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Englisch ist langsam out

Die neuen Werbesprüche machen sich auf Deutsch verständlich

„Wohnst du noch, oder lebst du schon?" Wer in der deutschen Sprache lebt, dem fallen aus der letzten Zeit vor allem deutsche Werbesprüche ein. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit scheinen englische Ausdrücke höchstens noch in Deutschland zu wohnen. Die inzwischen vielfach abgewandelte Ikea-Frage und Kurzsätze wie „Die tun was" (Ford), „Ich liebe es" (McDonald's) oder „Douglas macht das Leben schöner" zeigen jedenfalls, dass der englischen Sprache in der Werbung kein rundum schönes Leben mehr beschieden ist.

Schon vor einiger Zeit beobachtete Walter Krämer, der Vorsitzende des Vereins Deutsche Sprache, bei einem Spaziergang über die Königsallee in Düsseldorf „mit großer Freude", dass die besseren Geschäfte nicht mehr auf Englisch für sich und ihre Märken werben: „Der Anteil der Anglizismen nimmt ab." Und die Mitgliederzahl des sprachwahrenden Vereins nimmt weiter zu, so dass jetzt mehr als 20 500 Menschen mit Krämer um die Zukunft des Deutschen bangen. Krämer, im Hauptberuf Statistik-Professor an der Universität Dortmund, wird aber dem eigentlichen Ziel des Vereins, der Selbstauflösung wegen Erfüllung des Vereinszwecks, kaum näher rücken. Denn englische Lehnwörter dringen weiter ins Deutsche vor, wie das neue Neologismen-Wörterbuch unter anderem mit „outsourcen" (= auslagern), „Latenightshow", „Browser", „Server" und „abspacen" (= abdriften) beweist.

Im vergangenen Sommer wurde englischen Sprüchen im Deutschen jedoch der erste Schlag versetzt. Die Kölner Agentur Endmark fand heraus, dass die Mehrheit von 1104 befragten Verbrauchern englische Werbesprüche gar nicht oder zumindest nicht im Sinne des Unternehmens verstanden. „Be inspired"? Auf diesen Siemens-Spruch konnten sich nur wenige einen Reim machen. „One group, one Utility"! Diesen RWE-Satz hätten nur acht Prozent der Befragten übersetzen können. „Ńîňĺ in and find out"! Die Kampagne von Douglas wurde zum Klassiker aller Missverständnisse: Manche meinten, es gehe darum, hereinzukommen und schnell wieder hinauszufinden. „Drive alive"! Einen Mitsubishi, so meinten manche, solle man möglichst lebend fahren. „Powered by Emotion"! Sat.l wurde in der skurrilsten aller Antworten verdächtigt, „Kraft durch Freude" zu propagieren.

Zwölf Kampagnen mit dem höchsten Werbedruck, also „Claims aus hochfrequenter bundesweiter Publikumswerbung", hatte Endmark untersucht. Westdeutsche verstanden die neue Sprache der Werbung im Durchschnitt besser als Ostdeutsche, Junge besser als Alte. Aber insgesamt überraschte das große Unverständnis die offenbar auf englischen Sprachinseln lebenden Werber. Mancher Verantwortliche von gigantischen Werbeetats und mancher Kreativchef von Werbeagenturen wird ins Grübeln gekommen sein. Denn nun, ein Jahr später, erkennt man eine Kertwende. Die Agentur Endmark, spezialisiert auf die Prüfung und Entwicklung von Marken-namen, hat noch einmal hingeschaut. Und siehe da: Die Unternehmen haben verstanden. „Von den zwölf Unternehmen", sagt Endmark-Vorstand Bernd Samland, „haben acht auf Deutsch umgestellt." McDonald's wechselte von „Every time a good time" zu „Ich liebe es", Lufthansa von „There's ďî better way tofly" zu ,^4lles für diesen Moment", Douglas von „Ńîňĺ in and find out" zu „Douglas macht das Leben schöner", Sat.l von „Powered by Emotion" zu „Sat. 1 zeigt's allen", Esso von „We are drivers too" zu „Packen wir's an", Audi TT von „Driven by instinct" zu „Pur und faszinierend" und Mitsubishi von dem ebenfalls missverständlichen „Drive Alive" zu „Heute. Morgen. Übermorgen". Bei RWE kommt inzwischen ,^4lles aus einer Hand'.



Woran es liegt, dass auch Biermarken von „\ight" auf „leicht" umgestellt haben, ist schwer zu sagen. Der Hannoveraner Linguist Peter Schlobinski vermutet, dass Anglizismen ihre Funktion verlieren, wenn man sich an sie gewöhnt. Das lasse englische Begriffe für die Werbung nicht mehr so interessant erscheinen.

Die Werbung selbst ist sich noch unschlüssig, ob Anzeigen mit englischsprachigem „Claim" nicht mehr so häufigzu sehen sind - zumal die Endmark-Studie nur einen Ausschnitt bietet und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeiterhebt. Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft in Berlin, sagt aber: „Je mehr dieMärkte zusammenwachsen, desto lokaler denkt die Werbung." Außerdem herrschen in Zeiten der Konsumstarre dieAngst, Fehler zu machen. Erfahrung sei wieder etwas wert - und die verknüpfe sich eher mit der deutschen Sprache.Das Nationale sei heute in Deutschland stärker erlaubt als noch vor wenigen Jahren. Zudem hat Bernd Samlandfestgestellt, dass Englisch populär, aber austauschbar ist: „Spontan fallen einem hauptsächlich deutsche Slogans ein."Andererseits seien bestimmte Felder wie Computer oder Trendsportarten eindeutig durchs Englische dominiert: „Mankauft ein Mountainbike, kein Bergfahrrad." In den meisten Fällen werde aber mit der deutschen Sprache eine bessere Wirkung erzielt. Alfons Kaiser. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2.10.2004.

 


Date: 2015-12-17; view: 768


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