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Zweite Unterrichtsstufe

 

Einführendes Lesen

(Sprechaufgaben zum Text 7 auf der Seite 9 )

 

7. Traditionelles Denken?

Bereits im Jahre 1759 schrieb M. W. Lomonossow, der Vater der russischen Wissenschaft, in seinem Werk “Über die Schichten der Erde” : “An zweiter Stelle aber stehen die unterirdischen fettreichen Materialien wie Schiefer, Steinkohle, Asphalt und Bernstein. Was sie und ihnen ähnliche betrifft, so geht aus Nachfolgendem hervor, daß sie Pflanzen ihre Entstehung verdanken … Teere und Öle geben sehr deutlich dank ihrer Teer- und Pechbeschaffenheit von sich Kunde, daß sie ein und derselben Herkunft sind …”

Daß Steinkohle aus Pflanzen entstanden ist, kann niemand bestreiten. In den thermisch beanspruchten Gesteinsformationen finden wir nicht selten die Spuren versteinerter und verkohlter Wälder. Erdöl und Erdgas jedoch enthalten solche Überreste nicht. Vielleicht war der hervorragende Chemiker D.I.Mendelejew deshalb durchaus im Recht, wenn er das Gegenteil behauptete: “Erdöl entsteht in den Tiefen des Erdinneren infolge von Reaktionen zwischen Eisenkarbiden und Wasser, das durch Ritzen und Spalten in die Tiefe geflossen ist.” Es scheint, als wären hier zwei einander ausschließende Meinungen aufeinandergestoßen. Erstere wird von Dutzenden von wissenschaftlichen Beweisen gestützt. Wir wollen einige anführen.

Das “schwarze Gold,” das Erdöl, kann aus tierischen Überresten entstanden sein, sagen die Gelehrten. Sie gehen ins Labor, führen Versuche durch und gewinnen die Überzeugung, daß sie recht haben. Das hat bereits am Ende des vorigen Jahrhunderts der deutsche Forscher Engler getan. Er schüttete Fischtran in ein abgeschlossenes Gefäß und erhitzte es bei 25 Atmosphären Druck auf 400ºC. Das Erdegnis waren ein erdölähnliches Fett, Brenngaseund Wasser. Genau das, was man auch in natürlichen Erdöllagerstätten findet. Kann man da noch zweifeln? Ja.

“Wie viele Fische mußte sterben, damit überhaupt nur eine einzige große Erdöllagerstätte entstehen konnte?” könnten die Biologen oder auch ganz einfach die Angler fragen. “Wir wissen, daß die Fische vor fast 400 Millionen Jahren auf unserem Planeten auftrauchten“, behaupten – sie unterstützend – die Paläontologen. Die Erkundungsgeologen wiederum erinnern daran: “Erdöl wird jetzt auch in sogenannten kambrischen Gesteinen gefunden, die mindestens anderthalbmal so alt sind.” Zweifeln kann man also.

Im Jahre 1919 erhielt das Akademiemitglied N.D.Selinski aus Pflanzenölen eine erdölähnliche Materie. Laborversuche bestätigten auch diese Möglichkeit. Erdöl findet man aber auch dort, wo man keine pflanzlichen Überreste entdecken konnte. Wieder gibt es Ja und Nein.

Dann wandten die Wissenschaftler den organischen Faulschlämmen ihre Aufmerksamkeit zu, den Sapropelen. Sie lagern am Grunde von Seen, Lagunen oder Buchten und zwingen nicht selten Badenlustige, an heißen Tagen die erfrischenden Fluten zu meiden.



Laborversuche brachten Erfolg. Bei Trockendestillation von Sapropelen erhält man bis zu 25 % erdölähnliche Fettprodukte. Solcher Schlamm kann aus pflanzlichen und tierischen Überresten entstehen. Über 500000 Pflanzenarten und eine Million Arten von Organismen, das ist die potentielle Erdölquelle. Die Meinung unterstützen Biologen ebenso wie Paläontologen.

Abgeschlossene oder halb abgeschlossene Wasserbecken füllten sich allmählichen mit organischen Überresten. Hinzu kam ein lehmartiges Beigemisch, das zur Bildung geleeählicher Massen beitrug, der Sapropelen. Allmählich gerieten die Sapropele unter Schichten von Gesteinssedimenten. Die hohe Temperatur im Erdinneren und der Druck der darüberliegenden Schichten brachten ein natürliches Labor zur Erdölbildung in Aktion. Erdöl, Gase und Wasser drangen in Ritzen und Poren der umliegenden sedimentären Ablagerungen ein, der Sande, Kalke usw. Sie wanderten gewissermaßen durch die Tiefen, sammelten sich in unterirdischen Auffangbecken, den Lagerstätten. In der Regel pflegen die Geologen einer solchen Beurteilung zuzustimmen. Es handelt sich um die durchaus begründete Theorie über die Entstehung der Kohlenwasserstoffe. Sie stammt von Akademiemitglied I.M. Gubkin. Für Zweifel bleibt hier kaum eine Hintertür.

Die Mehrzahl der modernen Wissenschaftler ist der Ansicht, daß das “schwarze Gold” ein Kind der Lithogenese ist. Unter Lithogenese verstehen wir den Umwandlungsprozeß der Sedimentgesteine und der darin enthaltenen organischen Materie .

Über 250 erdölträchtige Becken, die fast ein Drittel der Erdoberfläche einnehmen , wurden in sedimentären Ablagerungen entdeckt. Aus ihnen fördert man den “Schatz des 20.Jahrhunderts.” Aus magmatischen Gesteinen hingegen wird vorläufig noch nirgends Öl für die Industrie erhalten.

Die Teilnehmer internationaler Erdölkongresse haben es in den letzten Jahren überhaupt abgelehnt, das Problrm der anorganischen Erdölentstehung zu behandeln. Der Hauptgrund: Die Theorie von der organischen Entstehung der Kohlenwasserstoffe gilt als absolut erwiesen. Trotzdem riskieren wir die Frage: “Ist es wirklich so?” Entschlossen sich doch zu einem ähnlich kühnen Schritt seinerzeit die Physiker und stürzten fest geltende Vorstellungen um. Sie begannen die schier unerschöpflichen Möglichkeiten des Atoms zu entdecken. Die Biologen wiederum überwanden ebenfalls eine Barriere in ihrem Wissenschaftsbereich. Sie stießen in geheiligte Geheimnisse des Lebens vor . Warum sollten die Spezialisten, die sich mit der Erkundung des Erdinneren befassen, nur traditionell denken?

 


Date: 2015-12-24; view: 1078


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