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Ouml;sterreichisches Deutsch

Einige Begriffe und zahlreiche Besonderheiten der Aussprache entstammen den in Öster-reich verbreiteten Mundarten und Regionaldialekten, viele andere wurden nicht-deutsch-sprachigen Kronländern der Habsburgermonarchie entlehnt. Eine große Anzahl rechts- und ver-waltungstechnischer Begriffe sowie grammatikalische Besonderheiten gehen auf das öster-reichische Amtsdeutsch im Habsburgerreich (nach 1804: Kaisertum Österreich; nach 1867: Doppelmonarchie Österreich-Ungarn) zurück, dessen Ursprünge Joseph von Sonnenfels ab dem Jahre 1784 maßgeblich mitgeprägt hat.

Außerdem umfasst ein wichtiger Teil des speziell österreichischen Wortschatzes den kulinarischen Bereich; einige dieser Ausdrücke sind durch Verträge mit der Europäischen Gemeinschaft geschützt, damit EU-Recht Österreich nicht zwingt, hier fremde deutschsprachige Begriffe anzuwenden.

Daneben gibt es in Österreich abseits der hochsprachlichen Standardvarietät noch zahl-reiche regionale Dialektformen, hier insbesondere bairische und alemannische Dialekte. Diese werden in der Umgangssprache sehr stark genutzt, finden aber abgesehen von den oben ange-sprochenen Einflüssen keinen direkten Niederschlag in der Schriftsprache (ausgenommen Mund-artdichter usw.). Am österreichischen Deutsch zeigt sich die plurizentrische Eigenschaft der deutschen Sprache, ein typisches Merkmal sprecherreicher Sprachen, die über Staatsgrenzen hinaus verbreitet sind. Allerdings gibt es zur Plurizentrik des Deutschen einen laufenden Ent-wicklungs- und Diskussionsprozess in der Germanistik, die noch bis in die 1980er-Jahre die Monozentrik des Deutschen vertrat und das Konzept der plurizentrische Sprache erst seither entwickelt und verfeinert hat. Deshalb ist der Begriff des österreichischen Deutsch nicht unum-stritten, wird aber von der Mehrzahl führender Sprachwissenschafter Österreichs belegt.

Dieser Diskussionsprozess der Germanistik wird daher im abschließenden Abschnitt Sprachwissenschaftliche Diskussion zum Begriff österreichisches Deutsch dargestellt. Eine aktuelle sprachwissenschaftliche Übersicht des deutschen Linguisten Jan-Hendrik Leerkamp stellt 2003 jedenfalls fest: In der Forschung scheint die Existenz einer eigenständigen nationalen Varietät des österreichischen Deutsch mittlerweile weitestgehend anerkannt.

Österreichisches Deutsch unterscheidet sich in Teilen des Wortschatzes, grammatika-lischen Besonderheiten, der Schreibweise und auch in der Aussprache von jenem Hochdeutsch, das in Deutschland durch den Duden kodifiziert ist. Gleichwohl werden auch aktuelle german-istische Entwicklungen berücksichtigt, sodass sich Österreich an der Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 beteiligt hat, ohne dabei jedoch seine sprachlichen Besonderheiten aufzugeben, was im Österreichischen Wörterbuch in seiner derzeit 40. Auflage entsprechend berücksichtigt ist. Auch der Duden trägt der Eigenschaft der Deutschen Sprache als plurizent-rische Sprache Rechnung, indem typisch österreichische Wörter (ebenso wie Helvetismen und regional-landschaftlich genutzte Wörter) von der Duden-Redaktion aufgenommen und ent-sprechend gekennzeichnet werden.



„Das österreichische Deutsch wurde besonders von der österreichischen, teilweise aber auch von der deutschen und außerdeutschen germanistischen Sprachwissenschaft beschrieben und charakterisiert. Es zeichnet sich in seiner geschriebenen Form besonders durch Eigenheiten im Wortschatz hauptsächlich als Bezeichnungen und seltener auch durch Bedeutungen (onoma-siologische und semasiologische Besonderheiten) sowie in geringerem Umfang durch morpho-logische Eigenheiten in der Formen- und Wortbildung einschließlich der Genera des Substan-tivs, syntaktische und phraseologische sowie auch pragmatische Besonderheiten aus. Mündlich kommen dann vor allem noch Besonderheiten der Aussprache mit Lautbildung und Wort-akzentuierung hinzu.“ (vgl. Sprachwissenschafter Peter Wiesinger)

Untersuchungen haben gezeigt, dass in Österreich Sprachformen in formellen Kontexten akzeptiert werden, die in Deutschland unüblich sind, weil sie zu informell wirken. Joachim Grzega bezeichnet dieses Merkmal des österreichischen Deutsch als Nonchalance. Selbst in geschriebener Sprache wie Zeitungen werden eher Zitate mit umgangssprachlichen Elementen verwendet, während im Bundesdeutschen eher indirekte Rede mit „geglätteter“ Sprache ver-wendet wird.

Im Gegensatz zu Deutschland ist in Österreich das Führen von bzw. die Anrede mit Titeln (z. B.: Ö: „Guten Morgen, gnädige Frau“, „Guten Abend, Herr Ingenieur“, „Grüß Gott, Herr Doktor“ vs. D: „Guten Morgen“, „Guten Abend, Herr Müller“) üblich und alltäglich, gleichwohl der Gebrauch der Titel im Abnehmen begriffen ist und sich das Duzen, ähnlich wie in Skandinavien, allmählich verbreitet.

Die Bezeichnung Name wird in Österreich (ähnlich wie bei den benachbarten slawischen Sprachen) meistens nicht für den Nachnamen verwendet, sondern für die Kombination aus Vor- und Nachnamen, oder auch nur für den Vornamen. In bildungsaffinen Schichten ist die Auf-fassung verbreitet, dass auch akademische Titel sowie der nichtakademische Titel Ingenieur Namensteile seien.


Date: 2015-12-24; view: 887


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