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Uuml;BERSETZUNGSTHEORETISCHE ANSÄTZE IN DER ANTIKE

Das berühmteste Zeugnis antiker Übersetzung stammt aus dem Jahre 196 v. Chr. und wurde 1799 in Rosette, einem kleinen Dorf im westlichen Nildelta gefunden. Der heute im "British Museum" in London zu besichtigende "Stein von Rosette" ist in zwei Sprachen (altägyptisch und griechisch) und in drei Formen (Hieroglyphen, Demotisch, Griechisch) beschriftet.

Neuägyptisch – Hieroglyphenschrift

Demotisch – demotische Schrift (Kursivform von Hieroglyphenschrift)

Griechisch – griechisches Alphabet

- gefunden in Rashid (Rosetta) im Zuge von Napoleons Feldzug nach Ägypten;

- von Napoleons Ägyptologen ins Nationalmuseum in Kairo gebracht

Inhalt: Der Stein von Rosette erhält ein eingemeißeltes Dekret der Priestersynode in Memphis anlässlich des Jahrestages der Krönung Ptolemaios V. Epiphanes, König über ganz Ägypten.

Die teilweise gut erhaltene altgriechische bzw. demotische Version bot im Jahre 1822 für den französischen Forscher Jean-Francois Champollion den Schlüssel für die Entzifferung der altägyptischen Hieroglyphen-Schrift.

 

Die griechisch-romische Antike ist für uns die erste historisch greifbare Überset­zungsepoche. In ihr haben sich bestimmte übersetzerische Grundkonzeptionen erstmals herausgebildet, die auch für die Folgezeit Gültigkeit behalten sollten, ja teilweise bis heute ausgeübt werden. Zugleich aber unterscheidet sich die antike Übersetzungspraxis grundsätzlich von der modernen.

Die Rezeption der Grie­chen durch die Römer diente auch dem Zweck, das Lateinische als Sprache zu bereichern, es literaturfähig zu machen, die im Griechischen schon vorhandenen literarischen Gattungen auf dem Wege der Übersetzung zu gewinnen.

Anfangs, in der archaischen Zeit, werden die griechischen Vorbilder experi­mentierend und bezogen auf den Textinhalt oft frei angeeignet. Die antiken Übersetzer wetteiferten mit ihren Originalen, ergänzten oder reduzierten sie, modifizierten die Semantik ihres Ausgangstextes, wenn dies im eigenen oder im Interesse ihrer Leser lag. Dies konnte bis zur Parodie gehen. Ein und derselbe Text fiel in mehreren Übersetzungen durch verschie­dene Übersetzer andersartig aus.

Eine stärkere Selbstreflexion römischer Übersetzer tritt erst in der klassischen Zeit auf, als die römischen Autoren sich in ihren Originalwerken mehr von den Vorbildern lösten, und umgekehrt sich in den Übersetzungen stärker um genaue Nachbildung bemühen konnten.

Das Römische Reich stellt den ersten wirklichen Höhepunkt in der Geschichte der Translationswissenschaft dar und wir können zweifellos feststellen, dass sowohl der Aufstieg als auch die rasante Entwicklung des Staatswesens und der Verwaltung, des Militärs und der Wirtschaft, aber auch der Wissenschaften und der Kunst ohne die Übersetzungen aus dem Griechischen und aus vielen anderen Sprachen nicht möglich gewesen wären. Ebenfalls findet die „…erste systematische Beschäftigung mit der Kunst und dem Handwerk des Übersetzens…“ in Rom (Mounin). Die Römer mussten das Wertvollste aus anderen Kulturen für die Entwicklung ihrer eigenen Welt einsetzen, um solche Leistungen zu vollbringen und den Zugang dazu konnten sie nur über die Sprache, das Verstehen erhalten. Sie mussten diese Erkenntnisse und Kenntnisse übersetzen, um sie dann weiterentwickeln und fortführen zu können. Dies gilt vor allem für die Bereiche Wissenschaft, Kunst und Philosophie. Tausende von Texten wurden vor allem aus dem Griechischen, aber natürlich auch aus dem Koptischen, Phönizischen, Persischen, Hebräischen ins Lateinische übersetzt bzw. von römischen Autoren einfach als eigene Werke „kopiert“.



Ausschlaggebend waren aber immer der altgriechische Kulturkreis und die dort entstandenen technisch-militärisch-wissenschaftliche, verwaltungspolitische und kulturelle Meisterleistungen. Wissenschaftliche Entdeckungen der Griechen, die Werke solcher Denker wie Aristoteles, Ptolemäus, Hippokrates, Pythagoras, Euklid von Alexandria, Archimedes, Aristarch von Samos waren für die Römer von größter Bedeutung.

Auch die Übermittlung der Literatur der griechischen Klassiker wurde zum beliebten Betätigungsfeld römischer Übersetzer, von denen die meisten selbst bedeutende Denker, Dichter oder Literaten waren.

Dank der Übersetzung konnte Rom das reiche kulturelle Erbe Griechenlands antreten. Um 240 v. Chr. verfasste der griechische Sklave Livi­us Andronicus eine lateinische Version der Odyssee und öffnete so den gestrengen Römern das Tor zu den Schätzen der griechischen Literatur. In Rom entwickelte sich eine bedeutende Übersetzungstätigkeit. Die Übersetzer – Terenz, Cicero, Horaz, Vergil, Quintilian – waren auch selber Dichter. Mit ihren Übersetzungen wollten sie die lateinische Literatur mit Modellen der von ihnen so geschätzten griechischen Au­toren bereichern.

Jene Epoche war aber auch eine Zeit des Nachdenkens über die Kunst des Übersetzens. Die damals entstandenen Schriften diskutierten die Frage, ob wortgetreu oder frei übersetzt werden sollte, Wort für Wort oder sinngemäß, und lösten eine Debatte aus, die über Jahrhun­derte hinweg andauern sollte.

Aus der Sicht der Übersetzungswissenschaft ist Marcus Tullius Cicero für uns einer der bedeutendsten Denker Roms. Er hat griechische Meisterwerke aus Wissenschaft und Literatur ins Lateinische übersetzt und während die frühen römischen Übersetzer ihre Vorlagen oft nach Belieben manipulierten, mit dem Textinhalt experimentierten, dessen Struktur änderten und so den Inhalt bis zur Unkenntlichkeit in Bezug auf das Original verunstalteten, untermauerte Cicero seine Übersetzungen mit theoretischen Überlegungen und begründete somit die Anfänge der Übersetzungswissenschaft.

Cicero sah in der Nachahmung der Griechen einen Weg zur Ent­wicklung des eigenen rhetorischen Könnens. In seiner bekannten Abhandlung De oratore trat er für die freie Übersetzung und die Prägung neu­er Ausdrücke ein.

Auch Horaz warnt in seiner Ars poetica von der wörtlichen Übersetzung und empfiehlt start dessen die sinngemäße Übertragung.

Cicero „formulierte offensichtlich als erster die Dichotomie: „ut interpres“ (treue, d. h. verfremdende Übersetzung) bzw. „ut orator“ (freie Übersetzung, ZS-zugewandte Neuformulierung)…“.

“Sed cum in eo magnus error esset, quale esset id dicendi genus, putavi mihi suscipiendum laborem utilem studiosis, mihi quidem ipsi non necessarium. Converti enim ex Atticis duorum eloquentissimorum nobilissimas orationes inter seque contrarias, Aeschinis et Demosthenis; nec converti ut interpres, sed ut orator, sententiis isdem et earum formis tamquam figuris, verbis ad nostram consuetudinem aptis. In quibus non verbum pro verbo necesse habui reddere, sed genus omne verborum vimque servavi.”

“Ich glaubte, die Arbeit unternehmen zu müssen, die für die Lerneifrigen nützlich, für mich selbst freilich nicht notwendig ist; denn ich habe von den beiden größten Vertretern der attischen Beredsamkeit die berühmtesten Reden, die sie gegeneinander richteten … übertragen; aber ich habe sie nicht als Dolmetsch übertragen, sondern als Redner, mit denselben Gedanken samt ihren Redeformen und Wendungen, wobei die Wörter unserer Gewohnheit angepasst wurden. Hierin habe ich es nicht für notwendig erachtet, ein Wort durch das andere wiederzugeben, sondern ich habe die Ausdrucksweise im Ganzen und die Bedeutung aller Wörter beibehalten.“

„Ciceros Kommentare zum Übersetzen stellen einen der ersten überlieferten Schritte in die theoretische Analyse des Übersetzungsvorganges dar.“ (Best/Kalina). Der Denker sah in der Aufgabe des Übersetzers nicht das bloße Kopieren von einer Sprache in die andere, sondern eine sinngemäße Übertragung des Originals in die Zielsprache und -kultur.

Zur Verbesserung der öffentlichen Rede in Rom empfiehlt Cicero das Studium der besten Redner des alten Griechenland, vor allem von Aeschines und Demosthenes. Der Weg dazu: die Übersetzung von deren Reden.

Interessant ist, dass Cicero auch bei der Übersetzungsarbeit seine staatsmännische Aufgabe sieht und sich zur Pflicht macht, das Lateinische durch Aneignung bzw. Adaptierung griechischer Begriffe, vor allem aus dem Gebiet der Wissenschaft und der Philosophie, zu bereichern. Mit dieser Einstellung beeinflusst Cicero viele seiner Zeitgenossen, denn die Römer wollten zum intellektuellen Mittelpunkt der Welt aufsteigen und die bis dahin unangefochtene Stellung der Griechen brechen.

Wie auch immer die Bemerkungen Ciceros und Horaz’ tatsächlich gemeint gewesen sind, sie wurden meist als Empfehlung für das freie Übersetzen verstanden und besaßen Gewicht, solange die antiken Autoren als Autoritäten galten. Sogar Bibelübersetzer wie der Kirchenvater Hieronymus dachten nicht anders.

Einige Übersetzungsverfahren der Antike. Im Umgang beispielsweise mit der lexikalischen Lücke, dem Fehlen eines passenden Ausdrucks in der Zielsprache, haben die Übersetzer verschiedene Strategien entwickelt:

1. Das Übersetzungslehnwort(exprimi verbum e verbo), das in der Regel einen zielsprachlichen Neologismus darstellt. So wurde der lateinische Wortschatz erwei­tert, indem Wortbildungsgesetze imitiert und nach Analogie der griechischen Komposi­ta lateinische Zusammensetzungen geformt wurden: omnipotens, altivolans, altiso­nus. Auch in der deutschen Übersetzung der Odyssee finden wir solche Ausdrücke: die schönäugige Jungfrau Nausikaa, die rosenfingrige Morgenröte. Produktiv sind auch die Zusammensetzungen mit Prafix: ανεφελος - innubilus - wolkenlos.

2. Bei Bedeutungslehnwörternwurden bereits existierende lateinische Wörter mit neu­en Bedeutungen gefüllt, so wenn z. B. griechische Götternamen (Ερμειας) durch latei­nische ersetzt wurden (Mercurius).

3. Manchmal wurden lexikalische Lücken auch geschlossen, indem das griechische Wort einfach als Fremdwort,als Exotismus in den lateinischen Text aufgenommen wurde,

4. oder mit mehreren lateinischen Wörtern umschrieben wurde (Paraphrase).(Quod uno Graeci ... idem pluribus verbis exponere).


Vorlesung 4


Date: 2016-01-05; view: 1138


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