Home Random Page


CATEGORIES:

BiologyChemistryConstructionCultureEcologyEconomyElectronicsFinanceGeographyHistoryInformaticsLawMathematicsMechanicsMedicineOtherPedagogyPhilosophyPhysicsPolicyPsychologySociologySportTourism






Gottfried Benn: Schöne Jugend

Johann Wolfgang von Goethe

Erlkönig

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?

Es ist der Vater mit seinem Kind;

er hat den Knaben wohl in dem Arm,

er fasst ihn sicher, er hält ihn warm.

 

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? -

Siehst Vater, du den Erlkönig nicht?

Den Erlkönig mit Kron' und Schweif? -

Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

 

"Du liebes Kind, komm, geh mit mir!

Gar schöne Spiele spiel' ich mit dir;

manch bunte Blumen sind an dem Strand,

meine Mutter hat manch gülden Gewand."

 

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,

was Erlenkönig mir leise verspricht? -

Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind:

In dürren Blättern säuselt der Wind.

 

"Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?

Meine Töchter sollen dich warten schön;

meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,

und wiegen und tanzen und singen dich ein."

 

Mein Vater, mein Vater und siehst du nicht dort

Erlkönigs Töchter am düstern Ort? -

Mein Sohn, mein Sohn, ich seh' es genau:

Es scheinen die alten Weiden so grau.

 

"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;

und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."

Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!

Erlkönig hat mir ein Leids getan! -

 

Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,

er hält in den Armen das ächzende Kind,

erreicht den Hof mit Mühe und Not;

in seinen Armen das Kind war tot.

 

Der Handschuh

Vor seinem Löwengarten,

Das Kampfspiel zu erwarten,

Saß König Franz,

Und um ihn die Großen der Krone,

Und rings auf hohem Balkone

Die Damen in schönem Kranz.

 

Und wie er winkt mit dem Finger,

Auf tut sich der weite Zwinger,

Und hinein mit bedächtigem Schritt

Ein Löwe tritt

Und sieht sich stumm

Rings um,

Mit langem Gähnen,

Und schüttelt die Mähnen

Und streckt die Glieder

Und legt sich nieder.

 

Und der König winkt wieder,

Da öffnet sich behend

Ein zweites Tor,

Daraus rennt

Mit wildem Sprunge

Ein Tiger hervor.

 

Wie der den Löwen erschaut,

Brüllt er laut,

Schlägt mit dem Schweif

Einen furchtbaren Reif,

Und recket die Zunge,

Und im Kreise scheu

Umgeht er den Leu

Grimmig schnurrend,

Drauf streckt er sich murrend

Zur Seite nieder.

 

Und der König winkt wieder;

Da speit das doppelt geöffnete Haus

Zwei Leoparden auf einmal aus,

Die stürzen mit mutiger Kampfbegier

Auf das Tigertier;

Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,

Und der Leu mit Gebrüll

Richtet sich auf - da wird's still;

Und herum im Kreis,

Von Mordsucht heiß,

Lagern sich die greulichen Katzen.

 

Da fällt von des Altans Rand

Ein Handschuh von schöner Hand



Zwischen den Tiger und den Leun

Mitten hinein.

 

Und zu Ritter Delorges spottender Weis',

Wendet sich Fräulein Kunigund:

"Herr Ritter, ist Eure Lieb' so heiß,

Wie Ihr mir's schwört zu jeder Stund,

Ei, so hebt mir den Handschuh auf."

 

Und der Ritter in schnellem Lauf

Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger

Mit festem Schritte,

Und aus der Ungeheuer Mitte

Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.

 

Und mit Erstaunen und mit Grauen

Sehen's die Ritter und Edelfrauen,

Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.

Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,

Aber mit zärtlichem Liebesblick -

Er verheißt ihm sein nahes Glück -

Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.

Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:

"Den Dank, Dame, begehr ich nicht!"

Und verläßt sie zur selben Stunde.

 

(1797)

 

Gottfried Benn: Schöne Jugend

 

Der Mund eines Mädchens, das lange im Schilf gelegen hatte

sah so angeknabbert aus.

Als man die Brust aufbrach

war die Speiseröhre so löcherig.

Schließlich, in einer Laube unter dem Zwerchfell

fand man ein Nest von jungen Ratten.

Ein kleines Schwesterchen lag tot.

Die anderen lebten von Leber und Niere,

tranken das kalte Blut und hatten

hier eine schöne Jugend verlebt.

Und schön und schnell kam auch ihr Tod:

Man warf sie allesamt ins Wasser.

Ach, wie die kleinen Schnauzen quietschen!

 


Date: 2016-03-03; view: 970


<== previous page | next page ==>
Supporting Materials | The Inevitable Superpower
doclecture.net - lectures - 2014-2024 year. Copyright infringement or personal data (0.008 sec.)