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Schwieriger als das Lernen ist die Organisation

"Anfangs dachten wir, dass wir nicht viel Spielraum haben werden", sagt Pohl. Doch die drei Kommilitonen entwickelten eine Taktik: Jeder besuchte unterschiedliche Vorlesungen, dafür reisten sie ständig quer durch Deutschland. Abends erzählten sie sich den Stoff in Telefonkonferenzen. Sie versuchten, Prüfungstipps der Professoren herauszuhören, um effizient lernen zu können.

Als besonders leicht gilt das Studium an der FOM nicht. Dass jemand unter der Regelstudienzeit abschließt, ist selten. Die meisten brauchen eher länger. "Zwischendurch hatten wir schon Angst, zu scheitern oder durchzufallen", sagt Pohl. Gerade wenn er mal wieder ein 600-seitiges Skript zum Steuerrecht durcharbeiten musste, dachte er sich: "Mist, wofür machst du das eigentlich?"

Noch viel schwieriger als das viele Lernen war für die drei Kommilitonen allerdings die Organisation ihres Studiums, hauptsächlich das viele Reisen. "Bei unseren Arbeitgebern war viel Überzeugungsarbeit nötig, damit die ein Auge zudrücken", sagt Pohl, der tagsüber in einer Bank arbeitete. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Nach nur eineinhalb Semestern hielt Pohl sein Bachelor-Zeugnis in der Hand. Doch das Turbo-Studium verlangte seinen Preis: "Zeit für Freunde musste ich auf ein Minimum begrenzen, ich konnte höchstens von unterwegs eine SMS schreiben oder kurz anrufen", sagt Pohl. "Mein engster Familienkreis hat mich nur spät abends gesehen – wenn sie lange wach geblieben sind."

Trotzdem blieben Pohl und seine Kommilitonen bei ihrem sportlichen Plan – und schafften knapp ein Jahr später ihren Master. Bilanz: 60 Prüfungen in 20 Monaten. Eineinhalb Semester für den Bachelor, zwei für den Master.

Aus dem Happy End aber wurde zunächst nichts, denn inzwischen streitet Pohl mit seiner ehemaligen Hochschule vor Gericht. Die FOM möchte, dass er die Studiengebühren für volle elf Semester bezahlt, sie fordert mehrere tausend Euro Nachzahlung.

Aus Sicht der Hochschule zahlt der Student nämlich für das Studium an sich, egal wie lange es dauert. Der Prorektor der FOM, Stefan Heinemann, erklärte imDeutschlandfunk : "Wir dürfen jetzt nicht hingehen und sagen: Na, ja! Aufgrund einer besonderen Leistung gibt es eine wirtschaftliche Bevorzugung." Die normalen Studenten müssten höhere Gebühren zahlen, wenn es künftig mehr Turbo-Studenten gäbe.

"Das ist völliger Blödsinn", sagt Pohl. "Die Ressourcen sind ja jetzt für andere Studenten frei." Zwar sei es nie das Ziel gewesen, durch das schnelle Studium Gebühren zu sparen. Doch für ihn ist es eine Frage der Gerechtigkeit, nur so viele Semester zahlen zu müssen, wie er auch studiert hat.

Am 18. Juli will das Gericht eine Entscheidung treffen. Vielleicht muss es aber gar nicht so weit kommen. "Wir kommen gerade zusammen", sagt Pohl, "eventuell können wir uns schon vor Prozessende einigen."



Marcel Pohl, 22 Jahre alt, Masterabsolvent. Und nun? "Ich bin Projektmanager bei einer Bank und beginne gerade mit meiner Promotion", sagt er. Klingt, als gehe es mit der Karriere weiter wie bisher. Doch seinen sportlichen Ehrgeiz hat der Student erst einmal befriedigt: Vielleicht will er sich mit der Doktorarbeit sogar etwas länger Zeit lassen als vorgesehen. "Im Studium ging es um gute Ergebnisse in kurzer Zeit, jetzt will ich in die Tiefe gehen." Freunde und Familie haben sicher nichts dagegen.

http://www.zeit.de/studium/uni-leben/2012-07/turbo-student-fom


Date: 2015-12-24; view: 741


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