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Salzburg für AnfängervonHerbert Rosendorfer

 

»Salzburg« ist das »Bayreuth« für diejenigen, die Wagner nicht mögen. »Bayreuth« ist älter als »Salzburg«, wohingegen Salzburg älter ist als Bayreuth.

»Salzburg« unterscheidet sich grundlegend von »Bayreuth«. In »Bayreuth« erklingt der Ruf »Die Gäste kommen!« im Juli, denn exakt am 25. Juli jeden Jahres werden die Festspiele eröffnet und gehen bis Ende August. Von Anfang September bis zum nächsten Jahr am 24. Juli sind dann die Bayreuther wieder unbehelligt unter sich. Der Ruf »Die Gäste kommen!« entspricht dem Ruf nordkanadischer

Fischer: »Die Lachse kommen.«

In Salzburg kommen die Lachse das ganze Jahr. Dabei ist Salzburg im Gegensatz zum Augenschein an einem, sagen wir, sonnigen Julivormittag in der

Getreidegasse keine ausschließlich von Japanern bewohnte Stadt. Es gibt in der Tat ortsansässige Salzburger. Es ist nicht so wie etwa in St. Moritz, Kitzbühel,

Pörtschach oder Badgastein, welche und ähnliche Orte bekanntlich nur von Kellnern, Zimmermädchen, Tankwarten und dergleichen saisonweise bewohnt, außerhalb der Saison dann zusammengeklappt und magaziniert werden.

Salzburg, sozusagen, gibt es wirklich. Allerdings das »Salzburg im Hausrock«, wie Bruno Walter die Zeit außerhalb der Festspiele genannt hat (oder war es Stefan Zweig?), ist rar geworden, denn Festspiele gibt es in Salzburg praktisch immer: Sommerfestspiele, Osterfestspiele, Pfingstfestspiele, Weihnachtsmarkt,

Mozartwochen . . . Sie geben sich, bildlich gesprochen, die Türklinke in die Hand. Ob es auch Dreikönigs-, Christi-Himmelfahrts- und Muttertagsfestspiele gibt, habe ich noch nicht herausgefunden. Wahrscheinlich eher schon.

Salzburg ist die Mozartstadt. Das hätte sich Mozart nicht träumen lassen. Daß er in Salzburg am 27. Januar 1756 geboren und auf den Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft wurde, hätte er nicht leugnen können. Daß er Salzburger sei – nun, darüber hat er wohl nicht nachgedacht. Wenn er darüber nachgedacht hätte, hätte er es vermutlich weit von sich gewiesen. Freilich stand er

in fürsterzbischöflich salzburgischen Hofdiensten als stellvertretender Hilfs-Unter-Kapellmeister- Anwärter (so ungefähr), mit einem Jahresgehalt von 150 Gulden. Sein Chef war der Fürsterzbischof von Salzburg und Primas von Deutschland, seine Exzellenz und hochfürstliche Gnaden Hieronymus Joseph Franz de Paula Graf von Colloredo-Waldsee.

Dieser Fürsterzbischof hat historiographisch gesehen keine gute Presse, nicht zuletzt, weil er Mozart so schlecht behandelt hat. Das ist allerdings etwas

ungerecht. Colloredo übernahm von seinem Amtsvorgänger Schrattenbach ein Fürstentum in finanziell desolatem Zustand und versuchte durch eisernes Sparen, das Land wieder in Ordnung zu bringen. Daß – zum Beispiel – in der ›Krönungsmesse‹ KV 317, die Mozart (angeblich, sicher ist das nicht) für das gekrönte Gnadenbild in Maria Plain schrieb, in der Partitur im Streichersatz keine Bratschen vorkommen, geht auf die Sparmaßnahmen Colloredos zurück, der verfügt hatte, daß die Salzburger Hofmusik ohne Bratschen auszukommen habe. Ob gerade dadurch die Finanzen des Fürsterzbistums saniert werden konnten?



Eins fügt sich zum anderen, Kleinvieh macht auch Mist, und mühsam ernährt sich das Eichhörnchen, wird Sr. Gnaden Colloredo gedacht haben, also keine Bratsche. Im Ernst: er sparte natürlich auch an gewichtigerer Stelle ein, und tatsächlich gelang es ihm, im Lauf der dreißig Jahre, die er das Land regierte, nicht nur die Schulden abzutragen, sondern das Land Salzburg zum reichsten Hochstift des Heiligen Römischen Reiches, dessen »Primas« er ja war, zu machen. »Primas« war allerdings längst nur noch ein inhaltsloser Ehrentitel. Die Erzbischöfe von Salzburg führen ihn noch heute, was allerdings nicht zu der Annahme verleiten sollte, daß Salzburg zu Deutschland gehört. Es liegt zwar nahe der Grenze, aber ist dennoch die Hauptstadt des gleichnamigen österreichischen Bundeslandes.

Der Fürsterzbischof Colloredo hat nicht nur die Bratschen bei der Hofmusik und sogar in der geistlichen solchen eingespart, er hat die Zahl der Nonnen und Mönche reduziert, nämlich solcher Klosterinsassen, die nicht mit caritativen oder schulischen Aufgaben befaßt waren, die also nur beteten, was man, meinte der Erzbischof, auch tun kann, wenn man nebenbei arbeitet. Er war überhaupt ziemlich

fortschrittlich eingestellt. So gehörte er zu den Bischöfen, die in der »Emser Punktation« dem Papst und dessen selbstherrlichen Übergriffen auf die deutsche geistliche Jurisdiction einen Schuß vor den Bug versetzten. Unter den Fürsten des Reiches gehörte Colloredo förmlich zu den Revoluzzern, und er nahm ein böses Ende: 1800 mußte er vor den Franzosen flüchten, 1803 zog ihm der Reichsdeputations- Hauptschluß«, der die Liquidation des bankrotten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation einleitete, den Fürstenthron unterm, salva

venia, Hintern weg. 1809 dankte er auch als Bischof ab und starb verbittert 1812 in Wien. So ein Geschick hat er nicht verdient, auch wenn er die Bratschen

abgeschafft und Mozarts Genie, zumindest in der Zeit, in der dieser bei ihm in Dienst stand, nicht recht erkannt hatte.

Salzburg, die Mozartstadt also, ist die verhinderte Mozartstadt. Im März 1781 besuchte Fürsterzbischof Colloredo Wien und beorderte sowohl Vater als auch Sohn Mozart dorthin, weil er mit diesen Angehörigen seiner Hofmusik in der Gesellschaft der Kaiserstadt glänzen wollte. Es hatte schon länger zwischen Mozart und dem Fürsten gegoren – nicht nur wegen der sicher herrischen Art des hohen Herrn, auch Mozart hatte das Seine dazu beigetragen – so hatte er schon einmal eigenmächtig seinen Urlaub für die ›Idomeneo‹-Uraufführung überschritten.

Es kam zum Bruch: Am 9. Mai übergab der junge Mozart dem fürsterzbischöf-lichen Oberstküchenmeister Graf Karl Arco das Abschiedsgesuch, also seine Kündigung. Am 8. Juni gab der Graf dem Gesuch mittels eines Fußtrittes statt. Mozart war ein freier Mann. Er blieb in Wien und besuchte seine Vaterstadt nur noch einmal, 1783, für einen mehrmonatigen Aufenthalt, in dessen Verlauf das

Fragment der c-Moll-Messe KV 427, das wohl bedeutendste Sacralwerk Mozarts, aufgeführt wurde.

Im Oktober 1783 reiste Mozart wieder ab und sollte seine Vaterstadt nie wiedersehen. Entgegen weitverbreiteter Meinung hat Mozart weder die Mozartkugel noch das Salzburger Nockerl erfunden. Auch ist es nicht so, daß Mozart nach den berühmten Kugeln benannt wurde, und auch die Stadt Salzburg ging nicht aus den Nockerln hervor, welcher Diminutiv übrigens höchst irreführend ist, denn diese »Nockerln«, deren sadistischer Erfinder mit Recht unbekannt ist, bestehen aus einem vom Tisch aus fast den Kopf übersteigenden Berg aus Zucker, Fett, Ei und Luft, und der Genuß dieser kulinarischen Zumutung – vergleichbar nur mit Dingen wie dem schottischen Haggis oder der burgundischen Andouillette – hält monatelang in Form von Magendrücken vor.

Die Mozartkugel als solche ist deswegen umstritten, allerdings nicht so heftig wie in Wien die Sacher-Torte, weil es die echte rote vom Reber gibt und die noch echtere blau-silberne, die entweder im »Café Fürst« (einem kleineren Kaffeehaus seitlich des Alten Marktes) oder – auch da streitet man sich – in der »Konditorei Schatz« das Licht der Welt erblickt hat.

Salzburg ist älter als das Salzburger Nockerl. Die Ursprünge der Stadt reichen bis in dämmerdunkle Urzeiten zurück. Der sogenannte Rainberg (Salzburg ist wie Rom auf und zwischen Hügeln erbaut, allerdings angemessen bescheidener nicht auf sieben, sondern nur auf vier: Kapuziner-, Festungs-, Mönchs- und Rainberg) und der Stadtteil Mülln waren ausweislich von Grabungsfunden schon in der Jungsteinzeit besiedelt, also im 5. bis 3. Jahrtausend v. Chr. Das war die Zeit, als im benachbarten Tirol »Ötzi« über die Berge ging. So wenig man von dem Volk weiß, dem der Ötzi angehörte, und von seiner Sprache, so wenig weiß man es von den Jungstein- Salzburgern. Erst später siedelten hier Kelten.

Da war die Ansiedlung schon von beträchtlicher Größe, und die Kelten nannten sie »Sitz des Himmelsgottes«. (Ahnten sie, daß einmal Mozart hier wohnen würde?) Noch später kamen Illyrer hierher und dann Römer, die übernahmen den »Sitz des

Himmelsgottes« und latinisierten ihn zur Bezeichnung »Iuvavum«. Unter diesem Namen wurde die Ansiedlung, die da wohl schon die ganze heutige Altstadt

umfaßte, von Kaiser Claudius (49–54 n. Chr.) zum Municipium erhoben. Damals kamen die ersten Japaner – nein. Doch die verkehrsgünstige Lage am Ende einer Schneise durch die Alpen von Süden nach Norden, an einem bequemen Weg den Alpennordrand von Ost nach West und an einem flößbaren Wasserlauf entlang und relativ leicht zu sichern zwischen den genannten Hügeln gab dem Municipium Auftrieb: es wurde eins der wichtigsten Kultur- und Handelszentren des Römischen Reiches nördlich der Alpen. Municipium bedeutete, daß die Ansiedlung nicht mehr nur eine »civitas« – also ein mehr oder weniger geordneter

Einwohnerhaufen –, sondern ein richtiges Gemeinwesen mit, und das war vor allem wichtig, römischem Bürgerrecht war.

Dann kamen die Japaner – nein, immer noch nicht. Die Germanen kamen und insbesondere deren, wie manche meinen, schlimmste Ausprägung, die Bayern in ihrer rohesten Form, wie man schon daran sieht, daß sie sich noch mit ordinärem i anstatt mit dem feinern y schrieben. (Sofern sie überhaupt schreiben konnten.) Der Grund für diese ethnische Überschwemmung, der die Geschichtsschreibung den Spitznamen »Völkerw anderung« gegeben hat, ist bis heute ungeklärt, und es gibt mehrere Theorien.

Die einen sagen, dort, wo diese Germanen gehaust hatten, die noch Nietzsche – der ja immerhin über hundert Jahre näher dran war und es also besser wissen mußte – als mit »großen Füßen und kleinem Verstand behaftet« bezeichnete, seien Klimaveränderungen, Springfluten und dergleichen aufgetreten, was den an sich als Nordbewohnern Wetterunbill gegenüber resistenten Germanen ihre Heimat verleidet habe, worauf sie – unter anderem – nach Salzburg gezogen seien. Eine andere Theorie glaubt an schlichte Übervölkerung. Der Platz sei immer weniger geworden für den einzelnen, worauf sich die Schlaueren auf den Weg nach Süden gemacht hätten. Die Schlauheit der heutigen Salzburger, die immerhin die diversen Festspiele erfunden haben und den angereisten, seinerzeit in Norwegen, Schweden etc. übriggebliebenen Flachhirnern, die keine Festspiele zuwege gebracht haben, das Geld aus der Tasche locken, könnte für diese Theorie sprechen. Ich für meinen Teil meine jedoch, daß die Sache viel einfacher war: es hatte sich unter den

Germanen herumgesprochen, daß es sich in der Toscana angenehmer lebt als in Lappland . . . und in Wotans Namen sind sie also losgezogen. Die ersten Fußmaroden sind am ThüringerWald hängengeblieben und bildeten die späteren Sachsen. Die etwas Fußfesteren kamen bis Salzburg. Einige, meist allerdings

Rabauken, die mit Recht so genannten Vandalen, kletterten über die Alpenpässe und machten aus den schönen Tempeln in Rom Kleinholz.

Die wechselhaften Geschichten dieser Flachshaarigen sollen uns hier nicht weiter beschäftigen. Nur soviel gehört hierher, daß diejenigen der Nordmannen, die später von Richard Wagner so ausgiebig besungen wurden, mit dem schönen und blühenden Iuvavum wenig anzufangen wußten. (Ihre Besingung erfolgt ja bis heute weiter nördlich in Bayreuth.

Mit Recht wurde bei den Salzburger Festspielen niemals der ›Ring‹ aufgeführt.) Sie gönnten es aber den Iuvavumiern – eine Wortbildung von mir . . . oder heißt es Iuvavier? Iuvaviner? – auch nicht, sondern machten es den umgebenden Kalkund

Konglomeratablagerungen gleich und siedelten außen herum.

Salzburg als solches gab nicht auf. Auch wurden die wilden Bayern zahmer. »Wenn«, sagte einer der Anführer, »wenn wir so weitermachen und wie die

letzten Primitivisten in den Sträuchern herumhokken, dann – Prost! einstweilen, bitte noch ein Bier –, dann kommen im Leben keine Japaner!«

Das leuchtete ein, man zog in die vielleicht zum Teil noch bewohnbaren Iuvavum-Häuser, die wenigen verschreckten Iuvavumier wurden germanischzwangs-vermischt, und so entstand die Getreidegasse, das Salzburger Nockerl und der ›Jedermann‹.Aber noch nicht gleich. Erst kam noch der heilige Rupert.

 

In der antiken Welt tummelte sich eine fröhlich bunte, meist erfrischend nackte Götterschar. Venus zeigte ihre Brüste, und Bacchus hob den Becher. Dann kam das Christentum, und es wurde finster. Sünde, Buße, Fasten. Statt Hummer und Wachteln in Madeira: Fasten-Food, Fastfood – fast Nahrung, also beinahe Nahrung. Solang das die Angelegenheit einer Sekte war, war das alles schön und gut, und bekanntlich soll jeder nach seiner Façon selig werden.

Doch der düstere Kaiser Theodosius verfügte, daß ab sofort nur noch christlich geglaubt werden darf. Man stelle sich vor, eine Regierung verbietet alles außer dem Hämbörger! So ähnlich war das, und so gingen auch im bis dahin fröhlichen Iuvavum die heidnischen Lichter aus, und statt munterer Tänze nur mit einigem Efeu bekleideter Ephebinnen unterhielt man sich jetzt damit, sich die Köpfe über

die Frage einzuschlagen, ob dieWesenheit des »Sohnes « mit der des »Vaters« gleich oder ob sie ihr nur ähnlich ist. Als dann noch der griesgrämige Augustinus,

oder welcher von denen das war, den Heiligen Geist erfand, wurde es noch schwieriger: da waren’s plötzlich drei.

Als die erwähnten Germanen kamen, bestand für kurze Zeit die Hoffnung, daß der schwarze Weihrauch weggeblasen würde. Die Germanen hatten zwar nicht so hübsch dekolletierte Göttinnen, mehr Bärenfelliges, doch ihre Götter waren sehr lustig und komisch. Leider hielten die Germanen alles Römische für feiner und besser und bemühten sich, es nachzuahmen. Also schafften sie ihre Jenseitsund

Wallhall-Komiker ab und wandten sich dem schwarzen Weihrauch zu. Die germanischen Götter verschwanden in der Gruft von Sagen und Legenden, und es mußte erst ein Richard Wagner kommen, der sie auferstehen ließ. Das ist allerdings eine andere Geschichte und hat mit Salzburg nichts zu tun, im Gegenteil. Nie wurde, wie gesagt, der ›Ring‹ bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. Das

müßte doch zu denken geben.

Die »Christianisierung« der Germanen machte allerdings einige Umwege. Wie in allen Städten der römischen Provinz gab es auch in Iuvavum früh eine

Christengemeinde, und wie überall stülpte das Edikt des Kaisers Theodosius auch hier den christlichen Pflichtglauben allen über, mochten sie wollen oder nicht. Mit der Zerstörung des Municipiums durch die Bayern ging auch die Christengemeinde sang und klanglos unter, und es scheint so gewesen zu sein, daß in den Jahren, als sich die Verhältnisse nach dem großen Völkerwirbelsturm etwas beruhigt hatten

und auch in Iuvavum wieder Leben einkehrte, nicht mehr viel Christentum zu spüren war. Die Reste waren mitsamt der römischen Verwaltung und dem allem verkohlt. Das war in ganz Europa so – soweit es nicht ohnedies mit Wald bewachsen und nur von Bären und Wölfen bewohnt war.

Da griffen allerdings die Iren ein. Die Iren sind ein an sich sympathisches Volk, trinkfeste, rauflustige Kelten, doch, wie alle Kelten, abergläubisch: nie eine Schere offen liegen lassen, nie bei offenem Fenster eine Kerze brennen lassen, nie Schuhe auf den Tisch oder einen Hut aufs Bett legen, immer sonntags in die Kirche traben, nie unter einer Leiter durchgehen, nie Gott anrufen, nur die Heiligen (man beschwert sich ja auch nicht beim Chef, sondern gibt dem Hausmeister ein Trinkgeld), nie Fisch mit dem Messer, immer beten, daß der Herrgott gesund bleibt. Der Hang zum Aberglauben machte die Iren fürs Christentum empfänglich, und so kam es, daß vom äußersten Rand her das Christentum, das überall anderswo in Europa schon im Abflauen war, wieder erstarkte. Irische Mönche, die daheim

wahrscheinlich nicht genug Essen hatten, fielen so im 5. und 6. Jahrhundert auf dem Festland ein und gründeten Klöster und Bischofssitze, daß sich die Balken bogen. Rupert oder Ruprecht oder Hrodbert war zwar selbst kein echter Ire, er war Franke, sogar aus gräflicher Familie stammend, mit den Karolingern verwandt,

was, wenn man so deren Taten betrachtet, nicht gerade zierend ist, aber er hatte das Christentum von den Iren gelernt und war, nach irischem Vorbild, sogenannter Klosterbischof, also Mönch und Bischof gleichzeitig, und zwar, meint man, in

Worms. Warum er aus Worms fortzog, weiß man nicht. Vermutlich geriet er mit seiner Familie oder anderen Bischöfen in Streit. Er zog nach Bayern, wo Herzog Theodo regierte, und zu dessen Herzogtum gehörte auch das, was von Iuvavum übriggeblieben war. Dort ließ sich Rupert nieder, der von zwei später natürlich auch heiliggesprochenen Gefährten begleitet war: St. Chuniald und St. Gislar, und gründete was? Ein Kloster? Nein. Zwei Klöster, eins für Herren, eins für Damen: St. Peter und Nonnberg. In St. Peter wurde er selbst Abt-Bischof, in Nonnberg

setzte er seine Nichte Erentrudis als Äbtissin ein. Das war alles so ums Jahr 700.

Das Kloster, heute Benediktiner-Erzabtei, gibt es immer noch, und es ist damit das am längsten bestehende Kloster nördlich der Alpen. Die Zeit von 1942 bis 1945, in der die Nazis das Kloster geschlossen haben, fällt ja wohl so und so nicht ins Gewicht.

Wenn also hier in diesem Büchlein die Stiftskirche von St. Peter, ein im Kern romanischer Bau mit reicher barocker Verbrämung, als erster Ort, noch vor dem Dom, zum Besuch empfohlen wird, so ist das eine Verbeugung vor dem ehrwürdigen Alter.

Nicht versäumen sollte man dabei, den hinter dem Stift liegenden alten Petersfriedhof zu besuchen, auf dem unter anderem Michael Haydn, Josephs Bruder und fürstbischöflicher Konzertmeister, Maria Anna Mozart (Mozarts Schwester »Nannerl«) und Santino Solari, der große barocke Baumeister Salzburgs, begraben sind, außerdem angeblich Blaubart mit seinen fünf Ehefrauen-Mordopfern sowie der sechsten, seinerWitwe.

In Wirklichkeit handelt es sich aber um das Familiengrab der Maurer- und Steinmetzfamilie Stumpfögger.

 

Aufgabenstellung:

1. Fertigen Sie eine Inhaltsangabe des Textes an, die die wesentlichen Gedanken

des Textes enthält und leicht lesbar ist.

2. Deuten Sie den Text in Form einer Textinterpretation; klären Sie dabei auch

die Frage der Gattungszugehörigkeit.

3. Kann man sagen, dass das im Text behandelte Thema für die Moderne typisch

ist? Beziehen Sie in Ihre Überlegungen Vergleichstexte mit ein.

 

Inhaltsverzeichnis


Date: 2016-03-03; view: 753


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