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Die Arten der Komposita

Das erste Glied der weitaus meisten Zusammensetzungen bestimmt das Grundwort näher; es heißt deshalb Bestimmungswort, und die Zusammensetzungen dieser Art nennen wir Bestimmungs- oder Determmativkomposita (lat. determinare = bestimmen). In dem Kompositum Nähmaschine nennt das zweite Glied, das Grundwort, eine recht allgemeine Begriffskategorie, die durch das erste Glied, das Bestimmungswort, näher bestimmt wird. Dieses gibt an, um welche Art von Maschine es sich handelt, und grenzt so die Nähmaschine ausdrücklich ab von der Wirkmaschine, Strickmaschine.

In einigen wenigen Fällen wird auch das erste Glied gebeugt, z. B. die Langeweile – der Langenweile; das Hohelied — des Hohenliedes; hier handelt es sich jedoch nicht eigentlich um Zusammensetzungen, sondern nur um Zusammenschreibungen. Waschmaschine, Dreschmaschine, Druckmaschine, Schreibmaschine, Rechenmaschine u. a.

Das Bestimmungsverhältnis des ersten Gliedes zum zweiten kann sehr verschiedenartig sein. In nominalen Zusammensetzungen können zunächst alle Beziehungen erfasst werden, die der Genitiv neben Substantiven bezeichnen kann. Aber der Funktionsbereich des ersten Gliedes einer nominalen Zusammensetzung ist weiter als der des Genitivs beim Substantiv. Es kann auch solche Beziehungen anzeigen, die wir sonst nur durch präpositionale Fügungen und andere Konstruktionen ausdrücken können. So kommt es, dass die Aussagemöglichkeiten zusammengesetzter Substantive schier unbegrenzt sind und dass somit auch die Anlässe, zusammengesetzte Substantive zu bilden, ungemein zahlreich sind.

Wir geben im Folgenden eine (keineswegs erschöpfende) Übersicht von Möglichkeiten des Verhältnisses zwischen Bestimmungswort und Grundwort in substantivischen Zusammensetzungen. Das Bestimmungswort kann das Grundwort näher bestimmen durch Angabe des Urhebers: Mutterliebe, Freundestat

des Besitzers: Staatsgut, Witwensitz, Jugendheim, Nibelungenhort des Abstammungsverhältnisses: Arbeiterkind, Königsspross, Araberscheich, Muttersprache

des Objekts: Krankenpflege, Hühnerzucht, Wahrheitsliebe, Selbstbeherrschung

des Ganzen, wovon der durch das Grundwort bezeichnete Gegenstand ein Teil ist: Wassertropfen, Menschenhaufen

des Ortes: Giebelfenster, Seegang, Alpenrose, Bergbahn, Linienrichter der Richtung oder des Zieles: Gebirgsbach, Südwind, Nordpolfahrt, Italiener eise

der Zeit und der zeitlichen Ausdehnung: Abendlied, Fünfuhrtee, Maikäfer, Sommerurlaub

des Stoffes: Roggenbrot, Strohhut, Lederschuh, Papiergeld des Mittels oder Werkzeuges: Windmühle (die Mühle wird vermittels des Windes betrieben), Dampfmaschine, Segelschiff, Maschinenstickerei, Kahnfahrt, Fußtritt

des Grundes: Frostbeule, Schmerzensschrei, Freudentränen

des Zweckes: Erholungsheim, Jagdfalke, Bügeleisen

des Gegenstandes, mit dem die durch das Grundwort bezeichnete Sache verglichen wird: Blutbuche, Königstiger, Hirschkäfer



des Gegenstandes, für den die durch das Grundwort bezeichnete Sache bestimmt ist: Tischtuch, Teelöffel, Teigschüssel, Geldtäschchen

dessen, wogegen die durch das Grundwort bezeichnete Sache gebraucht wird: Regenschirm, Kopfschmerztablette, Unfallversicherung, Bruchband

des Gegenstandes, der durch die vom Grundwort bezeichnete Person erzeugt wird: Orgelbauer, Nagel schmied, Möbeltischler

des Stoffes, mit dem sich die vom Grundwort bezeichnete Person beschäftigt: Buchhändler, Gold schmied, Glasschleifer, Kesselflicker, Scherenschleifer usw.

Ähnliche Bedeutungsbeziehungen bestehen zwischen dem substantivischen Grundwort und dem Bestimmungswort, das durch ein Pronomen oder präpositionales Adverbium gebildet wird. So kann das pronominale Bestimmungswort die Rolle eines Objekts spielen: Selbstversorger, Selbstbezichtigung, Selbstdarstellung Die präpositionalen Adverbien dienen der Umstandsbestimmung. So drückt das präpositionale Adverb vor in Vorhof naturgemäß eine Ortsbestimmung aus (== Hof vor einem anderen Raum), das Adverb mit gibt in Mitmensch entweder eine Zeitbestimmung (= ein Mensch, der zur selben Zeit lebt) oder eine Umstandsbestimmung der Art und Weise (== ein Mensch, der unter denselben Umständen lebt). Andere hierhergehörige Beispiele sind: Abart, Abbild, Abgrund; Angesicht, Anteil, Anzeichen; Ausflucht, Ausweg, Auszug; Beileid, Beiname, Beiwerk; Nachkomme, Nachsilbe, Nachsommer; Nebenmann, Nebensatz, Nebenzimmer; Umgegend, Umwelt, Umweg; Überbein, Übermensch, Überzahl; Vorgebirge, Vorrecht, Vorstadt u. a.

Das Verhältnis des adjektivischen ersten Gliedes zum substantivischen Grundwort ist seit jeher das eines Attributs: Heißluft, Kleinwagen, Rotbart,

Eine besondere Stellung nehmen die zusammengesetzten Partizipien ein. Das Part. Präs. hat als erstes Kompositionsglied oft einen Objektsakkusativ bei sich, wie feuers feiend, friedliebend, grundlegend, leidtragend, notleidend, segenbringend usw., oder das erste Glied steht für präpositionale Fügungen, wie himmelschreiend (== zum Himmel schreiend), postlagernd (= auf der Post lagernd), schweißtriefend (= von Schweiß triefend). Derlei Bildungen treten auch mit dem Part. Perf. auf: blutgetränkt, diamantenbesetzt, handgewebt, luftgekühlt, mondbeglänzt, notgedrungen, preisgekrönt, stadtbekannt u. a.

Wie viel unsere Sprache durch ihre Fähigkeit, Zusammensetzungen zu bilden, an Schmiegsamkeit und Bündigkeit des Ausdrucks gewinnt, geht aus der folgenden Gegenüberstellung hervor, in der wir einige Komposita mit ihren viel schwerfälligeren und umständlicheren Umschreibungen nennen:

Buchhülle - Hülle für ein Buch
Goldkäfer - Käfer, der wie Gold schimmert
Hochebene - hochgelegene Ebene

Ichmensch - Mensch, der immer nur an das eigene Ich denkt
Kraftwagen - Wagen, der aus eigener Kraft fährt

Küstenfluss - Fluss, der entlang der Küste fließt Landsmann - Mann, der aus demselben Land stammt Sonnenschirm - Schirm zum Schutz gegen die Sonne Zuckerrübe - Rübe mit hohem Zuckergehalt

Bei den Zusammensetzungen, die im ersten Glied ein Substantiv und im zweiten Glied ein Adjektiv haben, gibt häufig das erste Glied einen Gegenstand an, der zur Vergleichung dient: aalglatt, erdfahl, grasgrün, himmelblau, steinhart, taghell, wachsweich usw. Danach entstanden andere, deren erstes Glied nur noch der Verstärkung dient: blitzblank, blitzsauber, feuerrot, fuchsteufelswild, funkelnagelneu, hundemüde, hundekalt; klapperdürr, mäuschenstill, mausertet, riesengroß, sackgrob, sperrangelweit, spindeldürr, splitternackt, stockfinster, todsicher, windelweich usw. Ebenso kann die Zusammensetzung zweier Substantive der Verstärkung dienen: Höllenangst, Hundekälte, Mordskälte, Affenliebe, Totenstille u.a.

Eine zweite Gruppe der Zusammensetzungen bilden die sog. Kopulativkomposita oder Reihenwörter. Sie bestehen aus gleich geordneten Ausdrücken, deren Einzelbedeutungen in dem fest gewordenen Kompositum summiert erscheinen. Hierher gehören unsere Additionszahlwörter dreizehn, vier-zehn usw., bis neunzehn1, hundertzehn, hundertzwanzig usw., ferner Adjektive wie bittersüß, dummdreist, dummstolz, heildunkel, nasskalt, schwarzweiß, lateinisch-deutsch, ugro-finnisch und mehrgliedrige Reihenwörter wie schwarz-rot-golden, rot-weiß-grün u. ä. Als substantivische Kopulativkomposita seien genannt: Südwest, Nordost, Strichpunkt, Hemdhose; femer Orts- und Ländernamen wie Budapest, Doberlug-Kirchhain, Hessen-Nassau, Österreich-Ungarn, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Tschechoslowakei usw.

Zu den Reihenwörtern rechnet man meist auch solche mit zwei koordinierten Gliedern, die jedes eine verschiedene Seite ein und derselben Person oder Sache bezeichnen, so z. B.: Dichterkomponist, Fürstbischof, Gottmensch, Königinmutter, Prinzregent, Werwolf ('Mann und Wolf); Hosenrock u. a.

 


Date: 2015-02-03; view: 1981


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