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Rhetorische Figuren 94

 

(4) die Aneignung der Rede durch Auswendiglernen (Memoria f), (5) die Kunst der gestenreichen Deklamation beim Vortrag (Pronuntiatio f). Eng miteinander verbunden sind die ersten drei Stufen.

Im Altertum hatte die Rhetorik für das praktische politische Leben große Bedeutung. Die Sklavenhalterdemokratie Griechenlands forderte vom freien Bürger die Beherrschung der Redekunst. Redner standen in hohem Ansehen, z. B. Perikles, Empedokles, Isokrates, Demosthenes. In Rom wirkte der aus Spanien gebürtige Quintilian (um 35 bis vor 118) als erster öffentlicher und vom Staat besoldeter Lehrer der Beredsamkeit; er schrieb die „Institutio oratoria" eine zwölf Bücher umfassende Anleitung zum Studium der Beredsamkeit.

rhetorische Figuren,auch Redefiguren, Stilfiguren: Figuren der gedanklich-sprachlichen Darstellung, die lexisch oder syntaktisch von der üblichen Ausdrucksweise abweichen. Die rhetorischen Figuren werden herkömmlicherweise in zwei Gattungen gegliedert: (1) Figuren, die statt der Bezeichnung bzw. der Sache eine Ersatzbezeichnung bzw. eine Sache, die mit jener in irgendeiner Beziehung steht oder gedacht werden kann, setzen. Eine solche Figur ist z.B. der ↑ Tropus. (2) Figuren, die sich durch ihre besondere syntaktische Stellung oder durch originelle Verbindung ihrer Einzelglieder auszeichnen. Solche Figuren sind z. B. die ↑ Klimax, die Formen der ↑ Wiederholung, das ↑ Hysteron-Proteron. Die Klassiflzierung ist insofern unzureichend, als es Figuren gibt, die nicht diesen beiden Gruppen zugeordnet werden können, z. B. ↑ Antithese, ↑ rhetorischer Einwand, ↑ Isolog.

rhetorlsche Floskelnf pl: 1.bedeutungsarme oder -leere Fügungen und Satzteile in einer Rede. — 2. Formulierungen, die der Vorbereitung oder Hervorhebung einer folgenden Aussage dienen, z. B. Meiner Auffassung nach / Lassen Sie mich daran erinnern / Gestatten Sie mir / Ich darf sagen / Ich würde sagen / Man braucht kaum ein Wort über . . . zu verlieren / Es muß mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden. Solche Floskeln geben dem Publikum mitunter Zeit, sich auf Wesentliches zu konzentrieren; sie sind auch manchmal für das Verständnis wichtig: Ich möchte nun sprechen über . . . Auch Zwillingsformeln sind oft Floskeln. ↑ Zwillingsformel, ↑ auch Floskeln, Vorreiter.


 

95 Rückgriff

 

rhetorische Frage: 1.im eigentlichen Sinn (als eine ↑ Immutatio syntactica) Aussage in grammatischer Form einer Frage; Scheinfrage, die inhaltlich von selbst beantwortet wird, praktisch eine nachdrückliche Aussage, die stille Bestätigung erfordert (wobei die gedachte Antwort verneinend ausfallen kann). — 2. abwartend-provozierend: gestellte Frage, von der der Fragesteller annimmt, sie könne vom Befragten nicht beantwortet werden.

rhetorischer Einwand: 1.selbstvorgebrachter Einwand oder Eingehen auf tatsächliche oder mögliche Einwände gegen eine bestimmte Auffassung zum Zweck der Entkräftung des möglichen Einwands (Man könnte dagegen einwenden). — 2. auch für bekräftigende Unterbrechung der eigenen Rede und Bezugnahme auf den Erfahrungsbereich des Publikums (Sie erinnern sich / Sie wissen doch), in diesem Sinne eine Form der ↑ Anrede.



rhetoriseher Stll:oft als Form einer sprachliohen Äußerung verstanden, die so gefaßt ist, als wende sich der Äußernde von einer Tribüne an das Publikum. ↑ auch mündlicher Stil.

Rhythmns↑ Sprachrhythmus.

Ringbau↑ Rahmenbau.

Rückblende:Überwechseln aus der ↑ Zeitebene eines Textes in eine reale oder fiktive frühere Zeitebene, urn den Ablauf eines früheren Geschehens eingehend und relativ selbatändig darzustellen. Bei präteritalem Grundtempus erscheint die frühere Zeitebene ebenfalls im Präteritum; der Übergang wird in einem fortlaufenden Text über das Plusquamperfekt und Zeitadverbien vorgenommen, die unbemerkt wieder ins Präteritum führen können. ↑ Rückgriff, Vorgriff, Tempuswahl, ↑ auch Nachholtechnik.

Rückgriff:kurzes Ausweichen aus der ↑ Zeitebene eines Textes, Erwähnung oder kurze Ausführung von Geschehnissen oder Zuständen, die vor dem augenblicklich Dargestellten liegen. Rückgriffe erfolgen bei präteritaler Darstellung meist vollständig im Plusquamperfekt, bei präsentischer im Perfekt. ↑ Rückblende, Vorgriff, Tempuswahl, ↑ auch Nachholtechnik.


 

Sachvergleicb 96

 

S

Sachvergleich:Form des ↑ Vergleichs, die ähnliche Erscheinungen, Handlungen, Prozesse usw., mit objektiven, zwingenden gemeinsamen Eigenschaften nebeneinandersetzt mit dem Ziel, die sachliche und gedankliche Hauptlinie der Darstellung klarer, faßbarer und überzeugender zu machen. Der Sachvergleich umfaßt eine weite Skala von Möglichkeiten, die von der Veranschaulichung von Zahlenwerten (Die Unfallziffer des Monats Juli liegt damit um . . . Prozent höher als . . .) bis zum historischen Vergleich als Analogiebeweis reicht (So hatten . . . Cromwell und das englische Volk dem alten Testament Sprache, Leidenschaften und Illusionen für ihre bürgerliche Revolution entlehnt. Als das wirkliche Ziel erreicht, als die bürgerliche Umgestaltung der englischen Gesellschaft vollbracht war, verdrängte Locke den Habakuk [Marx]). ↑ bildlicher Vergleich, Tertium comparationis, Beispiel.

Satzabbruch↑ unter Gedankenabbruch.

Satzbruch,Anakoiuth n: Folgewidrigkeit im grammatischen Satzbau. Die Fortführung des Gedankens fällt aus der Kon-straktion des Satzanfangs heraus, so daß die grammatische Beziehung von Anfang und Ende gestört ist. Der Satzbruch ist kennzeichnend für den mündlichen ↑ Alltags[sprach]stil (↑ auch mündlicher Stil). Im ↑ schriftlichen Stil gilt er als Stilfehler, sofern er nicht ↑ charakterologischer Ausdruck ist, z. B. Ja, also was ich sagen wollte: ich wollt Ihnen doch erzählen, was mir da neulich passiert ist. Ich komm also — ah, endlich, die Suppe! Guten Appetit! tu auf — ich komm also nachm Theater, ich glaube, es war im Schauspielhaus, nein, doch nicht . . . im Deutschen Theater, richtig, komm ich raus . .. (Tucholsky).

Satzggliedfolge↑ Normalfolge, stilistische Satzgliedfolge.

Satzkette↑ suprasyntaktische Einheit.

Satzklammer↑ Klammerung.

Satzkonstanzf: Bezeichnung Brinkmanns für die inhaltliche Weiterwirkung eines Satzes in einem Gespräch. Satzkonstanz erlaubt syntaktisch unvollständige Formulierung einer Ant-wort oder einer Frage sowie syntaktische Nachträge durch den


 

Satzname

 

Partner, z. B. „Wandern Sie viel?" — „Ja, früher vor allem. Jetzt kaum noch." In beiden Sätzen der Antwort fehlen Satz-teile (bin ich gewandert / wandere ich). Es sind häufig verbale Inhalte, die nicht wiederholt werden.

satzmäßige Absonderung,Isolierung: Fixierung eines Satzteils oder der näheren Bestimmung zu einem Satzteil in einem selbständigen Satz. Die aus dem Satzverband herausgehobenen Teile erhalten besonderen Nachdruck. Formen solcher Absonderung sind: (1) die einfache Trennung, z. B. einer Adverbialbestimmung (Dafür hast du doch gekämpft. 32 Jahre.) oder eines Gliedsatzes (Damals hatte man seinen Vater. Wenn es dunkel wurde. Wenn man ihn auch nicht mehr sah in der violetten Dämmerung [Borchert]); (2) die teilweise Wiederholung des Bezugssatzes ( auch Anadiplose), z. B. Isolierung eines Objekts oder einer Adverbialbestimmung (Er kämpfte. Kämpfte unerbittlich.) oder Präzisierung einer Adverbialbestimmung (Diese Abende sind violett in den Straßen. In den engeren Straßen der Stadt jedenfalls [Borchert]); (3) die abgewandelte Wiederholung, z. B. die präzisierende Isolierung eines erläuterten Subjekts (Es muß wohl nicht ausdrücklich gesagt werden, daß im Tristan der Schriftstetter Detlev Spinell die Hauptfigur ist. Die Figur, auf die es ankommt. Die Figur, um derentwillen die Erzählung geschrieben ist [Rilla]); (4) als Sonderfall die satzmäßige Trennung fortführender Relativsätze: Ein Korporal . . . erzählt das Abenteuer seines Lebens, und es wird gesagt, ,,daß er erst jetzt, in dieser Minute, an diesem Tisch sein vergangenes Leben abschloß". Worauf es weiter heißt: „ ... " [Rilla]). Der abgesonderte hypotaktisch geformte Gedanke (Worauf ...) bildet bereits einen selbständigen Sinnkomplex (↑ Redeeinleitung mit weiterer zitierter Rede), der jedoch durch die übersatzmäßige grammatische Zuordnung (f suprasyntaktische Einheit) mit der vorangegangenen Redeeinleitung (wird gesagt) auf die übergeordnete ↑ Redekennzeichnung (erzählt dsa Abenteuer) bezogen wird; völlige Lösung (Darauf heißt es ...) hätte die weiteren Zitatsätze unberechtigterweise getrennt.

Satzname:Sonderfall der Wortbildung, bei dem Sätze zur Worteinheit zusammengezogen und substantiviert werden: Taugenichts, das Sich-unterm-Hemd-Kratzen-auf-der-Brust (Brecht).

7 Stilkunde


 

Satzperiode 98

 

Satzperiode ↑ unter Komposition.

Satzplan: anwendbares syntaktisches Schema, das zugleich Mittel der syntaktischen Sprachgestaltung (↑ Komposition) und der gedanklichen Sinnordnung ist; Schema der Satzgliedfolge, Struktur des Satzes. Als normaler Satzplan wird im Hauptsatz traditionell die Folge Subjekt — Prädikat — Dativobjekt — Akkusativobjekt bezeichnet: S. gab dem Neuen das Material. In dieser Folge ist kein Element der Aussage besonders hervor-gehoben, wenn davon abgesehen wird, daß das relativ wichtigste, der Gegenstand des Gebens, am Satzende steht (↑ Endstellung). In einem davon abweichenden Satzplan verschiebt sich der Akzent der Aussage. In dem Satzplan Subjekt — Prädikat — Akkusativobjekt — Dativobjekt S. gab das Material dem Neuen nimmt das Dativobjekt eine betonte Stelle ein (↑ stilistische Endstellung). Die Gedanken werden in eine bestimmte Richtung gelenkt, das letzte Satzglied (der Neue) würde in einem nach-folgenden Satz normalerweise Satzgegenstand (↑ Thema 2) sein (. .. dem Neuen. Der griff schnell zu). Eine Nachdruckstelle liegt auch am Satzanfang (↑ Anfangstellung): Dem Neuen gab S. das Material.

Es gibt also verschiedene mögliche Satzpläne. Sie können be-dingt sein durch den ↑ Kontext, durch die logische Gedanken-folge (↑ Anschlußstellung), durch stilistische Hervorhebung (↑ stilistische Satzgliedfolge) oder durch rhythmische Erwägungen.

Satzrahmen ↑ unter Klammerung.

Satzspannung: Erwartung in bezug auf die formale Vollendung eines Satzes, zu unterscheiden von der durch den Inhalt bedingten Spannung. Jeder Satz enthält bis zu seinem Aufschluß im Prädikatsteil oder in notwendigen Zuordnungen Spannung. Diese Spannung besteht jeweils für die Dauer eines Satzes und wird mit jedem Satz neu erweckt. Die Satzspannung ist bei nahezu gleichzeitiger Hör- oder Lesbarkeit (Sonne scheint) faktisch gleich Null. Gering ist sie in kurzen erweiterten Sätzen (Du warst einer der besten Jungarbeiter). Sie wächst von Satzglied zu Satzglied und nimmt besonders bei ↑ Parenthese und Satzperiode (↑ Komposition) zu. Wichtig für die Satzspannung ist die Distanz zwischen den Teilen des Prädikats; ein Satz mit entzweitem Prädikat birgt sogar die Möglichkeit der Über-


 

Satzunterbrechung

 

raschung: Die Profitrate stieg in dieser Zeit der alles erfassenden Krise, der Massenarbeitslosigkeit, des Hungers: trotzdem an / zwar nicht an, aber ...

Unerwünschte Satzspannung kann eintreten, wenn die eigentliche Aussage des Satzes im substantivischen Prädikatsteil an letzter Stelle im Satz erfolgt, während außer dem Urheber des Geschehens auch Begleitumstände, Zeitpunkt, Ort, Art und Weise des Geschehens ausführlich dargestellt werden, z. B.: Immer wieder von temperamentvollen Beifallskundgebungen unterbrochen, hielt das Mitglied des Präsidiums, Professor A. N., am Dienstagabend auf der Schlußsitzung der indischen Parla-mentarier-Konferenz für Frieden und Abrüstung in Neu-Delhi eine vielbeachtete Rede. Die eigentliche Aussage (eine Rede) erfolgt mit dem letzten der 31 Wörter, wie eine logische Analyse der Satzstruktur zeigt: Begleitumstände / (finites Verb als Tempuszeichen) / Wer? / Wann? / Wo? / Bestimmung des Wo / Qualität / Was? (Aussage). Um Überspannung und aufkeimende Mißverständnisse zu vermeiden, wird in solchen Fällen der vom Prädikat eingeschlossene Satzteil, soweit möglich, ausgeklammert (↑ Ausklammerung). Ein Satz kann trotz formalen Abschlusses noch Satzspannung enthalten, Erwartung auf eine Fortführung bzw. Vollendung des Gedankens auslösen. Satzspannung dieser Art, Übersatzspannung, entsteht z. B. bei ↑ Redewiedergabe, wenn die Rede nur mittelbar und nachträglich gekennzeichnet wird (↑ Redekennzeichnung), da die Redewiedergabe formal vom ↑ Redekennzeichnungswort abhängt (Er sei mit . . . einverstanden. Man könne . . . Deshalb sei . . . Er habe auch . . . Dies sagte A. K.). Durch eine solche Übersatzspannung gebundene Einheiten bilden ↑ suprasyntaktische Einheiten. Nach rückwärts kann eine Art formaler Spannung durch die ↑ Satzkonstanz entstehen. ↑ auch Zuordnungshäufung.

Satzunterbrechung: Dazwischentreten einer Nebenaussage in die eigentliche Aussage des Satzes an einer ungünstigen Stelle. Der Leser oder Hörer empfindet mit Beginn des Einschubs die Aussage als abgeschlossen und muß seine Meinung nachträglich berichtigen: „Herr M. war zu Hause", so sagte A., „nicht an-zutreffen." / Die Zahl der Verkehrsunfälle stieg, als die Sicht vielerorts nur 20 Meter betrug, nicht an.

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Date: 2016-01-03; view: 801


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Reflexionssubstantiv 92 | Satzverflechtung 100
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