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Verbreitungsgebiete

Bis spätestens 1945 wurden deutsche Dialekte in beachtlichen Teilen Zentral- und Ost-europas gesprochen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden viele Streusiedlungen, z. B. im Baltikum, in Wolhynien, Kroatien, Bessarabien und Südtirol, aufgelöst. Die hiervon Betroffenen, rund eine Million Sprecher, wurden vor allem im besetzten Polen und hier besonders im Warthegau angesiedelt. 1941 wurden alle Wolgadeutschen (UdSSR) deportiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie, genau wie die angestammte deutschsprachige Bevölkerung Polens und der deutschen Ostgebiete, vertrieben. Dasselbe Schicksal traf die meisten noch verbliebenen Sprecher in Osteuropa. Ausnahmen bildeten Rumänien und Ungarn, wo eine Mehr-heit von Vertreibungen nicht betroffen war. Hier geht jedoch die Zahl deutscher Mundart-sprecher bis heute stark zurück, teilweise durch Aussiedlung (vor allem aus Rumänien), an-sonsten durch Assimilation, so dass die dortigen Dialekte heute weitgehend ausgestorben sind. Die Nachfahren der Vertriebenen gingen sprachlich in die neuen Wohngebiete auf. Die ehe-maligen östlichen Dialekte sind daher bereits überwiegend verschwunden.

Das heutige autochthone Verbreitungsgebiet deutscher Dialekte umfasst vor allem Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und angrenzende Gebiete in Frankreich, Belgien, Italien und Dänemark. Dazu kommen in Europa Sprachinseln in Polen, Tschechien, Ukraine, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Rumänien.

Zu den allochthonen Verbreitungsgebieten gehören:

Afrika: In Namibia wird ein relativ eigenständiger deutscher Dialekt verwendet, welcher durch Einflüsse vom Afrikaans und Englischen geprägt ist.

Lateinamerika: In Venezuela wird ein niederalemannischer Dialekt gesprochen, das Alemán Coloniero. In Argentinien wird von den Nachkömmlingen deutscher Einwanderer eine Mischung aus Deutsch und Spanisch gesprochen, das Belgranodeutsch. Eine in Brasilien gespro-chene Variante des Hunsrückischen ist das Riograndenser Hunsrückisch.

Nordamerika: Von den Hutterern wird in Kanada und den USA das Hutterisch gespro-chen. In den US-Bundesstaaten Pennsylvania und Ohio leben die Pennsylvania Dutch, die Penn-sylvaniadeutsch sprechen. Das Pennsylvania-Deutsch ist ein Abkömmling des Pfälzischen, hat sich jedoch – durch die geographische Trennung – eigenständig entwickelt. Eine Mischung aus Deutsch und Englisch, die von den Nachkömmlingen deutscher Einwanderer nach Texas gesprochen wird, ist das Texasdeutsch.

Dialekt heute

Die kleinräumigen Isolationen, die lokalen Sprachunterschied förderten (und damit eine Grundlage von Basisdialekten), sind aufgehoben. Ungleich mehr als in Jahrhunderten zuvor werden die überkommenen lokalen Sprechweisen und Sprachsysteme durch großräumig wirken-de Sprachen (Standardsprachen, Umgangssprachen, Fachsprachen, Mediensprachen) beeinflusst und nivelliert. Dialekte erstrecken sich heute eher regional.



Dialekte und ihr Verbreitungsgebiet können eine ausschlaggebende kulturelle Identität vermitteln, weswegen Dialektgebiete laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung ifo beispielsweise die Umzugsentscheidungen vieler Menschen beeinflussen.

In Luxemburg ist der dortige mittelfränkische Dialekt zur Standardsprache ausgebaut und 1984 zur Amtssprache aufgewertet worden. In Frankreich stehen die deutschen wie alle anderen Mundarten auch gegenüber dem Standardfranzösischen in einer passiven Stellung und werden von diesem in vielen Gebieten verdrängt.

In der Schweiz haben die deutschen (vor allem alemannischen) Mundarten gegenüber dem Standarddeutsch an Terrain gewonnen. Dieser Prozess hängt nicht nur mit den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts zusammen, sondern hat Vorläufer in Entwicklungen, die sich über einen langen Zeitraum bis ins Spätmittelalter zurückverfolgen lassen (Betonung der Eigenstaatlichkeit, hochalemannisches Dialektkontinuum). Bis zum Zweiten Weltkrieg war das Schweizerdeutsche vor allem dem privaten Bereich vorbehalten. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gab es in der Schweiz eine eigentliche „Mundartwelle“, die dazu führte, dass das Standarddeutsche heute nur noch in bestimmten Lebensbereichen angewandt wird (Parlamente, Schulunterricht, Univer-sitäten, Ansagen in öffentlichen Verkehrsmitteln u. ä.). Eine nicht unwichtige Rolle spielten dabei Jugendkultur, Mundartrock und Lokalradios.

In Österreich werden die angestammten Mundarten vor allem in den ländlichen Gebieten noch sehr häufig gesprochen, wenn auch hier eine Tendenz zur Verwendung von weniger eng regional begrenzten Ausgleichsmundarten besteht. Ein starker Rückgang der Mundart ist nur in Wien zu verzeichnen, wo laut Schätzungen nur noch ca. zehn Prozent das angestammte mittel-bairische Wienerisch sprechen. Der Großteil spricht entweder einen anderen Dialekt oder ein Deutsch mit besonderem Wiener Akzent. In den anderen österreichischen Bundesländern sind solche Rückgänge in schwächerer Form nur in den Landeshauptstädten oder in Gebieten mit viel Zuwanderung zu verzeichnen.

In Deutschland stehen Gebiete, in denen die Mundarten aus verschiedenen Gründen unter mehr oder weniger starkem Druck stehen und auf dem Rückzug sind, im Kontrast zu Gegenden, in denen die Dialekte eine vergleichsweise gute bis starke Stellung haben. Allgemein ist jedoch überall durch den Einfluss hochdeutscher Medien und der Mobilität zahlreicher Menschen (und damit der Vermischung der einzelnen Varianten) ein starker Rückzug aller Dialekte festzu-stellen. So wurden 13 deutsche Regionalsprachen, darunter auch Kölsch und Bairisch, von der Weltbildungsorganisation als vom Aussterben bedroht gemeldet.

 


Date: 2015-12-24; view: 1129


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