Home Random Page


CATEGORIES:

BiologyChemistryConstructionCultureEcologyEconomyElectronicsFinanceGeographyHistoryInformaticsLawMathematicsMechanicsMedicineOtherPedagogyPhilosophyPhysicsPolicyPsychologySociologySportTourism






Niederdeutsche Mundarten

Das (nieder-)deutsche Dialektkontinuum erstreckt sich außer über Norddeutschland noch über die Niederlande, den flämischen Teil Belgiens und ein kleines Gebiet im nordöstlichen Teil Frankreichs (sogenanntes „Französisch-Flandern“). Es wird standardsprachlich überdacht von Deutsch (Hochdeutsch in Deutschland), von Niederländisch (früher Niederdeutsch genannt) und vom Französischen. Die niederdeutschen Dialekte (auch „Platt“ bzw. „Plattdeutsch“) werden in Niederfränkisch, Niedersächsisch (auch: „Westniederdeutsch“) und Ostniederdeutsch unterteilt.

Niederfränkische Dialekte werden zumeist außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und am Niederrhein in Nordrhein-Westfalen gesprochen. Auf der Grundlage dieser Mundarten mit leichten Spracheinflüssen des Friesischen und des Niedersächsischen hat sich die Nieder-ländische Standardsprache für die Niederlande und für Flandern in Belgien entwickelt.

Die niedersächsischen (westniederdeutschen) Dialekte werden im Nordosten der Nieder-lande und im angrenzenden Norwestdeutschland gesprochen; im Dialektkontinuum schließt sich der Mundartenraum des Ostniederdeutschen an. Obgleich die niederdeutschen und hoch-deutschen Mundarten durch das Dialektkontinuum (staatsübergreifend) verbunden sind, werden im Sprachraum der Niederländischen Dachsprache und in „Französisch-Flandern“ (französische Dachsprache) die niederdeutschen Mundarten gebietsbezogen als niederländische Mundarten bezeichnet und im Sprachraum der hochdeutschen Dachsprache als deutsche Mundarten.

Während man die niederdeutschen und niederländischen Dialekte noch bis ins aus-gehende 19. Jahrhundert auf beiden Seiten der Staatsgrenzen als „Platt- oder Niederdeutsch“ zusammenfasste, ist heute die Zugehörigkeit der niederfränkischen Sprachen zum Nieder-deutschen äußerst umstritten, da es sich eigentlich um Übergangsdialekte des Mitteldeutschen zum Niederdeutschen, d. h. zu den niedersächsischen Dialekten, handelt.

Aber es gibt aus dem 17. Jahrhundert niederländische Zeugnisse, dass dort die nieder-ländischen Dialekte noch als Teil der deutschen Sprache empfunden wurden, da es ursprünglich nicht weiter vom Hochdeutschen entfernt war als das eigentliche Niederdeutsche.

Das Niedersächsische als Kernsprache der niederdeutschen Dialekte gliedert sich in Westfälisch, Ostfälisch und Nordniedersächsisch, diese wiederum in Untermundarten in den nordöstlichen Gegenden der Niederlanden und beinahe im gesamten nordwestdeutschen Sprach-raum in Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und dem westlichen Sachsen-Anhalt.

Das Ostniederdeutsche, das durch slawische Dialekte beeinflusst wurde, verbreitete sich seinerzeit durch Wanderungsbewegungen über Pommern und Altpreußen bis auf das Baltikum. Es wird in Brandenburgisch (Märkisch) und Mecklenburgisch-Vorpommersch gegliedert, histo-risch zählen auch Ostpommersche und Niederpreußische Mundarten dazu. Das Berlinerische wird zusammen mit dem Südmärkischen, je nach linguistischer Perspektive, mal dem (Ost-)Niederdeutschen, mal dem (Ost-)Mitteldeutschen zugeordnet. Das liegt unmittelbar an den komplexen Sprachkontaktsituationen in Vergangenheit und Gegenwart, die durch Verdrängung einer ehemals ausschließlich niederdeutschen und niedersorbischen Substanz seit der Neuzeit durch schlesischen und sächsischen Einfluss gen Norden die charakteristische halbinselartige Einbuchtung nach Berlin erklärt (Berlin selbst war polabisch). Hinzu kommen noch Einflüsse aus dem Osten, einschließlich der slovinzisch-kaschubischen Einwanderung, aber auch der pol-nischen.



Das ostfriesische Platt im Nordwesten Norddeutschland gehört entgegen seinem Namen nicht zum Friesischen sondern zu den niederdeutschen Dialekten. Es hat das vormals Friesische verdrängt und den Namen gleich mit übernommen.

Sprachwissenschaftlich trennt sich das Niederdeutsche vom Hochdeutschen (Mittel- und Oberdeutschen) durch die fehlende hochdeutsche Lautverschiebung. Diese zweite westgerma-nische Lautverschiebung setzte bereits im Frühmittelalter (1. Jahrhundert n. Chr.) im Südosten des germanischen (heute deutsches) Sprachgebietes ein, breitete sich kontinuierlich nach Nord-westen und in den Norden aus und beeinflusste die Dialekte unterschiedlich stark. Die zweite Lautverschiebung umfasst die Veränderungen mehrerer Lautmerkmale, die an der „maken“ (niederdt.) zu „machen“ (hochdt.) Sprachgrenze (so genannte Benrather Linie) und die „ik“ (niederdt.) „ich“ (hochdt.) – Grenze (so genannte Uerdinger Linie) festgemacht werden, ohne dass es sich hierbei um eine tatsächliche Mundartgrenzen handelt, da die Veränderungen der Mundarten fließend (kontinuierlich) vonstatten gehen über kleine Veränderungen von Ort zu Ort. Die Künstlichkeit dieser Linien wird deutlich, wenn man dem Niederdeutschen zugeordnete Dialekte betrachtet, die zwar nördlich der Benrather Linie liegen, aber doch von vielen Laut-veränderungen der zweiten Lautverschiebung erfasst wurde, dies gilt auch umgekehrt für die Dialekte im südlichen Bereich der Benrather bzw. Uerdinger Linie beziehungsweise auch beim Übergang der mitteldeutschen in die oberdeutschen Dialekte.

Die niederdeutschen Dialekte weisen mit den von den hochdeutschen Dialekten gepräg-tem Standarddeutsch (Hochdeutsch oder Schriftdeutsch) geringe Ähnlichkeiten auf. Die nieder-deutschen Dialekte wurden bis Mitte des 20. Jahrhunderts als vordringliche Umgangssprache benutzt, insbesondere in ländlich strukturierten Gegenden. Im Mittelalter und in der Frühneuzeit in Norddeutschland nicht zuletzt auch als Schriftsprache, z. B. Kanzleisprache, als Verkehrs-sprache der Hanse bis ins Baltikum. Durch den Einfluss der Reformation (hochdeutsche Luther-bibel) und durch Zuwanderungen wurde es nach und nach zurückgedrängt und ist, insbesondere in Großstädten, teilweise ganz verschwunden.


Date: 2015-12-24; view: 1211


<== previous page | next page ==>
Verwandtschaften und Abgrenzungen | Oberdeutsche Dialekte
doclecture.net - lectures - 2014-2024 year. Copyright infringement or personal data (0.007 sec.)