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Katharina II. von links

O Kapitel 5

Gegen sechs Uhr pflegte Schwester Theresa geradezu widerlich frisch die Krankenzimmertür aufzureißen und ihr "Guten Morgen! Guten Morgen!" den schlafenden Patientinnen um die Ohren zu klatschen.

Frau Schüssle antwortete mit einem Stöhnen und Frau Kynast, von Theresa durch ein zusätzliches Rütteln geweckt, nahm ihre Zähne aus dem Wasserglas und fummelte sie sich in den Mund.

"Können Sie einen anständigen Kranken nicht ausschlafen lassen? Nee? Geht das nicht? Die Privatpatien­ten wecken Sie ja ooch nich mitten in der Nacht. Sind die vielleicht was Besseres?"

Schwester Theresa verteilte die Thermometer und schüttelte herzhaft Martha Guthmanns Hand, als sie an ihr Bett trat. "Na, das war vielleicht eine Überraschung. Herzlichen Glückwunsch!"

Großmutter sah sie nichts begreifend an. 'Wozu denn?" Theresa drohte mit dem Finger. "Tun Sie doch nicht so scheinheilig. Sie wissen ganz genau, was ich meine."

"Was denn? Sagen Sie doch mal!"

"Sie sind Urgroßmutter geworden, Frau Guthmann."

"Ich? Schon wieder? Wann denn?"

Theresa konnte nicht antworten, weil Frau Kynast, bei der sie den Puls maß, mit Stentorstimme jede weitere Unterhaltung niederdröhnte: "Mit uns könnses ja machen. Wir sind ja bloß Kassenpatienten."

"Ruhe!" flehte Frau Schüssle. "Die Person macht einen ganz schwach."

"Wenn du arm bist, musst du früher aufstehen. Um sechs!" schimpfte die Kynast.

Schwester Theresa kam an Großmutters Bett und ließ sich das Thermometer geben.

"Erzählen Sie doch mal, Schwester. Ich wusst' ja gar nicht, dass schon wieder was fällig war. Diese Familie vermehrt sich wie die Karnickel1. 13 Enkel hab' ich, davon acht verheiratet und von denen schon wieder neun Urenkel in drei Jahren. Einer hat immer Geburtstag. Das geht ins Geld. Das frisst die Pension. Wer ist denn dies­mal?"

"Na, Ihr Enkel, der Sie immer besuchen kommt!"

Großmutter richtete sich erschüttert auf. "Der Bastian? Der Bastian ist Vater geworden? Das gibt's doch nicht!"

"Ja ist der junge Mann denn überhaupt verheiratet?" erkundigte sich Frau Schüssle, nun auch hellwach.

"Nein", sagte Großmutter giftig, "ist er nicht. Kann er auch so. Aber dass er mir nichts erzählt hat!" Sie stieß Schwester Theresa, die Puls bei ihr messen wollte, bei­seite. "Jetzt Pulsmessen. Was glauben Sie, wie der rast. Kriegt ein Kind und sagt mir nichts. Woher wissen Sie's denn? Hat er angerufen?"

"Von der Nachtschwester weiß ich's. Mutter und Kind liegen auf demselben Stock. Es ist ein Mädchen."

"Im selben Haus? Hier?" Frau Schüssle war hingerissen. "Auf unserm Stock! Und Sie wissen nichts davon, Frau Guthmann, ja, was sagt man denn dazu?"



Großmutter sagte gar nichts. Sie kochte.

Zur gleichen Zeit stand Dr. Freude an Susi Schulz's Bett. Das Mädchen hatte zwar eine leichte Geburt hinter sich, aber es war jetzt niemand da, der sich mit ihr über das Neugeborene freute. Susi lag zudem zwischen zwei Wöchnerinnen, die mit Blumen und Telegrammen von strahlenden Anverwandten gefeiert wurden und sich wie preisgekrönt fühlen durften. Sie behandelten Susi Schulz eine Spur zu mitleidig, und Susi war nicht der emanzi­pierte Typ, der damit leicht fertig wurde.

Ein Glück, dass es diesen netten Spinner, den 13. Enkel, gab. Wenigstens einer außer der Freude und den Schwestern, der sich ein bisschen um sie kümmern würde.

"Haben Sie Bastian Guthmann angerufen?"

"Hab' ich."

"Danke. Was hat er gesagt?"

"Schöne Grüße, und er freut sich sehr."

 

Susi lächelte getröstet. "Haben Sie ihn nach einem Namen gefragt?"

"Er meinte — vielleicht Katharina?"

"Katharina", sagte Susi erschrocken. "Ist das nicht ein bisschen lang und ernst für so ein kleines Baby? Wie ist er denn darauf gekommen?"

"Ganz blöd", lachte die Freude. "Er hat mich gefragt, wie ich heiße. Er wollte sich wohl das Nachdenken ersparen."

"Ach so." Susi war zu höflich, um ihr Missfallen kundzutun.

"Ich finde den Namen auch nicht doll", sagte die Freude, "aber es hätte noch schlimmer kommen können. Stellen Sie sich vor, ich hieße Isolde oder Ottilie."

"Ein Glück, dass Sie nicht Isolde heißen", sagte Susi. "Ich kannte mal eine, die hat geklaut."

Die Freude sagte ihr nicht, dass eine historische Katharina wegen angeblicher Untreue enthauptet worden war, eine das Blutbad der Bartholomäusnacht2 anzettelte und eine ihren Mann, den Zaren, umbringen ließ. Es hatte auch drei Heilige gleichen Namens gegeben.

Katharina Freude drückte kurz Susis auf der Bettdecke ruhende Hand. "Freuen Sie sich über Ihr Baby. Es ist ein ganz besonderes hübsches Mädchen."

"Finden Sie?" fragte Susi ein bisschen stolz. "Ich werd's Kathrinchen rufen, das klingt nicht so ernst."

Die Freude gähnte beim Hinausgehen, dass ihr die Augen tränten.

Sie war auch nach einer halben Stunde Schlaf nicht wacher. Im Gegenteil. Sie fühlte sich wie verkatert.

Als sie ins Ärztezimmer ging, holte ein Mann in Zivil sie ein. Es war der Chefarzt, der gerade gekommen war.

"Nun, Katharina?"

"Langsam glaub' ich, alle warten bloß auf meinen Nachtdienst. Eine Aufnahme, zwei Geburten, eine Hüftluxation — die Frau Kühn von 314. Sie hat geträumt, in ihrem Hotel brennt es, und ist aus dem Bett gefallen. Warum fallen immer alle bei mir und nie, wenn die anderen Nachtdienst haben?"

Der Chefarzt kam mit ins Ärztezimmer, als er sah, Dans es leer war. Sein Ton wurde vertraut. "Wann sehen wir uns? Was ist mit heut' Abend? Unsere Kammersän­gerin hat mir Karten für Tristan und Isolde' angeboten. Letzte Vorstellung vor den Sommerferien. Hast du Lust?"

Katharina gähnte. "Isolde klaut."

"Bitte?"

"Fräulein Schulz von 311 kannte mal eine Isolde, die hat geklaut."

"Katharina!"

"Herr Professor?"

"Du bist sehr albern."

Sie nickte ernst. "Ja, sehr."

Der Oberarzt trat ein, und sie sprachen über die wichtigsten Vorkommnisse der letzten Nacht. Professor Klein kam nicht noch einmal auf Tristan und Isolde' zurück. Katharina war sehr froh darüber, sie schlief lieber Im Bett als in der Oper.

Am selben Morgen stand Bastian Guthmann auf dem Viktualienmarkt vor seinem Blumenstand, nun schon beinah befreundet mit der Standlfrau.

"Ja, Sie — ", begrüßte sie ihn staunend.

"Ja, ich schon wieder. Inzwischen habe ich noch einen Fall im Spital — seit heute Nacht sind's sogar drei. Drei Weiber."

"Herrgottzeiten — schon drei! Ja wie denn des?"

Bastian roch in einen Strauß knackfrischer Rosen hinein und dachte an Katharina Freude. "Im Grund sind's sogar vier."

Das konnte die Standlfrau einfach nicht begreifen. Vier Weiber in drei Tagen im Spital! "Sie, des muaß a Virus sein."

Anschließend ging Bastian in ein Spielwarengeschäft. Es war noch eine unentschlossene Kundin vor ihm dran, die nicht wusste, ob sie lieber eine Lockenpuppe, die "Mama" und "Gute Nacht, Liebling" sagte, nehmen sollte oder eine weniger kostspielige, zu der aber ein ganzer Koffer voll mondäner Garderobe gehörte. Was war nun günstiger?

 

Bastian — kleiner Bruder von zwei Schwestern mit frühzeitig entwickeltem Muttertrieb, die den ganzen Tag ein Gewese um ihre Püppchen veranstaltet hatten, bis es ihm eines Pfingstsamstags gelangt und er allen Püppchen die Haare abgeschnitten hatte — Bastian verzog sich eilends in die männliche Abteilung des Ladens.

Da fand er batteriebetriebene Autos, die man um die Ladentische flitzen lassen und zu grandiosen Unfälle steuern konnte. Panzer über Mercedes und mittenhineir einen Kipplader. Die Püppchenkundin war längst gegan gen. Die Verkäuferin stand neben Bastian und sa seinem Verkehrschaos zu.

Schließlich fragte sie, ob er sich schon entschlossen habe. Bastian musste bedauern.

"Wie alt ist denn der Junge?"

Der ferngesteuerte Mercedes jagte auf ein Tischbein zu, bog im letzten Augenblick haarscharf dem Unglück aus, schoss rückwärts davon. Sagenhaft.

"Es ist kein Junge."

"Also ein Mädchen. Und wie alt, wenn ich fragen d;

"Na, seit heute Nacht", sagte er und trennte sich ungern von den Autos.

"Aber dann ist es ja noch ein Säugling!"

"Möchte ich sagen. Was nimmt man denn da?"

Die Verkäuferin ging mit ihm in die Babyabteilung.

"Vielleicht ein Schlaftier oder eine Spieluhr?"

Spieluhren interessieren ihn.

Die Verkäuferin brachte ihm gleich drei Modelle und zog sie hintereinander auf. Das eine war ein hölzerner Mond mit aufgemaltem Gesicht, das zweite eine Kasperlepuppe, die man schütteln musste, damit sie "Weißt du, wie viel Sternlein stehen?" klimperte.

"Und dann haben wir noch ein Modell für Anspruchsvolle."

Dasselbe spielte "Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein". Die Verkäuferin sang mit, ihre Stimme erinnerte das nicht ganz tonreine Gezitter einer alten Soubrette.

"Sehr hübsch", lobte Bastian irritiert.

"Aber leider etwas teurer."

"Wegen dem Prinzen?"

"Wegen der eleganten Ausführung."

Alle drei Spieluhren bimmelten durcheinander und gegeneinander an. Da sollte nun ein Kind bei einschlafen!

Bastian entschloss sich zum Mond. Der bimmelte am billigsten. Er ließ ihn nicht einpacken, sondern hängte Ihn in seine Else und zog ihn immer wieder auf.

"Guter Mond, du gehst so stille" an einem strahlend schönen Sommermorgen.

"Katharina, ach du gehst so stihille

in dem weißen Kittel vor dich hin ...

Katharina, du mein letzter Wihille ..."

An der Rezeption des Krankenhauses hatte er Schwierigkeiten mit der Schwester. Sie wollte ihn nicht schon wieder am Vormittag hineinlassen. Kam ja gar nicht in Frage.

Bastian zog den guten Mond auf und ließ ihn in den Glaskasten hineinbimmeln.

"Sagen Sie bloß, der ist für Ihre Oma!"

"Der ist für meine Nichte. Ich bin heut Nacht in diesem Hause Onkel geworden, Schwester, seien Sie nett... bitte ..."

"Nur in Notfällen ..."

"Dies ist ein Glücksfall!"

"Also wissen ST Sie begriff sich selbst nicht. Sonst ließ sie niemand außerhalb der Besuchszeit zu den Dritte-Klasse-Patienten. Diesen Burschen nun schon zum zweiten Mal.

Bastian fuhr in den dritten Stock, guckte beim Aussteigen nach rechts und links, ob er auch nicht Schwester Theresa begegnete — die hielt so gar nichts von seinem Charme. Zimmer 311 lag links vom Lift.

Er ging den Gang hinunter. Hinter einer durch Blattpflanzen abgedeckten Sitzecke lauerte seine Großmutter und fiel mit strengem Vorwurf über ihn her: "End­lich kommst du! Seit einer Stunde warte ich auf dich!"

'Woher wusstest du denn, dass ich heut herkomme? Ist was passiert?"

 

Seine Großmutter sah ihn an, als ob sie ihn nicht mehr leiden konnte. "Das fragst du mich?" und schmetterte ihm "Sieben Pfund" ins Gesicht.

Bastian guckte dumm.

"Mit schwarzen Haaren! Auf dem gleichen Stock!! Und ich muss es von Schwester Theresa erfahren."

Manchmal war er ein bisschen begriffsstutzig.

"Du musst sie natürlich heiraten!"

"Wen?"

"Die Mutter, wen sonst? Schwester Theresa sagt auch, dass du sie heiraten musst."

Endlich fiel bei ihm der Groschen, und er fing an zu lachen.

"Lach nicht", schrie sie, "es ist eine Schande. Setzt Kinder in die Welt und drückt sich vor der Verantwortung."

Bastian fiel die Spieluhr ein. Er zog sie auf und hielt sie seiner Großmutter ans Ohr. Dadurch beruhigten sich beide. Martha Guthmanns Zorn und Bastian Guthmanns Lachreiz. "Frau Guthmann, ich will dir mal was sagen. Ich kenne das Mädchen kaum, das heute Nacht ein Kind gekriegt hat."

"Das besagt heut gar nichts."

"Ich bin wirklich nicht der Vater. Das ist ein Referendar aus Köln."

"Ehrlich?"

"Ehrlich."

"Schade", sagte sie, "ich hatt mich schon an den Gedanken gewöhnt."

Schwester Theresa kam mit dem Säuglingswagen um die Ecke und war so verlegen, als sie Guthmanns sah, dass sie vergaß, Bastian von der Station zu fegen.

"Da habe ich vielleicht einen Irrtum angestellt. So was Peinliches."

"Ich weiß schon", sagte Großmutter und erhob sich, um in den Wagen zu schauen. "Ist es dabei?"

"Katharina? Ja — die zweite von links."

"Wie das klingt!"

"Wie denn?"

'Wie Katharina II. von Russland."

Und damit hatte das Baby seinen Spitznamen weg: Katharina II. von links.

Martha Guthmann brach in helles Entzücken aus. So ein goldiges Ding! Nein, so was Herziges! Sie nahm ihrem Enkel beinah übel, dass ihm da ein Referendar zuvorgekommen war.

Bastian interessierte weniger das Baby als der Wagen mit seiner gläsernen, aufklappbaren Kuppel, in dem fünf lebendige Päckchen nebeneinander lagen.

"Sagen Sie, Schwester, gibt's Wespen?"

"Bei uns? Bei uns gibt's überhaupt kein Ungeziefer, was glauben Sie?"

"Ich frage ja nur. Wegen dem Wagen. Der Konditor in unserer Straße hat auch solchen. Da sind seine Obsttorten drin während der Wespensaison."

Beide Frauen sahen ihn finster an.

"Stimmt aber", verteidigte er sich. Und dann begehrte er die Mutter zu sehen, aber Schwester Theresa sagte, er müsse warten bis nach dem Stillen.

"Dauert das lange?"

"Das kommt drauf an."

"Ist Dr. Freude im Haus?"

Theresa sagte mürrisch, sie wüßte es nicht, vielleicht sei sie fort, und verschwand im Zimmer.

"Ich geh' dann wieder, Oma — servus."

Aber er durfte nicht.

"Sag mal, warum kommst du eigentlich her? Etwa meinetwegen? Dass ich nicht lache! Gestern bist du zu mir hinein und wieder hinaus, um eine Vase zu suchen, und bist danach nicht wiedergekommen. Heute kommst du, um eine junge Mutter zu besuchen, und willst wieder gehen, ohne sie gesehen zu haben. Ihr Baby vergleichst du mit Zwetschgendatschi zur Wespenzeit — wen besuchst du hier eigentlich?"

"Servus, Omi." Weg war er wie ein geölter Blitz. Er hatte Katharina Freude am Ende des Flurs gesehen. Kurz hinter ihr zog er die Bremse. Sie wandte sich erschrocken um.

Goldig", sagte Bastian, Das war zwar eine unge­bräuchliche Vokabel in seinem Wortschatz, aber Großmutter hatte "goldig" gesagt, und so würde es wohl stimmen.

Er legte Blumen und Spieluhr auf ihren Nachttisch und setzte sich auf Susis Bettrand. "Erzähl mal. Hat's sehr wehgetan?"

"Na eben wie Kinderkriegen."

Bastian nickte verständnisvoll. "Ich hatte mal 'ne Darmkolik. Jungejunge. Das war auch 'n irrer Schmerz. Wahrscheinlich so ähnlich."

'Wahrscheinlich."

"Aber wenn's vorüber ist, dann ..." Er brach ab und ragte besorgt: "Du freust dich doch hoffentlich?"

"O ja." Sie winkte ihn zu sich herab und flüsterte: "Ich wäre bloß lieber meine Nachbarin."

Bastian sah hinüber. "Wegen der vielen Blumen?"

"Wegen der vielen Familie, die sich mit ihr freut."

"Familie ist schön, bloß bös muss man mit Ihr sein. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Ich habe mindestens sechzig Verwandte, davon sind höchstens fünf brauchbar. Nicht mal mit meiner Mutter versteh' ich mich mehr, seit sie noch mal geheiratet hat. Aber bitte, es ist ihr Leben."

"Allein sein ist schlimmer", seufzte Susi.

Er spürte, er kam mit seinen burschikosen Trostversuchen nicht an, und wurde deshalb sachlich. "Was ist mit deinen Eltern? Wissen sie es schon?"

"Nein. Niemand." Bittender, hilfloser Blick. "Kannst du es ihnen nicht beibringen?"

"Ich? Wieso ich?" Er ahnte zum ersten Mal entfernt, was er sich mit seinem Kümmerposten um Susi und ihr Baby eingehandelt hatte, denn Susi ließ sich ihre Hand­tasche geben und zog daraus zwei vorbereitete Zettel hervor.

"Hier. Die Telefonnummer meiner Mutter in Stuttgart. Und das ist Vaters Nummer. Ruf ihn abends an, da ist es bil­liger. Er wohnt mit seiner zweiten Frau in Basel. Die wird vielleicht ein Theater machen, weil Kathrinchen keinen Vater hat. Aber meine Schwester wenigstens wird sich freuen."

"Und wo wohnt die?"

"In Chicago."

"Soll ich da etwa auch anrufen?" fragte er erschro­cken. Susi meinte, ein Telegramm würde genügen. Und dann gab sie ihm alle Unterlagen, damit er Kathrinchen als neuen Staatsbürger anmelden konnte.

Bastian wurde leicht nervös. Schließlich war er nur ein zufälliger Bekannter von Susi Schulz, der kurze, harmlose Flirt einer verjährten Sommernacht.

"Was ist mit dem Referendar aus Köln?"

Susi zog sich abwehrend in ihr Gehäuse zurück. "Den geht das gar nichts an."

"Nein? Aber schließlich ist er der Vater! Er muss zahlen!'

"Niemals! Bastian! Glaubst du etwa, von dem würde ich was annehmen? Nicht einen Floh. Schließlich habe ich meinen Stolz.

"Hast du auch Geld?"

Nein. Geld hatte Susi nicht, aber sie würde sich schon was pumpen.

"Etwa von mir?" fragte er besorgt.

"Gern, Bastian. Aber du hast ja sicher auch nichts."

"Hör zu", sagte er, "du wirst dir einen Anwalt nehmen, der soll den Kindesvater von Katrinchens Geburt in Kenntnis setzen und die weiteren Schritte einleiten. Zahlen muss er, ob du Stolz hast oder nicht."

Susi sah Probleme auf sich zurollen, denen sie im augenblicklichen Zustand der Erschöpfung nicht gewachsen war. "Auch das noch! Mach du das. Ich kenn' doch keinen Anwalt hier. — Bitte, Bastian!"

Wenn er noch länger blieb, bekam er bestimmt noch mehr Pflichten aufgehalst. Deshalb überreichte er Susi Blumen und Spieluhr, küsste sie auf die Stirn und türmte.

 


Date: 2016-01-14; view: 1204


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