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Literarische Stilisierung 70

 

 

lerisch-literarischer Werke in Abgrenzung vom Stil anderer Kunstgattungen wie Musik, Plastik, Malerei.

literarische Stilisierung ↑ ästhetische Stilisierung.

Literatursprache: 1. im weitesten Sinne: Gesamtheit des Systems der vorbildlichen und verbindlichen schriftlichen und münd-lichen nationalen ↑ Sprachnormen, Schriftsprache und mündliche Hochsprache im Unterschied zu sozial oder territorial gebun-denen Formen der Sprache (Umgangssprache, Dialekt, Mund-art). — 2. historisch: in schriftlichen Zeugnissen überlieferte Sprache, Schriftsprache (↑ auch Schreibe) im Unterschied zur mündlichen Sprache (↑ auch Rede 3). — 3. in (künstlerisch-) literarischen Werken fixierte Form der Sprache im Unterschied zur ↑ Gebrauchssprache; gemeint ist hier der ↑ künstlerische Sprachstil.

literaturwissenschaftliche Stilistik: Disziplin, die sich mit dem ↑ literarischen Stil, insbesondere auch mit den nicht sprach-wissenschaftlich faßbaren Komponenten des Stils künstlerisch-literarischer Texte (↑ literarischer Stil 3) befaßt, mit jenen Seiten des Stils, die sich nicht auf ↑ fakultative Sprachformen reduzieren lassen (↑ Monolog, Dialog, Darstellungshaltung, Perspektive). Als Korrelat der literaturwissenschaftlichen Sti-listik wird gewöhnlich die linguistische Stilistik (↑ Sprach-stilistik) betrachtet; diese ist jedoch nicht Korrelat, sondern Bestandteil einer literaturwissenschaftlichen Stilkunde, da Literatur Sprache voraussetzt. Der Gebrauch der Bezeichnung „literaturwissenschaftliche Stilistik" schwankt entsprechend dieser theoretischen Unklarheit und der Mehrdeutigkeit der Be-zeichnung „literarischer Stil". ↑ auch Denkstilistik, ↑ auch Stilistik.

Litotes f: Art des ↑ Tropus; verneinende Umschreibung eines Sachverhalts, meist in Form des verneinten Gegenteils. Die Gründe, die Litotes zu setzen, sind mannigfaltig, z. B. kann es die intellektuelle Eigenart eines Sprechers sein, Tatsachen, Urteile grundsätzlich in verneinter Neinform zu bezeichnen (Es ist nicht unberechtigt); Litotes kann auch zur Milderung der Aussage (Ich ärgere mich darüber nicht wenig), zur nachdrücklichen Formulierung, um die Überwindung eines alten Zustands noch-mals zu dokumentieren (Es gab kein . . . mehr), zur ironischen Abwertung (. . . womit natürlich nicht gesagt ist, daß dieser

 

 

Metapher

 

Standpunkt selbst irgendeine Berechtigung hat) eingesetzt werden.

Logik und Stil ↑ sprachliche Aussage und formal-logische Aus-sage.

Losung: aus der historischen Situation heraus kurz und ein-prägsam abgefaßter Aufruf, z. B. Krieg dem Kriege!

 

M

 

Materia ↑ unter Rhetorik.

Materialstil ↑ unter Stilarten.

Melden: Darstellungsart, die aktuelle Fakten aus einem meist umfassenden Sachverhalt abgestuft nach Wichtigkeit sach-bezogen und komprimiert mitteilt. ↑ Darstellungsarten, Dichte.



meliorativer Ausdruck: Sprachnorm, die eine Erscheinung quali-tativ erhöht, aufwertet; sie kann bei arger Täuschungsabsicht den Sachverhalt bewußt verhüllen (↑ Euphemismus). ↑ aber pejorativer Ausdruck.

Memoria ↑ unter Rhetorik.

Merkmalsfolge ↑ veranschaulichende Merkmalsfolge.

Merkmalshäufung ↑ Epithetahäufung, veranschauIichendeMerk-malsfolge.

Metapher f: Art des ↑ Tropus; Ersatzbezeichnung; Ersatz eines Ausdrucks durch einen Ausdruck, dessen Bedeutuhg sinnbildlich für die Bedeutung des ersetzten Ausdrucks steht. Wenn z. B. F. Engels die Renaissance-Menschen als Riesen an Denkkraft und Leidenschaft und Charakter würdigt, so steht der Ausdruck Riesen an Denkkraft und Leidenschaft und Charakter für den Ausdruck ,große Männer' im Sinne von ,Männer, groß an Denkkraft und Leidenschaft und Charakter'. Das Verbindende, Gemeinsame des ersetzten und des ersetzenden Ausdrucks ist das analoge Merk-mal ‚groß'. Dieses analoge Merkmal ermöglicht das Identifizieren der Renaissance-Menschen mit den Riesen aus den Volkssagen. Dieses Verbindende, Gemeinsame wird als das Dritte des Ver-gleichs, das ↑ Tertium comparationis bezeichnet. Im Beispiel


 

Metonymie 72

 

F. Engels' wird das Merkmal ,groß’ in qualitativem Sinne ge-deutet (Riesen an Denkkraft). Möglich ist auch die Deutung von ,groß' in quantitativem Sinne, z. B. Der Kapitän unserer Volleyballmannschaft ist ein Riese, d. h. ein hochgewachsener Mann.

Metonymie f: Art des ↑ Tropus; Ersatz eines Ausdrucks durch einen Ausdruck, der außerhalb der Grenzen des begrifflichen Inhalts des ersetzten Ausdrucks liegt (↑ aber Synekdoche), und auf Grund eines begrifflich-logischen Zusammenhangs, z. B. des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung (die Zeitungsüberschrift Brecht vertont statt der nicht-metonymisierten Überschrift ,Liedtexte B. Brechts vertont'), von Gefäß und Inhalt (ein Glas trinken statt ,ein Glas Milch trinken'), von Qualitätsträger und Qualität (unser Visavis statt ,die Bewohner des uns gegenüberliegenden Hauses'), von Erscheinung und Symbol (Friede den Hütten! Krieg den Palästen! [Büchner]).

Modernismus: mögliche zusammenfassende Bezeichnung für modische Ausdrücke (Modewörter, Modefügungen), die zunächst dem Bedürfnis, einer Aussage besonderen Nachdruck zu geben, entspringen, aber infolge häufigen Gebrauchs und gedankenlosen Nachsprechens bald inhaltsleer sind. ↑ Stilfärbung, ↑ auch charakterologischer Ausdruck, Neologismus, ↑ aber Archaismus, Anachronismus.

Modewort ↑ unter Modernismus.

Monolog m: Selbstgespräch einer Gestalt in einem Kunst-werk, z. B. im Drama die Äußerung von Gedanken und Ge-fühlen, soweit sie nicht aus der Handlung selbst hervorgehen. Seltener dient der Monolog rein technischen Zwecken. (Erläuterung zur Handlung usw.). In diesem Fall nähert er sich der ↑ Anrede. Der Monolog ist eine aus der Antike überkommene Form; er nimmt auch in der realistischen Weltliteratur großen Raum ein und kann hier wichtige Funktion haben (etwa der Monolog des Hamlet), wobei sich das Publikum stets als Adressaten dieser dramaturgischen Konvention weiß. — Der klassische Mono-log wird heute oft nicht als Selbstgespräch, sondern als tech-nisch reproduzierte Rede (Tonbandaufzeichnung) zu stummem Spiel oder als Einblendung in eine Funksendung gebracht. Dadurch und durch weitere technische Verfahren wird der Monolog bei gleichem Stil verändert, überhöht, überwirklich.


 

73 mündlicher Stil

Hier haben sich neue Konventionen angebannt, die sinnvoll die Technik ins Spiel bringen. Dem Monolog, dem Alleingespräch, entgegengesetzt war in der älteren Dramatik der ↑ Dialog, das Zwiegespräch. Da der Monolog heute oft als nicht geäußert dargestellt wird, nähert er sich dem ↑ inneren Monolog.

morphologische Synonyme ↑ unter Synonyme.

mündlicher Stil, mißverständliche Bezeichnung Sprechstil: durch die mündliche Kommunikationsart bestimmter Stil im Unterschied zum ↑ schriftlichen Stil. Der mündliche Stil ist infolge der Eigenheiten mimischer, gestischer und akustischer Mittel gegenüber graphischen Mitteln und auch — wenn es sich nicht um fernmündliche Mitteilung (Hörfunk usw.) handelt — durch den Einfluß der Situation vom schriftlichen Stil potentiell verschieden. Bestimmend für den mündlichen Stil ist die Möglichkeit, durch Mimik, Gestik und phonetische Mittel (Betonung, Sprechtempo, Lautstärke, Tonhöhe) Sinnwichtiges hervorzuheben oder überhaupt den Schlüssel zum Verständnis zu geben (mimische Zeichen für ↑ Ironie usw.); bestimmte Redeteile erübrigen sich durch den Kontext (↑ Kontext 2), durch Gestik usw. Andererseits entbehrt die mündliche Äußerung differenzierender Zeichen zur gedanklichen Gliederung; sie ist im Vergleich zur schriftlichen nicht überschaubar. Gegebenenfalls muß im Inhalt der Äußerung auf die Struktur und auf das quantitative Verhältnis des Gehörten zum noch zu Hörenden hingewiesen werden (Damit kommen wir zu .. . / Ich beginne mit . .. / Nun ein Wort zu .. . / Ich zitiere: / Zitat-Ende / Ich komme nun zum Schluß). Im allgemeinen weist der mündliohe Stil relativ — d. h. in Abhängigkeit vom Bildungsgrad des Sprechenden und vom Gegenstand der Mitteilung — einfacheren Satzbau auf, er ist mehr verbal als nominal orientiert, ↑ Zuordnungsfolge und ↑ Zuordnungshäufung werden gemieden oder parataktisch aufgelöst. Unregelmäßigkeiten der Syntax wie ↑ Satzbruch und ↑ Gedankenabbruch sind bestimmten, mündlichen Formen, etwa dem Erlebnisbericht oder dem ↑ Dialog (↑ auch Satzkonstanz), angemessen; die formale Vollendung der Rede kann sich durch außersprachliche Faktoren erübrigen. Andererseits zwingt die Flüchtigkeit des gesprochenen Worts — abhängig von Stoff und Hörer — mehr zu Breite und Wiederholungen.


 

Nachdruckformen 74

 

Der real vorhandene Partner wirkt nicht nur im Dialog, sondern auch bei monologischer Mitteilung auf die sprachliche Form ein. Inwieweit die besonderen Bedingungen der modernen Massen-medien (etwa die Unsichtbarkeit des Sprechers im Hörfunk oder das Überwiegen der Bildkomponente innerhalb des Bild-Wort-Komplexes im Fernsehfunk) den mündlichen Stil modifizieren, ist noch nicht schlüssig untersucht.

 

N

 

Nachdruckformen: attributive Formulierungen anstelle von Komposita, z. B. Ministerium der Finanzen für ,Finanzmini-sterium', Rat des Kreises für ,Kreisrat', Theorie der Entstehung für ,Entstehungstheorie', oder anstelle von Präpositionen, z. B. in der Zeit ihres Aufenthalts für ,während ihres Aufenthalts', in den Spalten der Zeitung für ,in der Zeitung'. Üblich gewordene Nachdruckformen sind ↑ Fertigstücke und haben nicht mehr Gewicht als Komposita; sie begünstigen die Bildung von Genitiv-ketten.

Nachdruckstellung ↑ stilistische Satzgliedfolge.

Nachholtechnik: mögliche übergreifende Bezeichnung für das Prinzip, Ursache, Vorgeschichte, Vorbedingung nach der Sache anzuführen, auch wenn sie wichtiger sind als die Sache selbst und wenn diese nur eine der möglichen oder tatsächlichen Folgen bildet. Zur klaren Scheidung des Nachzuholenden von der eigentlichen ↑ Zeitebene des Textes dienen meist die relati-ven Tempora Plusquamperfekt und Perfekt. Steht das Nach-geholte im gleichen Tempus wie der übrige Text und ohne besondere Zeitadverbiale, so kann dies auch als Fehler in der Gedankenfolge erscheinen.

Eine ↑ rhetorische Figur der Nachholtechnik im engeren Sinne bildet das ↑ Hysteron-Proteron; Ergebnis der Nachholtechnik im weiteren Sinne, bei Schilderung größerer Zusammenhänge, sind ↑ Rückgriff und ↑ Rückblende. ↑ auch Nachtrag.


 

Nominalstil

 

Nachtrag: 1. Bezeichnung für die ↑ Absonderung von Satz-teilen. — 2. im engeren Sinn Bezeichnung für ↑ satzmäßige Absonderung. — 3. In bezug auf den Geaamttext können auch ↑ Hysteron-Proteron und ↑ Nachholtechnik als Formen des Nachtrags bezeichnet werden.

Namenwitz: Form des ↑ Wörtlichnehmens, oft Mittel der Satire, mitunter in allegorischer Funktion, z. B. Weerths Gestalt „Preiß", ↑ Wortwitz.

Narratio ↑ unter Dreiteilung.

Nationalstil ↑ unter Stilarten.

Nebenaussage: (1) in der argumentierenden Gedankenfolge der argumentierende Gedanke, der Beleg, der vernünftige Grund (↑ Ratio); (2) in der ↑ veranschaulichenden Merkmalsfolge das bestimmende Merkmal, der besondere Umstand, die Einzel-heit (↑ Detail).

Die Nebenaussage präzisiert die ↑ Hauptaussage durch Häufung von Belegen und Merkmalen. Syntaktisch sind Nebenaussagen nicht an bestimmte Formen gebunden. Sie können der Haupt-aussage in Form von Satzgliedern oder Gliedsätzen unter-geordnet, in Form eines Hauptsatzes übergeordnet sein, aber auch in formal selbständigen Sätzen folgen. Erhält die Neben-aussage durch Umfang, syntaktische Stellung und Wortwahl mehr Gewicht als die Hauptaussage, so besteht die Gefahr, daß die ↑ Perspektive verschoben und vom ↑ Thema 1 abgelenkt wird.

Neologismus: Ausdruck, der neue, ins Bewußtsein tretende natürliche und gesellschaftliche Erscheinungen benennt. Er verharrt oder schwindet in Abhängigkeit von der geschichts-gebundenen Erscheinung. ↑ Stilfärbung, ↑ auch Modernismus, ↑ aber Archaismus, Anachronismus.

nominale Klammer ↑ unter Klammerung.

Nominalstil: Darstellungsweise, die sich relativ vieler Nomina (Substantive und Adjektive) (↑ auch Attributhäufung) bedient. Die Nomina werden hier meist Hauptträger der mitzuteilenden Gedanken, Vorstellungen, Impressionen, Assoziationen. Der Nominalstil kann sehr verschiedenen Zwecken dienen. In ihm können sich impressionistische Einzelvorstellungen äußern, z. B. in der Reportage: . . . der Motor, das geduldige, starke Tier . . . fauchend und dröhnend, durch die seltsam enge Nebelwelt


 

Normalfolge 76

 

des kalten Vormorgens . . . Eine Talsperre. Hohe Gerüste. Schienen. Gebäude . . . (Weiskopf). Andererseits verkörpert der Nominal-stil, z. B. in wissenschaftlicher Darlegung, Begriffe und hohe Verallgemeinerungen: die ständige Erweiterung und Vervoll-kommnung der Produktion auf der Grundlage der modernsten Technik.

Vom Nominalstil als Mittel literarisch-impressionistischen oder wissenschaftlich-begrifflichen Darstellens sind die von der Aussagesubstanz nicht getragenen extrem nominalen Formu-lierungen zu unterscheiden, etwa: Vor uns steht die Aufgabe der gründlichen Überprüfung der Möglichkeiten der Verbesserung der Technik der Produktion aller Abteilungen des Betriebes (statt: Wir müssen gründlich überprüfen, wie die Produktionstechnik in allen Betriebsabteilungen verbessert werden kann). Solcher Stil hat seine Ursache meist in mangelndem Umsetzen resümierender Begriffe (↑ Stichpunkte), unbedachter Verwendung von ↑ Fer-tigstücken und von ↑ Streckformen. ↑ auch Statik, Zuordnungs-häufung, ↑ aber Verbalstil.

Normalfolge: übliche Abfolge der Satzglieder innerhalb .eines isolierten bzw. Beispielsatzes, in dem kein Satzglied besonders hervorgehoben ist. Als normal gilt traditionell die Folge Subjekt — Prädikat — Dativobjekt — Akkusativobjekt oder Subjekt — Prädikat — adverbiale Bestimmung. Enthält jedoch z. B. der An-fangssatz einer ↑ suprasyntaktischen Einheit eine Zeitbestim-mung, so kann die Folge Zeitbestimmung — Prädikat usw. als normal gelten (Jedes Jahr setzte Großvater vorgezogene Kürbis-pflanzen in Kompost . .. [Strittmatter]). Dabei rangiert die Zeitbestimmung vor der Ortsbestimmung (Gestern fand im aus-verkauften Schwimmstadion...); die Umstellung darf bereits als ↑ stilistische Satzgliedfolge gelten (Im ausverkauften Schwimm-stadion fand gestern . ..).

Nullfärbung: verbreitete Bezeiehnung für die ↑ Stilfärbnng von Sprachformen, die, isoliert betrachtet, jedem beliebigen Stil-system, jedem beliebigen Text zugeordnet werden können, ohne daß ihr Gebrauch als unangemessen, als besonders auffallend, als ↑ Stilbruch empfunden würde. Innerhalb eines bestimmten Textes nehmen sie dessen ↑ Expressivität an.


 

Parenthese

 

 

Ornatus m: Ausgestaltung des Textes nach ästhetischen Prin-zipien. Die Forderung nach Ästhetik auch des nichtkünstleri-schen Textes, eine Fordftung der antiken ↑ Rhetorik, bezieht sich gleichermaßen auf die gedankliche wie auf die sprachliche Fügung, auf den ↑ Denkstil wie auf den ↑ Sprachstil.

Oxymoron n: Sonderform der ↑ Antithese; Verbindung zweier sich scheinbar widersprechender Begriffe zu einer sinnvollen Aus-sage mit der Absicht, eine widersprüchliche Erscheinung der Wirklichkeit nachdrücklich und originell zu kennzeichnen (stummer Aufschrei). Bei Kisch ist folgende Herleitung eines Oxymorons zu lesen: . . . der Seelsorger der Anstalt. En profil schien er dick, denn er trug einen Bauch vor dem Bauche, en face aber mußte man ihn als mager bezeichnen, weil seine Schultern und sein Körper schmal waren. Dieser bäuchig-magere Priester ...

P

Paradoxon n: Sammelbezeichnung für alle Arten absichtsvoller Kontrastierung von Inhalt und Form, z. B. beabsichtigter ↑ Doppelsinn, ↑ Ironie, ↑ Litotes, ↑ Oxymoron.

Parallelismus: gleichlaufende Struktur der Gedankenführung (↑ Isolog), zuweilen verengt auf gleichlaufende syntaktische Form (↑ Isokolon). Lexischer Parallelismus liegt in lexischer Anapher (↑ unter Anapher) und lexischer Epipher (↑ unter Epipher) vor.

Parenthese f: Form der ↑ Einschaltung; Einschub, der die Satz-konstruktion vorübergehend aufhebt und einen relativ ab-geschlossenen Gedanken enthält, der den dargestellten Sach-verhalt erläutert oder bewertet. Die Parenthese wird in Ge-dankenstriche, aber auch in Klammern oder Kommata ein-


 

Parodieren 78

 

gesohlossen. Parenthesen können belebend, humoristisch, assoziativ, polemisch wirken.

Parodieren: Darstellungsweise, die dazu dient, den Sprachstil berühmter oder berüchtigter Autoren in scherzhafter, spötti-scher, höhnischer, sarkastischer Absicht nachzuahmen. Tucholsky parodiert z.B. „Die Moderne um 1900": „Seele", flüsterte er. Dann knallte ein Schuß. Die aufgeschreckten Hausbewohner liefen durcheinander — Schutzleute bahnten sich einen Weg durch die Menge. Der Mann im Hausflur war tot. Sein Blut sickerte durch den linken Ärmel auf den hellblau und grünlich karierten Steinfliesboden und verrann in Rinseln in den staubigen Fugen ...

Pars pro toto ↑ unter Synekdoche.

pejorativer Ausdruck: Sprachform, die auf Herabsetzung einer Erscheinung zielt. ↑ aber meliorativer Ausdruck.

Periphrase f: Art des ↑ Tropus; Umschreibung der Bezeichnung eines Dinges oder einer Person oder der Bezeichnung für einen Sachverhalt durch einen Ausdruck, der Merkmale der zu be-zeichnenden Erscheinung benennt: Das Kind, das seine Fragen an den Erwachsenen stellt, wird ein Plagegeist; ein hervor-stechendes Merkmal der bürgerlichen Frühperiode, das Wieder-aufleben antiker Kultur- und Lebenswerte, repräsentiert die Gesamterscheinung der Periode (Renaissance). Als Aussage über bestimmte Merkmale einer Erscheinung nimmt die Periphrase die mannigfaltigsten Formen an, abhängig nicht nur vom Charakter der Sache, sondern auch von der Lebens- bzw. Sprech-situation. Die Periphrase kann erscheinen als definierende oder zumindest als charakterisierende Kennzeichnung der gemeinten Erscheinung (Lenin: jaulender, parasitärer und absterbender Kapitaliamus für Imperialismus') oder als laienhafte Um-schreibung der Sache, vielfach anhand äußerer Merkmale. Periphrasen sind auch alle dichterischen und publizistischen Anderssagungen (Tropus), sofern sie die Sache durch Nennung bestimmender Merkmale zu verdeutlichen suchen, wie ↑ Metapher und ↑ Metonymie, ↑ Ironie und ↑ Litotes. In diesen Fällen wird vom kombinierten Tropus gesprochen. Der Titel Falladas Wer einmal aus dem Blechnapf frißt periphrasiert die Bezeichnung Zuchtäusler und assoziiert eine bestimmte Zuchthaussituation. Umgangssprachlich tritt mitunter die stark übertreibende Periphrase hervor (↑ Hyperbel), so z. B. für ‚nichts' die peri-


 

Personifizierung

 

phrastischen Ausdrücke keine Silbe (verstehen), nicht die Bohne (wert sein), nicht ein Körnchen (finden).

Peroratio ↑ unter Dreiteilung.

personale Darstellungssituation:Situation innerhalb eines Textes, in der das Geschehen unmittelbar oder mittelbar aus der ↑ Perspektive einer dargestellten Person, z. B. einer Romangestalt, fixiert wird; in erzählender Literatur spezieller als personale Erzählsituation (↑ auch Erzählsituation) bezeichnet. Die Textperson führt mit ihrer Äußerung oder mit ihrer ↑ Reflexion faktisoh die Darstellung weiter, auch wenn diese nach wie vor in ↑ Er-Form erscheint (↑ erlebte Rede, erlebte Reflexion). Spricht oder reflektiert die Person unmittelbar (↑ direkte Rede, direkte Reflexion), so handelt es sich um ↑ personalen Text bzw. ↑ personalen Stil, im anderen Fall um ↑ Autor-Personen-Text bzw. ↑ Autor-Personen-Stil.

personale Erzählsituation ↑ unter personale Darstellungs-situation, ↑ unter Erzählsituation.

personaler Stil: Stil einer im Text auftretenden Person im Unter-schied zum eigentlichen Stil des Textes, dem ↑ Autorstil; in künstlerischer Literatur spezieller als ↑ Figurenstil bezeichnet. Der personale Stil wird sichtbar im ↑ personalen Text, z. B. in direkten Äußerungen (↑ direkte Rede, Dialog, Monolog usw.) oder in redeähnlich formulierter ↑ Reflexion. Personaler Stil und Autorstil können verschmelzen (↑ Autor-Personen-Stil). Die Bezeichnung personaler Stil ist nicht identisch mit der zuweilen (so von Kerkhoff) verwendeten Bezeichnung „Personalstil" (↑ unter Stilarten); nicht identisch ist sie ferner mit ↑ Individualstil.

personaler Text, in künstlerischer Literatur auch Figurenrede: Text, den der Autor seinen Personen als geäußert (↑ Rede 2) oder nur gedacht, gefühlt (↑ Reflexion) zuschreibt, im Unter-schied zum eigentlichen ↑ Autortext. Autortext und personaler Text können in bestimmten Formen der ↑ Rededarstellung (↑ Inhaltsangabe) und der ↑ Reflexionsdarstellung (↑ erlebte Reflexion) in bezug auf die ↑ Perspektive verschmelzen (↑ Autor-Personen-Text), in anderen Fällen (↑ Redebericht) syntaktisch vereinigt sein.

Personiflzierung: Ausstattung unbelebter Erscheinungen mit Eigenschaften, Gefühlen, Absichten, Handlungsweisen be-


 

Perspektive 80

 

lebter Wesen: Da revolutionierte der Dampf und die Maschinerie die industrielle Produktion (Marx/Engels).

Perspektive f: Blickrichtung des Textes in räumlicher, zeitlicher, personaler, gedanklicher Hinsicht. Der Wechsel von einer Perspektive zu einer anderen muß deutlich erkennbar sein; er kann auch künstlerischer Absicht dienen (↑ Point-de-vue-Technik). Perspektiven können verschmelzen., z. B. in der ↑ erlebten Rede.

Phrase f: 1. in der älteren Grammatik ursprünglich Satz (so auch noch im Französisehen), dann auch phraseologische Fügung (↑ Phraseologismus). — 2. in der strukturellen Linguistik Satzteil, der zum Substantiv (Nominalphrase) oder zum Verb (Verbalphrase) gehört. — 3. in Stilistik und Sprachkritik leere Redensart, nichtssagende Äußerung, abgedroschene, oft pathetische Formulierung, Klischee, Formel (↑ Formeln), Floskel (↑ Floskeln).

phraseologische Fügung ↑ Phraseologismus.

Phraseologismus, phraseologische Fügung, stehende Wort-verbindung, [idiomatische] Redewendung: Wortfügung, deren Bedeutung nicht der Summe ihrer Bestandteile entspricht; ein Teil oder die gesamte Wortfügung wird nicht-wörtlich ver-standen (eine Prüfung ablegen / etwas unter Dach und Fach bringen). ↑ auch unter Fertigstücke.

Pleonasmus: Häufung sinngleicher, nach der Wortart ver-sohiedener Wörter (hektisches Rattern) im Unterschied zur ↑ Tautologie, der Häufung sinngleicher, nach der Wortart gleicher Wörter (bereits schon). Heute werden die Bezeichnungen Pleonasmus und Tautologie meist synonym gebraucht. Eine Quelle des Pleonasmus wie der Tautologie ist das Nichtverstehen fremder Wörter (die neu Immatrikulierten für ,die Immatrikulierten').

Poetismus: Sprachform in künstlerischer ↑ Stilfärbung bzw. gehobener ↑ Stilschicht, z. B. Silbervogel für ‚Flugzeug'. ↑ künstlerischer Sprachstil.

Point-de-vue-Technik: literarische Gestaltung eines Geschehens aus wechselnder ↑ Perspektive; Technik des Blickpunktwechsels.


 

81 Präteritalanziehung

 

Pointe ↑: unerwartete Wendung des Gesagten; überraschende Entspannung einer vorbereiteten Erwartung; Zielpunkt des Witzes.

Pointieren: Darstellungsmethode, mit deren Hilfe der Autor dem eine Erwartung auslösenden Teil einen zweiten, relativ knapp gehaltenen Teil folgen läßt, der die Erwartung unter Ausnutzung einer eigenwilligen Sprachform, z. B. einer ↑ Antithese, eines ↑ Paradoxons, einer beabsichtigten ↑ Konkretisierung, eines ↑ Wortwitzes, mit überraschendem Effekt löst. Zum Beispiel: Eine Pariser Zeitung, befragt von einer Leserin, was sie für das schöne, durch das Alter aber unansehnlich gewordene Geweih ihres Mannes tun könne, antwortete: „Am besten, Sie verschaffen ihm ein neues."

Polysem n: sprachliches Zeichen mit mehreren Bedeutungen, z. B. Zug = ,Gesichtszug', ,Eisenbahnzug', ‚Luftzug', ,Demon-strationszug' usw. Auch Wortgruppen, morphologische und syntaktische Formen können polysem sein. Ein Polysem kann auch nachträglich die Bedeutung anderer semantisch weniger differenzierter Zeichen und Strukturen beeinflussen. Zum Bei-spiel wird in den beiden Fügungen ein wertvolles Buch erhalten / ein wertvolles Gebäude erhalten zunächst der Sinn von erhalten auf .bekommen' bzw. ‚konservieren' festgelegt und dann die Bedeutung von wertvoll in dem einen Fall als ,teuer' oder ,inhaltlich wertvoll', in dem anderen als ‚historisch bedeutsam' bestimmt; auch die syntaktische Konstruktion erschließt sich nachträglich: Im ersten Beispiel bildet erhalten eine verkappte Passivfügung, im zweiten eine Aktivkonstruktion. Polyseme haben für ↑ Wortspiel und ↑ Anspielung usw. große Bedeutung. Andererseits zwingen sie zu ↑ kontextualer Verdeutlichung. ↑ auch Homonyme.

Polysyndeton ↑ verbundene Aufzählung.

Prägnanz f: gehaltvolle Kürze der Aussageweise, Vereinigung von ↑ Dichte und ↑ Präzision.

praktische Stilistik ↑ unter Stilistik.

Präsens ↑ historisches Präsens, Tempuswahl.

Präteritalanziehung, Präteritalattraktion: Einbeziehung von noch Gegenwärtigem in die Schilderungs- oder Erlebnisebene; Angleichung eines gegenwärtigen Sachverhalts an den präteritalen Kontext, an die Erlebniszeit. Zum Beispiel: Vergangenen Monat

6 Stilkunde


 


Date: 2016-01-03; view: 1079


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