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Wortschatz in Österreich

Das so genannte österreichische Amtsdeutsch geht zurück auf die österreichisch-unga-rische Monarchie und hat sich seitdem zwar in Details entwickelt, insgesamt aber in den Begriff-lichkeiten stark konserviert. Ebenso maßgeblich für die Erhaltung und Weitergabe dieses öster-reichischen (Hoch-)Deutsch sind das Bildungswesen (Schulen, Universitäten) sowie die weiteren sprachprägenden Institutionen des heutigen Österreich (Insbesondere Fernsehen, Radio und Printmedien). Im Folgenden sind österreichische Ausdrücke aus dem Bereich Verwaltung und Politik angeführt, daneben die jeweilige Entsprechung in Deutschland: Nationalrat ≈ Bundestag, Landeshauptmann ≈ Ministerpräsident (eines Bundeslandes), Landesrat ≈ Minister eines Bundes-landes, Bezirkshauptmannschaft ≈ Bezirksregierung bzw. Landratsamt/Kreisverwaltung, Sta-tutarstadt ≈ Kreisfreie Stadt, Klub ≈ Fraktion (im Parlament), Klubobmann ≈ Fraktionsvor-sitzender, Gendarmerie (2005 mit der Bundessicherheitswache zur Bundespolizei zusammen-gelegt) = Landpolizei, Bezirksgericht ≈ Amtsgericht, Landesgericht ≈ Landgericht, Oberster Gerichtshof ≈ Bundesgerichtshof, Verfassungsgerichtshof ≈ Bundesverfassungsgericht, Ver-waltungsgerichtshof ≈ Bundesverwaltungsgericht, Asylwerber = Asylbewerber, in Verstoß geraten = derzeit nicht auffindbar (in den falschen Aktenstapel geraten), der Akt = die Akte, in Evidenz halten = vormerken, urgieren = auf eine Entscheidung drängen, Gleichschrift = Ab-schrift, skartieren = Akten vernichten, Drucksorte = Formular.

Ebenso werden in der Rechtssprache und in der österreichischen Gesetzgebung Aus-drücke verwendet, die z. B. in Deutschland nicht vorkommen, einen anderen Bedeutungsinhalt haben (z. B. Besitz) oder ungebräuchlich sind. Ebenso weichen Rechtsausdrücke – oft aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten Terminologie – im Detail von den in Deutschland gebräuch-lichen, sinngleichen Ausdrücken ab (z. B. in Österreich: Schadenersatz, Schmerzengeld laut dem ABGB 1811, ebenso im liechtensteinischen ABGB; in Deutschland: Schadensersatz, Schmer-zensgeld).

Generell lässt sich in Österreich eine häufigere Verwendung von Latinismen in der Rechtssprache feststellen, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass das kurz vor 1900 entstandene deutsche BGB die zuvor auch in Deutschland weit verbreiteten lateinischen Rechtsausdrücke aus dem römischen Recht (Pandekten) bewusst vermied oder „eindeutschte“. Beispiele sind nur in Österreich oder öfter als in Deutschland verwendete Ausdrücke wie Legat (Vermächtnis), Servitut (Dienstbarkeit), Causa (Fall; bedeutet in Deutschland jedoch „Rechts-grund“), Kuratel (Sachwalterschaft) oder Krida.

Bei den Dienstgraden des österreichischen Bundesheeres sind Unterschiede etwa zu den Bezeichnungen in der deutschen Bundeswehr vor allem unterhalb der Offiziersebene stark aus-geprägt. Beispiele sind die Dienstgrade Korporal (Deutschland: Hauptgefreiter/Stabsgefreiter), Wachtmeister (ersetzte in Österreich 1919 die „Feldwebel“-Bezeichnungen im Bundesheer; in Deutschland bis 1945 bei der Artillerie und Kavallerie verwendet, in der NVA der DDR bis 1970 bei der Artillerie), Vizeleutnant (höchster Unteroffiziersdienstgrad, dem Oberstabsfeldwebel der Bundeswehr entsprechend) oder Brigadier (D: Brigadegeneral). Kommandeure (D: Befehls-haber von Truppeneinheiten) sind in Österreich stets Kommandanten (in D. Befehlshaber fester Plätze (Kasernen, Militär-Hospitäler usw.) und Fahrzeuge (Panzer, Schiffe)). Das spiegelt sich auch in anderen Organisationen wider, sodass es etwa bei der Feuerwehr keinen Gruppenführer wie in Deutschland, sondern einen Gruppenkommandanten gibt, sowie auch beim Roten Kreuz mit dem Kolonnenkommandanten.



Im Schulbereich gibt es nach der Volksschule (Deutschland: Grundschule, früher und gelegentlich noch in Bayern auch Volksschule) nur zwei weiterführende Schultypen, nämlich die Hauptschule (in Wien manchmal: Kooperative Mittelschule), die etwa der deutschen Haupt- und Realschule entspricht, und das Gymnasium. Das Abitur in Deutschland entspricht der Matura in Österreich. Amtlich für Kindergarten (Alltagssprache) ist Kindertagesheim, die in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung Kindertagesstätte bzw. Kita ist in Österreich unüblich oder gar un-bekannt.

Im Verkehrsbereich hat eine Lichtzeichenanlage in Österreich eine ganz andere Be-deutung als in Deutschland. Die in beiden Ländern ugs. als Ampel bezeichnete heißt in Österreich Lichtsignalanlage (VLSA: Verkehrslichtsignalanlage), während die Lichtzeichen-anlage einen unbeschrankten Bahnübergang kennzeichnet. Im Transport ist die offizielle Be-zeichnung Frächter für einen Frachtführer.

Die in Österreich für den ersten Monat des Kalenderjahres verwendete Bezeichnung ist Jänner. Jänner wird offiziell benutzt und Januar ist in nahezu allen Bereichen unüblich. Jänner entspricht dem mittelhochdeutschen jener, jenner das wiederum aus der spätlateinischen Form iēnuārius entstanden ist. Jänner war bis in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts im gesamten deutschen Sprachraum verbreitet, wurde dann aber bis ungefähr 1800 – mit Ausnahme des süd-deutschen Sprachraumes – von der Form Januar verdrängt, die wiederum eine endungslose Variante des lateinischen iānuārius ist. Jänner stellt somit aus neuhochdeutscher Sicht ein Erbwort aus dem Mittelhochdeutschen dar (weil es in die entsprechenden Lautwandelprozesse eingebunden war), wohingegen Januar – auch im Neuhochdeutschen – ein lateinisches Lehn-wort ist (da es phonologisch und morphologisch dem neuhochdeutschen System angepasst wur-de, aber seit seiner Entlehnung noch keine signifikanten, für die aktuelle Sprachform typischen Lautwandelprozesse durchlaufen hat).

Anders verhält es sich mit der Bezeichnung Feber für den zweiten Monat des Kalender-jahres. Hier war in der deutschen Volkssprache die Bezeichnung Hornung üblich, die aber dann über den Weg der humanistischen Kanzleisprache vom lateinischen Fremdwort februārius ver-drängt wurde, das dann als Februar bzw. im Mitteldeutschen und Oberdeutschen als Feber ein Lehnwort wurde.

Eine dem Stamm Hornung entsprechende Form ist heute in Österreich auch auf basil-ektaler und mesolektaler Ebene (und damit in Ortsdialekten und Regiolekten) eher unwahr-scheinlich anzutreffen. Es werden häufig Formen verwendet, die Februar entsprechen. Standard-sprachlich ist Februar üblich, wobei kanzleisprachlich (z. B. auf amtlichen Dokumenten) und auch umgangssprachlich immer wieder die ältere Form Feber anzutreffen ist, wie etwa auf Parkscheinen und dem österreichischen Reisepass.

Im folgenden zehn Beispiele aus der österreichischen Küchensprache, zunächst die österreichische Variante: Beiried – Roastbeef oder Rippenstück, Eierschwammerl – Pfifferling (Eierschwammerl insbesondere in Ostösterreich), Eierspeis(e) – Rührei, Erdapfel – Kartoffel (beide Begriffe in Österreich in Gebrauch), Faschiertes – Hackfleisch, Fisolen – Grüne Bohnen, Germ – Hefe, Kochsalat – Römersalat, Kren – Meerrettich, Kukuruz – Mais (beide Begriffe in Österreich in Gebrauch), Obers – Sahne, Paradeiser – Tomate (beide Begriffe in Österreich in Gebrauch), Topfen – Quark.


Date: 2015-12-24; view: 828


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