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Besonderheiten des Deutschen in Österreich

Österreich bildet seit 1918 einen selbständigen Staat. Die Staatssprache ist Deutsch. Es gibt, herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst, ein Österreichisches Wörterbuch und das von Ebner: „Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch der österreichischen Besonderheiten“. Wenngleich sich viele lexikalische Besonderheiten ausgeprägt haben, wenngleich diese Besonder­heiten lexikographisch erfasst sind, ist es wohl verfehlt, von einem „Österreichisch“ als einer Landessprache zu sprechen. Es gibt eine deutsche Sprache in Österreich, die lexikalische Spezifika aufweist.

Auch der Wortschatz in Österreich ist regional, funktional und sozial gegliedert. Man unterscheidet Basisdialekt, Verkehrs­dialekt, Umgangssprache und Standardsprache. Dabei weist der Wortschatz in Österreich viele Gemeinsamkeiten mit dem Süddeutschlands auf. Basisdialekte werden im Dorf, Verkehrsdialekte in den Städten gesprochen. Der Tourismus bringt es mit sich, dass spezifisch österreichische Wörter durch deutsche Wörter verdrängt werden. Das betrifft auch das südliche und westliche Bundesgebiet mit Salzburg, Kärnten und Tirol, wo z.B. Nachtmahl durch Abendbrot, Jause durch Kaffeetrinken, Kaffeezeit ersetzt werden. Die Dialekte können stärker als in Deutschland für bestimmte soziale Gruppen Indizfunktion haben. So enthält z.B. der Gruppenwortschatz Jugendlicher zahlreiche Dialektismen: Haberer, Spezi. Andererseits unterliegt die Hochsprache Gebrauchsrestriktionen im privaten Bereich

Der Wortschatz des Deutschen in Österreich weist im Wesentlichen folgende Spezifika auf:

- Der süddeutsche Wortschatz wird dann bevorzugt, wenn es Entscheidungen ge­gen den mittel- und norddeutschen Wortschatz gibt: Bub statt Junge, Rechen statt Harke, Orange statt Apfelsine, kehren statt fegen. Diese Heteronyme kennzeich­nen auch in Deutschland die Zugehörigkeit zu Dialektgebieten und sind Leitwör­ter für bestimmte Mundarten.

- Es treten Wörter auf, die nur in Österreich und in Bayern verwendet werden: Maut, Scherzet (Brotranft), Kren (Meerrettich), Brösel (Paniermehl).

- Es gibt einen gesamtösterreichischen Wortschatz, der von Wien aus als Verkehrs­und Verwaltungswortschatz ausstrahlt und in ganz Österreich, aber nicht in Bay­ern gebraucht wird: Kundmachung (Bekanntmachung), Obmann (Vorsitzen­der), Ansuchen (Gesuch), Verlassenschaft (Nachlass), Matura (Abitur), Paradei­ser (Tomate), Obers (Sahne).

- Ein ostösterreichischer Wortschatz, der auf Neuerungen von Wien beruht, hat sich im Osten und teils im Süden durchgesetzt, dringt teilweise auch nach Westen vor. Hier besteht ein innerösterreichischer Ost-West-Gegensatz: Fleischhauer -Metzger, Rauchfang - Kamin, Bartwisch - Kehrwisch, Vorraum - Vorzimmer -Gang, Hausgang, Gelse - Mücke.

- Es gibt auch regional begrenztes Wortgut: Heuriger.



- Gemeindeutscher Wortschatz tritt mit österreichischen Bedeutungsvarianten auf: Bäckerei bedeutet neben „Bäckergeschäft“ auch „süßes Kleingebäck“.

Österreichisches Deutsch bildet somit keine einheitliche Sprachform. Außerdem nimmt der österreichische Wortschatz an Entwicklungen der binnendeutschen Sprache teil. Dazu gehört auch die verstärkte Aufnahme angloamerikanischen Wortgutes, die verstärkte Nutzung bestimmter Wortbildungsmodelle, wie z.B. auch der Kurzwortbildung, der Affigierung mit Neusuffixen, wie -i in Krimi. Das gilt auch für Wien, das durch Jahrhunderte hindurch Fremdwörter aus dem Fran­zösischen, Italienischen, Tschechischen, Slowakischen, Ungarischen, Sloweni­schen und Kroatischen aufgenommen hat. Z.B. kommen aus dem Tschechischen Kolatsche (Mehlspeise), Babutschen (Stoffpantoffein), das auch im Obersächs. als Babuschen existiert. Eigenheiten, durch die sich das Deutsch in Österreich vom sprachlichen Standard in Deutschland unterscheidet, resultieren des weiteren aus der Übernahme mundartlicher Lexik in die Hoch- und Schriftsprache und dem weiteren Ausbau auf dem Wege österreichisch-spezifischer Wortbildungsmodelle: Dazu gehören solche Wortbildungsmodelle, die in Öster­reich mit weit höherer Frequenz als in Deutschland genutzt werden, z.B. -ler zur Bildung von Personenbenennungen: Öbstler (Obsthändler), die Bevorzugung von –l und –erl als Diminutivsuffixe gegenüber –chen: Würstl, Hendl (Hühnchen), Krügerl, Stüberl.

Viele der spezifisch österreichischen Wörter gehören zu bestimmten onomasiologischen Bereichen wie Haushalt, Kleidung, Speisen. Es sind die gleichen Bereiche, in denen sich auch in Deutschland dialektales Wortgut am längsten gehalten hat. Dazu gehören noch Verben, die handwerkliche Tätigkeiten, vor allem in ländlichen Gebieten, bezeichnen. Belege hierfür finden sich auch im belletristischen Text: Holztristen (,um eine Stange aufgehäuftes Heu oder Stroh'), Holzranten (,Stan­gen’), auftristen (,aufhäufen’), aufschlichten (.aufschichten’), Scherzi (,Würst-, Brotende’), keppeln (,schimpfen’), Hosensack (,Hosentasche’).

 


Date: 2015-02-03; view: 1406


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