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Vital und vielschichtig: Kreuzberg und Friedrichshain

Berlin und seine Kieze

Die Frage „In welchem Kiez wohnst du?“ ist in Berlin nicht nur geografisch gemeint. Denn Berlin setzt sich aus vielen Zentren und Bezirken mit unterschiedlichen Charakteren zusammen, die auch für unterschiedliche Lebensentwürfe stehen.

Die Kinder heißen Noël Alexander, Anna Lou oder Nathan. Sie essen Bio-Bananen und tragen Jacken von Finkid. Sie gehen in einen Montessori- oder Waldorfkindergarten. Sie haben Kids-Karate, musikalische Früherziehung und Waldtage. Ihre Eltern, oft schon um die 40, sind überdurchschnittlich oft in einem Kreativberuf tätig und fördern gern die Sozialkompetenz ihres Nachwuchses: „Jetzt mach mal schön ei bei der Charlotte!“

Wer in Berlin lebt, weiß, dass mit dieser Beschreibung nur ein Stadtteil gemeint sein kann: Prenzlauer Berg. Als „Bionade-Biedermeier“ ist der Lebensstil in dem zentral gelegenen Ostbezirk bezeichnet worden. Hier mischen sich der Wunsch nach dem Großstadt-Abenteuer mit bürgerlichen Werten wie Bildung, Familie und ökologischem Bewusstsein. Prenzlauer Berg gehört zu den geburtenstärksten Regionen Deutschlands, überall Hochschwangere und Spielplätze. Die nach der Wende eröffneten Clubs sind mittlerweile alle geschlossen. Und wenn die Familien mit kleinen Kindern es ruhiger haben wollen, ziehen sie ins weiter nördlich gelegene, grünere Pankow.

Sag mir, in welchem Kiez du lebst, und ich sag dir, wer du bist

Natürlich sind bei solchen Zuschreibungen Vorurteile und Spott im Spiel, beispielsweise, wenn es heißt, das wichtigste Accessoire in Prenzlauer Berg sei das Kind. Aber im Kern stimmen die Charakteristika der Kieze, wie die kleinen, überschaubaren Nachbarschaftseinheiten in Berlin heißen. Doch die Bezirke verändern sich, wenn ihre Bewohner älter werden. So galt Friedrichshain noch vor fünf Jahren als lauter Partybezirk, wo Studenten, Linksautonome und verkrachte Existenzen gemeinsam feierten. Inzwischen bekommen auch die Friedrichshainer Kinder – auf dem zentralen Boxhagener Platz, kurz „Boxi“ genannt, toben mittlerweile die Kleinen und nicht mehr die Punks.

Und Friedrichshain dringt langsam nach Lichtenberg vor. Dort war zu DDR-Zeiten der Sitz der Stasi, nach der Wende die Hochburg der Neonazis. Lichtenberg galt für die meisten Berliner als No-Go-Area, um nichts in der Welt wären sie dort hingezogen. Inzwischen sind die Künstler und Kreativen angekommen, mehrere Atelierhäuser entstanden: Weil in Friedrichshain Wohnraum knapp wird, schwappt der Friedrichshainer Lebensstil ins benachbarte Lichtenberg hinüber. Dahin, wo an der Bezirksgrenze die Altbauten stehen. Im östlichen Lichtenberg liegen die Plattenbau-Siedlungen Marzahn und Hellersdorf.

Vital und vielschichtig: Kreuzberg und Friedrichshain

Zwölf Stadtbezirke hat Berlin bei 3,4 Millionen Einwohnern. Vor dem 1. Januar 2001 waren es 23, dann musste die Stadt an der Verwaltung sparen. Doch die gewachsenen Altbezirke haben ihre Eigenheiten behalten. Friedrichshain-Kreuzberg ist jetzt ein Bezirk. Aber beide Stadtteile sind sehr unterschiedlich. Überquert man die Spree von Ost nach West, von Friedrichshain nach Kreuzberg, kommt man in eine andere Stadt.



Kreuzberg lag zu West-Berliner Zeiten im Schatten der Mauer, war ein Rand- und Arbeiterbezirk mit preisgünstigem Wohnraum. Hierhin kamen über die letzten 40 Jahre viele Migranten, vor allem aus der Türkei. Hier wurde der Döner-Kebab erfunden, aus den Autos tönt türkischer Pop. Die niedrigen Mieten zogen zudem Künstler, Lebenskünstler, Freaks und Studenten an. Hier gibt es Konzerthallen, Clubs, Galerien, Restaurants, Kneipen, Theater, Museen. Kreuzberg gehört zu den vitalsten Bezirken der Stadt, weil es dort eine robuste Mischung gibt, keine Monokultur. Und weil immer wieder junge Leute nachziehen, die das urbane Leben in Schwung halten.

Doch auch in Kreuzberg wird es allmählich eng. Der angrenzende „Ausweich-Bezirk“ Neukölln Nord wird deshalb inzwischen auch schon Kreuzkölln genannt. Im Problemkiez mit hoher Schulabbrecher- und Arbeitslosenquote entstehen täglich kleine, liebevoll gestaltete Läden und Lokale, sie verdrängen Bordelle und Spielhallen. Die Straßenzüge im Reuterkiez gelten momentan als spannendster Ausgehbezirk der Stadt, während auf der Karl-Marx-Straße weiterhin Sonnenstudios, Kaufhäuser und Ein-Euro-Läden das Bild bestimmen. Wobei Nord-Neukölln nicht gleich Neukölln ist. Je weiter man nach Süden kommt, desto bürgerlicher wird es. Neukölln-Britz ist eine beschauliche Wohngegend mit Einfamilienhäusern. Und südöstlich von Neukölln liegt Treptow-Köpenick mit seinen sieben Seen, ein Bezirk mit sehr viel Grün und Wasser.


Date: 2016-01-14; view: 609


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