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Für alle Fälle

Schloß H., 30. August, abends.

Früh am Morgen waren wir mit der Seilbahn auf den "Predigtstuhl gefahren. Kaum standen wir oben, ent­deckte Konstanze einen mächtigen Bussard, der im Kreise flog. Sie war, als sie den selten gewordenen Vogel sah, ganz begeistert und war lange Zeit nicht von der Stelle zu bringen. Stumm und verzückt wie ein beschenktes Kind beobachtete sie seinen Flug. Sie liebt und kennt die Natur, liebt sie wie ich, kennt alle Blumen und ist mit den Tieren in Feld und Wald auf­gewachseh.

Eines steht für mich fest: Als Hochzeitsgeschenk bekommt sie von mir keinen kostbaren Ring, sondern ein kleines Bauernhaus. Irgendwo in der Nähe von Berlin. An einem See, in dem sich die Kiefern und Bir­ken spiegeln.

Mittags rief Franzi an. Konstanze eilte zum Telefon. Als sie zu mir zurückkehrte, war sie blasser als sonst.

»Schlechte Nachrichten?«

»Die Amerikaner reisen schon heute ab. Wir sollen gegen fünf Uhr drüben sein. Und du sollst deinen Smoking nicht vergessen.«

Ich sprang auf. »Dein Vater hat 'ja' gesagt?«

»Er weiß noch gar nichts.«

»Warum soll ich dann den Smoking mitbringen?«

»Franzi meinte: für alle Fälle.«

Für alle Fälle? Ich mußte lachen.

»Aha! Wenn dein Vater einverstanden ist, wird der Smoking ausgepackt, sonst nicht!«

»Aber Georg! Wenn Papa nicht einverstanden ist, sage ich ihm doch...« Sie schwieg.

»Was denn?«

»Daß er einwilligen muß, ob er will oder nicht!«

Plötzlich lief sie in ihr Zimmer. Ich rannte hinterher und legte ein frisches, weißes Oberhemd auf ihren Koffer.

Für alle Fälle.

Auf Schloß H. öffnete diesmal ein richtiger Diener.

»Grüß Gott, Ferdl!« rief Konstanze. »Wie kommen Sie denn so schnell hierher?«

Ferdl nahm mir den Koffer ab. »Der junge Herr hat uns im Auto hierhergebracht.«

»Gut erholt?«

»Gut erholt, gnädiges Fräulein.«

In der Halle kam uns Franzi entgegen und konnte vor Lachen nicht reden. Wir hatten mit so einem fröh­lichen Empfang nicht gerechnet.

»Entschuldigt!« meinte er, »aber die Sache ist wirk­lich komisch!«

»Unsere 'Verlobung?«

»Ach nein!«

Konstanze wurde nervös. »Hast du denn immer noch nicht mit Papa gesprochen?«

»Doch.«

»Und?«

»Er war von der anderen Sache so erschüttert, daß er nur halb zugehört hat.« Franzi lachte schon wieder.

Ich verstand überhaupt nichts mehr.

Franzi schob seine Schwester und mich zu einer Tür und sagte: »Der Papa braucht Ablenkung. Unterhaltet euch ein bißchen mit ihm!«

Konstanze öffnete die Tür, schaute durch den Spalt

und zog mich zögernd in das Zimmer.

Graf H. saß in einem Sessel am Fenster und nickte, als er uns sah.

»Da bist du ja endlich wieder«, sagte er, »du ver­lorene Tochter!« Er gab mir die Hand. »Und der Dok­tor, der hübschen Stubenmädchen woanders eine Stellung verschafft.«



Konstanze streichelte seinen grauen Kopf. »Wir wol­len heiraten, Papa!«

Er lächelte. »Franzi hat mir schon davon erzählt. Aber muß es denn wirklich dieser Berliner Herr sein, der mich mit Ventimiglia und mit dem Konjunktiv ärgern wollte?«

»Es muß dieser Berliner Herr sein, Papa«, sagte sie
leise.

Er sah mich an. »Bevor ich meine Einwilligung gebe, muß ich Sie bitten, mir eine Frage zu beantwor­ten.«

»Ich bin zu jeder Auskunft bereit. Mein Einkom­men ist nicht unbeträchtlich. Mein Gesundheitszustand ist vorzüglich. Mein...«

Er schüttelte den Kopf. »Ich will etwas anderes wis­sen.«

»Was denn?«

»Was ist der Optativ?«

»Der Optativ ist eine Nebenform des Konjunktivs, die sogenannte Wunschform. Die Glückwunschform, Herr Graf.«

»Aha!« Er erhob sich und sagte: »Möget ihr glück­lich werden, liebe Kinder!«

Konstanze fiel ihm um den Hals. Hinter ihrem Rük-ken schüttelten wir Männer einander die Hände.

»War das der Optativ?« fragte er.

»Das war einer«, sagte ich, »und nicht der schlech­teste, Herr Schwiegervater. Falls ich Ihre Tochter un­glücklich machen sollte, können Sie ja ein Stück über mich schreiben.«

»Bitte, jetzt nicht frotzelnl« meinte er. »Im Augen­blick denke ich überhaupt nicht gern ans Schreiben.«

Er klopfte Konstanze auf die Schulter. »Geh, Kleine! Laß mich mit diesem Herrn mal allein! Ich muß ihm etwas erzählen.«

»Von der Sache, über die Franzi so gelacht hat?«

»Dein Bruder ist ein Rohling.«

»Darf ich es nicht auch hören, Papa?«

»Nicht aus meinem Mund! In deiner Gegenwart will ich nicht so blamable Dinge über mich berichten müssen.«

Dann fiel sie mir um den Hals. Anschließend ihm. Dann wieder mir. Frauen haben es leicht. Sie sind fähig, ihren Gefühlen Ausdruck zu geben

Nachdem sie aus dem Zimmer gegangen war, machten wir es uns am Fenster gemütlich. Er bot mir eine Zigarre an. Wir rauchten und schwiegen. Ich spürte, wie mich der alte Herr von der Seite ansah. Endlich sagte er: »Sie haben das Ihre getan, mein Lustspiel zu fördern.«

Ich zog an der Zigarre und sagte: »Wir fanden die Idee in der Tat nicht schlecht: Der alte Graf glaubt, die Tochter werde für ein Stubenmädchen gehalten. Einer der Gäste läuft mit ihr weg. Der Graf muß die Tochter notgedrungen gehen lassen und bleibt in gro­ßer Aufregung zurück. Er findet keine Minute Zeit, allein mit ihr zu reden. Mit dieser Situation schließt die vorletzte Szene. In der letzten Szene erlebt die Hauptperson weitere Überraschungen, an denen der Zuschauer sich vergnügen wird. Hier genügt die Ein­führung einer neuen Nebenfigur, und der Heiterkeits­erfolg des Stückes ist gewährleistet.«

»Sie haben vorhin gehört, wie mein Sohn lachte?«

»Jawohl!«

»Da haben Sie's«, meinte er melancholisch, »er war der Zuschauer, der die letzte Szene miterlebt und komisch gefunden hat - ohne eine neue Figur.«

»Solche Lustspiele gibt es auch«, sagte ich. »In einem solchen Fall muß die Situation vor dem Schluß allerdings eine völlig neue Überraschung bringen.«

»Das weiß der Himmel! - Stimmt es, daß Sie nur ein wenig Englisch verstehen? Oder ist das auch ein Bei­trag zu meinem Stück?«

»Mein Englisch ist tatsächlich nicht sehr gut«, erklärte ich.

»Also, letzte Szene: Mister Namarra, der 'Zellephant', wie Mizzi ihn nannte, mußte schon heute abreisen. Wegen einer plötzlichen Verabredung in Paris. Wir 'Diener' stellten uns auf die Freitreppe, um unseren Kratzfuß zu machen und das Trinkgeld in Empfang zu nehmen. Meine Schwester sträubte sich bis zum letzten Augenblick. Daß sie von einem amerika­nischen Millionär ein Trinkgeld annehmen sollte, sei nicht mehr komisch, meinte sie. Wir hatten Mühe, sie schließlich doch auf die Freitreppe zu schleppen. End­lich standen wir schön nebeneinander: meine Schwe­ster, Mizzi, mein Herr Sohn und ich. Die Amerikaner kamen die Treppe herunter. Wir verbeugten uns. Mister Namarra blieb bei mir stehen. Da sagte er... Wollen Sie einen Whisky?«

Ich erschrak. »Er bot Ihnen beim Abschied einen Whisky an?«

»Aber nein! Ich frage Sie, jetzt und hier, ob Sie einen Whisky haben wollen.«

»Nein danke. Im Augenblick nicht. Vielleicht ist ein Schluck Alkohol am Ende Ihres Lustspiels angebrach­ter.«

»Also, der Millionär blieb stehen, klopfte mir freundlich auf die Schulter und sagte:

- 'Es war wunderbar bei Ihnen. Und Sie haben Ihre
Sache ausgezeichnet gemacht. Ich nehme an, daß es
sich um eine Wette handelt.'

- Eine Wette? Was meinte er?

- Er lächelte und fuhr fort: 'Ich bin viel in der Welt
herumgekommen, aber einem Grafen, der so gut
Theater spielt, bin ich noch nie begegnet.'

- Seine Tochter lächelte zuckersüß und sagte:
'Auch die übrigen Mitglieder der gräflichen Familie
haben sich vorzüglich bewährt. Nur nicht Konstanze.
Aber so etwas kommt in den besten Familien vor!'

- Der junge Namarra kaute Gummi und sagte:
'Tatsächlich, es war wirklich guter Sport.'

- Die magere Millionärin nickte und sagte: 'Ich
hoffe, daß wir den Spielregeln gefolgt sind.'

- Wir vier vom Schloß H. standen wie vom Blitz
getroffen. Franzi machte zuerst den Mund auf: 'Seit
wann wissen Sie es denn?' fragte er.

- Namarras zweiter Sekretär zog wortlos eine illu­
strierte Zeitschrift aus dem Mantel und zeigte auf eine
Fotografie. Darauf waren ich und meine Familie zu
sehen, und darunter stand ausführlich, um wen es sich
handelte. Die Fotografie gehörte zu einem Bericht
über österreichische Schlösser und ihre Besitzer.

- Die blonde Tochter sagte kalt: 'Wir wußten es
vom ersten Tage an.'

- Dann stiegen sie alle in ihr Auto. Der Chauffeur
grinste wie ein Nußknacker. Ich riß mich zusammen und
trat an den Wagen. 'Mister Namarra, warum haben
Sie uns das nicht gleich gesagt?'

- Er beugte sich aus dem Fenster und sagte: 'Wir
wollten Ihnen den Spaß nicht verderben!'

 

- Dann fuhren sie los.«

Ich gebe zu, daß ich gern gelacht hätte. Doch der alte Herr blickte so betreten auf seine Schuhe, daß ich Mitleid hatte. Ich sagte nur: »Jetzt wäre ein Whisky angebracht.«

Er brachte Whisky und Gläser. Wir tranken.

»Sie dürfen ruhig lachen«, meinte er.

Ich widersprach. »Ich hebe mir das Lachen bis zur Premiere Ihres Stückes auf. Die letzte Szene hat nun genau den richtigen Schluß.«

»Ich bin aber ein Dilettant.

»Ein Amateurl«

»Dilettant hin, Amateur her. Ich sollte das Schrei­ben lieber sein lassen. Mein Sohn hat mir das oft genug gesagt.«

»Aber in Ihrer Komödie ist doch der Amateur­schriftsteller die Hauptperson!« rief ich. »Sie sind der Amateur, der erst erleben muß, was er schreiben will. Das ist doch ein herrliches Thema!«

»Ihre Begeisterung in allen Ehren«, sagte der alte Herr, »doch ich glaube, ich sollte mich nach einem anderen Beruf umsehen.«

Der Abschied

Schloß H., 31. August, mittags Die Verlobungsfeier begann gestern abend mit der

Feststellung, daß ich den Smoking doch vergessen hatte. Konstanze fuhr mich nach Salzburg. Karl war zwar wieder nicht im' Höllbräu, doch der Wirt erlaubte mir, in Karls Zimmer zu gehen und meinen Smoking, meine Krawatte und meine Schuhe zu holen. Dann bummelten wir durch die Straßen.

Die Festspiele sind vorüber. Die meisten Fremden sind abgereist. Salzburg sinkt langsam in seinen Dornröschenschlaf, der elf Monate dauern wird. Solange gehört Salzburg den Salzburgern; dann vermieten sie es von neuem.

 

Wir blieben an den Schaufenstern stehen, und ich

zeigte Konstanze die alte, goldene Kette, die ich ihr in Gedanken schenkte. Dann ging sie in ein Blumenge­schäft und kehrte mit einer weißen Rose für das Smo­kingknopfloch zurück.

Jetzt sah ich gute Möglichkeiten: Ich ging in den Laden zurück und tauschte die Blume gegen eine kleinere um. Für den Rest des Geldes ließ ich mir ein Veilchensträußchen geben. Dieses winzige, dunkel­blaue Veilchensträußchen drückte ich ihr in die Hand und sagte: »Das wäre nun also mein Verlobungsge­schenk. Hoffentlich habt ihr so große Vasen!« Karl entdeckten wir zufällig in der Rathausapo­theke am Markt. Er hatte wieder einmal einige Bunt­stifte zwischen den Zähnen und zeichnete alte Medi­zinflaschen und Dosen. Wir liefen in die Apotheke und baten ihn, sofort mitzukommen.

Während der Fahrt erzählten wir ihm das Ende der Komödie. Er sagte zu Konstanze: »Ihr Vater tut mir fast leid. Ein Lustspiel wollte er schreiben. Eine komische Figur ist er geworden.«

Die kleine Feier war zum Glück ganz unfeierlich. Es war Franzi nicht gelungen, die ganze Dienerschaft zurückzuholen, und so mußte die Tante Gräfin für das Essen sorgen. Nach dem Essen sagte Mizzi Schillers »Glocke« auf. Dieses Riesengedicht weist immerzu auf die Freuden des Braut- und Ehestandes hin, und die kleine Schwägerin versäumte nicht, bei den wichti­gen Stellen den Finger zu heben. Ferdl, der alte, treue Diener, soufflierte, und Franzi machte respektlose Zwi­schenbemerkungen. Konstanze hatte das Veilchensträußchen vor sich stehen und trug ein rotes Abend­kleid.

Der alte Herr hielt die Festrede. Er sprach von der Entstehungsgeschichte der Verlobung, ließ es an der Selbstironie nicht fehlen und gab offiziell bekannt, daß er das dramatische Handwerk nun aufgegeben habe. - Schade, daß er nicht so amüsant schreibt, wie er plaudert. - Zum Schluß schenkte er mir irgendwo in Österreich ein Stück Wald und ein Haus.

Ich dankte ihm für die Tochter und für das Stück Wald mit Haus, lehnte beides jedoch ab, da ich we­gen der internationalen Devisenbestimmungen nicht befugt sei, ausländische Liegenschaften anzunehmen. Konstanze, sagte ich, könnte ich zwar nach Deutsch­land einführen, aber den Wald und das Haus nicht. Das konnte er verstehen. Da er etwas Gutes für mich tun wollte, bat Konstanze ihn, mich auf der Heimreise bis nach München begleiten zu dürfen. »Wegen der Verlobungsringe«, sagte sie.

Graf H. erklärte sich damit einverstanden.

Morgen früh fahren wir.

Konstanze muß am 2. September zurück sein, weil dann die ganze Familie - wie jedes Jahr - nach Meran reist.

 

Schloß H., 31. August, nachts bzw. 1. September, morgens

Wir wollten uns gar nicht betrinken\ Wir wollten nur von Salzburg und voneinander Abschied nehmen, Karl und ich. Wir bummelten über die herrlichen Plätze und durch die alten, geheimnisvollen Gassen. Es war eine märchenhafte Sommernacht. Manchmal schien der Mond, manchmal nur eine Laterne, und uns war beides recht.

Wir gingen durch das bezaubernde Salzburg. Wir standen schweigend vor den silberglänzenden, rau­schenden Brunnen - und gerade das hätten wir nicht tun sollen!

Weil die Brunnen rauschten, bzw. weil dieses Rau­schen eine akustische' Wirkung hat, weil die Flüssig­keit sich bewegt, weil... Kurz und gut: Wir bekamen Durst, und in einer italienischen Weinstube fing es an. Mit Asti und Chianti.

Nein, zuerst waren wir im Peterskeller und tranken Prälatenwein. Eigentlich eine ganz leichte Sache! Vielleicht hätten wir den Whisky nicht trinken sollen, den wir in einer Bar gegenüber zu uns nahmen. Oder die Gläser Martini, zu denen uns ein Amerikaner einlud. Wir mußten mit dem Amerikaner auch ins »Casino« gehen. Karl bestellte eine Flasche Sekt, aber was ist eine Flasche Sekt geteilt durch drei Männer? Aus diesem Grunde tranken wir noch eine Flasche.

Karl und ich gingen dann an die frische Luft. Hier­bei gerieten wir auf die Straße nach Mülln und in den Augustinerkeller. - Ein paar Gläser Bier können nie schaden! Am wenigsten in warmen, schönen Sommer­nächten, unter Lampions, in einem alten Wirtshaus­garten. Biergläser waren es eigentlich nicht, sondern große Maßkrüge. Und am Tisch saßen Leute, die etwas von Bier verstanden! Und über uns der dunkel­blaue Sternenhimmel und der Mond!

Auf dem Rückweg haben wir dann gesungen. Karl hakte sich bei mir unter und sagte: »Damit du nicht fällst!« Aber eigentlich wollte er sich nur an mir festhalten. Er ist ein lieber Mensch, aber er gehört lei­der zu den Leuten, die nie zugeben wollen, daß sie betrunken sind.

Ich bin da andes. Wenn ich einen Schwips gehabt hätte, hätte ich es ohne Zögern zugegeben. Ich hatte aber keinen Schwips! Es hätte natürlich ebenso gut umgekehrt sein können, aber es war nicht umgekehrt!

Dann blieb Karl plötzlich stehen, breitete die Arme aus und rief: »Hie habitat felicitas!«

Ich fragte: »Wer wohnt hier?«

»Felicitas«, sagte er.

»In diesem Haus dort drüben?« fragte ich.

»Oh«, sagte er nur.

Was wir dann gemacht haben, weiß ich nicht mehr. Ich vermute, daß wir weitergegangen sind. Richtig! Im Mirabellgarten, bei den Zwergen, hielt Karl eine Rede! An die steinernen Zwerge! Ja, so war es!

»Meine Herren Zwerge«, sagte er, »Sie kennen Salz­burg länger als wir. Sie haben die Damen gekannt, die in diesem schönen Garten mit den Herren Kirchenfür­sten lustwandelten. Sie haben Mozart gekannt, als er noch bei seinem Papa Klavierstunden hatte. Sie ^wer­den sich fragen, warum ich mich an Sie "werkle, meine Herren...« Karl klopfte einem der Zwerge auf die Schulter. »Sie können Ihrer schönen Stadt einen gro­ßen Gefallen tun. Wenn einmal jemand vom Festspiel­komitee hierherkommen sollte, so bestellt ihm einen schönen Gruß von mir...«

»Von mir auch!« rief ich.

»Und sagt ihm, Österreich habe so viele große Män­ner gehabt...«

»Das weiß doch der Zwerg schon!«

»Aber warum spielt man nicht noch mehr Mozart? Warum stattdessen...«

»Woher sollen denn die Zwerge das wissen?« sagte ich ärgerlich.

»Habe ich nicht recht?« fragte er.

»Natürlich hast du recht«, meinte ich. »Außerdem soll man Betrunkenen nicht widersprechen.«

»Ich sollte betrunken sein?«

»Warum 'sollte sein'? Du bist es!«

»Ich bin nüchtern wie... wie...« Er fand keinen Ver­gleich für den Grad seiner Nüchternheit. »Aber du bist betrunken!« rief er.

»Ich war noch nie so nüchtern wie heute!« sagte ich.

»Ich auch nicht!«

»Dann möchte ich die beiden Herren einmal betrunken sehen«, sagte jemand hinter uns. Ich erschrak.

Aber es war kein Zwerg.

Es war ein Polizist.

Die Heimkehr

Im Schlafwagen München-Berlin, 2. September, nachts

In drei Minuten hält der Schnellzug Salzburg-Meran in Innsbruck. Dann wird Konstanze die Augen fest zumachen und an mich denken. Und ich werde das­selbe tun. Ich werde an sie denken! Wir haben das, als sie heute früh in München abfuhr, so verabredet.

Noch zwei Minuten!

Morgen früh ist sie in Meran. Und ich bin wieder in Berlin. Sie wird am Nachmittag nach San Vigilio hin­auffahren, und ich werde über den Kurfürstendamm spazieren.

Noch eine Minute!

Jetzt ist es soweit! Jetzt fährt ihr Zug in Innsbruck

ein. Jetzt hält er. Jetzt lächelt sie und macht die Augen zu, um an mich zu denken. Und nun mache auch ich die Augen zu.

Berlin, 3. September, vor Mittag Ich habe gerade mit Konstanze telefoniert. Ihr Vater ist damit einverstanden, daß die Hochzeit zu Weih­nachten ist,

Hochzeit unter dem Weihnachtsbaum in Salzburg! Das ist fast eine Sensation!

Berlin, 3. September, etwas später

Eben hat mir meine Sekretärin die Post ins Zimmer

gebracht. Es ist ein Schreiben der Devisenstelle dabei.

Die Devisenstelle teilt mit, daß sie mein Gesuch für

eine Sommerreise nach Salzburg nun genehmigt habe.


Date: 2016-01-03; view: 1164


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