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Björn oder die Hürden der Behörden

Inhalt:
Björn und seine Freundin Anja haben ihren Koffer gepackt, in drei Stunden geht der Flug in den lang ersehnten Urlaub. Doch dann stellt Björn fest, dass sein Reisepass abgelaufen ist. Er rast in die Behörde, und dann beginnt eine Odyssee, die sein Leben komplett verändert. Sieht er Anja jemals wieder?

 

Björn oder die Hürden der Behörden - Dialog

Zu Hause:

Anja: Björn, hast du das SZ-Abo abbestellt?

Björn: Scheiße! Das habe ich vergessen. Ich ruf’ schnell an. Wie ist unsere Abo-Nummer?

Anja: SZ 755 97 38 42

Björn: Ich liebe dein Gedächtnis.

Anja: Und ich liebe dich. Wenn’s ein bisschen stressfreier ginge - jawohl. Hast du

alles?

Björn: Ja.

Anja: Also, jetzt warte mal. Wir haben Personalausweis, Flugtickets, Reisepass.

Wo ist denn dein Reisepass?

Björn: Ah, ich schau’ schnell nach. Hier, das Geld hab’ ich... Reisepass... Björn (leise):

Scheiße - abgelaufen.

Björn: Ah, sag’ mal, Anja, ich wollte noch schnell in die Stadt fahren.

Anja: Björn, du bist komplett verrückt. In drei Stunden geht unsere Maschine.

Björn: Ich wollte mir doch noch ’ne Sommerjacke kaufen.

Anja: ’Ne Sommerjacke?

Björn: Ja, fahr’ doch schon mal vor, und wir treffen uns einfach am Flughafen.

Anja: Nee, ich fahr’ nicht allein zum Flughafen.

Björn: Ich hab’ bei Beck total schöne Sommerjacken gesehen. Bitte fahr’ vor, wir treffen

uns dort.

Anja: Zur Taufe von Fillippa bist du mitten in den Gottesdienst reingeplatzt und zum

Sechzigsten deines Vaters am Schluss gekommen...

Björn: Ich schwör’s. Ich versprech’s dir. Ich bin diesmal pünktlich.

In der U-Bahn:

U-Bahnfahrer: Zurückbleiben, bitte!

Am Empfangsschalter des Ordnungsamtes:

Björn: Grüß Gott, ich hätte gern bitte einen vorläufigen Reisepass.

Beamter: Vorläufige Reisepässe werden ausgestellt am Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag

von acht bis zwölf, Donnerstag von 15 bis 16 Uhr. Heute ist Donnerstag.

Björn: Ja und?

Beamter: Schaun’s um drei wieder vorbei.

Björn: Aber da geht mein Flieger...

Beamter: Dann morgen.

Björn: Aber mein Flieger...

Beamter: Flieger, Flieger, Flieger. Den kann ich auch nicht stoppen. Gestern um die Zeit

hatten wir offen. Nie hast du deine Ruhe.

Björn: Vielen Dank.

In Schnitzelhubers Büro:

Björn: Entschuldigung.

Schnitzelhuber: Vom Anklopfen haben’s noch nix gehört?

Björn: Oh, Verzeihung, bin ich bei Ihnen richtig, mein Pass ist abgelaufen...

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Schnitzelhuber: Da sind Sie schon richtig. Aber vor drei seh’ ich da keine Chance.

Björn: Könnten Sie vielleicht ‘ne Ausnahme machen?

Schnitzelhuber: Wir sind hier nicht bei der Maßanfertigung vom Loden-Frey. Da würde ich vor lauter



Sonderwünschen überhaupt nicht mehr zum Arbeiten kommen!

Björn: Wenn ich nicht in zwei Stunden am Flughafen bin, wird mich meine Freundin

verlassen...

Schnitzelhuber: Ich würd’ Ihnen ja gerne helfen. Was nicht geht, das geht nicht.

Schnitzelhuber telefoniert:

Hallo, Susi, heut ist’s wieder stressig. Kübelberger ist schon wieder krank...

Vor Schnitzelhubers Büro:

Sekretärin: Haben Sie ein Problem?

Björn: Ihr Kollege will meinen Reisepass nicht verlängern.

Sekretärin: So kriegen Sie den nicht, junger Mann.

Björn: Können Sie mir vielleicht helfen?

Sekretärin: Sie sind lustig. Ich kann da nichts machen. Und der Schnitzelhuber spielt da nicht mit...

Björn: Hannelore Elsner ist Ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten.

Sekretärin: Die Elsner? Mir? Sie sind aber ein Charmeur! Aber die ist doch schon über 60. Na, javielleicht

könnten wir ausnahmsweise eine Ausnahme machen. Ich probier’s mal.

In Schnitzelhubers Büro:

Sekretärin: Du Michi...

Schnitzelhuber: Du, wart’a mal.

Sekretärin: Da ist ein ganz netter junger Mann draußen. Mach ihm noch kurz ’ne Verlängerung,

bitte. Dringend. Kriegst auch einen Ableger von meinem cactus ibericus.

In Schnitzelhubers Büro:

Schnitzelhuber: Antrag ausfüllen, Passfoto mitbringen, Kasse einzahlen.

Björn: Gerne. Danke. Dürfte ich den Koffer solang’ bei Ihnen stehen lassen?

Schnitzelhuber: Sind wir im Passamt oder im Kofferamt? Na, lassen Sie ihn stehen.

In der Fotokabine:

Björn: Schildbach.

Anja: Was ist denn los, bist du gestresst?

Björn: Ich bin nicht gestresst.

Anja: Und wo bist du?

Björn: Im Automaten, äh automatisch, in der Umkleidekabine bei Loden-Frey. Beim Beck, mein

ich, Schatz.

Anja: Mir reicht’s langsam. Nichts klappt.

Björn: Nein, alles läuft bestens.

Anja: Björn!

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In Schnitzelhubers Büro:

Schnitzelhuber: Sind wir bei den Kosovo-Albanern daheim? Da fehlen die Ohren. Ohne Ohren

keinen Pass. Kleiner Scherz. Jetzt schaun wir mal. Männlich. Wieso steht bei mir

176 und hier 178?

Björn: Ich bin halt noch ein Stück gewachsen. Schreibens’ doch 177 cm.

Schnitzelhuber: So ein Reisepass ist ein Dokument und kein Lottoschein, wo man wild was

ankreuzen kann. 176. Adresse?

Björn: Klenzestraße 21.

Schnitzelhuber: Bei mir steht Montgelas 7?

Björn: Da wohn’ ich schon seit einem Jahr nicht mehr.

Schnitzelhuber: Vom Ummelden haben Sie noch nichts gehört?

Björn: Könnten Sie das vielleicht schnell machen?

Schnitzelhuber: Schnell geht hier schon gleich gar nichts. Da müssens’ schon zum

Einwohnermeldeamt.

Björn: Und wie komm’ ich da hin?

Schnitzelhuber: Gar nicht mehr. Die haben schon Mittag. Gleitende Mittagszeit heißt das bei uns.

Sonst ist die Kantine so voll.

Beim Einwohnermeldeamt:

Björn: Entschuldigung, könnte ich mich noch schnell ummelden?

Schulze: Es ist Mittag.

Björn: Ich lade sie auch zum Mittagessen ein.

Schulze: Das ist Beamtenbestechung.

Björn: Ich muß total dringend zum Flughafen.

Schulze: Na gut, füllen sie das grüne Formular aus und reichen Sie mir Ihren

Personalausweis.

Björn: Danke - Personalausweis. Ich hab nur meinen abgelaufenen Reisepass.

Schulze: Tja, dann komm’ ich ja doch noch pünktlich in den Mittag.

Björn: Aber...

Schulze: Mahlzeit, junger Mann, und viel Glück.

Kollegin: Mahlzeit, Herr Schulze.

In Schnitzelhubers Büro:

Schnitzelhuber: Könnten Sie vielleicht draußen warten, es gibt ja auch Leute, die einen Termin

vereinbart haben.

Türkin: Grüß Gott.

Schnitzelhuber: Jetzt wird’s aber Zeit, ich hab gleich Mittag. Wo ist die Ummeldung?

Björn: Da gab’s ein Problem.

Schnitzelhuber: Das Problem sind Sie. Wir machen’s so: Ich drück ein Auge zu, sie kriegen Ihren

Reisepass und fahren ganz schnell in den Urlaub.

Björn: Vielen Dank.

Schnitzelhuber: Der gilt jetzt ein halbes Jahr. Wo wollen’s denn überhaupt hin?

Björn: Türkei.

Schnitzelhuber: Türkei! Mein Lieblingsland. Da war ich 1985. Da gab’s praktisch keine Touristen

am Bosporus. Das alte Byzanz, dann 324 Konstantin der Große, öströmische

Reichshauptstadt, dann hieß es Roma Nova und erst nach seinem Ableben, hieß

es Konstantinopel, das wissen eigentlich die wenigsten. Und dann, 1453 kamen

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die Türken und haben die Türkei erobert. Und die haben es dann Istanbul getauft.

Istanbul kommt aus dem Griechischen, und die Griechen mögen ja eigentlich die

Türken nicht. Interessant, gell? Und dann, das wissen auch die wenigsten, 1529

Graf Salm und 1683 Graf Starhemberg, ein Freund meiner Familie, die haben dann

die Türken vor Wien gestoppt. Sonst wären wir heut’ alle türkisch, oder zumindest

Moslime. 1985 - das waren noch Zeiten, mit meiner Freundin, eine heiße Braut. Da

wollt’ ich noch Schriftsteller werden. Und heute sitz’ ich hier und schreib’

Passverlängerungen. Aber Türkei, da reicht ja der normale Personalausweis.

Björn: Bitte?

Schnitzelhuber: Aber selbstverständlich. Nur der Perso.

Björn: Scheißladen.

Björn telefoniert unterwegs zum Flughafen:

Anja: Björn, bist du’s? Wir müssen in einer Stunde einchecken?

Björn: Ich schaff’ das locker, ich sitze quasi schon in der U-Bahn. Seni cok seviorum.

Anja: Was?

Björn: Das ist türkisch und heißt ’Ich liebe dich sehr’. Ciao.

Anja: Du machst mich fertig.

In der U-Bahn:

Kontrolleurin: Die Fahrscheine, bitte! Haben Sie keinen Fahrausweis.

Aha. Rudi komm mal her.

Kontrolleur: Hat er keinen?

Kontrolleurin: Nein!

Kontrolleur: Fahrt ohne gültigen Fahrausweis macht DM 60, erhöhtes Beförderungsentgelt.

Björn: Ich hab nur noch 40 Mark, kann ich mit türkischer Lira zahlen, ich geb’ Ihnen auch

einen guten Wechselkurs?

Kontrolleur: Sind wir auf’m Basar. Wir müssen Sie aufschreiben. Ihren Ausweis und ihren

Namen bitte.

Björn: Schildbach, Björn.

Kontrolleur: Wie heißen Sie?

Björn: Schildbach, wie die Kröte nur mit Bach am Schluss.

Kontrolleur: So Uztürk, dann fahren wir mal auf die Wache.

Björn: Wie reden Sie mit mir?

Auf der Polizeiwache:

Polizist: Wo wohnen Sie?

Björn: Klenzestraße 21.

Polizist: Wieso steht bei mir eine andere Adresse? Dann ist der Strafbestand bzw. der

Sachverhalt klar, Ayshe Uztürk.

Björn: Hören Sie endlich auf mich Ayshe Uztürk zu nennen und lassen mich gehen.

Polizist: Nur nicht unhöflich werden. Fest steht, dieser Pass wird konfisziert bis wir

eindeutig deine Identität festgestellt haben.

Björn: Meine Freundin steht am Flughafen, die hat meine Dokumente.

Sie haben kein Recht mich hier zu behalten.

Polizist: Was hier rechtens ist, entscheide ich!

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Björn: Haben Sie Feuer?

Polizist: Du rauchst hier nicht, schau’ das Schild an, Depp.

Björn: Ich lass’ mir das nicht mehr bieten. Mir reicht’s!

Polizist: Festhalten!

Kollege: Jetzt bleiben Sie bei uns.

Im Gefängnis:

Wärter 1: Alle Zellen sind voll, wo stecken wir den hin.

Wärter 2: Hinten in der Abschiebehaft sind Asylanten drin, Steck’ ihn doch da rein.

Kurden: Rojbas

Björn: Ruschbasch.

Im Gefängnis:

Ziviler: So, jetzt geht’s ab in die Heimat.

Polizist: Ja und du, du auch gehen Heimat.

Björn: Was soll das, ich bin Deutscher.

Polizist: Sagt ja jeder.

Björn: Das ist alles eine Verwechslung.

Leutnant Können Sie sich ausweisen?

Im Flugzeug:

Anja: Björn!

Björn: Anja!

Anja: Das ist also die helle Sommerjacke, die du unbedingt haben wolltest.

Stewardess: Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Sie ganz herzlich hier an

Board unseres Airbus A 319 willkommen heißen. Kapitän Stinglwagner und die

gesamte Crew sagen ein ganz herzliches Hallo. Wie wir so eben aus dem Cockpit

erfahren, bekommen wir keinen Slot, da der gesamte Luftraum über dem

Mittelmeer überfüllt ist. Deshalb wird sich unser Abflug um ca. vier bis fünf Stunden

verzögern. Wir werden Ihnen in der Zwischenzeit kalte Getränke servieren...

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Date: 2015-12-11; view: 1234


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