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Stirnstellung Kernstelhmg 3 page

Glück, Glück. Wer will sagen, was du bist und wo du bist. (Fontane)


Verschiedene gefühlswertige Intonationstypen prägen das S! zu folgen­den Gefühlsäußerungen:

a) Schrecken, Entsetzen, Bedauern:

„Du Ferkel!" schreit sie. „Du Doppelferkel! Mein Kimono! " (Remarque)

b) Wertung (Einschätzungssatz):

Eine Schweinerei! Eine Gemeinheit! (Becher)

c) Geringschätzung:

„Ach, — Probefahrten", er machte eine wegwerfende Handbewegung. (Remarque; vgl. o.)

Ein sehr verbreitetes Modell des Einschätzungssatzes sind: Adj + Sj + gefühlswertige Intonation sowie seine Variante: Welch/Was für ein Adj + St + gefühlswertige Intonation, z. Â.:

Ein großartiger Wein, sage ich. (Becher) Ein scheußliches Wetterl (Becher) Welch hübsches Kleid, Gerdal (Remarque) Was für ein blöder Name\ (Remarque)

Auch die eingliedrigen Sätze mit infiniter Verbalform als Hauptglied werden zu verschiedenen Satztypen durch Stimmführung, lexikalischen Ge­halt und Kontext geprägt.

So ist zum Beispiel der eingliedrige Satz mit dem 2. Partizip als Haupt-glied nicht nur Aufforderungssatz (Stillgestandenl, sondern auch Aussage-und Fragesatz (Abgemacht Abgemacht!).

Ein Infinitivsatz ist in den meisten Fällen ein Aufforderungssatz (Aufste­hen)); doch mit einer anderen Stimmführung kann er auch einen Wunsch, ein Verlangen nach etwas bedeuten (Leben! î mein Gott\ Leben\ s. o; eben­so: Anders werdenV, Becher).

Form des Hauptgliedes, lexikalischer Gehalt des Satzes, Stimmführung und Kontext, die die Modelle eingliedriger Sätze prägen, bestimmen auch die Bezogenheit der betreffenden Sätze auf eine bestimmte Zeit und Person sowie ihre Modalität. Dass diese satzprägenden Kategorien in den einglied­rigen Sätzen ohne finite Verbalform nur implizit enthalten sind, ist ein we­sentliches Merkmal dieses Satztyps.

§ 98. Idiomatische Satzstrukturen

Spricht man vom Idiomatismus auf der Ebene der Syntax, so handelte sich gewiss um den grammatischen Idiomatismus,das heißt um den idio­matischen Charakter der grammatischen Bedeutung der Satzstruktur.

Wir begegnen dem grammatischen Idiomatismus auf verschiedenen Ebe­nen, wo es komplexe grammatische Strukturen gibt: in den analytischen For­men des Verbs, in Wortgruppen und in Sätzen. Als idiomatisch gilt jede kom­plexe grammatische Struktur, deren Gesamtbedeutung von den Bedeutun­gen der Konstituenten nicht abgeleitet werden kann.


Auf der Satzebene kann, der grammatische Idiomatistnus am Satz veran­schaulicht werden: Ich ein Lügner! Dieser Satz bedeutet so viel wie Ich bin kein Lügnerl, hat aber eine viel stärkere gefühlsmäßige Prägung, die sich etwa folgendermaßen beschreiben lässt: kategorische Abweisung der An­nahme, der Sprechende sei ein Lügner; Empörung über diese Annahme; Stau­nen, dass jemand es wagte, den Sprechenden einer Lüge zu verdächtigen. Der Gefühlswert dieses Satzes ist der Intonation zu entnehmen. Er variiert auch zum Teil von Satz zu Satz je nach dem lexikalischen Gehalt des Satzes und nach der Situation. Vgl. den Satz: Die und etwas hergeben?, wo zusam­men mit der kategorischen Abweisung der betreffenden Annahme nicht Em­pörung, sondern Geringschätzung aus dem Satz herausklingt. Ist aber der Gefühlswert der angeführten und ähnlichen Sätze bis zu einem gewissen Grade variabel, so bleiben dagegen die grammatischen Charakteristiken al­ler Sätze mit der betreffenden Satzstruktur konstant, und — was für das Ver­ständnis der Eigenart solcher Sätze von besonderer Bedeutung ist'— diese Charakteristiken sind aus der grammatischen Bedeutung der einzelnen Kom­ponenten des Satzes nicht ableitbar. Die Sätze Ich ein Lügner1} Die und et­was hergeben! enthalten keine Negation, und doch sind sie Verneinungssät­ze; sie haben die Stimmführung eines Fragesatzes, und doch sind sie keine Fragesätze, sondern Aussagesätze. Diese grammatischen Bedeutungen sind nicht den einzelnen Elementen der Gestaltung der Sätze zu entnehmen, son­dern nur dem Gesamtmodellder betreffenden Sätze.



Kennzeichnend für die Sätze mit idiomatischer Bedeutung sind: a) Stil­gebundenheit.Sie gehören ausnahmslos der stark emotionel! gefärbten (nicht selten der saloppen) Umgangssprache an und sind in der schönen Literatur nur in der Figurensprache anzutreffen: b) eigenartige Gestaltung:Selbst in den Sätzen, die aus kommunikativer Sicht in zwei Teile aufgegliedert wer­den können (Sie und etwas hergeben! Du | Feiglmgl), kann man nicht von einer regelmäßigen Subjekt-Prädikat-Straktur reden; viele idiomatische Sät­ze sind aber überhaupt nicht aufgliederbar (So ein Schafskopf! Immer Mut! Nur sachte! I wo! u, Ä.).

Es lassen sich zwei Arten von idiomatischen Satzstrukturen unterscheiden:

1) Den ersten Typ idiomatischer Sätze bilden erstarrte schablonenhafte idiomatische Sätze, die sich nicht nach einem Modell vermehren lassen (nicht generierbar, als fertige Einheiten bereitstehend).

a) Bestätigungsformeln:

Und ob! Und wie! Und wasfiir einer!

Frau von Wulkow wisperte: „Er ist ein schlechter Charakter" „Und ob!" sagte Diederich mit Überzeugung. (H.Mann)

b) Verneinungsformeln:

/ wo! Ach wo! Wo werd' ich denn!

»Aber lass es nicht zu spät werden, Kuno! Und rauch nicht auf dem Heu­boden!" — „/ wo denn! Wo wer ick1'. (Fallada)


Von den interjektionsartigen Ausrufen (O mein Gott!, Ach du meine Güte!, Du lieber Himmel!) unterscheidet diese Sätze die ausgesprochen grammati­sche Bedeutung der Bejahung und der Verneinung.

2) Den zweiten Satztyp bilden nach einem Modell generierbare idiomati­sche Sätze.

Ich ein Lügner? Du Feigling!

Sie und etwas hergeben? Ich Unglückliche!

Die und heiraten? Sie Schuft!

Immer Mut! Mach, dass du fortkommst!

Immer langsam! Mach, dass du verschwindest!

Immer ruhig!

Das Kennzeichen aller Modelle ist ihr gebundenerCharakter:

a) Viele Modelle sind durch eine konstanteKomponente gekennzeichnet.

à Mut!

Immer \ langsam!

l herein!

Immer \ ™h4! . .

[ hereinspaziert!

f ein Schafskopf!

So | eine Überraschung!

l ein Unglück!

f ein Glück!

Welch I eine Überraschung!

l eine Neuigkeit!

Und so was l Freund!

nennt sich Student!

l Hilfe!

Auch die variable Komponente kann gebunden sein, meistens wortart­mäßig; so ist zum Beispiel die zweite Komponente der Sätze vom ÒÓÐ So eine Überraschung! Welch ein Glück! immer ein Substantiv.

b) Häufig hat das Modell des idiomatischen Satzes keine konstante Kom­
ponente, ist aber durch den wortartmäßig gebundenen Charakter seiner Kom­
ponenten und durch invariable (feste) Stellung der Komponenten sowie durch
besondere Stimmführung geprägt.

Du Feigling!; Ich Unglückliche!

Die erste Komponente solcher Sätze ist ein Personalpronomen, die zwei­te ein Substantiv mit wertender Bedeutung. Die Stellung der Komponenten ist; P + S. Die Stimmführung ist die eines Ausrufesatzes. Pronomen ufld Substantiv sind gesonderte Syntagmen.

c) Zu den oben geschilderten Mitteln gesellt sich meistens auch die
gebundene morphologische Form der Glieder. Bereits in den vorherge-


henden Beispielen war das zu beobachten, da in den Sätzen des Typs Du Feigling! beide Komponenten nur im Nominativ stehen können. Dassel­be Merkmal morphologischer Gebundenheit veranschaulichen folgende Sätze:

Ich ein Lügner?; Die und etwas hergeben?; Ich und doof?

Die Wortart der ersten Komponente liegt bis zu einem gewissen Grade fest. Es kann ein Personalpronomen, ein Demonstrativpronomen oder ein Substantiv sein; die zweite Komponente kann ein Substantiv, ein Infinitiv, ein Adjektiv oder Adverb sein, ist also in dieser Hinsicht eher frei. Dagegen ist sie aus morphologischer Sicht gebunden. Jede von den flexivischen Wort­arten steht in ihrer Grundform (Nominativ, Infinitiv, flexionslose Form des Adjektivs). Auch die erste Komponente hat immer die Nominativform. Prä­gemittel des behandelten Modells sind:

1) Eine relativ enge Festlegung der Wortart der ersten Komponente.

2)Feste Stellung der Komponente.

 

3) Morphologische Gebundenheit beider Komponenten.

4) Stimmführung eines Fragesatzes mit Aufgliederung des Satzes in zwei
Syntagmen.

5) Das Modell hat die Variante mit der konstanten Komponente und {Die
und etwas hergeben?).

d) Einige Modelle idiomatischer Sätze beruhen auf der Transposition von Gliedsätzen oder von komplexen Sätzen auf die Ebene des einfachen Satzes unter Idiomatisierang ihrer Struktur.

Sehr verbreitet und vieldeutig sind zum Beispiel die idiomatischen dass-SUzt, die je nach dem lexikalischen Gehalt, Stimmführung und Kontext Aufforderung, Wunsch, Vorwurf, Bedauern, Freude u. a, ausdrü­cken können:

„Junge, dass du mir nichts verschüttest!" (H.Mann) (hier und weiter zit. nach Wdowitschenko [271])

Dass ich daran nicht gleich gedacht habe! (Richter)

„Ach Henju, dass du nur wieder da bist", sagt Anna, halb lachend, halb weinend. „Ich war in solcher Sorge." (Spranger)

Die Konjunktion dass erscheint in solchen Sätzen als modellprägende konstante Komponente des Satzes [271].

Ein anderer idiomatischer Satztyp sind die Aufforderungssätze, die auf der Transposition eines komplexen Satzes auf die Ebene des einfachen Sat­zes beruhen und als konstante Komponente die Imperativform Mach, mit der darauffolgenden Konjunktion dass haben:

Mach, dass du fortkommst!; Mach, dass du verschwindest!

Das letztgenannte Modell weist nicht nur eine modellprägende konstante Komponente auf, sondern ist auch lexikalisch gebunden,als variabler Teil der betreffenden Sätze in der Regel treten Verben der Fortbewegung aul\

Weitere Beispiele idiomatischer Satzstrukturen s.: [271,132].


Kapitel 10 DIE WORTGRUPPE

§ 99. Definition der Wortgruppe. Arten der Wortgruppen

Die Wortgruppe (auch Wortfügung, Wortgefüge, Wortverbindung, Phra­se genannt) ist eine nichtsatzartig geprägte Verbindung zweier oder mehre­rer aufeinander syntaktisch und semantisch bezogener Autosemantika.

Gegenstand der Syntax sind vor allem freie Wortgruppen, die nicht als fertige Gebilde im Inventar der Sprache existieren, sondern im Prozess der Rede generiert werden. Feste Wortkomplexe (zum Ausdruck bringen, zum Vorschein kommen, Pleite machen) bilden den phraseologischen Teil des Wortschatzes einer Sprache und werden von der Phraseologie studiert.

In den Bereich der Grammatikforschung gehören außer den freien Wort­gruppen auch halbfeste Wortgmppen mit grammatischer Bedeutung(ist zu machen, hat zu machen, muss da sein, mag bald kommen u. Ä.: Näheres s. u., § 102).

Freie Wortgrappen sind Segmente von Sätzen. Ein erweiterter Satz kann in mehrere Wortgruppen aufgegliedert werden (die Glieder der Wortgrap­pen stehen entweder in Kontaktstellung oder sind voneinander entfernt).

Vgl. Im Namen des deutschen Proletariats und des freigesinnten Bürger­tums senden wir dem spanischen Volk, seiner parlamentarisch gewählten Regierung und den mit ihr kämpfenden Parteien der spanischen Volksfront, den Milizen, den Arbeitern und den Bauern, besonders auch den Frauen und Jugendlichen, unsere heißen Grüße, (H.Mann)

Dieser Satz lässt sich in folgende Wortgruppen aufgliedern:

1) im Namen des Proletariats; 2) des deutschen Proletariats; 3) des Pro­letariats und des Bürgertums; 4) des freigesinnten Bürgertums; 5) im Namen des Proletariats senden; 6) dem spanischen Volk; 7)dem Volksenden; 8) dem Volk, der Regierung und den Parteien; 9) seiner Regierung; 10) parlamen­tarisch gewählt; 11) seiner parlamentarisch gewählten Regierung; 12) kämp­fenden Parteien; 13) den mit ihr kämpfenden Parteien; 14) der spanischen Volksfront; 15) den mit ihr kämpfenden Parteien der spanischen Volksfront; 16) den Milizen, den Arbeitern und den Bauern; 17) den Frauen und Ju­gendlichen; 18) unsere Grüße; 19) heiße Grüße; 20) unsere heißen Grüße; 21) ...senden unsere heißen Grüße.

Es dürfen nicht als Wortgrappen betrachtet werden:

a) ...senden wir., — das ist eine Subjekt-Prädikat-Verbindung, d. h. ein
Satz;

b) im Namen des deutschen..., ...eines freigesinnten Bürgertums sen­
den... ~~
es besteht keine syntaktische und semantische Verbindung zwi­
schen diesen Wörtern, obwohl sie unmittelbar nebeneinander stehen.


Obwohl Wortgruppen Satzsegmente sind, ist der Satz keine mechanische Verbindung von Wortgruppen. So bleibt zum Beispiel die Hauptbeziehung des Satzes, und zwar die Subjekt-Prädikat-Verbindung, bei der Segmentie­rung des Satzes in Wortgruppen unberücksichtigt (s. o.). Außerdem besitzt der Satz auch andere Elemente, die bei der Aufgliederung des Satzes in kei­ne der dabei abfallenden Wörtgruppen eingehen. So sind zum Beispiel Mo­dalwörter, Modalpartikeln, Bemerkungen des Sprechers über den Charakter der Aussage keine Komponenten von Wortgruppen. Modalwörter und -par-tikeln dienen zur Gestaltung des gesamten Satzes; sie stehen in keiner syn­taktischen Beziehung zu den einzelnen Satzgliedern. Auch Bemerkungen über den Charakter der Äußerung stehen außerhalb der syntaktischen Ver­bindungen im Satz.

Sie wollen vielleicht ein Denkmal bei dir bestellen. (Kellermann) Kurzum, der Doktor Becker entfernte sich vom Brückenkopf des Armen­kirchhofs unverrichteter Dinge. (Kisch)

Auch das prädikative Attribut zum Subjekt des Satzes geht bei der Auf­gliederung des Satzes in keine Wortgruppe ein, da es semantisch wie syntak­tisch mit Subjekt und Prädikat zugleichverknüpft ist; diese können aber nicht in eine Wortgruppe eingehen:

Grau gingen die Tage. (Kellermann)

Außerhalb der Wortgruppen bleiben bei der Segmentierung des Satzes auch Konjunktionen und Relativa, die zur Verbindung von Teilsätzen in ei­nem komplexen Satz oder auch an der Spitze eines Ganzsatzes stehen und diesen auf das Vorhergesagte beziehen:

Karl ist begäbt, allerdings fehlt es ihm an Fleiß. Ich habe gestern bis spät in die Nacht hinein gearbeitet. Deshalb bin ich heute so spät erwacht.

Die Wortgrappe wird als eine vom Wort und vom Satz unterschiedliche Einheit betrachtet, da sie eine eigene innere Form hat, die von ihrem Funk­tionieren im Satz unabhängig ist und bei verschiedenen Verschiebungen und Vertauschungen des Satzgliedwertes der Wortgruppe intakt bleibt. Dies zeigte Ries an den Beispielen [208]:

a) Ein munterer Knabe von acht Jahren kam herbeigesprungen;

b) Mr trafen einen munteren Knaben von acht Jahren;

c) Er war damals ein munterer Knabe von acht Jahren.

Das wesentlichste Element der grammatischen Form (der Gestaltung) ei­ner Wortgruppe ist der Charakter der syntaktischen Verbindung zwischen den Gliedern der Wortgruppe. Danach unterscheidet man folgende drei Ar­ten von Wortgruppen:

1. Wortreihen: ihre Glieder sind durch Koordination (Beiordnung, Ne­benordnung) miteinander verbunden, z. B. Frauen und Kinder; Industrie und Landwirtschaft; kurz und bündig; hier und dort,


2. Wortgefüge: ihre Glieder sind durch Subordination(Unterordnung)
miteinander verbunden, z, B. das deutsche Volk; die Kinder unserer Nach­
barn; nach Hause kommen; parlamentarisch gewählt; sehr spät;

3. Satzwertige Wortgruppen, d. h. Wortgruppen, die eine Subjekt-Prädi­
kat-Beziehung implizieren, ohne dass ihre Glieder die grammatische Form
von Subjekt und Prädikat haben:

Die Frau gegangen, saß sie erschöpft... (Feuchtwanger)

Neben den einfachen zwei- bis dreiwertigen Wortgrappen trifft man auch Wortgruppen mit großer Gliederzahl und nicht selten mit gemischter Struk­tur:

Das große einigende Kampfziel aller Freunde des Friedens und der Frei­heit.

Diese Wortgruppe ist komplex. Die binäre Aufgliederung der Wortgrup­pe ergibt mehrere Subordinierangsknoten; sie hat auch eine gemischte Struk­tur, weil ihre Glieder durch verschiedene Arten der syntaktischen Verbin­dung zusammengefügt sind:

Kampfziel
einigende z*"' ""^ (der) Freunde

das große'

\

und
des Friedens------- ° der Freiheit

Die Grandlage für komplexe Wortgrappen sowie für Wortgruppen mit gemischter Struktur bilden die drei oben genannten Grundtypen von einfa­chen Wortgruppen; daher konzentrieren sich die Grammatiken auf die Dar­stellung dieser Grundtypen.

Von den drei Arten der Wortgruppen zeichnen sich vor allem die Wortge­füge durch ihre Verwendungsfrequenz und ihre Bedeutung für die Satzbil­dung aus. Sie sind es vor allem, die die Erweiterung des Satzes durch abhän­gige Satzglieder sowie eine sehr beträchtliche Textverdichtung ermöglichen. Deshalb beschränken sich viele Grammatikforscher auf die Darstellung von Wortgefügen, d. h. von Wortgrappen, die mit Hilfe der Subordination gebil­det sind.

Von den allgemeinen Fragen der Wortgruppenlehre muss auf das Ver­hältnis der Begriffe Wortgruppe and Syntagmaeingegangen werden. Be­kanntlich spricht man bei der Segmentierung von Sätzen nicht nur von Wort­grappen, sondern auch von Syntagmen. Der Begriff des Syntagmas ist von verschiedenen Seiten her entwickelt worden und hat in verschiedenen For­schungsrichtungen unterschiedlichen Gehalt. Eine der vorherrschenden In­terpretationen dieses Begriffes ist die intonatorische(dazu: [231, 63,284],


dort, auch weitere Literaturübersicht; [155]). Stscherba bestimmt das Syn­tagma als eine fonetische Einheit, die einen Sinnabschnitt zum Ausdruck bringt. Sie wird durch die Verstärkung der abschließenden Wortbetonung zu einer intonatorischen Einheit (einer Akzentgruppe) geprägt. [231]. Auf ähn­liche Weise definiert das Syntagma Otto Essen:

„Längere Sätze gliedern sich meistens in zwei oder noch mehr Sinnab­schnitte auf. Diese Abschnitte entsprechen gewissen Vorstellungseinheiten oder gedanklichen Teilabläufen. Vielfach fallen sie mit den syntaktischen Einheiten des Satzes zusammen, oft umfassen sie aber auch mehr als einen Satzteil; es kommt in jedem Falle darauf an, was der Sprechende gerade als eine Sinneinheit zusammenfassen will.Er macht dies in seinem Aussprach deutlich, etwa durch ein pausenähnliches Absetzen, also eine Zäsur; aber wichtiger noch als die Gliederung durch Zäsuren ist die Bindungvon Rede­teilen durch die Melodie. Die Melodie ist gleichsam der Phrasierungsbogen, der den Ausspruch oder Teile des Ausspruchs zur kleinsten Denk-Sprechein-heit integriert. Der Teil des Ausspruchs, der durch ein melodisches Motivals Einheit gekennzeichnet wird, soll rhetorisch Syntagma genannt werden" [63].

Bei der intonatorischen Aufgliederang des Textes in Syntagmen fallen die Grenzen der Wortgruppe und des Syntagmas nicht zusammen, obwohl beide inhaltlich bedingt sind.

Einige Syntagmen sind Sätze und können deshalb nicht als Wortgruppen gelten:

Es regnet Ich komme.

In anderen Fällen sind die Glieder einer Wortgrappe voneinander ent­fernt und deswegen auf verschiedene Syntagmen verteilt:

Nachher aber | bereute er | ein solches Gespräch.

(H.Mann) Das Syntagma kann auch einwertig sein:

Langsam \ ging er die Straße hinab. (Kellermann; zitiert nach S i n d e r, Strojewa [239])

Wortgruppe und Syntagma können auch übereinstimmen. So etwa das erste Syntagma im Beispiel von L. R. Sinder und T. V. Strojewa:

Auf den Zweigen der Tannen \ kletterten Eichhörnchen. ([239]; das zweite Syntagma ist keine Wortgrappe, da es eine Subjekt-Prädikat-Verbindung ist.)

§ 100. Die Wortreihe

Die Wortreihe wird durch Nebenordnung(Beiordnung, Koordination) von syntaktisch gleichwertigen Wörtern gebildet, d. h. von Wörtern, die glei­che grammatische Funktion im Satz haben können. Deswegen sind die Glie­der einer Wortreihe nicht nur syntaktisch gleichwertig, sondern auch gleich-rangig.


Es wird allgemein betont, dass durch die Nebenordnung von Wörtern keine neuen Satzglieder entstehen. Die Wortreihe bildet einSatzglied [85].

Die Glieder einer Wortreihe gehören sehr häufig zu einer und derselben Wortart (Mutter und Kind; Industrie und Landwirtschaft; kommen und ge­hen; heute und morgen). Doch können in der Wortreihe auch verschiedene Wortarten nebeneinander stehen (faul, aber nicht ohne Begabung, heute und in zwei Tagen).

Ein wesentlicher Charakterzug der Wortgruppen, der in der Bezeichnung Wortreihe vortrefflich zum Ausdruck kommt, ist, dass das Prinzip der binä­ren Teilung, das für die meisten syntaktischen Gebilde gilt, auf sie nicht anwendbar ist. Das ist dadurch bedingt, dass die Zahl der Glieder einer Wort­reihe uneingeschränkt ist und alle Glieder gleichrangig sind.

Fritz Hardekopf saß am Sonntagnachmittag in der guten Stube, Reiß­brett, Lineal, Zirkel und Winkelmaß vor sich. (Bredel)

Reißbrett Lineal Zirkel und Winkelmaß

Gestaltungsmittel der Wortreihe sind:

1) Wortstellung:für die Glieder einer Wortreihe ist Kontaktstellung cha­
rakteristisch;

2)Stimmführung:die Glieder der Wortreihe sind meistens durch Zäsu­
ren gegeneinander abgesetzt und laufen mit Ausnahme des letzten Gliedes
mit gehobener Stimme aus (weiterweisende oder progrediente Stimmfüh­
rung); das letzte Glied ist durch Tiefton, terminative Stimmführung und
Stärkstbetonung geprägt [63]:


3 3

Frauen


2 2 "11

Kinder und Greise


3) koordinierende Konjunktionen: und, aber, nicht nur... sondern auch u. a.

Nicht alle Worteeihen sind durch Konjunktionen gestaltet; häufig sind sie nur durch Wortstellung und Stimmführung geprägt:


3 3 Frauen


2 2 Kinder


Q

1 1

Greise


Daher unterscheidet man*, a) syndetisch(mit Konjunktionen) verbunde­ne Wortreihen und b) asyndetisch (ohne Konjunktionen) verbundene Wort­reiben; c) einen gemischtenTyp stellen Wortreihen dar, deren letztes Glied syndetisch verbunden ist, während die vorangehenden Glieder asyndetisch verbunden sind. Vgl.:

a) Frauen, Kinder, Greise (Anreihgruppenach Ries);

b) Frauen und Kinder (Anknüpf grappe nach Ries);

c) Frauen, Kinder und Greise (Anreihknüpfgruppe nach Ries; mono-
syndetisch verbundene Wortreihe nach Grebe [85]).


Die Synonymie der syndetischen und asyndetischen Wortreihen ist auf die einfachste Art der kopulativen Verbindung beschränkt, die mit Hilfe der Konjunktionen und, sowie ausgedrückt werden kann.

Nicht einmal in allen Fällen der kopulativenVerbindung steht dem Spre­cher die Wahl zwischen syndetischer und asyndetischer Verbindung frei, denn die Vielfalt der kopulativen Konjunktionen zielt auf den Ausdruck mehrerer feiner Schattierungen der logischen Verbindung ab. Diese werden durch die lexikalische Bedeutung der Konjunktionen wiedergegeben. Vgl. die Bedeu­tung der kopulativen Konjunktionen auch, und auch: Bäume, Sträucher und auch Blumen mannigfaltiger Art (ein Glied wird nachtragweise angereiht); ja, sogar abwegig, ja falsch (steigernde Anreihung); geschweige (denn)\ keine Minute, geschweige denn einen Tag (steigernde negative Anreihung); und zwar: bald, und zwar morgen (erläuternde Anreihung).

Scharf umrissene lexikalische Bedeutungen haben auch die kopulativen Konjunktionen: erstens, zweitens usw., sowohl ...als auch, weder... noch, nicht nur... sondern auch, bald... bald, teils... teils, halb... halb. Auch sie lassen keinen Ersatz durch asyndetisch verbundene Wortreihen zu.

Nur syndetisch können auch die anderen Arten der logischen Verbin­dung zwischen den Gliedern einer Wortreihe wiedergegeben werden, und zwar:

a) die disjunktiveVerbindung, d. h. die gegenseitige Ausschließung der
Glieder: du oder ich; heute oder morgen; Bücher oder auch Zeitschrifien;
entweder alles oder nichts;

b) die adversative Verbindung, d. h. die Entgegensetzung der Glieder:
klein, aber mein; nicht in Berlin, sondern in Leipzig; gedrängt, jedoch voll­
ständig.

In allen diesen Fällen ist die lexikalische Bedeutung der Konjunktion ein wichtiger mitprägender Faktor in der Wortreihe.

Andererseits besteht eine besondere Art asyndetisch verbundener Wort­gruppen, die ihrerseits keine Einschaltung der Konjunktion zulassen, — das sind die sog. appositionellen Wortreihen, z. B. Karl Müller, Professor Dr, Meier, mein Onkel Walter, die Stadt Berlin; wir Deutscfien; Karl, mein be­ster Freund; Montag, den 21. Mai 1969, u. Ä. (Näheres s. u.).

Nach dem Anteil der Konjunktion an der Gestaltung der Wortreihe, nach der eventuellen Bedeutung der Konjunktion und nach dem Synonymiever-hältnis zwischen der syndetisch und der asyndetisch verbundenen Wortreihe lassen sich also folgende Arten von Wortreihen unterscheiden:

1. asyndetisch verbundene kopulativeWortreihen (synonym den Wort­
reihen mit den Konjunktionen und, sowie);

2. syndetisch verbundene Wortreihen:

 

a) kopulative Wortreihen,

b) disjunktive Wortreihen,

c) adversative Wortreihen;

3. asyndetisch verbundene appositioneHe Wortreihen.

Von diesen Arten der Wortreihen bedürfen einer weiteren Besprechung nur die appositionellen Wortreihen,da sie in den Grammatiken sehr ver-


schieden behandelt werden und da ihre Einordnung unter die Wortreihen durchaus nicht allgemein akzeptiert ist.

Traditionell wird die Apposition als eine besondere Art des Attributs betrachtet [138, 85] und folglich unter die subordinierend verbundenen Wortfügungen eingereiht. Anlass dafür ist eine gewisse Ähnlichkeit zwi­schen Apposition und Attribut, die darin besteht, dass die Glieder der ap­positioneilen Wortgrappe in einem bestimmendenVerhältnis zueinander stehen (mein Onkel Otto, die Stadt Berlin). Übersehen wird dabei aber, dass das bestimmende Verhältnis der Glieder einer appositioneilen Wort­grappe gegenseitig ist, während in der attributiven Wortfügung (der Sohn unserer Nachbarn, die Siege Napoleons) nur einGlied im bestimmenden Verhältnis zu dem anderen steht. Ein weiterer noch wesentlicherer Unter­schied liegt im Charakter der syntaktischen Verbindung zwischen den Glie­dern einer appositionellen Wortgruppe und denen einer attributiven Wort­gruppe vor. Kennzeichnend für die attributiven Wörtgruppen wie für alle subordinierend geprägten Wortgruppen ist, dass nur ein Glied (das Kern-wort der Wortgrappe) denselben syntaktischen Wert hat, den die gesamte Wortgruppe aufweist, während der syntaktische Wert der anderen Glieder der Gruppe davon abweicht (vgl. Ries, Beispiele, s. S. 273 f.). Die appo­sitioneile Wortgrappe dagegen hat eine andere Beziehung zwischen den Gliedern.


Date: 2016-03-03; view: 917


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