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Stil der Alltagsrede

Stil der schönen Literatur

Die in der deutschen Sprache der Gegenwart real existierenden funktionalen Stile können hier nur in ihren Grundzügen beschrieben werden. Denn eine detailierte Ausführung würde der Rahmen der vorliegenden Lehrhilfe sprengen. Daher kann im weiteren nur versucht werden, gerade die sprachlich-stilistischen Merkmale (Stilzüge) eines jeden Redestils darzulegen, die seine funktionale Spezifik bewirken, d.h. die Wesensmerkmale, die die einzelnen funktionalen Stile gegeneinander abgrenzen.

 

 

2.1 Der Stil der öffentlichen Rede

Grundfunktion dieses Stils ist die offizielle schriftliche und mündliche Verständigung einerseits zwischen den Staatsämtern und Behörden untereinander und andererseits zwischen öffentlichen Organisationen und dem Publikum. Es handelt sich also um die sprachliche Fassung ämtlicher Dokumente, Gesetze und Vorschriften, um die Gestaltung der Diplomaten-, Gerichts- und Handelskorrespondenz sowie aller mündlichen Ansprachen bei offiziellen Anlässen. Reden, die den Rahmen der sachlichen Mitteilung überschreiten, dürfen schon nicht mehr in den Bereich der offiziellen Verständigungsweise gezählt werden. Der Staatsmann auf diplomatischen Konferenzen, der Ankläger oder Verteidiger bei Gericht, lassen sich vom Gegenstand ihrer Mitteilung hinreißen, sie drücken ihre Einstellung zur angeschnittenen Frage aus und überschreiten dabei den Rahmen des Amtsstils.

Ein gesunder Amtsstil ist durch folgende Wesenszüge charakterisiert: Unpersönlichkeit und Sachlichkeit, gedrängte Kürze, streng literarische Form, leichte Fassbarkeit.

Man unterscheidet folgende Erscheinungsformen des Stils der öffentlichen Rede:

- schriftlich-monologisch (in Dokumenten, Akten, Protokollen usw.);

- mündlich-monologisch (in Reden von Amtspersonen);

- mündlich-dialogisch (im Amtsverkehr).

Die genannten Erscheinungsformen sind literarisch genormt; auch bei mündlichem Verständigungsweg ist keine umgangssprachliche Auflockerung zulässig.

Diesem Funktionalstil gehören folgende Textsorten an: Programmbeschlüsse der Regierung, Erlässe des Parlaments, diplomatische Verträge, Memorandien, Abkommen, Protokolle, Noten; Gesetze, Strafordnugnsgesetzbücher, Verordnungen in der Rechtsprechung, Handels- und Kommerzvereinbarungen, Amtspost in Handel und Volkswirtschaft; Statute, Befehle, Verordnungen im Militärbereich; Amtsschreiben, Akten, Protokolle, Anweisungen, Bekanntmachungen, Telegramme im Amtsleben; Anträge, Erklärungen, Vollmachten, Testamente im Leben der einzigen Person; Rezepte, Gebrauchanweisungen in unterschiedlichen Lebensbereichen. [Brandes: 162]

Im Stil der öffentlichen Rede ist eine bestimmte funktional gefärbte Lexik mit eingeschlossen: teils sind es deutsche und fremdsprachige Termini, teils nichtterminologische Klischees, z. B. in der Rechtswissenschaft: Strafverfahren, Urteil fällen, Zeuge, das Wort entziehen, der Gerichtshof. Spezifische Prägung der funktional gefärbten Lexik äußert sich in einer gewissen Steife und Förmlichkeit.



So bringt jeder Geschäftsbrief, jede Meldung, jedes Gesuch einleitend hinter der funktional gefärbten Abkürzung betr. (betreffend, betreffs) stichwortartige Angaben des Inhalts. Betr.: Urlaubsgesuch wegen dringender Familienangelegenheiten.

Zum Abschluss eines Dokuments wird oft die Zahl der Anlagen genannt oder namentlich angeführt (Anlagen: Geburtszeugnis, Leumundszeugnis, Reifezeugnis).

Jedes Protokoll muss – bei bestimmter Architektonik – einen spezifischen Wortschatz bringen wie etwa:

Protokoll über … - am … - um … - anwesend … (z.B.: lt. [laut] Anwesenheitsliste 35 Teilnehmer - Leitung - Tagesordnung - Beginn - Verhandlungsablauf - Beschluss - Unterschrift des Protokollanten (Schriftführers) - f. d. R.

Pronominaladverbien wie hiermit, hiervon, hierfürsüddeutsch hiemit, hievon, hiefür – sind Wahrzeichen offizieller Formulierungen:

Hiervon werden Sie rechtzeitig in Kenntnis gesetzt.

Hiermit bitten wir Sie

Zu den funktional-stilistischen Besonderheiten des Stils der offiziellen Rede gehört auch der intensive Gebrauch von analytischen Verbalverbindungen.

Ich werde die Feststellung des Resultates vornehmen lassen (anstatt: Ich werde das Ergebnis feststellen lassen).

Diese Verbalverbindungen tragen dazu bei, ideographische und stilistische Schattierungen auszudrücken. Die Fügung zur Verlesung bringen ist nicht einfach eine Streckform von verlesen, sondern vielmehr ein Inchoativum zu verlesen und bedeutet: “darangehen, etwas zu verlesen”. Die Stilfärbung dieser Wortgruppe ist gehoben, offiziell. Verwendung finden ist kein vollständiges Synonym zu verwenden, ebensowenig wie: Bericht erstattenberichten, Bedeutung habenbedeuten.

Eine besonders wichtige Rolle im Stil des offiziellen Verkehrs spielen die Wort- und Wortgruppenklischees sowie die Satzklischees: in Anerkenung der Tatsache; zur Genehmigung vorlegen (Dokumente, Verträge, Abänderungen); gleiche Gültigkeit haben; übertragene Befugnisse; den Eingang des Schreibens bestätigen; für die Richtigkeit der Anschrift u. ä. All diese Klischees stehen im Zuge der Entpersönlichung, insbesondere im Bereich der Amts- und Handelskorrespondenz. Vgl. die Vordrucke für Geschäftsbriefe, Bankkontos, Zeugnisse verschiedener Art u.ä.

Die Stilnormen des gegenwärtigen deutschen Amtsstils verlangen Ausschaltung jeglicher Emotionalität – daher völliger Ausschluss expressiver Lexik und Phraseologie. Keinerlei bewertende Epitheta, emotionale Idiome, vollständiges Fehlen individueller Tropen, Vergleiche und Periphrasen. Trotz aller Unpersönlichkeit weisen manche Textsorten im öffentlichen Stil Expressivität aus: a) logische Expressivität in politischen (Parteibeschluss, Deklaration), juristischen und anderen ämtlichen Dokumenten; b) emotionale Expressivität (Trauer, Nachruf, Worte des Gedenkens).

Auch die Syntax im Stil der offiziellen Rede muss dazu beitragen, die gesellschaftlichen Funktionen dieser sprachlichen Verwendungsweise richtig zu erfüllen. Die der deutschen Literatursprache zu Gebote stehenden syntaktischen Konstruktionen werden so ausgewählt, dass sie – auf grammatischem Wege – den Eindruck des Unpersönlichen und Offiziellen erwecken. Daher intensive Verwendung von unpersönlichen und unpersönlich gebrauchten Verben, von Passivkonstruktionen, von Infinitiven und Partizipien II in imperativischer Funktion. Vgl. folgende Amtsanweisungen: Es wird gebeten, nicht zu rauchen. – Rauchen verboten. – Das Werden von Kühen auf dieser Wiese ist nicht gestattet. – Hinausbeugen gefährlich. - Folgende Richtlinien sind zu beachten. Als Mittel zur Erzielung sprachlicher Knappheit bedient sich der moderne Amtsstil häufig der Ellipse: Bestellungen durch die Buchhandlung erwünscht. Deutliche Handschrift erbeten. Auch Nennsätze stehen im gleichen Dienst. Anstatt zu schreiben, dass das Zugsabteil für Raucher bestimmt ist, heißt es kurz und verständlich: [Für] Raucher. Plakate zeigen auf dem Bahnsteig an: Zum Ausgang.

 


Date: 2016-01-03; view: 1482


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