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VI. Die Genera verbi.

1.Die grammatische Kategorie der Genera verbi.

2.Die Oppositionsverhältnisse im System der Genera verbi.

3.Das zweigliedrige Passiv.

4.Das dreigliedrige Passiv.

5.Der subjektlose Passivsatz.

6.Das Zustandspassiv.

 

1.Die grammatische Kategorie der Genera verbi.

Es gibt im Deutschen drei Genera: das Aktiv, das Passiv und das Stativ. Die ersten zwei werden von allen Grammatikern anerkannt, das dritte dagegen findet sich in den Grammatikbüchern unter verschiedenen Benennungen: das Zustandspassiv, die Konstruktion sein + Partizip II, das sein-Passiv.

Das Passiv und das Stativ sind analytische Formen. Das Aktiv erstreckt sich über alle Verben, das Passiv und das Stativ kennen gewisse lexikalische Einschränkungen.

Das Aktiv bezeichnet eine Handlung, die vom Satzsubjekt ausgeht und meist auf ein Objekt gerichtet ist. Das Passiv bezeichnet eine Handlung, die umgekehrt auf das Satzsubjekt gerichtet ist. Von wem die Handlung ausgeht, kann durch das präpositionale Objekt angegeben werden oder überhaupt unausgedrückt bleiben. Das Stativ bezeichnet den Zustand des Subjekts, der infolge eines Vorgangs eingetreten ist; es geht um die Darstellung eines erreichten Zustands.

Die Kategorie der Genera verbi ist nur den transitiven Verben (Handlungsverben) eigen.

Einige transitive Verben sind genusunfähig (=passivunfähig): haben, besitzen, umfassen, anhaben, erhalten, bekommen, kriegen, erfahren, erleiden, wissen, kennen, enthalten, etw. gelten, kosten, wiegen. Diese Verben bezeichnen nicht die Handlung, sondern den Zustand.

Die intransitiven Verben (Vorgangs- und Zustandsverben) bilden die Passivformen, aber nur in der 3. Person Singular in dem sog. subjektlosen Satz: Es wurde die ganze Nacht marschiert. Das subjektlose Passiv bilden nur die intransitiven Verben, die die Tätigkeit oder den Zustand eines Menschen bezeichnen.

 

2.Die Oppositionsverhältnisse zwischen Aktiv und Passiv.

Wenn am Geschehen zwei oder mehrere Aktanten beteiligt sind, kann der Sachverhalt von folgenden Blickrichtungen/Standpunkten aus gesehen werden:

a) vom Handlungsurheber (Àgens) aus: Der Lehrer hilft dem Schüler. Die Arbeiter bauen das Haus;

b) vom Zielpunkt der Handlung (Patiens) aus: Das Haus wurde von den Arbeitern gebaut;

c) von Adressaten der Handlung aus: Dem Schüler wird (vom Lehrer) geholfen;

d) von der Handlung aus: Es wurde heftig gestritten.

Das Oppositionsverhältnis zwischen Aktiv und Passiv beruht auf der Gegenüberstellung der Aktiv-Diathese und der Passiv-Diathese.

vom Agens aus gesehen vom Patiens aus gesehen

(Agensbezug) (Patiensbezug)

3.Das zweigliedrige Passiv.

Es handelt sich um die Aussparung des Agens im Passivsatz. Die Möglichkeit der Aussparung des Agens im Passivsatz ist ein sehr wichtiges Kennzeichen des Passivs gegenüber dem Aktiv. Das ist sehr häufig entscheidend bei der Bevorzugung der Passivform des Satzes.



Die Aussparung des Agens hat verschiedene Ursachen:

1) Das Agens wurde bereits im Vortext genannt (die wiederholte Nennung ist überflüssig): Die Studenten übersetzten eine Geschichte. Die Übersetzung wurde rechtzeitig erfüllt;

2) Das Agens ist nicht bekannt oder ist in allgemeinen Zügen bekannt, aber nicht konkret angebbar: Wir werden abgelöst;

3) Im Mittelpunkt der Darstellung stehen der Vorgang selbst, seine Folgen, seine Bedeutung für das Patiens. Der Täter (das Agens) ist für die Erzählung unwesentlich: Es gab wiederum eine Überschwemmung. Viele Familien mussten evakuiert werden.

Das Synonym des zweigliedrigen Passivs ist oft der unbestimmt-persönliche man-Satz: Man lobte ihn. Er wurde gelobt. Doch wird der Passivsatz häufiger als der man-Satz gebraucht.

 

4.Der Passivsatz mit einem Agensobjekt (das sog. dreigliedrige Passiv).

Die dreigliedrige passivische Satzstruktur entsteht bei der Nennung von zwei am Geschehen beteiligten Aktanten: Die Qualität der Ware prüft ein Kontrolleur. – Die Qualität der Ware wird von einem Kontrolleur geprüft.

Im dreigliedrigen Passiv wird der Täter nicht nur genannt, sondern der Charakter seiner Aktivität wird durch 2 Präpositionalgruppen präzisiert: von + Sd, durch + Sa. Der Unterschied zwischen beiden Fügungen macht sich bei ihrem Nebeneinander geltend:

Der Redner wurde vom Vorsitzenden unterbrochen. Die aktive zielgerichtete Rolle des Täters wird betont.

Der Redner wurde durch den Beifall unterbrochen. Die durch-Fügung schwächt den Grad der Aktivität ab.

Es gibt Schwankungen im Gebrauch der beiden Präpositionalfügungen: Das Gebäude wurde von einer Bombe / durch eine Bombe zerstört. Aber nur: Das Gebäude wurde von den feindlichen Truppen durch eine Bombe zerstört.

Einige Sprachforscher betrachten das Passiv als „Umkehrform“ des Aktivs, die durch Konversion (Vertauschung) der Stellen der Aktanten erzeugt wird (W.Schmidt, Jung, Erben, Brinkmann, Dal, Glinz). So nennt W.Schmidt das Aktiv die Norm- oder Grundrichtung, das Passiv dagegen die Umkehr- oder Gegenrichtung. Er zeigt das schematisch:

S → O Karl pflückt Äpfel; S ← Pr.-O Die Äpfel werden (von Karl) gepflückt.

Gegen diese Theorie sprechen zwei Tatsachen:

1. Diese Theorie verfehlt das eigentliche Wesen des Passivs, da das dreigliedrige Passiv dem zweigliedrigen Passiv nach der Gebrauchsfrequenz weit nachsteht.

2. Die dreigliedrigen Passivsätze sind nicht immer adäquat den dreigliedrigen Aktivsätzen vom Standpunkt der kommunikativen Satzperspektive: Der Kontrolleur prüft die Qualität der Ware. – Die Qualität der Ware wird von einem Kontrolleur geprüft.

 

5.Das subjektlose Passiv ist meistens eingliedrig. In den Mittelpunkt rückt die Handlung selbst. Es handelt sich um die Aussparung des Agens und des Patiens (bei transitiven Verben): Wird hier nicht geheizt? Weder hier im Dorf, noch auf dem Bakkenhof wurde bei der Arbeit gesungen.

Der subjektlose Passivsatz wird oft das „unpersönliche Passiv“ genannt, da die Sätze mit es beginnen können: Es wird hier nicht geheizt. Es wird bei der Arbeit nicht gesungen. Diese Struktur besteht nur aus einem Verb im Passiv mit fakultativen Ergänzungen (Objekt, Adverbiale) und der Partikel es an der 1. Stelle. Ist aber die 1. Stelle durch ein anderes Wort besetzt, so fehlt das einleitende es: Es wird jetzt tüchtig gearbeitet. / Jetzt wird tüchtig gearbeitet.

Das eingliedrige Passiv unterscheidet sich von den anderen Passivstrukturen durch 2 Besonderheiten:

1. Die Richtung der Handlung kann nicht angegeben werden.

2. Die Auswahl der Verben richtet sich nach einem rein semantischen Prinzip. In der Struktur erscheinen nur die Verben der menschlichen Tätigkeit, unabhängig davon, ob sie transitiv oder intransitiv sind: Im Gebirge wird gesprengt. Jetzt wird ins Bett gegangen.

Wie aus den Beispielen ersichtlich ist, kann der subjektlose Passivsatz durch Adverbialbestimmungen erweitert werden.

 

6.Das Zustandspassiv (Stativ).

Das sein-Passiv (Stativ) kann mit und ohne Agensangabe gebraucht werden: Der Brief ist (von mir) geschrieben. Wie auch bei den anderen Passivformen dominieren Sätze mit der Aussparung des Agens. Die Opposition zwischen dem Passiv (werden-Passiv) und Zustandspassiv (sein-Passiv) ist also: Prozessualität / Zustand als Resultat.

Das unpersönliche Zustandspassiv wird nicht gebildet von einwertigen intransitiven Verben, z.B. Sätze Es wurde weiter marschiert; Es wird getanzt haben keine Parallelformen mit sein. Auch nicht alle transitiven und besonders intransitiven zwei- oder mehrwertigen Verben mit Vorgangspassiv bilden das Zustandspassiv.

Das Zustandspassiv nimmt im System der Passivformen eine periphere Stellung ein. Das hängt einerseits mit bestimmten Einschränkungen der Bildung des Zustandspassivs gegenüber dem Vorgangspassiv zusammen, andererseits mit der Parallelität zwischen dem Zustandspassiv und den Adjektivfügungen, und zwar dem nominalen Prädikat mit einem Prädikatsadjektiv: Er ist erstaunt. Du bist verwöhnt. Ihr Haar war geschmückt.

Das Stativ steht den beiden anderen Genera gegenüber. Es gibt keine Richtung der Handlung, sondern deren Ergebnis: Er hat sich rasiert / Er wurde rasiert Nun ist er rasiert.


Date: 2015-12-11; view: 2840


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