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Grammatikalische Besonderheiten

Zwischen die Elemente zusammengesetzter Hauptwörter (Wortkomposition) tritt im österreichischen Deutsch (im Gegensatz zum Bundesdeutschen) oft ein Fugenlaut wie etwa das Fugen-S, z. B. „Zugsverspätung“ oder „Schweinsbraten“ (bundesdeutsch „Zugverspätung“ bzw. „Schweinebraten“). Auch bei zusammengesetzten Partizipien wird oft das Fugen-S verwendet, z. B. „verfassungsgebend“. Dieses Fugen-S wird oft fälschlich als Genitiv interpretiert. Anderer-seits tritt das Fugen-S in einigen Fällen im Gegensatz zum Sprachgebrauch in Deutschland nicht auf, z. B. „Adventkalender“ statt „Adventskalender“, „Schadenersatz“ statt „Schadensersatz“, „Schmerzengeld“ statt „Schmerzensgeld“ (letzteres nur legistisch).

Ebenso kommt es im österreichischen Deutsch abseits des Fugen-S auch bei anderen Wortkompositionen zu einem Fugenlaut, wo im Bundesdeutschen keiner vorkommt, beispiels-weise beim österreichischen Halteverbot (offizielle Bezeichnung in Gesetzen usw.) im Vergleich zum offiziellen deutschen Haltverbot.

Die Zuordnung von Substantiven zu einem der drei Genera variiert zwischen den Standardvarietäten des Deutschen geringfügig. Zur Veranschaulichung der Besonderheiten in der österreichischen Standardsprache seien vier Beispiele angeführt, die österreichische Variante jeweils an erster Stelle genannt:

Zur Veranschaulichung vier Beispiele, zuerst die österreichische Variante:

die Ausschank – der Ausschank (in der Schweiz und Deutschland)

das Brösel – der Brösel (in Deutschland mit Ausnahme des Südostens)

das Puff – der Puff (in Deutschland mit Ausnahme des Südostens)

die Schneid – der Schneid (in der Schweiz und Deutschland mit Ausnahme des Südostens)

Auch bei der Übernahme von Fremdwörtern hat sich in einigen Fällen ein anderes Genus etabliert, Beispiele:

das Cola – die Cola (in der Schweiz und Südost-Deutschland auch Neutrum in Gebrauch)

das Viadukt – der Viadukt (auch in der Schweiz Neutrum in Gebrauch)

das E-Mail – die E-Mail (in Österreich und der Schweiz sind beide Formen in Gebrauch)

der Spray – das Spray (in Deutschland neben der Form in Neutrum in Gebrauch)

In den Dialekten gibt es, wie in den anderen deutschsprachigen Ländern, zahlreiche Unterschiede zur regionalen Standardsprache, hier also der österreichischen, die in einigen Grenzfällen auch Genusschwankungen in dieser Standardsprache bedingen. Beispiele hierfür sind in Österreich: der Butter – die Butter, der Zwiebel – die Zwiebel

Die zweite Person Plural wird, wie auch in Teilen des süddeutschen Sprachraumes, im Präsens und Perfekt gern mit der Endung -ts versehen, um gegenüber der 3. Person Singular klarer abzugrenzen, vor allem wenn das Personalpronomen weggelassen wird (Habts (ihr) das gesehen?). Hinter diesem -s verbirgt sich das Personalpronomen és [eˑs], eine alte Dualform, die hier mit der Personalendung verschmolzen ist. In manchen Teilen des bairischen Dialektgebietes existiert dieses Personalpronomen auch noch als eigenständiges Wort.



In Österreich (wie auch in der Deutschschweiz und im gesamten süddeutschen Sprach-raum) wird für die Bildung des Perfekts von Verben, die die Körperhaltung ausdrücken, genauso wie für Verben der Bewegung, (auch hochsprachlich) generell als Hilfsverb „sein“ verwendet. Zu den betroffenen Verben gehören zum Beispiel „sitzen“ (sitzenbin gesessen, aber: einsitzen (im Gefängnis) – habe gesessen), „stehen“ (stehenbin gestanden, aber: gestehenhabe gestanden), „liegen“ (liegenbin gelegen) und in Teilen der Steiermark und Kärntens umgangs-sprachlich „schlafen“ (schlafenbin geschlafen).

Ebenso wie im gesamten Dialektgebiet südlich der Mainlinie ist das Präteritum, in Öster-reich auch „Mitvergangenheit“ genannt, in der österreichischen Umgangssprache eher unge-bräuchlich. „Ich ging“ oder „ich sah“ wird als fremdartig empfunden, lediglich die Verben sein und wollen werden im Präteritum gebraucht. Normal ist zu sagen: „ich bin gegangen“ oder „ich habe gesehen“. In der Schriftsprache allerdings wird die Mitvergangenheit verwendet.

Das Präteritum ist in den oberdeutschen Dialekten in frühneuhochdeutscher Zeit aus-gestorben. Eine Erklärung dafür ist, dass im Oberdeutschen generell das auslautende „-e“ u. a. bei den Vergangenheitsformen auf „-te“ ausgefallen war: „sagt-e“ > „sagt“, „kauft-e“ > „kauft“. Dadurch konnten von vielen Verben die Vergangenheits- und Gegenwartsformen lautlich nicht mehr unterschieden werden, was dazu geführt haben soll, dass das Präteritum insgesamt außer Gebrauch gekommen ist. Einer anderen Theorie zufolge wurde das Präteritum zu Gunsten des synthetischen Konjunktivs aufgegeben, bzw. von ihm verdrängt.

Darüber hinaus ist es im Gegensatz zum Rest Europas in allen alpenländischen Sprachen üblich, die Hauptvergangenheitszeit als zusammengesetzte Zeitform zu bilden; das österreich-ische Deutsch teilt dieses Phänomen nicht nur mit dem gesamten süddeutschen Raum, sondern auch mit Tschechisch, Slowakisch, Slowenisch, Serbokroatisch, Französisch und dem Norden des italienischen Sprachgebiets.

In Österreich wird in der Umgangssprache eher der Indikativ verwendet. Wenn ein Satz tatsächlich im Konjunktiv gesprochen wird, so drückt das ein Misstrauen aus. Beispiel: Er hat gesagt, dass er in der Stadt gewesen ist. Im Gegensatz dazu: Er sagte, dass er in der Stadt gewesen sei. – drückt aus, dass man es eigentlich nicht glaubt. Das gilt jedoch nicht für die Medien, in denen der Konjunktiv wie in Deutschland verwendet wird. Der Konjunktiv selbst wird eher als Irrealis gebraucht.


Date: 2015-12-24; view: 743


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