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Linguistische Ursachen der Entlehnung

Linguistische Ursachen der Entlehnung ergeben sich aus dem derzei­tigen Wechselverhältnis der kontaktierenden Sprachen.

1) Der jeweilige Entwicklungsstand des semantischen Systems der (entlehnenden Sprache, Unterschiede im sprachlich verankerten Weltbild der Kulturen, im „Worten der Welt" (L. Weisgerber) können bei der Entlehnung entscheidend sein. Wenn es im semantischen System einer Sprache so genannte „Leerstellen", Lücken gibt, werden diese durch entlehnte Wörter geschlossen. Durch zahlreiche Entlehnungen aus verschiedenen Sprachen werden thematische Reihen und lexikalisch-semantische Gruppen, semantische Felder der deutschen Sprache auf­gefüllt und vervollkommnet. Als Beispiel nehmen wir die lexikalisch-semantische Gruppe „Kleidung, Äußeres". Zu den bekannten Schlüs­selwörtern „Anzug" (männlich), „Kostüm" (weiblich), „Tracht" (Na­tional-, Volks-, Berufstracht), „Uniform" (Dienstkleidung) sind neben frühere Fremdwörter „ Garderobe "franz. (gesamte Kleidung), „Toilette" franz. (Gesellschaftskleid der Dame), „Gala" span. (Festkleidung) auch die neueren Angloamerikanismen getreten: Dress, m; Look, m; Out­fit, n (vgl. russ. «ïðèêèä»), auch: Style, m. Ein neuer „Schub" von An­gloamerikanismen ermöglicht nicht nur die Auffüllung synonymischer und thematischer Reihen, sondern er trägt zur weiteren Ausdifferenzierung und Verfeinerung der Begriffe bei. Vgl.: Dress: Le­der-, Radfahrer-, Sportdress, Disco-Dress, Party-Dress, Polo-Dress, Ski-

Dress; Look: Baby-, Partnerlook, Bayern-Look; ein sportliches Outfit, Style: Baby-blue-Style, Boy-Style, London-Style, Homebody-Style, Pt\ lot-Style, Street-Style.

Die Gruppe der deutschen Farbbezeichnungen wurde durch Entlehnungen aus dem Französischen erweitert und präzisiert: lila, beige, orange, violett, azurn, cognac usw.

2. Die Übernahme expressiver Synonyme aus anderen Sprachen geht auf das Bestreben zurück, die expressive Lexik stets zu e r n e u e r n, denn beim Funktionieren verblasst sie schnell und büßt an ihrer Ausdruckskraft ein. Einige Beispiele dazu: Fete,/(franz.) ugs. — „Fest", „Feier", (z.B. Geburtstagsfete); kapieren (ital.-lat.) ugs. — „begreifen"! „verstehen"; checken (engl.) ugs. — „verstehen“, „begreifen" (hast du es endlich gecheckt?); speeden (engl.) — „verschwinden“, „schnell weggehen"; worken (engl.) — „arbeiten".

3. Entlehnungen decken den Bedarf an euphemistischer L e x i k. Da Fremdwörter für die meisten Sprachteilhaber semantisch unmotiviert sind, erfüllen sie oft in der Kommunikation verhüllende oder mildernde Funktion: korpulent (lat.) — „dick"; renommieren (franz.) geh. — „prahlen"; sensibel (franz.) — „überempfindlich“; Diskretion (franz.) — „Verschwiegenheit", „Takt" (Diskretion Ehrensache!); devisenschwache (= „arme“) Länder.



4. Fremdwörter werden zum Zweck der terminologischen Verwendung entlehnt. Die in der terminologischen Funktion ge­brauchten Fremdwörter haben den Vorzug gegenüber dem einheimischen Wortgut. Solche Entlehnungen monosemieren das entlehnte Wort. In der Regel wird nur eine lexikalisch-semantische Variante (eine Bedeutung) des Lexems übernommen, was die Eindeutigkeit des Terminus im neuen lexikalisch-semantischen System absichert. Einerseits sind die Fremdwörter in terminologischer Funktion mit Gefühlswert und Nebensinn ausgestattet, andererseits haben sie distanzierten, fremdartigen Charakter, da sie keine direkten „Verwandten“ im neuen Sprachsystem haben, z. Â.: Computerprogramm, Computervirus, Inter­net, Image, Import, Know-how, Display, Dutyfree, E-Mail, Videoclip etc. Eine besondere Rolle spielen heute Angloamerikanismen als Mode- und Prestigewörter: Internet, surfen, managen, Manager, Broker, Åxchange etc.

5. Entlehnungen können gleich Stammwörtern zur Neutralisierung, Eindämmung einer übermäßigen Polysemie und zum Rückgang entbehrlicher Homonyme beitragen (vgl. Tendenz nach kommunikativer Deutlichkeit). Das entlehnte Wort „In­sel“ (lat. insula) hat die entsprechende Bedeutung aus den polysemen Wörtern „Au“ (= Flusstal, Niederung, Wiesengrund), „Wert“, „Werder" (= Flussinsel, trockengelegtes Land) verdrängt.

Die aus dem Französischen entlehnte Farbbezeichnung violett (17. Jh.) hat das Homonym braun „veilchenblau, violett“ verschwinden lassen (vgl. Stepanova, Cernyseva, 2003, 54).


Date: 2015-02-03; view: 2120


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