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Präventive Angriffe, Apathie und Ersatz-Befriedigungen

Die Liebe, die wir zurückhalten

Emotion und unterdrückter Überlebensinstinkt

Eine der größten Herausforderungen in der Liebe ist das Annehmen und Zulassen können

Die Liebe, die ich in meinem Leben zurückgehalten habe, hat mich Liebe gekostet. Ich hätte mit offenem Herzen und offenen Armen den Menschen begegnen können. Doch meine Seele bekam Angst, wenn jemand zu schnell oder zu nah auf mich zukam. Instinktiv zog sich alles in mir zusammen, in Geiste verschränkte ich schützend die Arme vor meiner Brust, zog die Schultern nach vorne und ging in Abwehrposition. “Tu mir nicht weh!” rief mein Herz. Mein Verstand war derweil ganz beschäftigt damit, Argumente gegen die jeweilige Person zu finden. Da war einer zu fordernd, der andere zu lasch, eine teilte meine Lebensvorstellungen nicht, eine andere kam mir einfach zu nah.

Wenn Menschen uns wirklich nahe kommen, haben sie Möglichkeit und die Fähigkeit, den Finger in alte Wunden zu legen. Das tun sie in aller Regel nicht absichtlich. Aber etwas an ihnen kann in uns Saiten zum Schwingen bringen und alte Muster aufbrechen lassen. Ist es die Art wie eine Person spricht, wie sie lächelt, was sie trägt? Ist es ein Versprechen, dass sie macht, dass jemand anderes bereits einmal gebrochen hat?

Ganz egal, was es ist – wenn diese Dinge uns an eine alte schmerzhafte Situation erinnern, sind wir emotional gleich mitten drin. Das limbische System – also der Teil im Gehirn, der Gefühlshormone steuert – unterscheidet nicht zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Für das limbische System gibt es nur ein Hier und Jetzt – und deswegen fühlt sich der Schmerz oft so real an, obwohl doch aktuell gar nichts geschehen ist.

“Es ist doch gar nichts los”, mag vielleicht unser Gegenüber dann sagen, sichtlich verwirrt und irritiert von unserer Reaktion. “Es ist doch alles in Ordnung.” Nein, es ist nicht in Ordnung, wenn in uns selbst Unordnung herrscht. Denn diese Unordnung wird sich auf die Beziehung zur neuen Person übertragen, es sei denn, wir werden uns dieses Prozesses bewusst und steuern aktiv dagegen.

Präventive Angriffe, Apathie und Ersatz-Befriedigungen

Aus Angst vor Verletzung wird der andere weggedrängt

Eine Standard-Reaktion in einer solchen Gefühlslage: die prophylaktische Verletzung – im Kriegs-Jargon auch “präventiver Angriff” genannt. Aus Angst vor Schmerz, tun wir lieber zuerst dem anderen weh. Unser Gegenüber wird von uns weggetrieben (auch durch überzogene Forderungen), bekämpft oder gar aus unserer Lebenswelt beseitigt – alles, um einen möglichen späteren Schmerz zu vermeiden. Doch wieviel kostet uns dieses Verhalten gerade jetzt? Es macht einsam, verzweifelt und irgendwann – apathisch.

Apathie ist eines der großen Probleme unserer Zeit. Irgendwann im Verlauf des “Erwachsenwerdens” werden wir alle mehr oder weniger apathisch. Egal wie groß die Sehnsucht, das Leid oder die Bedrohung – wir reagieren kaum noch darauf. Aufflackernde Gefühle und Verlangen werden gerne mit Bier, Chips und Fernsehen betäubt, manche Menschen bevorzugen auch bedeutungslosen Sex, Extrem-Shopping oder wilde Party-Marathons. Ungelebte Träume und erfrorene Tränen werden zu Süchten, die wir kaum als solche wahrnehmen – schließlich sind sie meist nicht stofflicher oder zumindest legaler Natur. Gemeinsam ist diesem Verhalten eins: die Verleugnung unser selbst und unserer wahren Gefühle.



Im Alltag funktionieren wir dann perfekt. Wir gehen gepflegt aus dem Haus, bedienen uns der richtigen Höflichkeitsfloskeln, lächeln wo es angebracht ist und lachen sogar an den richtigen Stellen in einem Gespräch. Das haben wir ja schließlich gelernt. Was wir auch gelernt haben: Unangenehme, “unpassende” Gefühle gehören nicht an die Öffentlichkeit und gehören weggesperrt. Ansonsten drohen soziale Sanktionen wie der Ausschluss aus einer Gruppe und – unser aller Urangst: das Nicht-Geliebt-Werden.

 


Date: 2015-12-11; view: 831


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