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Jugendliche in Deutschland

Was ist ein typisches Verhalten der „Jugend von heute“?

Sich nicht zu früh festzulegen, sich Optionen offen zu halten ist ein ganz wichtiger Punkt. Zudem kommt eine sehr starke Egozentrik in der Grundhaltung hinzu. Das ist durchaus strukturell bedingt: Junge Menschen können heute gar nicht anders, sie müssen mit einer großen Unsicherheit leben und sich darauf einstellen. In den vergangenen sieben Jahren hat es eine bemerkenswerte Veränderung der Wertorientierung gegeben: Die postmaterialistisch besetzten Werte, die auch denen der eigenen Eltern entsprachen – wie Selbstbestimmung, Lebensgenuss und Kreativität, - treten jetzt etwas in den Hintergrund. Neu hinzu kommen Werte, die ????von den Großeltern stammen könnten: Fleiß, Sicherheit, Ordnung und ???Orientierung. Das ist ganz offensichtlich eine Reaktion auf die heutige Arbeitsmarktsituation, auf die wirtschaftliche Unsicherheit, die veränderte Weltsituation.

Gibt es heute deutliche Unterschiede bei Mädchen und Jungen?

Auffällig ist in allen Studien die größere Flexibilität und geschicktere Lebensführung der jungen Frauen. Die haben gewaltig aufgeholt. Sie reagieren auf die Ungewissenhaft der Gegenwart mehrheitlich mit einer produktiveren Haltung. Zum Beispiel: Mädchen sind inzwischen deutlich erfolgreicher in der Schule als Jungen und investieren hier an einer richtigen Stelle. Es ist ganz klar, dass sie in unserer Leistungsgesellschaft dadurch Vorteile haben. In Kürze werden auch in den Hochschulen mehrheitlich Frauen sein. Für Deutschland ist das eine sensationelle Entwicklung. Bis vor acht, neun Jahren sah es gar nicht danach aus.

Werden sich künftig auch die Rollenbilder noch deutlicher verändern?

Ja, bestimmt. Die Bereitschaft der jungen Frauen, in Leistung und Beruf zu investieren, führt dazu, dass sie heute zu etwa 80 Prozent berufstätig sein und bleiben wollen – und damit auch Familienleben verbinden möchten. Das ist ein modernes, flexibles Rollenkonzept für eine westliche Gesellschaft. Währenddessen machen viele junge Männer den Fehler, an der traditionellen Männerrolle festzuhalten, eine völlig veraltete Konstruktion. Und so sammeln sich in den Haupt- und Sonderschulen die Männer, und in den Gymnasien sind wir bald bei 60 Prozent Mädchen. Wir brauchen heute eine gezielte Männerförderung, die Jungen brauchen Nachhilfe darin, ihre Männerrolle flexibel zu definieren.

Manche Haltungen scheinen etwas widersprüchlich – da wird der Wert der Familie hochgehalten, andererseits wird Bindung vermieden …

???? Das beißt in der Tat. Aber es ist charakteristisch: Es ist eine Generation, die kein lebenslänglich will. Die nicht lebenslang Mitglied einer Partei sein will und deshalb lieber erst gar nicht zu einer Versammlung hingeht. Und sie will sich auch nicht lebenslänglich persönlich binden. Da sieht man eine Brüchigkeit: Die Sehnsucht nach Harmonie ist stark – aber Konsequenzen daraus zu ziehen, das ist etwas anderes. Da ist auch ein Schuss Opportunismus mit dabei: Abwarten ob noch eine bessere Chance kommt. Es ist eine Art emotionales und soziales Kosten-Nutzen-Abwägen.



Und der jugendliche Idealismus?

Der herrscht im Moment nicht vor. Die Gruppen der Engagierten – unter ihnen viele junge Frauen – sind sehr klein geworden. Die Mehrzahl aber ist pragmatisch und auf die Verwirklichung der eigenen Interessen ausgerichtet.

Und wenn man das nicht schafft?

Wer in dieser Gesellschaft nicht zurechtkommt, hat schnell das Gefühl, abgehängt zu sein. Das können vor allem Männer nicht ertragen. Sie neigen dann dazu, aggressiv zu werden. Diese Gruppe ist etwas gewachsen in letzter Zeit und muss uns Sorgen machen. Da braut sich politische Spannung zusammen, hier gibt es kriminelles Potenzial, Drogenprobleme und so weiter.

Wie ist das erklärbar?

Die Jugendlichen sind selbstbezogener und stark auf ihren Nahraum konzentriert: Freundschaften, die Schule, die Planung der Berufslaufbahn verlangen ihnen fast die gesamte Energie an. So ist auch zu erklären, dass nur ein Fünftel von ihnen dann noch den Blick frei und die Kraft hat, sich für allgemeine Politik zu interessieren oder sich im Gemeinwesen zu engagieren.

Sind heute noch Unterschiede zwischen Jugendlichen in West- und Ostdeutschland spürbar?

Ja, die Jugendlichen im Osten haben insgesamt die größere Unsicherheit, sind politisch skeptischer, anfälliger für extremistische Positionen. Das ist eigentlich nur damit erklärbar, dass bestimmte Positionen von den Eltern atmosphärisch transportiert werden.

Interview: Janet Schayan

Deutschland

3.2. Finden Sie im Text Entsprechungen zu den unten angegebenen Wörtern und Ausdrücken


Date: 2016-03-03; view: 1297


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