezeichnen. Die Bedeutungserweiterung besteht also in der Verallgemeinerung der ursprünglichen Bedeutung.

z.B.: machen ist ein westgermanisches Wort, verwandt mit dem englischen Wort make, auch mit dem griechischen Wort massein (kneten), mit dem russischen Wort ìàçàòü. Das Wort machen bedeutete zuerst „kneten, formen, zusammenfügen (beim Lehmbau). Später entwickelte sich die Bedeutung „zurechtmachen, in Ordnung bringen“. Die Bedeutung hat sich verallgemeinert. Heute gehört machen zu den Lexemen mit erweiterter semantischer Grundlage.

 

fertig – abgeleitet aus dem Substantiv Fahrt, bedeutete im Ahd. und Mhd. „zur Fahrt bereit, reisefertig“. Dann enwickelte sich die Bedeutung „bereit“, die zur Entstehung der Bedeutung „zu Ende gebracht,“ führte. Es geht um die Bedeutungsentwicklung vom Konkreten zum Abstrakten, vom Einzelnen zum Allgemeinen.

 

Die Entwicklung der Bedeutung führt zur Erweiterung des Gebrauchsgebietes des Wortes:

 

Stube, ursprünglich „Heizvorrichtung für ein warmes Bad“, dann „ein mit dieser Vorrichtung versehenes Badezimmer“, später „ein heizbares Zimmer“ und endlich „ein Zimmer“ überhaupt;

 

Mütze, ursprünglich „Kleidungsstück eines Geistlichen, das Kopf und Schultern bedeckte“, heute - „Kopfbedeckung“.

 

In der Regel führt die Erweiterung des semantischen Wortumfangs nicht zur Mehrdeutigkeit des Wortes und ist mit dieser nicht identisch. Für ein polysemes Wort ist kennzeichnend, dass dieses Wort mehrere Denotate (Gegenstände und Erscheinungen) bezeichnet und infolgdessen auch mehrere Bedeutungen besitzt. Für die Erweiterung der Bedeutung ist dagegen typisch, daß ein Wort nur ein Denotat (Gegenstand und Erscheinung) bezeichnet, das heißt nur eine allgemeine sachliche Bedeutung besitzt, der semantische Umfang und das Gebrauchsgebiet des Wortes hat sich aber erweitert. Der parallele Terminus für die Bedeutungserweiterung ist die Generalisierung der Bedeutung. Die Bedeutungserweiterung ist oft eine Begleiterscheinung des Übergangs der Wörter aus einem fachsprachlichen Bereich in die Allgemeinsprache.

 

II) Die Bedeutungsverengung besteht darin, daß ein Wort mit einem ursprunglichen breiten Bedeutungsumfang später nur noch einen Teil der Bedeutung aufweist. Der parallele Terminus heißt Spezialisierungder Bedeutung.

Die Verengung der Bedeutung entsteht als Ergebnis der semantischen Entwicklung eines Wortes vom Allgemeinen zum Einzelnen, vom Abstrakten zum Konkreten. Die Bedeutung des Wortes verengt sich, und das Wort beginnt infolgdessen einen engeren, einen Einzelbegriff auszudrücken. Die Verengung des Bedeutungsumfangs führt auch zur Begrenztheit des Gebrauchsgebiets des Wortes mit sich:

Dach, ursprünglich allgemein „das Deckende“, heute nur „das Dach eines Hauses“;

Lid, ursprünglich „Deckel“ überhaupt, heute nur „Augendeckel“;

Brief, ursprünglich „kurzes offizielles Schriftstück“, „Urkunde“, heute „eine schriftliche Mitteilung auf Entfernung, die gewöhnlich per Post gesandt wird“.

fahren bezeichnete ursprünglich jede Art der Fortbewegung (fahrendes Volk, der Fuchs fährt aus dem Bau, mit der Hand über das Gesicht fahren). Heute versteht man darunter die Fortbewegung mit Hilfe von Rädern.

reiten bedeute im Mittelalter jedes Schauckeln mit Fortbewegung (in einem Wagen, Schiff usw.). Heute bezeichnet das Verb die Fortbewegung nur mit dem Pferd.

 

III) Bei der Bedeutungsübertragung werden neue Sachverhalte mit bereits bestehenden Formativen auf Grund einer Ähnlichkeit, einer Assoziation benannt. Je nach den Assoziationen unterscheidet man die Arten der Bezeichnungsübertragung.

 

Die Ähnlichkeit zwischen 2 Begriffen ergibt die Metapher, eine unmittelbare Beziehung zwischen 2 Begriffen ergibt die Metonymie.

 

Metapher (meta – „über“, phero – „trage“) ist die Übertragung der Namensbezeichnung auf Grund einer äußeren oder inneren Ähnlichkeit. Für die Metapher ist ein latenter Vergleich kennzeichnend.

z.B.: Schlange – eine lange Reihe wartender Menschen - ist eine metaphorische Übertragung der Bezeichnung „Schlange“ (Schuppenkriechtier) auf Grund äußerer Ähnlichkeit.

 

Die Metapher ist erstens ein Prozess und zweitens das Resultat der Bezeichnungsübertragung – die neue übertragene Bedeutung des Lexems.

Die Metaphern sind polyfunktional. Sie können eine rein benennende Funktion erfüllen. z.B.: Feldschlange – ïîëåâàÿ çìåÿ, Heizschlange – çìååâèê und eine wertende, oft abwertende Funktion,

wie z.B.: Du, falsche Schlange!

 

Eine metaphorische Übertragung kann auch auf Grund einer Ähnlichkeit nach der Funktion erfolgen.

z.B.: Feder bedeutete ursprünglich „zum Schreiben zugeschnittene Feder eines Vogels“, dann wurde das Formativ auf Stahlfeder übertragen auf Grund derselben Funktion.

Fensterscheibe – bezeichnete ursprünglich „eine runde Butzenscheibe“, d.h. eine runde, in der Mitte verdickte Glrasscheibe. Heute bleibt das Formativ, obwohl das Glas nicht mehr rund ist.

 

Eine Sonderart der Metapher ist Synästhesie, d.h. die Übertragung von einem Sinnesbereich auf einen anderen, z.B.: von akustischer zur optischer Wahrnehmung: schreiende Farben, von optischer zur akustischen Wahrnehmung: eine helle Stimme.

 

Die Erweiterung des Bedeutungsumfanges von Lexemen durch metaphorische Bezeichnungsübertragung ist in der Gegenwartsprache sehr produktiv.

 

Es gibt zwei Arten der Metaphern: die stilistische und die lexikalische. Die stilistische Metapher ist viel ausdrucksvoller, bildhafter als die lexikalische, aber schafft keine neuen Bedeutungen der Wörter. Sie dient nur stilistischen Zwecken: die Flamme der Liebe, ein Strom von Erinnerungen.

Es gibt verschiedene Abarten der Ähnlichkeit, die die metaphorische Übertragung hervorrufen können:

1) Ähnlichkeit der Form: Nadelkopf, Landzunge, Flaschenhals, Bergrücken, Stuhlbein, Schlange in der Bedeutung „eine Reihe wartender Menschen“, Augapfel;

2) Ähnlichkeit der Charakterzüge oder des Äußeren: ein schöner Mann – Apollo, eine schöne Frau – Venus, ein eifersüchtiger Mensch – Othello;

3) Ähnlichkeit eines inneren Merkmals, einer Eigenschaft: bittere Worte, süßer Ton, trockene Worte, harte Stimme;

4) Eine große Gruppe von Metaphern bildet die Übertragung vom Tier auf den Menschen: Hund = „gemeiner Kerl“, Fuchs = „listiger Mensch“, Esel = „dummer Mensch“, Schwein = „schmutziger Kerl“, büffeln, ochsen = „strumpfsinnig lernen“;

5) Eine ganz besondere Art der Metapher ist die Personifizierung, die Übertragung der Eigenschaften eines Lebewesens auf Gegenstände oder Erscheinungen: der Wind erhebt sich, die Augen sprechen, die Jahre gehen, das Leben geht weiter;

6) Ähnlichkeit der Funktion: Fuß eines Berges, eines Gefässes;

7) Namensübertragung von Sachen auf Menschen: Leuchte = „berühmter Fachmann, kluger Kopf“, Kratzbürste = „widerborstige Frau“, Klotz = „unbeholfener Mensch“;

8) Übertragungen aus dem Konkreten in das Abstrakte: Spur, ursprünglich „der Eindruck, den die Fußtritte eines Tieres, eines Menschen auf dem Erdboden hinterlassen“, später bezeichnet das Wort auch „die Abdrücke von Wagenrädern“, infolge der metaphorischen Übertragung bekommt das Wort Spur auch einen abstrakten Sinn;

9) Ähnlichkeit der Farbe: die Grünen = „Angehörige einer Partei, die für den Umweltschutz auftritt“

 


Date: 2015-12-17; view: 1679


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