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Video: Ausschnitte aus der Bundestagsdebatte

Merkel über Griechenland: Im Paradies der Selbstzufriedenheit

Ein Kommentar von Stefan Kuzmany

REUTERS

Merkel: Selbstbezogener und unsolidarischer Blick auf Europa

Angela Merkel meint: Alles kein Problem mit Griechenland. Angela Merkel meint, wir könnten "in Ruhe abwarten". Angela Merkel wähnt Europa "stärker als vor fünf Jahren". Man muss schon sehr selbstbezogen auf die Welt blicken, um sich so gewaltig irren zu können wie die Kanzlerin.

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Kommentar

Ist irgendwas? Ach ja, endlich Sommer. Und bald Urlaub. Und, ach so, diese unangenehme Sache mit Griechenland gibt's ja auch noch. Aber kein Grund, sich aufzuregen. Eigentlich ist nämlich alles in bester Ordnung.

Denn: "Wir können in Ruhe abwarten", so sprach die Bundeskanzlerin in der Debatte im Bundestag zur Krise in und mit Griechenland. Abwarten ist Angela Merkels Rezept für alles und ihr politisches Programm seit jeher, insbesondere in Bezug auf die Verhandlungen mit Griechenland. Mal redete sie dem griechischen Ministerpräsidenten Tsipras gut zu, mal schickte sie ihren Finanzminister Wolfgang Schäuble vor, auf dass sich die Griechen nicht allzu große Hoffnungen auf Großzügigkeit machten. Tatsächlich jedoch wartete sie ab. Warum?

Auch darauf gab Merkel Antwort in der Debatte: "Europa ist stark, viel stärker als vor fünf Jahren zu Beginn der europäischen Staatsschuldenkrise, die in Griechenland ihren Ausgang nahm." Ach so. Ja dann können wir uns tatsächlich alle beruhigt zurücklehnen und den Ferien entgegendämmern.

Leider jedoch irrt die Kanzlerin damit. Sie irrt gewaltig, und sie irrt gefährlich.

Nur wer selbstbezogen und unsolidarisch auf Europa blickt, mag kein Problem erkennen, wenn ein anderes Land aus der Gemeinschaft in Not gerät. Wenn Merkel sagt, Europa sei stark, dann meint sie: Wir haben uns abgesichert. Die Probleme der anderen gehen uns nichts an.

Nur wem europäische Werte wie Humanität und Gerechtigkeit wenig bedeuten, mag in Ruhe abwarten, während sich die Staaten der Union noch nicht einmal auf eine verbindliche Quote zur Aufnahme von Flüchtlingen einigen können, geschweige denn auf eine Migrationspolitik, die mehr ist als Abschottung.

Video: Ausschnitte aus der Bundestagsdebatte

REUTERS

Nur wer das geeinte, dabei aber diverse Europa nicht aus historischer Verantwortung als politische Notwendigkeit für den dauerhaften Frieden auf diesem Kontinent begreifen kann, kann unbesorgt zur Kenntnis nehmen, wie sich der Ton verschärft zwischen den Völkern, wie griechische Politiker von Demütigung und Knechtschaft reden, und deutsche Politiker sich als Zuchtmeister gerieren, nach deren alleinseligmachenden Rezepten sich die anderen zu richten haben.

Unter dem maßgeblichen Einfluss von Angela Merkel hat sich dieEuropäische Union immer mehr entfernt vom Ideal einer tatsächlichen Gemeinschaft, die gemeinsame Werte vertritt, gemeinsame Ziele verfolgt und die füreinander einsteht, wenn es darauf ankommt. Unter ihrer Mitwirkung ist diese Union zu einer Art permanent tagender Eigentümerversammlung geworden, in der man sich bis aufs Blut darum zankt, wie die Kosten für die Dachsanierung des europäischen Hauses einzutreiben sind, wo man sich schon morgens am Briefkasten mit dem Anwalt bedroht, weil der Nachbar von oben zu laut Musik hört, die einem noch dazu überhaupt nicht gefällt.



Gerne ist in Merkels Regierung die Rede davon, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen müsse, dass das Land einen Führungsanspruch habe. Aber politische Führung findet nicht statt. Wie auch? Dafür bräuchte es eine politische Idee. Eine solche jedoch kann Angela Merkel schon allein deshalb nicht in den Sinn kommen, weil dann ja auch jemand dagegen sein könnte, das macht alles nur unangenehm unruhig. Das darf auf keinen Fall geschehen im Paradies der Selbstzufriedenheit, zu dem Angela Merkel dieses Land gemacht hat.

Mit Angela Merkel haben wir uns eingerichtet in der größten, luxuriösesten Wohnung im europäischen Haus, und wehe, es klingelt jemand nach 20 Uhr und fragt nach zwei Eiern und Mehl. Nein, dieses Haus wird so schnell nicht einstürzen. Aber wer will darin schon wohnen?

Zum Autor

Jeannette Corbeau

Stefan Kuzmany leitet den Bereich Meinung und Debatte bei SPIEGEL ONLINE.

E-Mail: Stefan_Kuzmany@spiegel.de

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Date: 2016-03-03; view: 1191


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