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Wir setzten uns in eine Ecke. Der Mixer kam. »Was möchten Sie trinken?« fragte ich das Mädchen.

7 »Vielleicht einen Martini«, erwiderte sie. »Einen trockenen Martini.«

8 »Darin ist Fred Spezialist.«

Fred erlaubte sich ein Lächeln. »Mir wie immer«, sagte ich. Die Bar war kühl und halbdunkel. Sie roch nach vergossenem Gin und Kognak. Es war ein würziger Geruch, wie nach Wacholder und Brot. Von der Decke hing das holzgeschnitzte Modell eines Segelschiffs herab. Die Wand hinter der Theke war mit Kupfer beschlagen. Das gedämpfte Licht eines Leuchters warf rote Reflexe hinein, als spiegele sich dort ein unterirdisches Feuer. Von den kleinen, schmiedeeisernen Wandarmen brannten nur zwei – einer bei Valentin und einer bei uns. Sie hatten gelbe Pergamentschirme, die aus alten Landkarten gemacht waren, und sahen aus wie schmale, erleuchtete Ausschnitte der Welt.

Ich war etwas verlegen und wusste nicht recht, wie ich ein Gespräch anfangen sollte. Ich kannte das Mädchen ja überhaupt nicht, und je länger ich es ansah, um so fremder erschien es mir. Es war lange her, dass ich mit jemand so zusammen gewesen war; ich hatte keine Übung mehr darin. Ich hatte mehr Übung im Umgang mit Männern. Vorhin, im Café, war es mir zu laut gewesen – jetzt, hier, war es plötzlich zu ruhig. Jedes Wort bekam durch die Stille des Raumes so viel Gewicht, dass es schwer war, unbefangen zu reden. Fast wünschte ich mich schon wieder ins Café zurück.

Fred brachte die Gläser. Wir tranken. Der Rum war stark und frisch. Er schmeckte nach Sonne. Er war etwas, woran man sich halten konnte. Ich trank und gab das Glas Fred gleich wieder mit.

Gefällt es Ihnen hier?« fragte ich.

Das Mädchen nickte.

14 »Besser als in der Konditorei drüben?«

Ich hasse Konditoreien«, sagte sie.

Weshalb haben wir uns dann gerade da getroffen?« fragte ich verblüfft.

17 »Ich weiß nicht.« Sie nahm ihre Kappe ab. »Mir fiel nichts anderes ein.«

18 »Um so besser, dass es Ihnen dann hier gefällt. Wir sind oft hier. Abends ist diese Bude für uns schon fast so eine Art Zuhause.«

19 Sie lachte. »Ist das nicht eigentlich traurig?«

20 »Nein«, sagte ich, »zeitgemäß.«

21 Fred brachte mir das zweite Glas. Er legte eine grüne Havanna dazu auf den Tisch. »Von Herrn Hauser.«

Valentin winkte aus seiner Ecke herüber und hob sein Glas.

Juli 17, Robby«, sagte er mit schwerer Stimme.

Ich nickte ihm zu und hob ebenfalls mein Glas.

Er musste immer jemand zutrinken; ich hatte ihn abends schon getroffen, wie er dem Mond oder einem Fliederbusch in einer Bauernkneipe zutrank. Dann erinnerte er sich an irgendeinen Tag aus den Schützengräben, wo es besonders schwer zugegangen war, und war dankbar dafür, dass er noch da war und so sitzen konnte.

26 »Er ist mein Freund«, sagte ich zu dem Mädchen. »Ein Kamerad aus dem Kriege. Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der aus einem großen Unglück ein kleines Glück gemacht hat. Er weiß nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen soll – deshalb freut er sich einfach, dass er noch lebt.«




Date: 2016-01-14; view: 1124


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Kaffee, Tee, Schokolade?« fragte der Kellner und wedelte mit seiner Serviette eine Anzahl Kuchenkrümel von der Tischplatte auf meinen Anzug. | Ich stellte den Kognak, den Gin und zwei Gläser auf den Tisch.
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